Folgende Hausarbeit beschäftigt sich mit der Analyse der Narratologie von Freuds Werk „Totem und Tabu“, dessen vier Kapitel erstmals im Laufe der Jahre 1912/13 nacheinander in der Zeitschrift Imago erschienen sind. Im Mittelpunkt der Arbeit soll hierbei Freuds Ursprungstheorie stehen und die Frage, wie Freud diese in „Totem und Tabu“ aufgebaut, wie er seiner Theorie sozusagen narratologisch den Weg geebnet hat. Somit wird sich diese Hausarbeit vor allem mit dem letzten Kapitel aus „Totem und Tabu“ beschäftigen und die anderen drei nur insofern behandeln, wie sie für das Verständnis des vierten Kapitels und die Herleitung der Narratologie von Wichtigkeit sind.
Inhaltsverzeichnis
1 Vorwort
2 Entstehung und Aufbau von „Totem und Tabu“
3 Freuds Ursprungstheorie
4 Analyse der Narratologie
5 Literaturverzeichnis
1 Vorwort
Folgende Hausarbeit beschäftigt sich mit der Analyse der Narratologie von Freuds Werk „Totem und Tabu“, dessen vier Kapitel erstmals im Laufe der Jahre 1912/13 nacheinander in der Zeitschrift Imago erschienen sind.[1] Im Mittelpunkt der Arbeit soll hierbei Freuds Ursprungstheorie stehen und die Frage, wie Freud diese in „Totem und Tabu“ aufgebaut, wie er seiner Theorie sozusagen narratologisch den Weg geebnet hat. Somit wird sich diese Hausarbeit vor allem mit dem letzten Kapitel aus „Totem und Tabu“ beschäftigen und die anderen drei nur insofern behandeln, wie sie für das Verständnis des vierten Kapitels und die Herleitung der Narratologie von Wichtigkeit sind.
2 Entstehung und Aufbau von „Totem und Tabu“
Freud selbst sagte über „Totem und Tabu“, dass es seine wohl beste Arbeit gewesen sei.[2] Dabei gestaltete sich der Entwicklungsprozess an diesem Werk für den Autor alles andere als mühelos. So schrieb er seinem Freund Ernest Jones in einem Brief, datiert am 5. November 1911: „Mein Kopf kocht vor Ideen, aber sie kommen nur sehr langsam heraus, und ich finde es immer schwer, mich an das Denken anderer anzupassen [...].“[3] Mit jenen anderen meinte Freud vor allem die Autoren derjenigen Werke, durch die er sich mühevoll hindurch arbeitete, um eine möglichst fundierte Basis über den Totemismus der „primitiven Völker“ zu erlangen, auf der er selbst, dann seine eigene Theorie würde aufbauen können. So las er beispielsweise das 1910 erschienene vierbändige Werk Frazers über Totemismus und Exogamie, „[...] das [ihm] (Freud) reichlich Stoff zum Nachdenken gab [...].“[4]
Aufgeteilt ist „Totem und Tabu“, wie oben bereits erwähnt, in vier Kapitel („Die Inzestscheu“, „Das Tabu und die Ambivalenz der Gefühlsregungen“, „Die Magie und die Allmacht der Gedanken“ und „Die infantile Wiederkehr des Totemismus“), von denen erst Letzteres Freuds eigentliches Theoriemodell enthält. Der Psychoanalytiker verwendet die ersten drei Kapitel im Grunde genommen nur dazu, um auf seine Ursprungstheorie hinzuleiten und diese zu erklären.[5]
Dabei war sich Freud bereits während des Verfassens von „Totem und Tabu“ sicher, dass er seit der „Traumdeutung“ nichts bedeutenderes geschrieben hatte. Er ahnte in Folge dessen bereits die schlechte Aufnahme des Werkes voraus, welche dann auch tatsächlich eintreffen sollte.[6]
3 Freuds Ursprungstheorie
Bevor ich mich nun der narratologischen Analyse des vierten Kapitels von „Totem und Tabu“ widme, ist es nötig einen Blick auf Freuds Ursprungstheorie, welche den Kern des Werkes darstellt, zu werfen, und sich einen Überblick über ihre Funktionsweise zu verschaffen. Bei der Erarbeitung seiner Theorie stützt sich Freud vornehmlich auf Frazers „Totemism and Exogamy“, Darwins Vorstellungen einer sogenannten Urhorde[7], Wundts Arbeiten und Robertson Smiths Erläuterung zur Totemmahlzeit.[8]
Thema von „Totem und Tabu“ ist der Konflikt zwischen der Kultur und den Trieben (ausgedrückt durch den Ödipuskomplex), den
[...] Freud immer wieder erläutern sollte, angefangen mit DIE >>KULTURELLE<< SEXUALMORAL UND DIE MODERNE NERVOSITÄT (1908) über TOTEM UND TABU (1913) bis zu DAS UNBEHAGEN IN DER KULTUR (1913) und WARUM KRIEG? (1933).[9]
So fasst Freud das Geschehen, dessen einzelne Elemente er der von ihm verwendeten Literatur entnimmt, wie folgt zusammen:
Eines Tages taten sich die ausgetriebenen Brüder zusammen, erschlugen und verzehrten den Vater und machten so der Vaterhorde ein Ende. [...] Nun setzten sie im Akte des Verzehrens die Identifizierung mit ihm durch [...]. Die Totemmahlzeit [...] wäre die Wiederholung und die Gedenkfeier dieser denkwürdigen, verbrecherischen Tat, mit welcher so vieles seinen Anfang nahm, die sozialen Organisationen, die sittlichen Einschränkungen und die Religion.[10]
Um das Verhalten der Brüder zu erklären, führt Freud den Ödipuskomplex und die ihm innewohnende Ambivalenz der Gefühle gegenüber dem Vater an. Einerseits hassten die Brüder den Vater, da er ihre sexuellen Ansprüche auf die Weibchen der Vaterhorde unterband, andererseits liebten sie ihn auch und brachten ihm eine große Bewunderung entgegen.
Nachdem sie ihn beseitigt, ihren Hass befriedigt und ihren Wunsch nach Identifizierung mit ihm durchgesetzt hatten, mussten sich die dabei überwältigten zärtlichen Regungen zur Geltung bringen. Es geschah in der Form der Reue, es entstand ein Schuldbewusstsein [...]. Der Tote wurde nun stärker, als der Lebende gewesen war
[...]. Was er (der Vater) früher durch seine Existenz verhindert hatte, das verboten sie (die Brüder) sich jetzt selbst in der psychischen Situation des uns aus den Psychoanalysen so wohl bekannten >>nachträglichen Gehorsams<<. Sie widerriefen ihre Tat, indem sie die Tötung des Vaterersatzes, des Totem, für unerlaubt erklärten, und verzichteten auf deren Früchte, indem sie sich die freigewordenen Frauen versagten.[11]
Folglich wären also, gemäß Freuds Theorie, die beiden zentralen Tabus des Totemismus direkte Entwicklungen jener oben beschriebenen Urszene: Die Schonung des Totemtieres aufgrund der Zuneigung der Brüder zum Vater und das Inzestverbot als Folge des nachträglichen Gehorsams und zur Verhinderung der Wiederholung der Tat an sich.
Letztendlich läuft damit in Freuds Ursprungstheorie alles auf den Ödipuskomplex hinaus, welchen Freud „[...] zum Kernpunkt von Religion, Moral, Gesellschaft und Kunst“ erklärt.[12]
Wie Freud seine Theorie narratologisch aufgebaut und hergeleitet hat, soll die folgende Analyse verdeutlichen.
4 Analyse der Narratologie
4. Kapitel: „Die infantile Wiederkehr des Totemismus“
Das vierte und abschließende Kapitel von „Totem und Tabu“ besteht seinerseits aus sieben Abschnitten.
Freud beginnt im ersten Abschnitt damit seinem Publikum[13] eine Art Standpunkt vorzusetzen.
In ausholender rhetorischer Geste versichert Freud seinem Publikum, die Psychoanalyse werde ihre Grenzen nicht überschreiten, indem sie etwa behaupte, die Religion sei aus einem einzigen Ursprung abzuleiten. Die Ursprungslehre der Religion müsse komplex bleiben – denn sei es nicht gerade die Psychoanalyse gewesen, die die Überdeterminierung psychologischer Vorgänge überhaupt erst ans Licht gebracht habe?[14]
[...]
[1] Vgl. die editorische Vorbemerkung zu „Totem und Tabu“ in: Sigmund Freud, Studienausgabe: Fragen der Gesellschaft, Ursprünge der Religion. Bd. IX, hrsg. von Alexander Mitscherlich, Angela Richards, James Strachey, Frankfurt am Main 1974, S. 288.
[2] Vgl. Jones, E: Das Leben und Werk von Sigmund Freud, Bd. II, Bern, Stuttgart, Wien 1982, S. 413.
[3] Ebd., S. 414.
[4] Ebd.
[5] Vgl. ebd., S. 415.
[6] Vgl. ebd., S. 425.
[7] „Darwin schloss aus den Lebensgewohnheiten der höheren Affen, daß auch der Mensch ursprünglich in kleineren Horden gelebt habe, innerhalb welcher die Eifersucht des ältesten und stärksten Männchens die sexuelle Promiskuität verhinderte.“ (Freud, S.: Fragen der Gesellschaft, Ursprünge der Religion. Studienausgabe, Bd. IX, hrsg. von Alexander Mitscherlich, Angela Richards, James Strachey, Frankfurt am Main 1974, S. 410).
[8] Entnommen aus Robertsons Werk „The Religion of the Semites“, zweite revidierte Auflage von 1894. Vgl. ebd., S. 417-424.
[9] Ricouer, P.: Die Interpretation, Ein Versuch über Freud. Frankfurt am Main 1969, S. 200.
[10] Freud, S.: Fragen der Gesellschaft, Ursprünge der Religion. Studienausgabe, Bd. IX, hrsg. von Alexander Mitscherlich, Angela Richards, James Strachey, Frankfurt am Main 1974, S. 410.
[11] Freud, S.: Fragen der Gesellschaft, Ursprünge der Religion. Studienausgabe, Bd. IX, hrsg. von Alexander Mitscherlich, Angela Richards, James Strachey, Frankfurt am Main 1974, S. 426.
[12] Mahony, P.J.: Der Schriftsteller Sigmund Freud, Frankfurt am Main 1989, S. 45.
[13] Wie für Freuds Schriften üblich, ist der Erzählstil des Autors auch in „Totem und Tabu“ sehr publikumsbezogen (Vgl. Mahony, P.J.: Der Schriftsteller Sigmund Freud, Frankfurt a.M. 1989, S. 71-93 und Schönau, Walter: Sigmund Freuds Prosa. Literarische Elemente seines Stils, Stuttgart 1968, S. 30-35).
[14] Mahony, P.J.: Der Schriftsteller Sigmund Freud, Frankfurt a.M. 1989, S. 36.
- Arbeit zitieren
- Jeremy Iskandar (Autor:in), 2006, Analyse der Narratologie von Freuds Werk "Totem und Tabu", München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/81873
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