„Die Krankenschwester finanziert das Studium des Chefarztes“. Dieses These bezüglich der bisher in Deutschland gängigen Studienfinanzierung aus Steuereinnahmen spiegelt die allgemeine Auffassung von einer „Umverteilung von arm zu reich“ wider. Seit mehreren Jahren ist eine heftige Debatte um die öffentliche Bereitstellung von Hochschulbildung entbrannt, die durch das Urteil des Bundesverfassungsgerichtes vom 26.01.2005, welches das bis dato existierende Verbot von Studiengebühren aufhob und die Entscheidungshoheit an die Landesregierungen zurück übertrug, nochmals an Brisanz zugelegt hat. Die von Jahr zu Jahr finanziell schlechtere Lage der deutschen Hochschulen, die aufgrund der begrenzten öffentlichen Mittelzuweisungen durch die staatliche Subventionierung zu enormen Sparmaßnahmen greifen mussten, führte in Verbindung mit steigenden Studierendenzahlen zu spürbaren Qualitätseinbußen insbesondere bei der Lehre. Als Begründung für die nun in den meisten Bundesländern eingeführten Studiengebühren, die beileibe kein unumstrittenes Allerheilmittel darstellen, wird deshalb neben einer erwarteten Effizienzsteigerung der Lehre auch eine finanzielle Verbesserung der Lage der Hochschulen angeführt.
Hochschulbildung ist auf der einen Seite ein Investitionsgut, das der Erzielung des zukünftigen Einkommens dient, auf der anderen Seite aber auch ein Konsumgut, aus dem der Gebildete persönlichen Nutzen in privaten, ästhetischen oder politischen Lebensbereichen ziehen kann. Im Rahmen dieser Seminararbeit soll deshalb ökonomisch untersucht werden, ob Hochschulbildung aus verteilungspolitischer und effizienzorientierter Sichtweise besser öffentlich oder privat finanziert werden sollte. Hierbei werden auch entsprechende vorliegende internationale Studien, größtenteils für den deutschsprachigen Raum, näher betrachtet. Neben der Möglichkeit der Studiengebühren werden andere Alternativen der angebotsorientierten und nachfrageorientierten Bildungsfinanzierung aufgezeigt. Der Spezialfall der privaten Hochschulen wird dabei gesondert behandelt.
2. Die Grundstruktur der Finanzierung der Hochschulbildung in Deutschland
In vielen Bundesländern werden seit kurzem Studiengebühren auch für das Erststudium erhoben. Andere Bundesländer folgen in naher Zukunft. Vor Einführung der Studiengebühren hatte die Hochschulbildungsfinanzierung in Deutschland eine einfache Grundstruktur. Das Lehrangebot wurde überwiegend...
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung und Problemstellung
2. Die Grundstruktur der Finanzierung der Hochschulbildung in Deutschland
3. Gutscharakter von Hochschulbildung
4. Effizienzaspekte
5. Verteilungsaspekte
5.1 Definition Längsschnitt- und Querschnittanalyse
5.2 Empirische Studien
5.2.1 Studien in den USA
5.2.2 Studien für den deutschsprachigen Raum
6. Spezielle Hochschulfinanzierungssysteme
7. Spezialfall: Private Hochschulen
8. Fazit
Literaturverzeichnis
1. Einleitung und Problemstellung
„Die Krankenschwester finanziert das Studium des Chefarztes“[1] Dieses These bezüglich der bisher in Deutschland gängigen Studienfinanzierung aus Steuereinnahmen spiegelt die allgemeine Auffassung von einer „Umverteilung von arm zu reich“ wider. Seit mehreren Jahren ist eine heftige Debatte um die öffentliche Bereitstellung von Hochschulbildung entbrannt, die durch das Urteil des Bundesverfassungsgerichtes vom 26.01.2005, welches das bis dato existierende Verbot von Studiengebühren aufhob und die Entscheidungshoheit an die Landesregierungen zurück übertrug, nochmals an Brisanz zugelegt hat.[2] Die von Jahr zu Jahr finanziell schlechtere Lage der deutschen Hochschulen, die aufgrund der begrenzten öffentlichen Mittelzuweisungen durch die staatliche Subventionierung zu enormen Sparmaßnahmen greifen mussten, führte in Verbindung mit steigenden Studierendenzahlen zu spürbaren Qualitätseinbußen insbesondere bei der Lehre. Als Begründung für die nun in den meisten Bundesländern eingeführten Studiengebühren, die beileibe kein unumstrittenes Allerheilmittel darstellen, wird deshalb neben einer erwarteten Effizienzsteigerung der Lehre auch eine finanzielle Verbesserung der Lage der Hochschulen angeführt.
Hochschulbildung ist auf der einen Seite ein Investitionsgut, das der Erzielung des zukünftigen Einkommens dient, auf der anderen Seite aber auch ein Konsumgut, aus dem der Gebildete persönlichen Nutzen in privaten, ästhetischen oder politischen Lebensbereichen ziehen kann.[3] Im Rahmen dieser Seminararbeit soll deshalb ökonomisch untersucht werden, ob Hochschulbildung aus verteilungspolitischer und effizienzorientierter Sichtweise besser öffentlich oder privat finanziert werden sollte. Hierbei werden auch entsprechende vorliegende internationale Studien, größtenteils für den deutschsprachigen Raum, näher betrachtet. Neben der Möglichkeit der Studiengebühren werden andere Alternativen der angebotsorientierten und nachfrageorientierten Bildungsfinanzierung aufgezeigt. Der Spezialfall der privaten Hochschulen wird dabei gesondert behandelt.
2. Die Grundstruktur der Finanzierung der Hochschulbildung in Deutschland
In vielen Bundesländern werden seit kurzem Studiengebühren auch für das Erststudium erhoben. Andere Bundesländer folgen in naher Zukunft. Vor Einführung der Studiengebühren hatte die Hochschulbildungsfinanzierung in Deutschland eine einfache Grundstruktur. Das Lehrangebot wurde überwiegend aus Steuermitteln finanziert, die Lebenshaltungskosten trugen überwiegend die privaten Haushalte. Diese Teilung zwischen Staat und Privaten war in keinem anderen Bildungsbereich so ausgeglichen wie im Hochschulbereich, und von einer „kostenlosen“ Hochschulausbildung für Studierende bzw. deren Eltern konnte somit nie die Rede sein. Empirische Untersuchungen in den letzten zehn Jahren kamen zu dem Ergebnis, dass etwa 40 % der Gesamtkosten zur Hochschulausbildung von den Studierenden und ihren Eltern getragen wurden und der Staat somit 60% der Finanzierung aufbringen musste.[4] Nach Einführung der Studiengebühren wird die öffentliche Institution Universität (bzw. Fachhochschule) nicht mehr ausschließlich öffentlich, sondern auch privat finanziert. Somit vergrößert sich der Anteil, den Studierende und deren Familien an den Gesamtkosten tragen müssen, erheblich. Der Lebensunterhalt ist dabei weiterhin vollständig Privatsache, jedoch unterstützt der Staat Studierende, deren Familien aus niedrigeren sozialen Schichten stammen, mit Ausbildungsförderungsmaßnahmen.[5] Nichtsdestotrotz beteiligt sich der Staat - selbst wenn man diese Förderungsmaßnahmen außer Betracht lassen würde - weiterhin an den Kosten des Gutes „Hochschulbildung“, wenn auch in einem - relativ gesehen - geringeren Maße.
Die öffentliche Bereitstellung von Bildung und somit ein staatlicher Eingriff ins Marktgeschehen sind ökonomisch gesehen u.a. dann gerechtfertigt, wenn der Marktmechanismus zu suboptimalen Ergebnissen führen würde. Daher wird zuerst untersucht, ob sich öffentliche Finanzierung durch allokatives Marktversagen im Hochschulsystem legitimieren lässt.
3. Gutscharakter von Hochschulbildung
Die zur Untersuchung der Finanzierung der Hochschulbildung zunächst anzustellende Basisüberlegung muss lauten, welchen ökonomischen Gutscharakter das Gut „Hochschulbildung“ besitzt, d.h. ob es sich bei Hochschulbildung um ein privates, öffentliches, gemischtes oder meritorisches Gut handelt. Diese Begriffe lassen sich vereinfacht wie folgt definieren:
Öffentliches Gut: Ein Ausschluss vom Konsum ist nicht möglich, es herrscht keine Rivalität um das Gut und es weist hohe positive nicht-individuelle, d.h. externe, Effekte auf.[6]
Privates Gut: Unterliegt dem Ausschlussprinzip, es herrscht Rivalität im Konsum, keine bzw. sehr geringe positive externe Effekte sind erkennbar.
Gemischtes Gut: Allmende- oder Clubgut[7]. Ein gemischtes Gut weist Merkmale von öffentlichen und privaten Gütern auf. Der Besitzer hat zwar besondere Vorteile, doch positive externe Effekte nutzen auch anderen.[8]
Meritorisches Gut: Gemischtes Gut mit überwiegendem Privatgutcharakter. Die Bereitstellung wird jedoch von der Allgemeinheit unabhängig von individuellen Vorteilen angestrebt[9], da angenommen wird, dass es einen größeren Nutzen stiftet, als er sich in der bestehende Nachfrage in freier Marktwirtschaft widerspiegelt.
Der Markt vermag reine öffentliche Güter gar nicht und meritorische Güter nur unvollkommen resp. in nicht optimaler Menge zu liefern. Eine Finanzierung der Hochschulbildung über Steuern ist also dann gerechtfertigt, wenn die Hochschulbildung ein öffentliches Gut darstellt und somit Marktversagen[10] vorliegt. Sollte Hochschulbildung jedoch als privates Gut angesehen werden, muss eine Gebührenfinanzierung stattfinden.[11] Sollten sowohl Merkmale von öffentlichen als auch von privaten Gütern vorhanden sein, müsste eine gemischte Finanzierung erfolgen.
In dieser Seminararbeit wird im Folgenden verdeutlicht, warum die gutstheoretischen Eigenschaften der Hochschulbildung entscheidende Bedeutung besitzen. Ausgeschlossen werden kann, dass Bildung ein rein öffentliches Gut ist. Es herrscht sowohl Rivalität in der Nutzung (beispielsweise können in überfüllten Hörsälen mehrere Studierende mangels Platzangebot nicht an der Vorlesung teilnehmen, und bei den verbliebenen wird der Nutzen durch mangelnde Konzentrationsfähigkeit, bedingt durch den Geräuschpegel, eingeschränkt) als auch ist das Ausschlussprinzip anwendbar (die Hörsaaltüren können geschlossen werden bzw. Personen ohne Hochschulzugangsberechtigung können nicht studieren). Daher liegt die Vermutung nahe, dass es sich um ein privates Gut handelt. Die nachfolgenden Ausführungen werden jedoch verdeutlichen, warum die allgemeine Einschätzung eher von einem gemischten bzw. meritorischen Gut ausgeht.[12]
4. Effizienzaspekte
Da die These, der Staatseingriff beruhe auf der Tatsache, dass Hochschulbildung ein öffentliches Gut sei, aus den o.a. Gründen nicht gehalten werden kann, muss nun überdacht werden, welche anderen effizienzorientierten Aspekte für die öffentliche Bereitstellung zu Hilfe gezogen werden könnten. Deshalb werden folgend einige Marktversagenstatbestände untersucht.
Positive externe Effekte der Hochschulbildung werden gerne als Begründung für den Staatseingriff in den Bildungsmarkt angeführt. Sie liegen dann vor, wenn der gesamtgesellschaftliche Nutzen von Hochschulbildungsleistungen regelmäßig größer ist als der individuelle (bzw. privatwirtschaftliche). Die Frage, was jedoch als positiver externer Effekt angeführt werden kann, kann nicht abschließend beantwortet werden. Haveman und Wolfe haben 1984 für den amerikanischen Hochschulmarkt eine Unterteilung in 17 verschiedene Effekte vorgenommen, die Sturn und Wohlfahrt 1999 für den deutschsprachigen Raum übernahmen.[13] Bei vielen davon gestaltet sich jedoch die Unterscheidung, ob es sich ausschließlich um einen externen oder einen privaten Effekt handelt, als durchaus schwierig. Des Weiteren sind einige noch nicht ausreichend empirisch erforscht, während andere keine genauen Schätzungen bzgl. des Wertes des Effekts liefern können. Deshalb seien hier nur die wichtigsten und empirisch bereits belegten externen Effekte aufgeführt.
Das beliebteste Argument für einen positiven externen Effekt stellt zweifelsfrei das mit einem höheren Bildungsstand einhergehende Wirtschaftswachstum dar. Dieses lässt sich durch diverse positive Effekte wie beispielsweise Produktivitätssteigerung oder zunehmenden technologischen Fortschritt erreichen. Dies jedoch belegt nicht zwangsläufig die Existenz externer Effekte. Neuere Studien bezweifeln diese Existenz, wobei die Einkommensunterschiede von Hochschulabsolventen und Nichtakademikern eine gewichtige Rolle spielen. Die hohen Einkommen von Akademikern internalisieren den Effekt bei funktionierenden Arbeitsmärkten nämlich bereits vollkommen und preisen auch die Opportunitätskosten, definiert als entgangenes Einkommen in der Zeit des Studiums, bereits mit ein. Ausnahmen bilden fakultätsspezifische Effekte wie z.B. der Genuss der Allgemeinheit, beim Konzert vom Erlernten des ehemaligen Musikstudenten zu profitieren, oder das gesundheitliche Profitieren der Allgemeinheit vom Erlernten des ehemaligen Medizinstudenten. Dies legt also eine nach Fächern differenzierte und somit höchst umfangreiche Betrachtung der Wohlfahrtssteigerung nahe. Es steht aber bereits fest, dass höchstens eine teilweise, d.h. nach Fakultäten differenzierte Subventionierung durch den Staat gerechtfertigt ist.
Weiterhin wird die fehlende Möglichkeit, sich gegen Bildungsrisiken zu versichern, als klassisches Beispiel für den Staatseingriff angeführt. Danach kann sich der Bildungsnachfrager zunächst nicht sicher sein, ob er seine Ausbildung erfolgreich abschließen wird. Somit ist die Varianz der Bildungsrenditen sehr hoch.[14] Falls er dies schafft, ist die Höhe des Ertrages der Bildungsinvestition immer noch unsicher, da individueller Ertrag stark vom durchschnittlichen Ertrag abweichen kann.[15] Diese fehlende Versicherungsmöglichkeit gegen die zweifellos vorhandenen Bildungsrisiken verweist jedoch mehr auf eine Versicherungsfunktion des Staates in der Hochschulbildung als auf Marktversagen.[16] Aus Sicht des Argumentes unsicherer Bildungsrenditen ist es deshalb am Besten, wenn der Staat Studiengebühren erhebt und für die Studenten Bildungskredite anbietet. Eine erfolgsabhängige Rückzahlung von zuvor erhaltenen Bildungsdarlehen beteiligt bei Studienerfolg die Hochschüler an den Kosten ihrer Ausbildung und trägt so dem Aspekt des teilweisen Verbleibs des Risikos auf Nachfragerseite Rechnung. Zur Vorbeugung vor adverser Selektion[17] müssten dabei die Risikobeteiligung der Studenten umso höher ausfallen, je teurer der gewählte Studiengang ist. Die Risikobeteiligung bringt außerdem den Anreizeffekt des Versicherten mit sich, das Studium ernsthaft zu betreiben und nach erfolgreichem Abschluss das erworbene Humankapital möglichst produktiv einzusetzen, und verhindert somit ex post und ex ante moral hazard.[18]
Durch Hochschulbildung erworbenes Humankapital ist nicht handel- oder beleihbar. Wären die Kapitalmärkte vollkommen, hätten Personen, für die sich ein Studium lohnt (d.h. Ertrag > Kosten) einen Anreiz, einen Kredit zur Studienfinanzierung aufzunehmen. Private Kreditgeber sind jedoch i.d. Regel für einen solchen Kreditwunsch nicht offen. Dies würde bedeuten, dass Angehörigen niedriger sozialer Schichten der Zugang zu den Hochschulen verschlossen bliebe, wenn der Staat keine Unterstützung bieten würde. Öffentliche Bildungsfinanzierung auf der einen Seite oder Stipendien und Bildungsdarlehen auf der anderen Seite lösen dieses Problem der kurzfristigen Liquiditätsbeschränkung. Auch könnte der Staat bei Darlehen privater Banken als Ausfallbürge auftreten. Empirisch erwiesene Tatsache ist jedoch, dass sozial Schwächere nicht zuletzt aus Gründen mangelnder Liquidität unterdurchschnittlich oft Zugang zu Hochschulen finden.[19] Neuere Erkenntnisse zweifeln jedoch an, dass die o.a. kurzfristige Liquiditätsbeschränkungen dafür verantwortlich sind. Vielmehr wurde in den USA empirisch nachgewiesen, dass in der Tat eher langfristige Liquiditätsbeschränkungen die entscheidende Rolle spielen.[20] Weder öffentliche Studienfinanzierung über Steuereinnahmen noch Bildungskredite hätten entscheidenden Einfluss auf diese Beschränkungen.
Effizienzorientierte Argumente beschränken sich aber nicht nur auf das Vorliegen von Marktversagen. Ein weiteres Argument für die staatliche Bereitstellung stellt das Einkommenssteuersystem dar[21]. Es besagt, dass die Investitionsbereitschaft für Hochschulbildung durch den negativen Anreizeffekt, den unser Steuersystem mit positiven Grenzssteuersätzen auslöst, abnimmt und es somit zu steuerbedingten Effizienzverlusten kommt. Eine Subventionierung des Studiums würde somit zu höheren Steuereinnahmen führen, wenn die „Zusatzgewinne“ aus Steuereinnahmen, die aufgrund von vermehrter Hochschulbildung erzielt werden, die Höhe der Subventionierungsausgaben für diese Hochschulbildung übersteigt. Wigger hat jedoch 2004 festgestellt, dass eine Effizienzverbesserung bei linearer Einkommensbesteuerung nur dann festgestellt werden kann, wenn die steuerbedingte Bildungsinvestitionshemmung sehr ausgeprägt ist. Im Falle nichtlinearer Steuerpolitik bewirken die Subventionen gar eine Verschlechterung der Effizienz. Somit sollten die für die Subventionierung aufgewendeten Steuermittel besser gespart und stattdessen eine Korrektur des Steuersystems selbst angegangen werden. Außerdem wird durch die öffentliche, gebührenfreie Hochschulbildung keineswegs die durch steuerliche negative Anreize verzerrte Bereitschaft der Hochschulbildungsinvestitionen erhöht, sondern vielmehr werden private Bildungsinvestitionen vollständig verdrängt. Da aber die öffentlichen Subventionen wieder durch Steuern finanziert werden müssen, muss der deshalb entstandene Effizienzverlust wieder berücksichtigt werden.[22]
Ein umstrittener Ansatzpunkt für das Eingreifen des Staates stellt die Meritorisierung der Hochschulbildung aufgrund asymmetrischer Informationsverteilung dar. Sie unterstellt, dass aufgrund asymmetrischer Informationsverteilung die Individuen nicht rational handeln und der Staat somit aufgrund seines Informationsvorsprungs bessere Entscheidungen treffen kann. Dieser Informationsvorsprung bezieht sich beispielsweise auf den zukünftigen Bedarf an Arbeitskräften[23]. Allerdings können die Bildungsnachfrager auf verschiedenen Wegen, beispielsweise durch Wirtschaftsnachrichten in verschiedenen Medien, den Informationsvorsprung des Staates verkleinern. Die inhaltliche Qualität des heterogenen und individuell zu bewertenden Gutes „Bildung“ kann jedoch vom Individuum meist erst hinterher und subjektiv beurteilt werden, während der Staat, auch tatsächlich bzgl. des Nutzens der nach Fakultäten differenzierten Hochschulbildung, dort einen Informationsvorsprung besitzt. Ob dies jedoch einen Staatseingriff rechtfertigt, wird kontrovers diskutiert.[24]
Als weiterer Punkt wird der Signalling-Ansatz untersucht. Er unterstellt, dass nicht Bildung für hohe Arbeitsproduktivität verantwortlich ist, sondern die individuelle Arbeitsproduktivität vielmehr genetisch bedingt ist und somit durch Hochschulbildung nicht verändert wird. Vielmehr möchten die Individuen durch die erworbene Bildung der asymmetrisch verteilten Information Rechnung tragen. Zwar kennt jede Person selbst ihre Arbeitsproduktivität, potenzielle Arbeitgeber aber nicht. Deshalb wird mit der erworbenen Hochschulbildung lediglich ein Signal an diese ausgesendet, wie hoch die Produktivität ist bzw. sein könnte. Wichtige Voraussetzung dabei ist die Annahme, dass Personen mit einer höheren angeborenen Produktivität geringere Kosten haben, um einen gewissen Bildungsgrad zu erlangen, als solche mit niedrigerer Produktivität.[25] Somit lohnt sich für gering-produktive Bildungsnachfrager der Erwerb so manches Bildungsabschlusses bzw. grades gar nicht. Falls der Staat also die Finanzierung der Bildung übernimmt, erwerben auch weniger produktive Individuen höhere Bildungsgrade, was die Signalling-Funktion der Bildung bzgl. der Produktivität somit zunichte macht.[26]
[...]
[1] Nagel (2003): 33.
[2] Vgl. Janeba/Kemnitz/Ehrhardt (2007): 185.
[3] Vgl. Bätzel (2003): 24.
[4] Vgl. Dohmen (1999): 138, in Anlehnung an Lüdeke/Beckmann (1998)
[5] Vgl. Heinrich-Böll-Stiftung (2004): 10.
[6] Vgl. Petersen (1993): 140f.
[7] Vgl. Donges/Freytag (2004): 168.
[8] Vgl. Donges/Freytag (2004): 168.
[9] Vgl. Pasternack (2003): 67.
[10] Vgl. Berg/Cassel/Hartwig, (2003): 196.
[11] Vgl. Hansjürgens (1999): 260f.
[12] Vgl. Donges/Freytag (2004): 169.
[13] Vgl. Sturn/Wohlfahrt (1999): 74f.
[14] Vgl. Kupferschmidt/Wigger (2006): 289.
[15] Vgl. Pfeiffer (2003): 19.
[16] Vgl. Wigger (2003): 2.
[17] Vgl. Bätzel (2003): 67.
[18] Vgl. Kupferschmidt/Wigger (2006): 291.
[19] Vgl. Stiglitz (1989): 388.
[20] Vgl. Kupferschmidt/Wigger (2006): 288.
[21] Vgl. Barbaro (2003b): 1
[22] Vgl. Kupferschmidt/Wigger (2006): 292f.
[23] Vgl. Dohmen (1999): 141.
[24] Vgl. Dohmen (1999): 142f.
[25] Vgl. Wigger (2004): 213f.
[26] Vgl. Kupferschmidt/Wigger (2006): 293f.
- Citation du texte
- Pascal Moog (Auteur), 2007, Hochschulbildung - öffentliche oder private Finanzierung?, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/81793
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