„Verhandeln“ bezeichnet die Fertigkeit, in komplexen Konfliktsituationen zu einer einvernehmlichen Lösung zu gelangen ohne die Hilfe eines neutralen Dritten in Anspruch zu nehmen, wie dies beispielsweise bei der Mediation der Fall ist. Diese Fertigkeit ist einem keineswegs angeboren, sondern kann und muss erlernt werden.
Der Weg dorthin und die Lösung als solche liegt oftmals im „Vergleichen“ der jeweiligen Interessen. Das heißt, dass die Beteiligten Ihre oftmals auch gegenläufigen Interessen vergleichen müssen und somit zu Lösungsmöglichkeiten gelangen werden, die den beiderseitigen Interessen gerecht wird.
Diese Konfliktsituationen müssen keineswegs immer juristischer Natur sein, häufig sind dies Alltagsprobleme, wie beispielsweise die Beurteilung durch einen Vorgesetzen, das Bewerbungsgespräch oder der Gebrauchtwagenkauf.
Ein jeder ist schon mal oder gerät beinahe tagtäglich in vergleichbare Situationen ohne sich immer darüber bewusst zu sein. Diese Situationen haben gemeinsam, dass wir ihnen nicht ausweichen können, sondern uns ihnen zwangsläufig stellen und sie bewältigen müssen.
Inhaltsverzeichnis
Literaturverzeichnis
I. Einführung in das Thema
II. Problemaufriss
III. Die verschiedenen Umgangsformen zur Bewältigung von Konfliktsituationen
IV. Die Verhandlungsmodelle
1. Das „intuitive“ Verhandlungsmodell
2. Das rationale oder auch sachbezogene Verhandlungsmodell
V. Das rationale Verhandlungsmodell in der Theorie
1. Persönliche und Situationsbezogene Voraussetzungen
2. Der Phasencharakter
2.1 Eröffnungsphase
2.2 Rahmenphase
2.3 Themenphase
2.4 Informationsphase
2.5 Argumentationsphase
2.6 Entscheidungsphase
VI. In der Realität störende Faktoren, die das rationale Verhandlungsmodell tangieren
1. Mehrpersonenverhältnisse
1.1 Delegationenverhandlungen
1.2 Mehrpersonenverhandlungen
2. Die Problematik unterschiedlicher Verhandlungstypen
2.1 Der kooperative Verhandlungstyp
2.2 Der kompetitive Verhandlungstyp
2.3 Der individualistische Verhandlungstyp
3. Machiavellismus
4. Umgang mit Unfairness
VII. Schlussbetrachtung
Literaturverzeichnis
Literatur
im Gutachten zitiert als:
Blankenberg, Erhard; Mobilisierung von Recht, in: Zeitschrift für Rechtssoziologie 1980, S.33-64
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Gottwald, Walther; Verhandeln als juristische Fertigkeit, in: Anwaltsblatt 1984, S.549-552
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Gottwald, Walther / Haft, Fritjof; Verhandeln und Vergleichen als juristische Fertigkeiten; 2. Aufl., Tübingen 1993
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Gottwald, Walther / Treuer, Wolf-Dieter; Verhandeln und Vergleichen im Zivilprozess; 2.Aufl., Stuttgart u.a. 2005
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Haft, Fritjof; Verhandlung und Mediation. Die Alternative zum Rechtsstreit, 2.Aufl., München 2000
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Hartig, Willfred; Modernes Verhandeln; Heidelberg 1995
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Heinrich, Jürgen; Erfolgreich Verhandeln, in: Elektronik 16/1998, S.101
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Korff, Ernst; Reden, Diskutieren, Verhandeln; Ratingen
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Krug, Karlheinz; Erfolgreich Verhandeln, in: Socialmanagement 6/2003, S.29-32
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Plamper, Harald; Handeln und Verhandeln in Kooperation, in: Die Verwaltung 1985, S.503-519
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Rehbinder, Manfred; Rechtssoziologie; 3. Aufl., Berlin, u.a. 1993
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Wilhelm, Mark; Verhandlung im Schadenfall -Interdisziplinäre und empirische Betrachtung zur Methodik des Verhandelns-; Tübingen 2003
Wilhelm, ...
Verhandeln und Vergleichen
I. Einführung in das Thema
„Verhandeln“ bezeichnet die Fertigkeit, in komplexen Konfliktsituationen zu einer einvernehmlichen Lösung zu gelangen[1] ohne die Hilfe eines neutralen Dritten in Anspruch zu nehmen, wie dies beispielsweise bei der Mediation der Fall ist. Diese Fertigkeit ist einem keineswegs angeboren, sondern kann und muss erlernt werden.[2]
Der Weg dorthin und die Lösung als solche liegt oftmals im „Vergleich“. Das heißt, dass die Beteiligten Ihre oftmals auch gegenläufigen Interessen vergleichen müssen und somit zu Lösungsmöglichkeiten gelangen werden, die den beidseitigen Interessen gerecht wird.
Diese Konfliktsituationen müssen keineswegs immer juristischer Natur sein, vielmehr sind dies Alltagsprobleme, wie beispielsweise die Beurteilung durch einen Vorgesetzen, das Bewerbungsgespräch oder der Gebrauchtwagenkauf.
Ein jeder ist schon mal oder gerät beinahe tagtäglich in vergleichbare Situationen ohne sich immer darüber bewusst zu sein.[3] Diese Situationen haben gemeinsam, dass wir ihnen nicht ausweichen können, sondern uns ihnen zwangsläufig stellen und sie bewältigen müssen.[4]
II. Problemaufriss
Jeder Verhandlungssituation ist gemeinsam, dass sie ihrer Eigenart nach durch „Komplexität“ besticht.[5] Komplexität als solche, überfordert jedoch das menschliche Gehirn.[6] Das Problem ist die Informationsverarbeitung. In Verhandlungssituationen strömen eine Vielzahl von Informationen auf uns eine. Diese strukturiert aufzunehmen und zu verarbeiten müssen wir erlernen und trainieren.[7] Daraus folgt die Notwendigkeit nach Strukturdenken.[8]
Die Konsequenz dieses Defizits besteht darin, dass sich die Verhandlungspartner jeweils auf ihre eigenen Positionen beschränken. Unter Position ist in diesem Kontext, die bereits festgelegte wünschenswerte Lösung zu verstehen, die am Ende als Verhandlungsergebnis erzielt werden soll.[9] Die Folge ist, dass nicht mehr über eine oder verschiedene Lösungsoptionen, die den beiderseitigen Interessen gerecht wird, nachgedacht wird, sondern sich die Verhandlung darauf beschränkt über die jeweils eigene Position zu feilschen.[10]
Das Ergebnis solcher Art zu verhandeln lässt sich als Nullsummenspiel bezeichnen.[11] Auf der einen Seite gibt es einen Gewinner auf der anderen Seite einen Verlierer.
Weiterhin birgt jede Verhandlungssituation die Gefahr, dass wir auf ein Gegenüber treffen der sich entweder intuitiv oder bewusst dieses menschliche Problem zu nutzen macht. In der Sozialpsychologie wird dies gemeinhin als „Machiavellismus“ bezeichnet.[12] Gemeint ist, dass der Mensch über gespeicherte Verhaltensprogramme verfügt, die das Gegenüber durch seinerseits bestimmtes Verhalten auslöst[13] und wir intuitiv nach dem jeweiligen Verhaltensprogramm reagieren. Auf diese Weise Unterliegen in Verhandlungssituationen Manipulationen.
III. Die verschiedenen Umgangsformen zur Bewältigung von Konfliktsituationen
Ein Konflikt ist dadurch gekennzeichnet, dass die im Mittelpunkt stehenden Interessen von den Beteiligten unterschiedlich bewertet werden.[14] Um den Konflikt zu bereinigen, bedarf es demzufolge einer Neubewertung im Wege des Verhandelns.[15] Folgerichtig liegt die Schwierigkeit eines Konfliktfalls darin, dass die bestmögliche Reaktion auf diesen gefunden werden muss.[16]
Konflikte können, erstens unmittelbar durch die Beteiligten gelöst werden, zweitens außergerichtlich unter Beteiligung von Rechtsanwälten, drittens durch Hinzuziehung von Schieds- oder Schlichtungsstellen und viertens im Wege der gerichtlichen Auseinandersetzung.[17] Welche Form der Konfliktbeilegung im konkreten Fall angemessen und praktikabel ist, wird von dem Konflikt selbst und einer Reihe von Außenstehenden Faktoren bestimmt.[18]
Im Wege der gerichtlichen Auseinandersetzung wird in der Realität, der geringste Teil an Konflikten beigelegt.[19] Die Gründe dafür sind vielfältig. Zum einen ist nicht jeder Konflikt justitiabel, zum anderen müssen aufgrund des streng formalisierten Verfahrens Prozessvoraussetzungen erfüllt werden.[20] Abgesehen davon, weißt jeder einen unterschiedlichen Grad an Prozessfreudigkeit auf.[21] Konflikte die persönliche Sozialbeziehungen oder Dauerbeziehungen betreffen zeichnen sich weniger dafür aus, den Gerichtsweg zu beschreiten, als das bei Gelegenheitsbeziehungen der Fall ist.[22] Ebenso führen Überlegungen zu wirtschaftlichen Auswirkungen dazu, das Gericht zu meiden.[23]
Darüber hinaus entscheiden die Gerichte autoritativ, so dass der gerichtliche Weg der Streitbeilegung als ultima ratio für die Fälle angesehen werden kann, in denen sich die Beteiligten nicht untereinander, dass heißt einvernehmlich einigen können.[24]
Auch die Beteiligung von Freiberuflern, beispielsweise Anwälten erscheint nicht immer sachgerecht.[25] Ebenso sind die eher formalen Verfahren der Schieds- und Schlichtungsstellen nicht immer angemessen.[26]
Die Tatsache, dass der Großteil von Konfliktsituationen durch Verhandlungen zwischen den Beteiligten beigelegt wird[27], unterstreicht die Wichtigkeit und das Erfordernis der sozialen Kompetenz des Verhandelns. Diese Fähigkeit wird im Verlauf Thema der vorliegenden Arbeit sein.
IV. Die Verhandlungsmodelle
1. Das „intuitive“ Verhandlungsmodell
Das intuitive Verhandlungsmodell ist in erster Linie durch das feilschen um Positionen gekennzeichnet.[28] Man bezieht eine extreme Position, rückt schrittweise von dieser ab und wird sich irgendwo in der Mitte treffen.
Als Standardfälle kann man die Situation auf dem Trödelmarkt und den Gebrauchtwagenkauf ansehen.
Als klassisches Beispiel lässt sich der Streit zweier Schwestern um eine Orange anführen.[29] Jede der beiden Schwestern will die ganze Orange für sich. Am Ende entscheiden die Eltern, dass jede eine Hälfte bekommt. So geschieht es, die Orange wird geteilt und keine der beiden Schwestern ist zufrieden. Die eine wollte die Schale der Orange haben um einen Kuchen zu backen. Die andere das Fleisch um sich einen Saft zu pressen.
Hätten die beiden Schwestern sich nicht auf Ihre Position („ich will die Orange für mich“) versteift, sondern Ihre ursächlichen Interessen miteinander verglichen, so hätte jede befriedigt werden können, indem die eine die Schale und die andere das Fleisch der Orange bekommen hätte.
Dieses Verhalten geschieht intuitiv. Die Ursache, dass intuitiv dieses Verhaltensmuster Anwendung findet, liegt in der Überforderung des menschlichen Gehirns mit komplexen Konfliktsituation.[30] Komplexität überfordert uns deshalb, weil wir einerseits keine passende Sprache für die Darstellung und Bewältigung der Konfliktsituation besitzen und zum anderen die Kapazität des menschlichen Gehirns in Verhandlungen an seine Grenze, seine Leistungsfähigkeit stößt. Statt Strukturdenken anzuwenden, nehmen wir intuitiv Positionen ein. Je extremer diese Positionen sind, umso schwieriger wird es kreativ nach Lösungsmöglichkeiten zu suchen.[31]
Die Ursache, dass wir uns im Ergebnis irgendwo in der Mitte treffen, liegt darin, dass wir über Verhaltensprogramme verfügen, die in solchen Situationen automatisch aktiviert werden. Die Verhaltensprogramme die dabei ausgelöst werden sind unter anderem:
[...]
[1] Fisher / Ertel, S.18; Fisher / Ury S.15; Haft, Fritjof S.1; Steiner, in: Jura 2004, 531 (531); Schmeisser, in: GdWZ 1991, 17 (19); Wilhelm, http://tobias-lib.ub.uni-tuebingen.de/volltexte/2003/729/index.html, S.11.
[2] Däubler, Wolfgang Rn.125; Gottwald / Haft,www.jura.uni-tuebingen.de/haft/veroeff/verhandeln_vergleichen.pdf S.45; Haft, Fritjof S.5; Hartig, S.28.
[3] Heinrich, in: Elektronik 16/1998, S.101; Steiner, in: Jura 2004, 531 (531).
[4] Haft, Fritjof S.1; Steiner, in: Jura 2004, 531 (531).
[5] Gottwald / Haft,
www.jura.uni-tuebingen.de/haft/veroeff/verhandeln_vergleichen.pdf S.15,16; Gottwald / Treuer, S.20; Haft, Fritjof S.4, 21; Steiner, in: Jura 2004,531 (532).
[6] Gottwald / Haft, www.jura.uni-tuebingen.de/haft/veroeff/verhandeln_vergleichen.pdf , S.15,16,36;
Gottwald / Treuer, S.22,29; Haft, Fritjof S.5, 21; Steiner, in: Jura 2004,531 (533); Wilhelm, http://tobias-lib.ub.uni-tuebingen.de/volltexte/2003/729/index.html,S.87.
[7] Däubler, Wolfgang Rn.125; Gottwald / Haft, www.jura.uni-tuebingen.de/haft/veroeff/verhandeln_vergleichen.pdf, S.45; Haft, Fritjof S.5.
[8] Gottwald / Haft, www.jura.uni-tuebingen.de/haft/veroeff/verhandeln_vergleichen.pdf, S.20; Gottwald / Treuer, S.17; Wilhelm, http://tobias-lib.ub.uni-tuebingen.de/volltexte/2003/729/index.html, S.142.
[9] Fisher / Ertel, S.33; Haft, Fritjof S.22; Wilhelm, http://tobias-lib.ub.uni-tuebingen.de/volltexte/2003/729/index.html, S.28.
[10] Fisher / Ury S.21; Gottwald, in: Anwaltsblatt 1984, 549 (551).
[11] Haft, Fritjof S.22; Wilhelm, http://tobias-lib.ub.uni-tuebingen.de/volltexte/2003/729/index.html, S.12.
[12] Däubler, Rn.195; Gottwald / Haft, www.jura.uni-tuebingen.de/haft/veroeff/verhandeln_vergleichen.pdf, S.45; Gottwald / Treuer, S.22; Haft, Fritjof S.7,174; Wilhelm, http://tobias-lib.ub.uni-tuebingen.de/volltexte/2003/729/index.html, S.136.
[13] Däubler, Rn.195; Haft, Fritjof S.22,174; Wilhelm, http://tobias-lib.ub.uni-tuebingen.de/volltexte/2003/729/index.html, S.136,137.
[14] Wilhelm, http://tobias-lib.ub.uni-tuebingen.de/volltexte/2003/729/index.html, S.10.
[15] Wilhelm, http://tobias-lib.ub.uni-tuebingen.de/volltexte/2003/729/index.html, S.10.
[16] Rehbinder, S.146.
[17] Gottwald, in: Anwaltsblatt 1984, 549 (549); Rehbinder, S.205.
[18] Rehbinder, S.206,208.
[19] Blankenberg, in: Zeitschrift für Rechtssoziologie 1980, 33 (37); Gottwald, in: Anwaltsblatt 1984, 549 (549); Rehbinder, S.215,216.
[20] Rehbinder, S.206,207.
[21] Rehbinder, S.209.
[22] Blankenberg, in: Zeitschrift für Rechtssoziologie 1980, 33 (38).
[23] Gottwald, in: Anwaltsblatt 1984, 549 (549); Rehbinder, S.210,211,223.
[24] Rehbinder, S.223.
[25] Rehbinder, S.213.
[26] Rehbinder, S.213,214.
[27] Gottwald, in: Anwaltsblatt 1984, 549 (549).
[28] Fisher / Ury, S.21; Däubler Rn.126; Schmeisser, in: GdWZ 1991, 17 (21); Wilhelm, http://tobias-lib.ub.uni-tuebingen.de/volltexte/2003/729/index.html, S.27.
[29] Fisher / Ertel, S.34; Fisher / Ury, S.90; Steiner, in: Jura 2004, 531 (531).
[30] Steiner, in: Jura 04,531 (532).
[31] Däubler, Rn.126; Fisher / Ury, S.23.
- Quote paper
- Bastian Kandt (Author), 2006, Verhandeln und Vergleichen in Konfliktsituationen, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/81699
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