Dieser Bericht soll einen umfassenden Einblick in das Leben von Hooligans und ihren Aktivitäten geben. Anfangs werden Aussagen zu dem Begriff Gewalt getroffen, da man Hooligans im Besonderen mit Gewalt im Fußballstadion verbindet. Dabei wird auch auf die historische Geschichte aggressiver Jugendlicher und Hooligans eingegangen. In den letzten zehn Jahren sind Hooligans durch ihre Aktivitäten immer mehr in das öffentliche Interesse der Gesellschaft gerückt, was die Hooligan- Szene vor allem den Medien zu verdanken hat. Im weiteren Verlauf dieser Arbeit findet eine Abgrenzung der Hooligan- Szene und der Fan- Gruppen statt, wobei ausführlich die Charakteristik und die Gruppenfunktion der Hooligans beschrieben wird. Aufschluss gibt diese Arbeit auch über die hohe Gewaltbereitschaft der Szene und wie Gewalt angewendet wird. Um diese Aussagen treffen zu können, muss schon im Vorfeld über gesellschaftliche Bedingungen und Sozialisation berichtet werden. Der Grund für das Entstehen dieser Arbeit war das persönliche Interesse, Näheres über Hooligans zu erfahren. Über diese Menschen, die für einen großen Rummel in der Medienwelt sorgen, wenn in einem Fußballstadion oder während einer Meisterschaft randaliert wird und Menschen dabei zu Schaden kommen. Dieses starke Interesse ließ mich die bedeutende Frage stellen, ob ich für diese Arbeit nicht eine eigenständige Forschung betreiben sollte. Das heißt, sollte ich mich als Feldforscher einer Hooligan- Gruppe anschließen, ihr Vertrauen gewinnen, sie erforschen und Ereignisse sowie Ergebnisse in meiner Arbeit veröffentlichen? Das schien mir ein gutes Vorhaben, allerdings verwarf ich dieses Konzept sehr schnell wieder. Gründe dafür waren einerseits die mangelnden Erfahrungen in der Forschung, die wenige Zeit für eine solche Aufgabe sowie die geringen zur Verfügung stehenden Mittel, andererseits auch die Gefahr, für diese Aufgabe nicht geeignet zu sein, allein als Frau in die Hooligan- Szene zu gelangen ist schwierig. Somit widmete ich mich theoretischer Grundlagen über Hooligan- Gruppen. Aufgrund der wenigen, speziellen Literatur, beinhaltet dieser Bericht sehr viele Beispiele zu Hooligans und ihren Aktivitäten, was ihn weniger theoretisch erscheinen lässt. Trotzdem ist diese Arbeit so allgemein gehalten wie möglich.
Um umständliche Schreibweisen oder Verdopplungen zu vermeiden und statt dessen nur die männliche bzw. weibliche Form der Anrede benutzt wird, sind selbstverständlich Menschen beiderlei Geschlecht gemeint.
Gliederung
1 Einleitung
2 Grundlegende Aussagen
2.1 Was ist Gewalt?
2.2 Theorien zum aggressiven Verhalten
2.3 Geschichte aggressiver Jugendbanden
2.4 Der Begriff Hooligan
3 Sozialisation
3.1 Aktuelle Bedingungen des Aufwachsens von Kindern und Jugendlichen
3.2 Familie, Kindheit, Jugend
3.3 Motivationen sind Gruppen anzuschließen
4 Charakteristik des Hooligans
4.1 Erscheinungsbild, Zeichen und Symbole
4.2 Rituale und Grundsätze
4.3 Männlichkeitskult
4.4 Alex - "ein echter Hooligan"
5 Gruppenzusammensetzung und hierarchischer Aufbau
5.1 Rädelsführer
5.2 Harter Kern
5.3 Mitläufer
5.4 Gruppenformation
5.5 Funktion der Gruppe
6 Zur Wertigkeit der Gewalt
6.1 Langeweile und Erlebnishunger
6.2 Freund- und Feindbild
6.3 Gewalt und Waffen
7 Zur Wertigkeit des Fußballs
7.1 Abgrenzung zum Fan
7.2 "Die dritte Halbzeit"
8 Aktivitäten zu bestimmten Anlässen
8.1 Fußballpokalspiel 1993
8.2 Anlaß: Der Geburtstag Adolf Hitlers
8.3 Anlaß: Männertag
9 Mädchen und Frauen der Hooligans
10 Zukunftsvorstellungen und Perspektiven
11 Der Medieneinfluß auf die Hooligan- Szene
12 Resümee
13 Anhang
14 Literatur- und Bildverzeichnis
15 Erklärung
1 Einleitung
Dieser Bericht soll einen umfassenden Einblick in das Leben von Hooligans und ihren Aktivitäten geben. Anfangs werden Aussagen zu dem Begriff Gewalt getroffen, da man Hooligans im Besonderen mit Gewalt im Fußballstadion verbindet. Dabei wird auch auf die historische Geschichte aggressiver Jugendlicher und Hooligans eingegangen. In den letzten zehn Jahren sind Hooligans durch ihre Aktivitäten immer mehr in das öffentliche Intresse der Gesellschaft gerückt, was die Hooligan- Szene vorallem den Medien zu verdanken hat. Im weiteren Verlauf dieser Arbeit findet eine Abgrenzung der Hooligan- Szene und der Fan- Gruppen statt, wobei ausführlich die Charakteristik und die Gruppenfunktion der Hooligans beschrieben wird. Aufschluß gibt diese Arbeit auch über die hohe Gewaltbereitschaft der Szene und wie Gewalt angewendet wird. Um diese Aussagen treffen zu können, muß schon im Vorfeld über gesellschaftliche Bedingungen und Sozialisation berichtet werden. Der Grund für das Entstehen dieser Arbeit war das persönliche Interesse, Näheres über Hooligans zu erfahren. Über diese Menschen, die für einen großen Rummel in der Medienwelt sorgen, wenn in einem Fußballstadion oder während einer Meisterschaft randaliert wird und Menschen dabei zu Schaden kommen. Dieses starke Interesse ließ mich die bedeutende Frage stellen, ob ich für diese Arbeit nicht eine eigenständige Forschung betreiben sollte. Das heißt, sollte ich mich als Feldforscher einer Hooligan- Gruppe anschließen, ihr Vertrauen gewinnen, sie erforschen und Ereignisse sowie Ergebnisse in meiner Arbeit veröffentlichen? Das schien mir ein gutes Vorhaben, allerdings verwarf ich dieses Konzept sehr schnell wieder. Gründe dafür waren einerseits die mangelnden Erfahrungen in der Forschung, die wenige Zeit für eine solche Aufgabe sowie die geringen zur Verfügung stehenden Mittel, andererseits auch die Gefahr, für diese Aufgabe nicht geeignet zu sein, allein als Frau in die Hooligan- Szene zu gelangen ist schwierig. Somit widmete ich mich theoretischer Grundlagen über Hooligan- Gruppen. Aufgrund der wenigen, speziellen Literatur, beinhaltet dieser Bericht sehr viele Beispiele zu Hooligans und ihren Aktivitäten, was ihn weniger theoretisch erscheinen läßt. Trotzdem ist diese Arbeit so allgemein gehalten wie möglich.
Um umständliche Schreibweisen oder Verdopplungen zu vermeiden und statt dessen nur die männliche bzw. weibliche Form der Anrede benutzt wird, sind selbstverständlich Menschen beiderlei Geschlecht gemeint.
2 Grundlegende Aussagen
2.1 Was ist Gewalt?
Da die Hooligan- Szene stets im Kontext mit Gewalt einher geht, wird in diesem Abschnitt vorerst auf den Begriff Gewalt näher eingegangen. Nach Ingeborg Gabriel ist dieser Begriff mehrdeutig und beinhaltet im deutschen Sprachgebrauch verschiedene Sachverhalte. Etymologisch bedeutet Gewalt Macht und Kraft, bspw. als Naturgewalt oder juristische Gewalt. Seit Beginn der Neuzeit fand ein Wandel statt, der Gewalt als negative Bedeutung suggerierte, im politischen und juristischen Bereich jedoch ist er bis heute als Macht- Begriff erhalten geblieben. Diese Mehrdeutigkeit, führte und führt, diesen so schon schwer faßbaren Begriff, zu großen Mißverständnissen. Zum Beispiel, wenn eine Verurteilung von Gewalt fälschlicher Weise mit Ablehnung der staatlichen Autorität der Herrschaft, d.h. der Staatsgewalt, gleichgesetzt wird. In der Alltagssprache wird zwischen Gewalt (engl. violence) und Herrschaft (engl. power) unterschieden. Im deutschen kommt Gewalt dem Begriff Kraft am nächsten, dem physischen Gewalteinsatz. Zur Definition von Gewalt läßt sich sagen, daß es sehr viele verschiedene Ansätze aus Politologie, Ethologie und Soziologie gibt, die jedoch gleichsam aussagen, daß Gewalt ein Phänomen ist, dass alle Bereiche tangiert, wo es um zwischenmenschliche Beziehungen geht. Gabriel will "... in einem ersten Versuch Gewalt aus ethischer Sicht definieren als jeden bewußten, zerstörerischen und ungerechtfertigten Gebrauch von Macht in sozialen Beziehungen, der den anderen dem eigenen Willen unterwerfen will." (1) Demnach ist Gewalt mit Machtausübung verbunden, welche physischer, psychischer und sekundär institutiver Art sein kann. Hierbei ist zu berücksichtigen, dass Macht ein Vermögen des Menschen ist und deshalb weder als gut noch als schlecht bezeichnet werden kann. Machtausübung ist also nicht wirklich zu diffamieren. Die Frage ist vielmehr, Mit welchem Ziel und in welcher Weise Macht ausgeübt wird? Positive Formen können Überzeugung und Beeinflussung durch das eigene Vorbild sein, es handelt sich erst um Gewalt, wenn Macht eingesetzt wird um Mitmenschen zu schaden oder zu zerstören.
1) Gabriel, Ingeborg, Pustet- Verlag 1995, S.41
Zsifkovits definiert Gewalt als "jede Chance, innerhalb sozialen Beziehungen dem eigenen Willen durchzusetzen, wobei man auf jede Mitwirkung der anderen verzichtet und ihm ein Übel andreht oder zufügt." (2) Zur viel diskutierten Frage, ob man von Gewalt gegen Sachgegenstände sprechen kann, gibt es keine klare Trennlinie zu Gewalt gegen Menschen, besonders bei Bedrohung oder Zerstörung der Lebensgrundlagen von Menschen sowie den Lebensgrundlagen in der Umwelt. Gewalt geht immer mit dem Abbruch der Kommunikation einher, und ist so zerstörerischer Machtmißbrauch, der sich gegen die physische und psychische Integrität von Personen richtet und immer ein Übel darstellt. In Bezug aus Lebensverhältnisse muß die Frage geklärt werden, ob der Einsatz von Gewalt, also Übel gerechtfertigt ist, wenn dadurch noch größeres Übel verhindert werden kann. Dies stellt das eigentliche Dilemma von Gewalt dar. Ziel ethnischer Überlegungen muß es daher sein, die Frage zu klären, unter welchen Umständen Gewalt als Gegengewalt gerechtfertigt ist und in wie weit das Übel von Gewalt auch ohne Gewaltanwendung (Gewaltverzicht) überwunden werden kann.
2.2 Theorien zum aggressives Verhalten
Aggressivität ist eine Diskussion in der Individual- und Sozialpsychologie sowie der Verhaltensforschung, bei der immer wieder die Frage aufkommt: Ist der Mensch von seiner Anlage her aggressiv oder wird Aggression erst gesellschaftlich vermittelt? Humanwissenschaftliche Theorien verbinden Aggression nicht immer mit Gewalt, aber Gewalt ist immer mit Aggressionen verbunden. Aggression im negativen Sinne bedeutet menschliches Verhalten, was anderen Menschen, Tieren oder Dingen in einer Weise beabsichtigten Schaden, Schmerz oder negative Befindlichkeiten zufügt. D.h. es ist zerstörerisches Verhalten gegen Menschen und andere Dinge. Aggression wird unterschieden in reaktive und instrumentelle Aggression. Reaktive Aggression richtet sich gegen Hindernisse, die eine Zielsetzung vereiteln. Ist das eigentliche Objekt, dass die Aggression hervorruft zu mächtig, wird ein Ersatzobjekt zur Zielscheibe (Frust auf den Chef zu Hause bei die Familie abreagiert). Reaktive Aggression kann sich aber auch gegen einen Selbst richten, wie das psychosomatische Krankheitsbilder belegen und sogar bis zum Suizid führen.
2) Gabriel, Ingeborg, Pustet- Verlag 1995, S.41
Dagegen wird die intrumentelle Aggression bewußt für ein Objekt bzw. Ziel eingesetzt. Diese Aggressivität ist gekennzeichnet durch Einsatz von Waffen, Überlegenheitsgefühl und körperliche Gewaltaktionen. Situationen eines Konfliktes werden mit gewalttätigen Handlungen bewältigt und immer wieder eingesetzt, wenn sich entsprechender Erfolg, im Sinne der Zielerreichung, einstellt. Zur Erklärung von aggressiven Verhaltensweisen gibt es viele Theorien, bspw. die Freudsche Todestrieb- Theorie, die Frustrations- und Aggressionstheorie oder die Auffassung von F. Hacker, dass Aggression als Folge individueller und kollektiver Regression entsteht. Bei all diesen Theorie gibt es keine wahre und richtige, vielmehr ergänzen sie sich wechselseitig und geben wichtige Hinweise für die Ursachen und implizit für die Bewältigung aggressiven Verhaltens. Einen kausalen Zusammenhang, wobei Aggression gleich Gewalt hervorbringen muß, konnte keine Theorie beweisen.
2.3 Geschichte aggressiver Jugendbanden
Im historischen Kontext aggressiver Jugendlicher ist deren Aggressivität die Reaktion auf das Elend der jeweiligen Epoche zurückzuführen. Mit der sozialen Frage der industriellen Revolution im 19. Jahrhundert ging auch der Zerfall der Zünfte, Bettelorden und Liberalisierung einher, wodurch Armut als Massenphänomen und individuell bewältigendes Elend auftrat. Erste "Halbstarke", die als solche bezeichnet wurden, traten in dieser Zeit auf und waren arbeitslose, herumlungernde Schiffs- und Bleicherknechte. Zeitgenössische Analysen und Interpretationen sehen "Halbstarke" als kriminelle Gruppen Jugendlicher, hervorgegangen aus der Arbeiterklasse, die als politisch gefährliches und bedrohliches Potential betrachtet wurden. Als herumlungernd, häufig die Lehrstelle wechselnd, balgend und Schimpfworte gebrauchend wurden diese Jugendlichen charakterisiert. Wirkliche Verbrechen begingen diese Jugendlichen nicht, daher wurden sie auch nicht sanktioniert und eingeschränkt. Im Laufe der Geschichte bildeten sich zwei Analogien, die auch heute noch aktuell sind, die links- orientierten und rechts- orientierten Gruppen. Besonders während des Nationalsozialismus bildeten sich zum rechtsextremistischen Staat linke Widerstandsbewegungen, wie z.B. die Edelweißpiraten oder die Weiße Rose. "Anstatt ihr Auftreten als Signal für unbefriedigende Alltagssituationen von Jugendlichen zu werten,
wurden beide Stile innerhalb der fortschreitenden Auseinandersetzung rigoros in die Sündenbockrolle für auftretende Abweichungen und aggressives Verhalten gedrängt. Beide Stiele sind sehr ausgiebig von der Sensationspresse aufgegriffen worden. Die Darstellung in den Medien hat in beiden Fällen massiv nicht nur die Ausbreitung der Stile, sondern vor allem das Entstehen weiterer Gewalttätigkeit bewirkt. Jugendliche, die begannen, ihrerseits den jeweiligen Stil aufzugreifen und nachzuahmen konnten aus ihrer Sichtweise nur dann zu dessen Trägern werden, wenn sie auch die in den Medien besonders exponiert dargestellten gewalttätigen Anteile praktizierten." (3) In den 50iger und 60iger Jahren wurden die Halbstarken mehr und mehr verdrängt durch eine Vielzahl von Razzien in Kinos, Cafés und Gaststätten, die von der Polizei durchgeführt wurden. Auch waren die fortschreitende Vermarktung und Vereinheitlichung des Erscheinungsbildes durch Mode- und Musikgeschmack, wo einzelne Personen untergingen, Gründe für die Verkleinerung der Halbstarken- Bewegung.
2.4 Der Begriff Hooligan
Die Ursprünge des Hooliganismus werden in den Jugendprotest- Bewegungen der 60iger Jahre in Jamaika vermutet. Der Begriff Hooligan kommt aus dem englischen, erstmals erwähnt vor mehr als hundert Jahren. In der Übersetzung bedeutet er so viel wie Randalierer, Rohling oder Halbstarker. Seine Entstehung ist bis heute strittig. Einige behaupten das Wort hooly wurde geprägt in Irland, wo es Zechprellerei und Orgie bedeutete, andere vertreten die Meinung, der Begriff ist eine Übernahme der irischen Familie Hooligan, die prügelnd und brandschatzend durchs Land zog. Aufgrund des eher sehr neuen, modernen Phänomen des Hooligan- Daseins, gibt es in Deutschland wenige Untersuchungen über diese Szene. Aber seit einigen Jahren differenziert man sehr deutlich zwischen den wahren Fußball- Fans und Hooligans. Aus der alten Fußballfan- Tradition entwickelten sich zwei Gruppen von Zuschauern, die Fans und Hooligans. Heute ist der Begriff Hooligan und auch die Szene weit verbreitet. In Deutschland umfaßt diese Szene ca. 9000 Personen, darunter 3000, die sehr gewalttätig und polizeibekannt sind. Hooligan- Gruppen sind bspw. die Anti- Sozial- Front der Offenbacher Kickers, gründet 1984, oder die Gruppen in Ost- und Westberlin.
3) Titus, Simon, Juventa- Verlag 1996, S.83-84
3 Sozialisation
3.1 Aktuelle Bedingungen des Aufwachsens von Kindern und Jugendlichen
In der modernen Gesellschaft sind die Entwicklungsbedingungen für Kinder und Jugendliche geprägt von Individualisierung und Pluralisierung. "Abweichendes Verhalten" tritt vorallem in modernen Gesellschaften gehäuft auf, da diese raschen Wandlungen unterzogen sind. Das Resultat dieser sind Krisen und Verunsicherung. Kinder und Jugendliche werden heute viel früher erwachsen, nicht nur durch ihre körperliche Reife, sondern eher durch kultur- soziologische Veränderungen der Wohlstands- und Wohlfahrtsumwelt. "Kinder leben aber auch in einer Welt permanenter Überforderungen. Dies beginnt mit dem Überspringen psychisch- kognitiver Wachstumsphasen, geht weiter mit den sich wandelnden, indifferent gewordenen Beziehungen zu erwachsenen Personen, die Einfluß auf die Entwicklung der Kinder haben, was heute für Elternhäuser ebenso gilt wie für Schulpädagogen." (4) Traditionelle Lebensprägungen werden durch Klassen, Konfessions,- Familien,- und Sozialmilieus aufgeweicht, d.h. die Gesellschaft unterliegt einer Enttraditionalisierung und- struckturierung. Kinder und Jugendliche haben keine festen Lebenspläne und stützenden Rückhalt mehr, sie werden unsicher in für sie wichtigen Bereichen. Individualisierungsschübe wechseln solidarisch- kollektive millieuspezifische Problemlösungsmuster ab, die einerseits die Chance, andererseits die Notwendigkeit zulassen, frühzeitig eigenständige Entscheidungen zu treffen. Dies schafft mit einer krisenhaften Entwicklung, die individuelle Suche nach Sinn und Werten, welche zur Annahme von Identifikationsangeboten führt, die wiederum besonders attraktiv scheinen, wenn sie von Altersgleichen ausgelebt werden. Meist bedeutet dies der Anschluß einer Gruppe, die gesellschaftliche Normen und Werte nicht achtet, ihre eigenen "Gesetze" geschaffen hat und durch Gewaltaktionen gekennzeichnet ist. Die heutige Gesellschaft ist eine anonyme, es gibt kaum noch Nachbarschaften, die Jugendliche, neben ihren Eltern beeinflussen. Sie selbst haben auch kein Interesse daran, da sie sich durch steigende Mobilität diesen Sozialräumen entziehen können. Risikoverhalten von Kindern und Jugendlichen ist aber auch ein Reflex auf erlebnisarme Räume des urbanen
4) Titus, Simon, Juventa- Verlag 1996, S.59
Alltags und ist dabei Ausdruck individueller Freiheit, Körpererfahrung und Männlichkeitskult. Finanzielle Freiheit wird zwar immer mehr gewährt durch Liberalisierung der Elternhäuser und Wohlstandsentwicklung, doch individuelle Freiräume müssen weiterhin erkämpft werden. Außerdem steht demgegenüber, daß immer mehr Kinder und Jugendliche in Armut und Elend aufwachsen. In unserer heutigen rücksichtslosen Gesellschaft ist die Grenzüberschreitung zur Realität längst Teil von Normalität, genauso wie die aktuellen Bedingungen Arbeitslosigkeit, Armut und wirtschaftliche Strukturen. Ausgrenzung und Stigmatisierung gehören ebenso zu Erfahrungen, die Jugendliche durchlaufen müssen, wie dass die Gesellschaft kein ausreichendes Maß an Gleichheit und Gerechtigkeit für alle Menschen hat. Die Jugend sieht dies als große Ungerechtigkeit und reagiert mit Haß, Rachegefühlen und Aggressionen. So lernen Kinder schon früh, daß man nicht dazu gehört, wenn man etwas anders ist als Andere. Man wird abgestempelt und an den Rand der Gesellschaft gedrängt. Den Zustand in dem sich Jugendlich befinden hat der Soziologe Durkheim als Anomie bezeichnet. Mit diesem Begriff "... meint er den Zustand von Norm- und Orientierungslosigkeit, der insbesondere in Zeiten gesellschaftlicher Krisen auftritt und Gefühle der Vereinsamung, Verlassenheit und Hilflosigkeit bewirkt. Dem liegt ein gesellschaftlicher Zustand zugrunde, in dem alte Normen nicht mehr gelten, Traditionsbestände aufgezehrt sind und neue Handlungsorientierungen, die Sicherheit im Alltagsverhalten verbürgen, noch nicht gefunden sind." (5) Diese Erfahrungen von Desintegration und Verlust von Tradition sind Ursachen für Delinquenz und Jugendkriminalität.
3.2 Familie, Kindheit, Jugend
Werden Jugendliche in eine Familie hinein geboren, wächst das Kind mit geliebten und ungeliebten Personen heran. Die Erziehung durch die Eltern sollte durch Anpassung und Einordnung in die Gesellschaft gekennzeichnet sein und auf einen Triebverzicht, dort wo er auf Kosten der Gemeinschaft ausgetragen wird, hinarbeiten. Die Aspekte der Sozialisation sind abhängig von der Einstellung der Familie und müssen aus Reifeprozessen sowie
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- Citar trabajo
- Diplom-Pädagogin Melanie Schöpcke (Autor), 2002, Jugendliche Gewalt am Beispiel der Jugendkultur von Hooligans, Múnich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/81499
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