Dante Alighieris (1265-1321) epische Dichtung “Die Göttliche Komödie”(La Divina Commedia) ist nicht sonderlich komisch. Die Bezeichnung Commedia ist gerechtfertigt, weil das Werk traurig beginnt und gut endet. Es beschreibt den Weg vom Elend zur Seligkeit und ist im niederen Stil der Volkssprache gehalten, aber Dante hat es nielmals als ”göttlich” bezeichnet. Der Titel ”Divina” ist Boccacio zu verdanken; diesen Zusatz bekam der Buchtitel erst 1555. Das Thema dieses Weltgedichtes ist der Mensch – Dante schildert seine eigene Wanderung durch das Jenseits, eine allegorische Pilgerreise durch die drei Reiche: Hölle, Fegefeuer und Paradies wo die Liebe die metaphysische Bewegung ist. Im Verlauf der Vorstellung flechtet Dante zentrale Aspekte des Denkens und der Mentalität seiner Zeit ein.
Eine starke Auslegungstradition versteht das Werk als Ausdruck eines mystischen Einweihungsprozesses, das heisst, als symbolische Beschreibung von verschiedenen Bewusstseinzuständen, von der ”Verirrung im Wald” oder in der Sinneswelt, durch Reinigung und Erleuchtung bis zur Vereinigung mit dem Absoluten. In jedem Fall war Dante von der Mittelaltermystik beeinflusst, worin dies ein zentrales Thema war. Besonders in den letzen Liedern, in den Beschreibungen von der Begegnung des Wanderers mit Gott, greift Dante zentrale Motive der Mystik auf. Hier wird die Lichtmethapher besonders auffallend. Die Komödie steht ganz klar in einer Tradition der Lichtmetaphysik, wie sie von der griechischen Philosophie, über den Neuplatonismus und Dionysios Areopagita, durch die ganze Mystik des Mittelalters führt, um dann im Platonismus der Renaissance weiterzugehen. Um eine sinnvolle Auslegung der Komödie zu geben, ist es deshalb notwendig, auf die Philosophie und Theologie der Antike und des Mittelalters einzugehen. Diese Arbeit soll sich dementsprechend darauf beschränken, kurz die wichtigsten gedanklichen Voraussetzungen für Dantes Verwendung der Lichtmetaphorik anzuschauen.
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
2. Die Göttliche Komödie
2.1 Eine kurze Einführung
2.2 Der Aufbau der jenseitigen Welt: Die Architektonik der drei großen Jenseitsreiche – mit besonderem Gewicht auf Paradiso
2.3 Aufbau des 28.Gesanges
2.4 Die Vision der Engelhierarchien und zentrale metaphysische Elemente für die Lichtmetapher im 28. Gesang des Paradiso
3. Die Komödie zwischen griechischer Kosmologie und christlichem Glauben. Einflüsse für die Lichtmetaphysik
3.1 Einflüsse von Platons Timaios
3.2 Beziehung zum Neuplatonismus:
3.2.1 Die neuplatonische Lichtmetaphysik
3.2.2 Dionysios Areopagita
4. Zusammenfassung
1. Einleitung
Dante Alighieris (1265-1321) epische Dichtung “Die Göttliche Komödie”(La Divina Commedia) ist nicht sonderlich komisch. Die Bezeichnung Commedia ist gerechtfertigt, weil das Werk traurig beginnt und gut endet. E s beschreibt den Weg vom Elend zur Seligkeit und ist im niederen Stil der Volkssprache gehalten, aber Dante hat es nielmals als ”göttlich” bezeichnet. Der Titel ”Divina” ist Boccacio zu verdanken; diesen Zusatz bekam der Buchtitel erst 1555. Das Thema dieses Weltgedichtes ist der Mensch – Dante schildert seine eigene Wanderung durch das Jenseits, eine allegorische Pilgerreise durch die drei Reiche: Hölle, Fegefeuer und Paradies wo die Liebe die metaphysische Bewegung ist. Im Verlauf der Vorstellung flechtet Dante zentrale Aspekte des Denkens und der Mentalität seiner Zeit ein. Wir finden unter anderem Einflüsse von mehreren zentralen Mystikeren, wie Dionysios Areopagita, Bernhard von Clairvaux und Bonaventura, sowie philosophisches Gedankengut sowohl aus der aristotelischen als auch aus der platonischen Tradition. Dantes Komödie darf als deutlichstes Beispiel dafür bezeichnet werden, wie Mystik und Philosophie im Mittelalter in die Dichtung hineingewirk haben und dort ihre Sichtweise auf Vernunft, Verstand, Liebe und Gnade spiegeln.
Eine starke Auslegungstradition versteht das Werk als Ausdruck eines mystischen Einweihungsprozesses, das heisst, als symbolische Beschreibung von verschiedenen Bewusstseinzuständen, von der ”Verirrung im Wald” oder in der Sinneswelt, durch Reinigung und Erleuchtung bis zur Vereinigung mit dem Absoluten. In jedem Fall war Dante von der Mittelaltermystik beeinflusst, worin dies ein zentrales Thema war. Besonders in den letzen Liedern, in den Beschreibungen von der Begegnung des Wanderers mit Gott, greift Dante zentrale Motive der Mystik auf. Hier wird die Lichtmethapher besonders auffallend. Die Komödie steht ganz klar in einer Tradition der Lichtmetaphysik, wie sie von der griechischen Philosophie, über den Neuplatonismus und Dionysios Areopagita, durch die ganze Mystik des Mittelalters führt, um dann im Platonismus der Renaissance weiterzugehen.
Um eine sinnvolle Auslegung der Komödie zu geben, ist es deshalb notwendig, auf die Philosophie und Theologie der Antike und des Mittelalters einzugehen. Diese Arbeit soll sich dementsprechend darauf beschränken, kurz die wichtigsten gedanklichen Voraussetzungen für Dantes Verwendung der Lichtmetaphorik anzuschauen. Genauer gesagt so wie diese im 28. Gesang des Paradieses zum Ausdrück kommt, wo eine Schilderung der Engelhierarchien, so wie sie aus der Lehre des Dionysios Areopagita hervorgeht, gegeben wird. Ich werde untersuchen, was Dante in seinem kosmologischen Denken und in der Vorstellung von diesen himmlischen Lichtgestalten inspiriert haben könnte. Woher nahm Dante die Inspiration dazu? Um darauf Antwort zu geben, werde ich weniger auf Dantes politische Stellungnahme eingehen, als viel mehr die Komödie von philosophischen und religiösen Strömungen der Zeit beleuchten. Ich will Paradiso in zusammenhang setzen mit der christlichen Mystik und der neuplatonischen Philosophie, und speziell untersuchen, wie Dante beeinflusst wurde von Platons Timaios , Plotins Emanationslehre und Dionysios Areopagitas Über die himmlischen Hierarchien.
2. Die Göttliche Komödie
2.1 Eine kurze Einführung
Die göttliche Komödie handelt kurz gesagt von einer Person die im Laufe von einer Woche an Ostern 1300 (das grosse Jubeljahr, in dem der Papst allen Pilgern die nach Rom kamen Sündenerlass versprach) eine Reise durch das Todesreich macht, von der Hölle durch das Fegefeuer und in den Himmel hinauf. Diese Hauptperson – Dante genannt – steht ”mitten im Leben” (d.h. 35 Jahre). Er ist im Beginn des Werkes vom rechten Weg abgekommen und hat sich in einen dunklen Wald verirrt. Um ihm in seiner Verzweiflung zu helfen, organisiert der Himmel einen Rettungsplan. Die Jungfrau Maria bittet Beatrice (Das Mädchen, in das sich Dante als neunjähriger verliebt hat, und das als junges Mädchen gestorben war), hinunter in die Hölle zu steigen um den römischen Dichter Vergil zu bitten Dante aufzusuchen. Vergil, der die irdische Vernunft repräsentiert, hat die Aufgabe Dante zu helfen auf den richtigen Weg zurückzufinden und ihn zu begleiten auf der Reise von der Hölle zum Paradies. Auf der Reise durch die Hölle erweist sich Vergil als kundiger Führer, aber nach und nach, als sie weiter aufsteigen zum Fegefeuer wird er zunehmend unsicher, und auf dem Gipfel des Berges (indem sie im irdischen Paradies ankommen) gibt er die Fühererschaft ab, und verschwindet hinunter zu seinem Platz in der Hölle. Dantes geliebte Beatrice kommt und trifft ihn, und wird seine andere Führerin und Begleiterin. Beatrice, die den von Gott erleuchteten Verstand repräsentiert führt ihn in das Paradies und aufwärts durch die neun Himmelkreise. Unterwegs unterrichtet sie Dante in theologischen Lehrsätzen und um die Verhältnisse in den verschiedenen Himmeln. Auf der Reise begegnen ihnen und uns eine Reihe Gläubiger, unter anderem Denker und Theologen aus der Geschichte, zum Beispiel Thomas von Aquin. Am Ende treffen sie auch die drei Apostel Jakob, Johannes und Peter – diese belehren den Wanderer über die Begriffe Glaube, Hoffnung und Liebe. Ganz am Schluss des Werkes (im 31. Gesang des Paradieses) nimmt Beatrice ihren Platz in der Himmelrose ein, zusammen mit den anderen Heiligen, und Dante wird weitergeführt von dem Mystiker Bernhard von Clairvaux, der die Kontemplation und die leidenschaftliche Liebe zu Gott repräsentiert. Dante befindet sich nun im Himmel des reinen Lichts, das Mysterium der Dreieinigkeit offenbart sich im blendenden Licht, und Dante muss angesichts dieser Demut seinen Stift fallenlassen.
Dantes Werk spielt auf ”der grenzenlosen Bühne des Universums,” wie sich der alte dänische Danteübersetzer Molbech ausdrückt, und ist gleichzeitig in einer konkreten historischen Wirklichkeit plassiert, das heisst in Dantes Gegenwart: Italien im Übergang vom 13. zum 14. Jahrhundert. In ganau dieser Zeit ist die Hauptperson des Werkes, der Wanderer Dante, genannt und angesiedelt, und gleichzeitig ist das Werk eine zeitlose Erzählung über den Menschen an sich. Der Wanderer hat die Rolle eines Helden in einem grossen Entwicklungsroman. Er hat sich auf Abwege verirrt und ist auf der rastlosen Suche nach dem verlorenen Heim. Die Komödie handelt aus dieser Perspektive in aller Kürze von der Wanderung der Menschenseele zu Gott.
2.2 Der Aufbau der jenseitigen Welt: Die Architektonik der drei großen Jenseitsreiche – mit besonderem Gewicht auf Paradiso
Aufgrund ihres komplexen Aufbaus ist die Göttliche Komödie mit einer gothischen Kathedrale verglichen worden. Das ganze mittelalterliche Weltbild wird hier präsentiert. Dante legt all sein Wissen aus verschiedenen Gebieten in das Werk, und setzt dieses Wissen bei seinen Leseren offenbar voraus: Er schreibt alle seelischen, moralischen und religiösen Erfahrungen in ein hierarchisches System, durch das der Erzähler Dante wandert. Die Wanderung geht durch die drei Todesreiche Inferno (Hölle), Purgatorio (Fegefeuer) und Paradiso (Paradies), eine Wanderung die verstanden werden kann als ein Erkenntnisprozess des Pilgers Dante. Die Architektonik dieser drei großen Jenseitsreiche konstituiert sich aus den Urbildern, die Dante bei seinen höchsten Erfahrungen im Paradiso schaut. Am Ende der großen Reise eröffnet sich der Durchblick in die wunderbare Gesetzmäßigkeit des geistigen Weltengebäudes. Hier findet sich auch der perspektivische Punkt für die Sicht der Zusammenhänge der ganzen Divina Commedia als Dichtungsverk.[1]
Das Paradies hat neun Himmelssphären, zunächst die Sphären der sieben Planeten, dann der Kristallhimmel (Primum Mobile – die Wohnstatt der Engel) und endlich: Empyreum, den höchsten aller Himmel, in dem sich die himmlische Rose befindet sowie von den Heiligen und den Engeln, die sich um den dreieinigen Gott sammeln, gebildet ist. Die Seelen sind in verschiedenen Himmeln platziert und haben somit eine Art Rangordnung. Als weite durchsichtige Kugelschalen kreisen sie klingend um die Erde, die der Venus, der Sonne, des Mars, des Jupiter, des Saturn mit steigender Geschwindigkeit, bis endlich der Kristallhimmel oder das primum mobile mit einer unvorstellbaren Schnelligkeit alle Sphären umschwingt. Es ist also das ptolemäische[2] Weltbild, ausgestattet mit den antik-mittelalterlichen Vorstellungen von den Gestirnbahnen und – zonen.
Das Paradies ist geprägt von Licht und Bewegung. Licht in allen möglichen Facetten – Sonnenlicht, Mondlicht und alle Arten künsliches Licht.[3] Je höcher Dante im Paradies steig, desto stärker wird das Licht, und um so geringer wird sein Vermögen, es zu beschreiben: Er eröffnet den ganzen Paradiesabschnitt, indem er sagt:”ich sah Dinge, die kann keiner verkünden, der von dort herniedersteiget”(Paradies 1. Gesang,v. 5-6). Interessanterweise gebraucht er die nächsten 33 Gesänge, um gerade das zu schildern was er gesehen hat. Allmählich, als sich die Spähren dem ersten Beweger nähern nimmt ihre Umdrehung an Geschwindigkeit zu. Die Friktion zwischen ihnen schafft die Sphärenharmonie, eine himmlische Symphonie.
Die Sphären werden von geistigen Intelligenzen regiert. Diese Geistesmächte geben den Sphären ihren Charakter und bestimmen ihre Wirksamkeit.[4] Wir werden sehen, dass der Antike Begriff von den himmlischen Intelligenzen abgelöst wird von dem christlichen Begriff der Engel. Den neun Himmelsregionen entsprechen die neun Areopagitischen Engelhierarchien, so wie sie von Dante beschrieben werden im 28. Gesang. Die ganze geistige Welt baut sich aus den Myriaden von Geistern, Engeln und abgeschiedenen Menschenseelen auf, deren moralische Rangunterschiede und Vollkommenheitsgrade das Wesen der einzelnen Regionen ausmachen. So sind die Gestirnsphären der Reihe nach von den 7 Tugenden durchstimmt: Tugenden wie Selbstaufgabe, Liebe und Gerechtigkeit sind besonders wichtig. Im Paradiso repräsentieren die vier Himmelssphären von Venus, Sonne, Mars und Jupiter die grossen Tugenden Mässigung, Weisheit, Tapferkeit und Gerechtigkeit.[5]
Diese Ordnung bildet die Struktur der Welt. Romano Guardini[6] setzt diese Weltordnung in eine neuplatonische Tradition: ” Wer den Bereich der Göttlichen Komödie betritt, empfängt sofort den Eindruck einer intensiven Ordnungskraft: aus dem Versmass mit seiner Präzision; aus dem Aufbau des Ganzen mit seiner architektonischen Klarheit; aus den sich entfaltenden kosmischen, politischen, ethischen Hierarchien”[7] Guardini zeigt des weiteren, dass innerhalb dieser Weltordnung sich ein metaphysisch-religiöser Vorgang, jene Bewegung, welche die neuplatonische Philosophie unter den Begriffen des ekdromos und der epistrophé versteht, vollzieht.[8] Danach erscheinen alle Dinge als immerfort aus einem ersten Ursprungspunkt hervorgehend und wieder dahin zurückkehrend. Er schreibt: ”Diese Bewegung kommt im menschlichen Geist zu Bewußtsein und realisiert sich dort in der Form der höchsten Akte: der Erkenntnis, der ethisch-religiösen Befreiung und der Vereinigung mit dem Absoluten.”[9] Im Gegensatz zum Totenreich, in dem die aristoteische Metaphysik gilt, ist die Kosmologie des Paradieses neuplatonisch inspiriert.[10] Dante hat seine Inspiration von Platons Timaios und Dionysios Areopagitas Über die himmlischen Hierarchien. Während Inferno Elemente aus der zeitgenössischen Visionsliteratur leiht, unterscheidet die Paradiesschilderung sich durch ihre betrachtende, theoretische Anschauung. Wo die Hölle konkret und realistisch ist, ist der Himmel intellektuell und theorethisch. Es ist mein Anliegen, auf diese Verbindung zum Neuplatonismus in Dantes Paradies hinzuweisen, und ich lese sein Werk als eine Erkenntnissreise durch den Himmel mit dem Menschen im Zentrum.
[...]
[1] Siehe: Romano Guardini, “Landschaft der Ewigkeit”
[2] Das Weltbild des griechischen Astronomen, Mathematikers und Geographen Ptolemäus (100 - 160 n. Chr.) geht davon aus daß die Erde den unbewegten Mittelpunkt des Universums bildet, um den alle übrigen Planeten auf konzentrischen Bahnen kreisen. Das geozentrische System war bis ins 16. Jahrhundert, als Kopernikus seine bis heute gültige Theorie vom heliozentrischen System mit der Sonne als Mittelpunkt des Planetensystems aufstellte, anerkannt und verbreitet.
[3] Für eine tiefergehende Diskussion der Lichtmetaphorik bei Dante, siehe Magistretti, Il fuoco e la luce nella Divina Commedia. Magistretti nennt übrigens die komödie eine ”divina poema del fuoco e della luce”.
[4] Guardini, “Die Ordnung des Seins und der Bewegung”in Landschaft der Ewigkeit, 1996, s. 239.
[5] Auerbach, 1971, S. 148.
[6] Katolischer Theologe und Religionsphilosoph, 1885-1968.
[7] Guardini, “Das Phänomen des Lichtes in der Göttlichen Komödie” in Landschaft der Ewigkeit, 1996, s. 124.
[8] Ders.
[9] Ders.
[10] Hermann Gmelin, Die göttliche Komödie. Kommentar III.Teil Das Paradies, s.10.
- Citar trabajo
- MA Anniken Johansen (Autor), 2007, Die Lichtmetaphysik in der Göttlichen Komödie von Dante, Múnich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/81180
-
¡Carge sus propios textos! Gane dinero y un iPhone X. -
¡Carge sus propios textos! Gane dinero y un iPhone X. -
¡Carge sus propios textos! Gane dinero y un iPhone X. -
¡Carge sus propios textos! Gane dinero y un iPhone X. -
¡Carge sus propios textos! Gane dinero y un iPhone X. -
¡Carge sus propios textos! Gane dinero y un iPhone X. -
¡Carge sus propios textos! Gane dinero y un iPhone X.