Wissenschafliche Diplomarbeit, deren Ergebnis, untermauert durch eine empirische quantitative Forschung unter Sozialarbeitern am Amt für Jugend und Familie in Wien/Österreich, in vermeintlicher Opposition zum Professionalisierungsbestreben der neuen Wissenschaft Sozialarbeit steht. Intuition-Ein neuer Erklärungsansatz für das Handeln von SozialarbeiterInnen?
Diese Diplomarbeit beschäftigt sich mit der Fähigkeit des Menschen zur intuitiven Wahrnehmung. Dabei wird die Intuition allgemein wissenschaftlich aufbereitet und der praktische und theoretische Bezug zur sozialen Arbeit wird untersucht.
Der Allgemeine Teil umfasst die Definition und Beschreibung des Phänomens Intuition. Hierbei wird darauf wert gelegt, dass die Intuition im wissenschaftlichen wie im praktischen Sinne erfasst wird und eine Bestimmung des Wesens der Intuition erfolgt. Die Begründung zur Intuitionsfähigkeit im menschlichen Organismus wird untersucht, sowie eine kritische Betrachtung des Wahrheitsgehaltes von Intuition findet statt.
Intuitionstheorien in Bezugswissenschaften der sozialen Arbeit runden den allgemeinen Teil ab und führen zur sozialen Arbeit über.
Im zweiten Teil wird der praktische und theoretische Bezug zur sozialen Arbeit hergestellt. Beleuchtet wird, ob der Gebrauch der Intuition in der sozialen Arbeit widersprüchlich zur Professionalisierungsdebatte ist, beziehungsweise inwiefern Theoretiker der sozialen Arbeit die Intuition bewerten. Es wird geprüft ob die Vereinbarkeit von Intuition und Professionalität in der sozialen Arbeit gegeben ist.
Der Bezug zur Praxis wird durch eine quantitative Befragung von sozial arbeitenden Personen hergestellt. Untersucht werden die Anwendung und der Nutzen der Intuition in der Praxis, die Bewertung der Intuition von SozialarbeiterInnen und SozialpädagogInnen, und die Fähigkeit zur Intuition als soziale Intelligenz.
INHALTSverzeichnis
Vorwort
1 Einleitung
1.1 Gegenstand und Ziel der Untersuchung
1.1.1 Forschungsfragen
1.1.2 Hypothesen
1.2 Projektverlauf
1.3 Gliederung der Arbeit
1.3.1 Allgemeines über Intuition
1.3.2 Intuition in der sozialen Arbeit
2 Forschungsmethode und -design
2.1 Forschungsmethode
2.1.1 Pre-Test
2.1.2 Der Fragebogen
2.1.3 Forschungsleitende Fragen der quantitativen Erhebung
2.2 Zielgruppe der Forschung
2.3 Durchführung der Forschung
Teil I: Allgemeines über Intuition
3 Begriffsdefinition der Intuition
3.1 Lexikalische Definitionen
3.2 Synonyme des Begriffs Intuition
3.3 Definition nach Eric Berne
3.4 Definition nach Daniel Eggenberger
3.5 Resümee
4 Was ist Intuition?
4.1 Gegenüberstellung der unmittelbaren und der diskursiven Erkenntnis
4.2 Funktionsebenen der Intuition nach Hänsel
4.3 Was kann Intuition?
4.4 Das Erleben der Intuition
4.4.1 Intuition als Handlungswissen
4.4.2 Intuition als intelligentes Körpergefühl
4.4.3 Intuition als „Geistesblitz“
4.5 Resümee
5 Rationale Auseinandersetzung mit Intuition
5.1 Neurobiologische Begründung der intuitiven Fähigkeit
5.1.1 Theory of Mind
5.1.2 Spiegelneurone
5.2 Objektive Prüfung von Intuition
5.2.1 Der Wahrheitsgehalt von Intuition
5.2.2 Zur Überprüfbarkeit von Intuition
5.2.3 Qualitätssteigerung der Intuition
5.3 Resümee
6 Intuitionstheorien aus den Bezugswissenschaften der sozialen Arbeit
6.1 Intuition in der Philosophie
6.2 Intuition in der Psychologie
6.3 Intuition in der Pädagogik
6.4 Resümee
Teil II: Intuition in der sozialen Arbeit
7 Intuition und Professionalität
7.1 Gibt es eine Diskrepanz zwischen Professionalität und Intuition?
7.1.1 Aus theoretischer Sicht
7.1.2 Die Bewertung der Intuition von sozial arbeitenden Personen
7.1.2.1 Die Bewertung der Sozialarbeiter
7.1.2.2 Die vermutete Bewertung von Kollegen
7.1.2.3 Die vermutete Bewertung von Theoretikern der sozialen Arbeit
7.1.2.4 Ergebnisse und Begründung
7.1.3 Die Vereinbarkeit von Professionalität und Intuition
7.1.4 Schlussfolgerungen
7.2 Theorie-Praxis-Thematik
7.2.1 Das Fallverstehen
7.2.2 Intuition in der Theorie-Praxis-Problematik
7.2.3 Schlussfolgerungen
7.3 Resümee
8 Intuition in der sozialarbeiterischen Tätigkeit
8.1 Allgemeines über Intuition in der sozialen Arbeit
8.1.1 Intuition als wesentliches Element der sozialen Arbeit
8.1.2 Intuition als Teil der sozialarbeiterischen Erkenntnis
8.2 Nonverbale Kommunikation
8.3 Ahnungen
8.4 Intuition in Gesprächssituationen
8.4.1 Leitfaden
8.4.2 Die Planbarkeit eines Gesprächs
8.4.3 Intuition im Gespräch
8.4.4 Erfahrungen mit Intuition in Gesprächssituationen
8.5 Resümee
9 Intuition als Teil sozialer Intelligenz
9.1 Was ist soziale Intelligenz
9.2 Soziale Intelligenz in der sozialen Arbeit
9.3 Ergebnisse der Befragung im Kontext der sozialen Intelligenz
9.4 Resümee
10 Ergebnisse der Forschung
10.1 Überprüfung der Hypothesen
10.2 Beantwortung der Forschungsfragen
11 Schlusswort – eine sozialarbeiterische Bestimmung der Intuition
12 Abstract
12.1 Deutsch
12.2 English
Anhang
Tabellenverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
Der Fragebogen
Aufzählung der Antworten auf die offene Frage des Fragebogens
Literaturverzeichnis
Vorwort
In den Praktika, die ich im Laufe des Studiums an der Fachhochschule für Soziale Arbeit im städtischen Raum, unter anderen am Amt für Jugend und Familie, absolvierte, entdeckte ich eine Fähigkeit, der mich anleitenden Sozialarbeiter. Es war eine Art Empathie, ein Mitfühlen mit den Klienten, das meist in Voraussagen über das zukünftige Verhalten der Klienten mündete. In Fallgesprächen führten die Sozialarbeiter Fallbeschreibungen und Lebensgeschichten aus und zogen aus diesen Schlüsse, die für eine Praktikantin schwer nachzuvollziehen waren. Die Einschätzungen des Sozialarbeiters waren jedoch meist richtig. Ich vermutete schon damals, dass diese Fähigkeit sich nicht auf kognitives Wissen aufbaut.
Im Sommer 2006, nach langem Recherchieren eines geeigneten Themas für die Diplomarbeit, entdeckte ich zufällig einen Artikel über Intuition in der Wirtschaft. Das Phänomen der Intuition war mir bis dahin wohl bekannt gewesen, aber wissenschaftlich aufbereitet kannte ich dieses Thema noch nicht. Der Artikel beschrieb genau die Beobachtungen, die ich bei den praktizierenden Sozialarbeitern während der Praktika gemacht hatte. Es stand fest, dass das Phänomen der Intuition auch im Kontext der sozialen Arbeit untersucht werden muss und so entschied ich mich, dieses spannende Thema für die Abschlussarbeit zu wählen.
Die vorliegende Diplomarbeit beschäftigt sich mit dem Thema Intuition als Teil sozialen Arbeitens.
Ich danke all denen, die mich so tatkräftig bei der Erstellung dieser Arbeit unterstützt haben. Allen voran danke ich meiner Familie, meinem Lebensgefährten Stefan und meinem Sohn Nico Laurin für die Zeit und die Geduld, die sie mir geschenkt haben.
Ein Dank auch an meine Eltern, für das zeitintensive Korrekturlesen der Arbeit.
Es sollen auch die Sozialarbeiter und Sozialarbeiterinnen, der Regionalstellen Soziale Arbeit mit Familien, erwähnt sein, die mich in der Forschung durch das Ausfüllen der Fragebogen unterstützen. Außerdem danke ich Herrn Ferdinand Wolf für die Betreuung während dem Verfassen dieser Arbeit.
Ich danke auch Elisabeth Kapetanić, die mir das Vertrauen in die eigene Intuition lehrte.
Ein großer Dank auch an all die guten Freunde, die mich immer wieder auf neue Ideen brachten, mich kritisierten, mich wieder aufbauten, mit mir diskutierten, mich korrigierten und mich unterstützten: Danke Richi, Iris, Birgit, Kathi und Tanja!
1 Einleitung
Die vorliegende Arbeit beschäftigt sich mit Intuition in Theorie und Praxis sozialer Arbeit.
Es wird darauf hingewiesen, dass die in diesem Text verwendeten personenbezogenen Begriffe wie „Sozialarbeiter“ oder „Klient“ eine Entsprechung in der weiblichen Form inkludieren. Auf die durchgängige Verwendung von geschlechtsneutralen Begriffen wurde zugunsten der Lesbarkeit des Textes verzichtet.
1.1 Gegenstand und Ziel der Untersuchung
Gegenstand der Untersuchung stellt die Intuition im Kontext sozialer Arbeit dar. Die Intuition als Phänomen und als Fähigkeit wird allgemein vorgestellt und dann in Beziehung zu sozial arbeitenden Personen und der sozialen Arbeit gestellt. Dabei wird, wie es dem Zeitgeist entspricht, keine Unterscheidung zwischen Sozialarbeit und Sozialpädagogik vorgenommen.
„[…]dass wir zwar zwischen den Worten Sozialarbeit und Sozialpädagogik unterscheiden, dass beide Begriffe aber wenig Differenzierungskraft besitzen, wenn wir die sozialstrukturelle Geschichte und die konkrete Praxis des Berufsfeldes Soziale Arbeit in den Blick nehmen. Beide Begriffe bezeichnen eine Profession, nämlich die Profession Soziale Arbeit.“[1]
Um Sozialarbeit und Sozialpädagogik in dieser Arbeit vereinen zu können wurde der Antrag an die Grundlagenforschung der Magistratsabteilung gestellt, die sozial arbeitenden Personen in den Krisenzentren der Stadt Wien, neben den Personen am Amt für Jugend und Familie (AJF) und der Mobilen Arbeit mit Familien (MAF), zu befragen. Der Forschungsantrag wurde nur teilweise genehmigt, das heißt, nur Sozialarbeiter und Sozialpädagogen am AJF und der MAF in bestimmten Bezirken konnten befragt werden. In vorliegender Untersuchung haben sieben Personen eine sozialpädagogische und 58 Personen eine sozialarbeiterische Grundausbildung.
In dieser Arbeit wird häufig das Wort Sozialarbeit benutzt, es soll jedoch darauf hingewiesen werden, dass der alleinige Gebrauch dieses Begriffs eine Vereinfachung des Lesens darstellt und ein sinngemäßer Zusammenhang durchaus auch für die Sozialpädagogik hergestellt werden kann.
Ziel der Untersuchung ist es, begründen zu können, dass die Intuition relevant und akzeptiert innerhalb der sozialen Arbeit ist. Es soll gezeigt werden, dass es von Vorteil ist, Intuition in der sozialen Arbeit anzuwenden oder zuzulassen. Dazu werden Beispiele angeführt, die in der sozialen Arbeit von Bedeutung sind und es wird untersucht, wie in der Praxis stehende Sozialarbeiter die Intuition bewerten und erleben.
1.1.1 Forschungsfragen
In diesem Kapitel sollen die Forschungsfragen und Hypothesen der Arbeit vorgestellt werden, um einen Einblick in die Ziele der Forschung zu ermöglichen.
Forschungsfrage 1:
Ist Intuition in der professionellen sozialen Arbeit ein relevantes Phänomen?
Diese Frage stellt die Grundfrage der Forschung dar. Beforscht wird, ob das Phänomen oder die Fähigkeit der Intuition, in der professionellen sozialen Arbeit relevant ist.
Die Relevanz in der Praxis ist gegeben, wenn Sozialarbeiter die Intuition bewusst oder unbewusst anwenden oder ihre Anwendung vermeiden. Auch eine vermiedene Intuition stellt eine Bedeutung dar. Die Relevanz ist nicht gegeben, wenn sich Sozialarbeiter mit dem Thema Intuition im Zuge der professionellen Arbeit nicht auseinandersetzen und angeben, dass sie kein Element der sozialen Arbeit darstellt.
In der Untersuchung soll also überprüft werden, ob, und aus welchen Gründen, Sozialarbeiter die Intuition nutzen oder nicht.
Die Relevanz in der Theorie der sozialen Arbeit ist gegeben, wenn Theoretiker der sozialen Arbeit die Intuition benennen oder Beschreibungen anstellen, die der Intuition gleichen und/oder Ausführungen positiver oder negativer Natur über diese anstellen.
Forschungsfrage 2:
Ist Intuition in der professionellen sozialen Arbeit ein akzeptiertes Phänomen?
Diese Frage resultiert aus der ersten Forschungsfrage und stellt das zweite zentrale Element der Forschung dar. Überprüft wird, ob die relevante Fähigkeit zur Intuition in der professionellen sozialen Arbeit auch akzeptiert wird.
Als in der Praxis akzeptiert gilt die Intuition, wenn die Intuition willentlich und/oder bewusst und reflektiert angewandt wird. Sie gilt auch dann als akzeptiert, wenn sie unbewusst angewandt wird und keine Bedenken deshalb bestehen.
Als in der Theorie akzeptiert, gilt die Intuition wenn Ausführungen und/oder Theorien positiver Natur über Intuition oder sinngemäß übereinstimmende Aussagen beinhaltet.
1.1.2 Hypothesen
Aus oben stehenden Forschungsfragen ergeben sich für die Untersuchung folgende Hypothesen, die überprüft werden sollen.
Hypothese 1:
Sozial arbeitende Personen bedienen sich in der praktischen professionellen Tätigkeit ihrer Intuition.
Diese These kann überprüft werden, indem in der quantitative Forschung eine direkte Frage dazu gestellt wird. Weiters kann erhoben werden, wie rational Sozialarbeiter in ihrer Tätigkeit arbeiten und davon können Rückschlüsse auf die irrationalen Elemente in der sozialen Arbeit gezogen werden. Weiters kann intuitives Schlussfolgern in Beziehung zu anderen Erkenntnisformen gesetzt werden und der Anteil einer jeden Erkenntnisform kann ermittelt werden. Teilthesen der Hypothese 1 sind die Folgenden:
- Intuition wird in der Gesprächsführung angewandt.
- Es besteht ein Zusammenhang zwischen der Freizügigkeit Intuitionen anzunehmen oder anzuwenden und der Berufserfahrung des Sozialarbeiters.
- Es besteht ein Zusammenhang zwischen dem Vertrauen, dass ein Sozialarbeiter in seine Intuition steckt und der Häufigkeit der Anwendung oder Annahme.
Hypothese 2:
Intuition ist eine Fähigkeit, die in der sozialen Arbeit Vorteile erbringt.
Diese These kann überprüft werden, indem erforscht wird, in welchen Situationen die Intuition angewandt wird und in welchen sie sich als hilfreich gestaltet. Aufgrund dessen kann angegeben werden, dass Intuition Vorteile erbringt und in welchen Gebieten. Weitere Thesen dieses Teils der Forschung sind:
- Intuition gestaltet sich in der Gesprächsführung, besonders in der unmittelbaren Entscheidung zur weiteren Vorgehensweise, als hilfreich.
- Intuition ist ein Teil sozialer Intelligenz und stellt somit eine Voraussetzung für einen guten Sozialarbeiter dar.
- Intuition hilft, den Klienten umfassend in seiner Problemsituation zu verstehen.
Hypothese 3:
Die Professionalität in der sozialen Arbeit schließt das Anwenden der Intuition nicht aus.
Diese These kann durch eine Analyse der Professionstheoretischen Literatur sowie durch eine Befragung von sozial arbeitenden Personen zum Thema Professionalität erforscht werden. Weitere Thesen diese Hypothese betreffend sind:
- Sozialarbeiter sind der Meinung, dass das Anwenden der Intuition professionell ist.
- Sozialarbeiter haben Hemmungen, diese Meinung nach außen zu vertreten, deshalb wurde noch keine Intuitionstheorie, die Sozialarbeit betreffend, formuliert.
- Theorie über professionelle soziale Arbeit exkludiert das Anwenden der Intuition nicht.
1.2 Projektverlauf
Im Sommer 2006 wurde die Entscheidung getroffen, eine Diplomarbeit zum Thema Intuition zu verfassen. Es begann eine lange Recherche, um zu prüfen, ob ausreichend und wissenschaftlich wertvolle Literatur vorhanden ist, um die Diplomarbeit zu untermauern. Auch ein Pre-Test zum Thema Intuition wurde an der Fachhochschule unter den Kollegen im siebten Semester durchgeführt, um die Relevanz des Themas in der sozialen Arbeit zu überprüfen. Da die Literaturrecherche und der Pre-Test positiv ausgefallen sind, wurde mit dem gewünschten Erstgutachter, Dr. Ferdinand Wolf Kontakt aufgenommen, der sich bereit erklärte, die Autorin zu unterstützen. Es wurden ein Antrag und ein Exposé erstellt, welche vom Studiengangsleiter DSA Prof. Dr. Wilfing genehmigt wurden.
Ende November 2006 wurden die ersten theoretischen Kapitel erstellt. Mitte Dezember wurde der Forschungsantrag an die Abteilung Grundlagenforschung der Magistratsabteilung 11 gesendet, welcher kurz darauf teilweise bewilligt wurde. Die postalische Aussendung der Fragebögen der quantitativen empirischen Forschung an die Regionalstellen Soziale Arbeit mit Familien – Amt für Jugend und Familie und Mobile Arbeit mit Familien, fand im Januar 2007 statt, die letzten Retournierungen kamen Anfang Februar an.
Die Auswertung der Daten und das Verfassen der Kapitel über die Forschung fand im Februar 2007 statt.
Fertig gestellt wurde die Arbeit im März 2007.
1.3 Gliederung der Arbeit
Um die Lesbarkeit der Arbeit zu erhöhen wurde der empirische Teil vom Theoretischen nicht vollständig getrennt. Ergebnisse aus der Forschung fließen teilweise in die jeweiligen theoretischen Kapitel mit ein. Aufgrund dessen folgt auf die Einleitung die Beschreibung der Forschungsmethode und des Designs, um aufkommende Fragen diesbezüglich schon im Vorhinein beantworten zu können.
In der Theoretischen Auseinandersetzung wird die Intuition allgemein betrachtet, Intuitionstheorien aus Bezugswissenschaften der sozialen Arbeit werden beleuchtet und eine Untersuchung von Intuitionsbegriffen in der sozialen Arbeit wird angestellt. Die Intuition in der sozialen Arbeit wurde auch empirisch erhoben. Eine Kombination des theoretischen und empirischen Teils war insofern sinnvoll, da die Intuition innerhalb der Sozialarbeit noch nicht erforscht und nicht wissenschaftlich aufbereitet wurde sodass diese Arbeit der erste Versuch hierfür ist. Es gilt also theoretische und praktische Ansätze und Bewertungen der Intuition zu analysieren.
1.3.1 Allgemeines über Intuition
In der allgemeinen Auseinandersetzung wird eine Definition der Intuition angestellt. Weiters soll geklärt werden, worum es sich bei der Intuition in ihrem Wesen handelt. Die Erkenntnisform wird von anderen Erkenntnisformen abgegrenzt und ihre Funktionsebenen werden erläutert. Weiters wird erörtert, inwiefern die Intuition eine nützliche Fähigkeit ist, und weshalb sie Vorteile bringen kann. Außerdem soll untersucht werden, wie sich das Erleben der Intuition gestaltet.
Eine rationale Auseinandersetzung mit dem Thema soll diesen Teil abrunden. Überprüft wird, worauf sich die intuitive Fähigkeit des Menschen begründet um das Thema zu entmystifizieren. Außerdem wird erforscht, wie viel Wahrheitsgehalt die intuitiven Erkenntnisse haben und wie man diesen steigern kann.
Es soll weiterhin erörtert werden, in welchen Bezugswissenschaften der sozialen Arbeit Intuitionstheorien verfasst wurden. Einige Theorien werden vorgestellt, wobei auf Ausführlichkeit verzichtet wird, weil es den Rahmen der Arbeit sprengen würde. Intuitionstheorien aus der Philosophie, aus der Psychologie und aus der Pädagogik werden vorgestellt.
Der Allgemeine Teil über Intuition setzt sich aus den folgenden Kapiteln zusammen:
- Begriffsdefinition der Intuition
- Was ist Intuition?
- Rationale Auseinandersetzung mit Intuition
- Intuitionstheorien aus den Bezugswissenschaften der sozialen Arbeit
1.3.2 Intuition in der sozialen Arbeit
In diesem Teil werden Beiträge von Theoretikern der sozialen Arbeit zum Thema Intuition analysiert. Es soll der Frage nachgegangen werden ob Intuition in der sozialen Arbeit beschrieben wird und ob Ausführungen sinngemäß auf die Fähigkeit zur Intuition des Sozialarbeiters schließen lassen. Es soll weiterhin überprüft werden inwiefern Professionstheorie und Professionalitätskonzepte der Intuition hinderlich oder förderlich gegenüberstehen.
In diesen Teil wird auch der Großteil der Forschungsergebnisse einfließen, da die Praxis der Sozialarbeit die zweite Säule der Untersuchung ausmacht. Überprüft wird, inwieweit praktizierende Sozialarbeiter die Intuition bewerten, diese anwenden oder annehmen und ob sie sich in der Praxis als hilfreich gestaltet. Am Ende dieses Kapitels sollen Forschungsfragen und Hypothesen noch einmal gesondert und überblicksartig zusammengefasst werden. Das Schlusswort rundet diesen Teil ab.
Der zweite Teil der Arbeit „Intuition in der sozialen Arbeit“ setzt sich aus folgenden Kapiteln zusammen:
- Professionalität und Intuition
- Intuition in der sozialarbeiterischen Tätigkeit
- Intuition als Teil sozialer Intelligenz
- Ergebnisse der Forschung
- Schlusswort
2 Forschungsmethode und -design
In diesem Kapitel sollen die Forschungsmethode und das Forschungsdesign erläutert werden. Dies dient einerseits dazu, die Methodenwahl zu begründen und das Forschungsdesign zu erklären. Andererseits ermöglicht dies, einen Einblick in die Durchführung der Forschung zu erlangen.
Das Kapitel gliedert sich in die Beschreibung der Forschungsmethode, der Zielgruppe und der Durchführung Forschung.
2.1 Forschungsmethode
Als empirische Forschungsmethode wurde eine quantitative Erhebung mittels Fragebogen gewählt. Ein Grund hierfür war, dass die persönliche Erwartung der Autorin an die Diplomarbeit darin bestand, eine repräsentative Forschung durchzuführen, um der Arbeit mehr Tragweite zu verleihen. Gerade bei einem Thema, dessen Brisanz darin liegt, sich scheinbar gegenläufig zur Professionalisierungsdebatte zu gestalten, ist es wichtig, fundierte Aussagen zu treffen.
Ein weiterer Grund für diese Entscheidung war, dass oben angeführte Thesen nur wahrheitsgetreu beantwortet werden können, wenn eine Vielzahl an Meinungen gesammelt werden. Die Meinung einzelner Theoretiker oder Praktiker der professionellen Sozialarbeit wäre interessant, aber kaum aussagekräftig gewesen.
2.1.1 Pre-Test
Um die Eignung der Forschungsfrage für eine quantitative Erhebung zu verifizieren, führte die Autorin im Wintersemester 2006/07, im Rahmen des Seminars „Sozialforschung 6“ unter DSA Mag.a Dr.in Elisabeth Raab-Steiner, einen Pre-Test unter den im 7. Semester studierenden Kollegen des Fachhochschulstudiengangs Sozialarbeit im städtischen Raum, durch. Diese Erhebung ist nicht repräsentativ für die gesamten Studierenden des Studiengangs, da nur 23 Fragebögen retourniert wurden. Die Ergebnisse waren jedoch beachtlich, vor allem im Bereich der deskriptiven Statistik. An dieser Stelle wird ein Beispiel angeführt, das auch eine forschungsleitende Frage (s. Kapitel 2.1.3) der Erhebung unter den Praktikern repräsentiert.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Tabelle 1: Pre-Test Auswertung: Intuition ist ein wesentliches Element der sozialen Arbeit
Die beachtenswerten Ergebnisse des Pre-Tests ließen den Schluss zu, dass das Thema für eine quantitative Erhebung geeignet ist und sich spannend gestalten könnte.
Der Fragebogen wurde im Anschluss für die Haupterhebung verändert und verbessert.
2.1.2 Der Fragebogen
Der Fragebogen wurde eigenhändig entwickelt und konstruiert. Versucht wurde, so kurze Fragen wie möglich zu formulieren, konkret zu sein, neutral zu formulieren und keine doppelten Negationen zu verwenden. Der Fragebogen wurde so kurz als möglich gestaltet, um den Rücklauf der Fragebögen positiv zu beeinflussen, da dieser auch mit der Länge des Fragebogens zusammenhängt.
Der Fragebogen ist in fünf Teile gegliedert:
- Personendaten
Dieser Teil gibt Auskunft über persönliche Daten des Befragten, wie Geschlecht, Alter und Beruf. Diese Informationen sind von Bedeutung, um gewisse Zusammenhänge erkennen zu können. Zum Beispiel kann der Frage nachgegangen werden, ob Intuition eine weibliche Domäne darstellt. Da die Befragung anonym durchgeführt wurde, um Hemmungen für die Beantwortung der Fragen abzubauen, wurde davon abgesehen durch die Angabe des Namens eine Rückverfolgung der Angaben aufnehmen zu können.
- Verhalten in einem professionellen Klientengespräch
Dieser Teil beschäftigt sich mit der persönlichen Vorgehensweise der Befragten in professionellen Klientengesprächen. Hier wird den Fragen nachgegangen, wie sich die Praktizierenden auf das Gespräch vorbereiten und aufgrund welcher Überlegungen sie in einer bestimmten Art und Wiese kommunizieren. Ausgegangen wird von zwei Herangehensweisen, einer eher diskursiv nachvollziehbaren Weise und einer eher intuitiven, schwer nachvollziehbaren Weise. Durch die Fragen kann überprüft werden, ob und wie häufig Sozialarbeiter Intuition anwenden.
- Einschätzung der Problemsituation des Klienten
Dieser Teil beschäftigt sich mit der Frage, wie praktizierende Sozialarbeiter zu einer Einschätzung der Problemsituation des Klienten kommen. Es wird erforscht ob intuitive Elemente an der Einschätzung teilhaben und wenn ja, zu welchem Anteil. Zu diesem Zweck wurde Fragen entworfen, nach denen festzustellen war, ob Sozialarbeiter auch Schlussfolgerungen über Problemsituationen eines Klienten ziehen, ohne dessen eindeutige Verbalisierung der Fakten.
- Allgemeines über Intuition in der professionellen Sozialen Arbeit
In diesem Teil werden Untersuchungen angestellt, die vor allem die professionelle Sozialarbeit betreffen. Stellt Intuition eine Relevanz für die Soziale Arbeit dar? Ist die Intuition unter den sozial arbeitenden Personen akzeptiert? Gibt es eine Unstimmigkeit zwischen Professionalität und Intuition? – Diesen und anderen Fragen soll hier nachgegangen werden.
- Persönliche Erfahrung
Im letzten Teil der Befragung werden persönliche Erfahrungen der Befragten mit der eigenen Intuition und Intuitionstheorien wissenschaftlicher Theoretiker erhoben. Dieser Teil enthält auch eine offene Frage. Die hier angegeben Beispiele zur Anwendung der Intuition in der Praxis dienen zur Konkretisierung der Erhebungen über die Häufigkeit und Art der Anwendung.
2.1.3 Forschungsleitende Fragen der quantitativen Erhebung
In diesem Kapitel sollen die wichtigsten und aussagekräftigsten Fragen des Fragebogens vorgestellt werden. Die farbig unterlegten Sätze sind eins zu eins aus dem Fragebogen übernommen. Sie stellen die Hauptaspekte der Forschung dar, und werden im Folgenden einzeln auf ihre Relevanz geprüft. Der komplette Fragebogen ist im Anhang zu finden.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Zu dieser Aussage konnten die Antwortmöglichkeiten ja, eher ja, eher nein und nein gewählt werden, es ist also ein ordinalskaliertes Antwortformat in vier Kategorien. Anhand dieser Frage kann unter professionell arbeitenden Personen überprüft werden, ob Intuition für die soziale Arbeit im Allgemeinen eine Relevanz darstellt. Da es keine wertfreie (mittlere) Antwortmöglichkeit gibt, muss der Befragte eine eindeutige Position einnehmen.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Auch hier bestand das ordinalskalierte Antwortformat aus den schon oben genannten vier Kategorien. Anhand dieser Frage kann untersucht werden, ob eine Widersprüchlichkeit zwischen intuitivem und professionellem Handeln existiert. Die professionell Praktizierenden werden dazu angehalten, ein Urteil über die Vereinbarkeit der Intuition und der Professionalität abzugeben. Daraus können Schlussfolgerungen getroffen werden, ob Intuition in das Konzept der Professionalität aufgenommen werden sollte.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Zu dieser Frage gab es eine positive (ja) und eine negative (nein) Antwortmöglichkeit. Durch diese Frage kann ermittelt werden, ob sich Intuition in der praktischen Tätigkeit hilfreich gestaltet, im Hinblick auf die Richtigkeit einer auf Intuition basierenden Entscheidung. Wenn ein Teilnehmer an der Befragung diese Frage positiv beantworten konnte, wurde er dazu aufgefordert, eine Beschreibung einer solchen Situation vorzunehmen. Diese Beschreibungen dienten zur Konkretisierung von Intuition in ihrer Anwendung unter Sozialarbeitern.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Jeder dieser Aussagen konnte eine Prozentzahl zugeteilt werden. Zu vergeben waren insgesamt 100 Prozent, die Summe der einzelnen Aussagen sollte hundert Prozent also nicht überschreiten. Die einzelnen Aussagen wurden aufgrund von persönlicher Erfahrung in der Arbeit mit Klienten ausgewählt. Durch diese Frage kann untersucht werden, aufgrund welcher Konzepte die professionell Praktizierenden ihre Schlussfolgerungen über Klienten ziehen. Der Anteil an Intuition kann also in Beziehung zu anderen Anteilen gestellt werden.
2.2 Zielgruppe der Forschung
Zielgruppe der Forschung sind sozial arbeitende Personen der Magistratsabteilung Elf (MA11) der Stadt Wien. Ursprünglich sollten die Sozialarbeiter und Sozialpädagogen beforscht werden, die in den Institutionen Amt für Jugend und Familie (AJF), Mobile Arbeit mit Familien (MAF) und in den Krisenzentren der Stadt Wien arbeiten. Aufgrund des, von der Abteilung der Grundlagenforschung der MA11, nur teilweise genehmigten Forschungsantrages konnten jedoch nur die Kollegen des AJF und der MAF befragt werden.
Diese Institutionen wurden aus mehreren Gründen ausgewählt. Der wohl Wichtigste Grund dieser Entscheidung ist, dass die Sozialarbeiter und Sozialpädagogen unter äußerst professionellen und strukturierten Bedingungen arbeiten. Dies ermöglicht eine Untersuchung der Intuition in einem Bereich, in dem die Professionalität der Sozialarbeit an vorrangiger Stelle steht. Das Anwenden der Intuition unter professionell Praktizierenden und die vermeintliche Diskrepanz zwischen Intuition und Professionalität kann hier untersucht werden.
Auch die Möglichkeit der Evaluierung spielte eine Rolle bei der Auswahl beschriebener Institutionen. Die oft länger währenden Kontakte und Interventionen der Sozialarbeiter in den Institutionen, wie zum Beispiel eine einmonatige Krisenunterbringung eines Kindes, ermöglichen eine Evaluierung der Arbeitsprozesse in Verknüpfung mit den Arbeitsergebnissen. Sollten Entscheidungen von Praktizierenden aufgrund von Intuitionen getroffen worden sein, ist es also möglich, die Entscheidungen im Rückblick auf ihre Richtigkeit zu überprüfen. Sozialarbeiter werden im Fragebogen dazu aufgefordert, definitiv richtige Entscheidungen aus der Vergangenheit anzuführen und zu beschreiben.
Eine weitere Bedingung der Auswahl der Institutionen war, dass die sozial arbeitenden Personen unter Zeitdruck arbeiten. Dies konnte ich bei einem Orientierungspraktikum im Januar 2004 am Amt für Jugend und Familie in der Regionalstelle 10A selbst erfahren. Dies stellt eine gute Bedingung zur Anwendung der Intuition dar, denn Intuition wird häufig unter Zeitdruck angewandt.[2]
Als, im Nachhinein, positiv befundenes Merkmal, ist die hohe Erfahrung der Zielgruppe in der sozialen Arbeit. Der Altersdurchschnitt der befragten Personen liegt bei ca. 42 Jahren, die sozial arbeitende Berufserfahrung liegt durchschnittlich bei 17,5 Jahren. Somit kann weitgehend das Vorurteil ausgeräumt werden, dass die Urteile der Sozialarbeiter auf Naivität, Unwissenheit, mangelnder Erfahrung und dergleichen beruhen. Außerdem kann erforscht werden, ob sich mit zunehmender Berufserfahrung die Wichtigkeit der Intuition steigert oder abnimmt und/oder ihre Anwendung quantitativ zunimmt.
2.3 Durchführung der Forschung
Der Fragebogen „Befragung von sozial arbeitenden Personen über Relevanz und Akzeptanz der Intuition in der professionellen sozialen Arbeit“ wurde an die Regionalstellen der „MAG 11 - Soziale Arbeit mit Familien“, mit Zuständigkeit für die Bezirke Leopoldstadt (2), Landstraße (3), Simmering (11), Meidling (12); Ottakring (16), Hernals/Währing/Döbling (17./18./19), Floridsdorf (21B), Donaustadt (22A) und Liesing (23), zugeschickt. Diese Auswahl der Regionalstellen ergab sich nach einem Forschungsantrag an die Abteilung Grundlagenforschung der Magistratsabteilung 11, in dem ich anfragte, alle Mitarbeiter aller Regionalstellen der Sozialen Arbeit und alle Mitarbeiter der Krisenzentren zu befragen. Bewilligt wurden oben genannte Regionalstellen.
Im Endeffekt wurden die Mitarbeiter des Amtes für Jugend und Familie und die Mitarbeiter der Mobilen Arbeit mit Familien befragt. Jeder Regionalstelle wurden so viele Fragebögen zugesandt, wie es zu dieser Zeit auch Mitarbeiter gab. Insgesamt ergab dies 180 Fragebögen, die auf dem Postweg, nach vorheriger Absprache mit den jeweiligen leitenden Sozialarbeitern, ausgeschickt wurden. Jede Aussendung enthielt einen persönlichen Brief an den leitenden Sozialarbeiter und ein bereits frankiertes Rücksendekuvert, um den Regionalstellen keine zusätzlichen Kosten zu verursachen.
Der Rücklauf belief sich auf 66 Fragebögen, dies entspricht ca. 36,7% der versendeten Fragebögen. In nachfolgender Tabelle ist die Anzahl der Aussendungen der einzelnen Regionalstellen verzeichnet. Der Rücklauf konnte nicht regionalstellenspezifisch ausgewertet werden, da die Fragebögen anonym gestaltet wurden.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Tabelle 2: Aufgliederung der Fragebogenverteilung
Die erhaltenen Daten wurden mit dem Programm SPSS Version 11.5 ausgewertet. Diagramme wurden mit dem Programm Word Excel 2003 gestaltet.
Teil I: Allgemeines über Intuition
3 Begriffsdefinition der Intuition
Zu Beginn dieses Kapitels soll hervorgehoben werden, dass eine eindeutige Begriffsbestimmung des Wortes Intuition nicht vorgenommen werden kann.
„Wenn man nach Definitionen von Intuition fragt, dann wird man sehr viele unterschiedliche finden.“[3]
Die Intuition ist im Laufe der Geschichte unter verschiedenen Theoretikern häufig different bestimmt worden.
Die jeweiligen Definitionen hängen von den Wissenschaftsbereichen, der Praxisrelevanz der Theorien und von den Persönlichkeiten selbst und deren Erfahrungen mit Intuition, ab.
Es muss auch festgestellt werden, dass es (noch) keine Definition der Intuition in der Theorie der Sozialen Arbeit gibt.
Um einen Überblick über verschiedene Intuitionsbegriffe zu geben, wird in diesem Kapitel eine lexikalische Definition des Begriffs Intuition vorgestellt und dieser dann um Begriffe erweitert, die den Intuitionsbegriff umschreiben. Dies ermöglicht dem Leser die Vielschichtigkeit des Intuitionsbegriffs nachzuvollziehen.
Im Folgenden gehe ich auf Definitionen von Vertretern der Bezugswissenschaften der Sozialen Arbeit ein, um sozialarbeitsrelevante Intuitionsbegriffe vorzustellen. Anhand der vorgestellten Definitionen werden danach die Elemente dargestellt, auf die diese Arbeit aufbaut.
3.1 Lexikalische Definitionen
Der Begriff Intuition stammt aus dem Lateinischen („intuieri“). Es bedeutet „genau hinsehen“, oder „Schau“, beziehungsweise „Anschauung“.[4]
Im Brockhaus ist folgende Begriffsdefinition zu finden:
„Intuition die, plötzl. Eingebung, ahnendes Erkennen neuer Gedankeninhalte, bes. auf künstl. Gebiet“[5]
Der Intuitionismus stellt eine Gegenströmung zum Rationalismus dar und wird im Brockhaus folgendermaßen definiert:
„Intuitionismus der, philosoph. Lehre, nach der bestimmte Erkenntnisse (z.B. Platons „Ideen“) nur durch Intuition, nicht aber durch diskursives Denken erreichbar sind.“[6]
Eine adjektivische Bestimmung betreffend Intuition wird im Brockhaus so wiedergegeben:
„intuitiv, auf Intuition beruhend.“[7]
Der Vollständigkeit wegen soll an dieser Stelle darauf hingewiesen werden, dass eine Verbform des Begriffs Intuition laut Duden nicht existiert. Im Laufe der Zeit hat sich jedoch unter Theoretikern eingebürgert, den praktischen Vorgang der Intuition „intuieren“ zu nennen.
3.2 Synonyme des Begriffs Intuition
Die Vielschichtigkeit des gegenständlichen Begriffs beinhaltet die Schwierigkeit, diesen in seiner Vollständigkeit zu definieren. Theoretiker benutzen häufig Begriffe, die sich dem Phänomen Intuition annähern, ohne das Wort selbst zu verwenden. Um einen ausführlicheren Begriff des Wesens der Intuition zu erlangen möchte ich an dieser Stelle einige Synonyme des Intuitionsbegriffs darstellen.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 1: Synonyme des Begriffs Intuition
Unter anderen können diese Begriffe als Synonyme für den Intuitionsbegriff verwendet werden. Im allgemeinen Sprachgebrauch werden die Synonyme „Bauchgefühl“ und „Innere Stimme“ verwendet, um Intuition zu umschreiben.[8]
Zu beachten gilt jedoch, dass jedes Wort immer in einen kontextuellen Zusammenhang mit dem Inhalt des jeweiligen Textes gebracht werden muss, um eindeutig davon ausgehen zu können, ob es sich um einen Intuitionsbegriff handelt.[9]
3.3 Definition nach Eric Berne
Bernes Definition der Intuition steht in direktem Zusammenhang mit seiner praktischen Tätigkeit als Psychotherapeut und Psychiater. Da er die Intuition im Kontext der Diagnose von psychischen Krankheiten erforschte, spricht er in der Klassifizierung der Intuition nicht von intuitiven Erkenntnissen sondern von intuitiven Urteilsbildungen.
Er grenzt die intuitive Urteilsbildung anhand von drei möglichen Wegen zur Urteilsbildung ab:
- Urteile können mit Hilfe der Logik und aktiv gesteuerter Erkenntnis gefällt werden. Die Urteilsbildung ist also ein bewusster Vorgang.
- Urteile können auf Basis von nonverbalen Vorgängen und Beobachtungen gefällt werden. Diese gründen sich auf früher geformtem Wissen, das sich durch häufigen Gebrauch in die Persönlichkeit integriert hat. Die Urteilsbildung vollzieht sich somit unter der Bewusstseinsebene.
- Urteile werden aufgrund von Hinweisen gefällt, die noch nie bewusst formuliert wurden und vielleicht auch nie formuliert werden. Die Urteilsbildung begründet sich auf Sinneseindrücken, die nicht nachvollzogen werden können. Auch die Synthetisierung der Sinneseindrücke, die das eigentliche Urteil – die Intuition – bilden, finden unter der Bewusstseinsebene statt. Er nennt dies einen „primär-unterbewussten Vorgang“, oder einen „intuitiven Prozess“.[10]
[...]
[1] Kleve, Heiko: Sozialarbeit und Sozialpädagogik – zur Einheit einer Unterscheidung, Vortrag auf der Tagung "Sozialarbeit trifft Sozialpädagogik. Kooperation in Praxis und Ausbildung" an der Fachhochschule Linz, 27. Mai 2004, erreichbar unter: http://www.ibs-networld.de/altesferkel/juli-2004-kleve-unterscheidung.shtml, [Stand 19.2.2007]
[2] Vgl.: Eggenberger, Daniel: Grundlagen und Aspekte einer pädagogischen Intuitionstheorie. Die Bedeutung der Intuition für das Ausüben pädagogischer Tätigkeit, Haupt, Wien, 1998, S. 100
[3] Kühberger, Anton. In: Ö1, Salzburger Nachtstudio, Intuition Die Intelligenz des Unbewussten, Sendung vom 6.12.2006 um 21 Uhr 1 min.
[4] Vgl. Hänsel Markus. Intuition als Beratungskompetenz in Organisationen. Untersuchen der Entwicklung intuitiver Kompetenzen im Bereich systemischer Organisationsberatung. Inauguraldissertation.. Heidelberg, 2002, S. 7
[5] Der Brockhaus in drei Bänden. F.A. Brockhaus, Leipzig, 2004³, Band II, S. 216
[6] ebenda
[7] ebenda
[8] Vgl. Hänsel, M./Zeuch, A./Schweitzer, J.: Erfolgsfaktor Intuition. Geistesblitze in Organisationen, in: OrganisationsEntwicklung 1 (2002), S.41-51, 41
[9] Vgl. Hänsel, 2002, S.29
[10] Vgl: Berne Eric, Transaktionsanalyse der Intuition. Ein Beitrag zur Ich- Psychologie, Paderborn, 20054, S. 33f
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- Mag.a (FH) Sandra Weihs (Author), 2007, Die Relevanz und Akzeptanz der Intuition in Theorie und Praxis professioneller sozialer Arbeit, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/81138
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