Bei der Behandlung von finanzierungstheoretischen Fragestellungen in den 60er Jahren konzentrierte man sich in erster Linie bei Kreditvergabeentscheidungen auf die Aspekte Kredithöhe und Verzinsung, die mit der Finanzierung verbundenen Risiken und Chancen für Kreditgeber und Kreditnehmer wurden hingegen kaum beachtet. Es lässt sich jedoch zeigen, dass das Kreditvergabeverhalten einzelner Kreditgeber und auch der Kreditspielraum des Unternehmens abhängig sind von der Risikostruktur und den Gewinnchancen eines Finanzierungsobjekts. Außerdem kann ein Finanzierungsobjekt nur dann adäquat beurteilt werden, wenn alle damit verbundenen Chancen und Risiken entsprechend berücksichtigt werden. Das Ziel dieser Arbeit besteht nun darin, aufzuzeigen, wie „ein als Risikohorizont bezeichnetes einfaches Entscheidungskriterium zur Steuerung der Kreditvergabe“ dienen kann. Dazu wird im ersten Teil der Arbeit das Konzept des Risikohorizonts dargestellt und anschließend werden mittels numerischer Beispiele die relevanten Daten analysiert und mit Hilfe von Datenvariation die Auswirkungen der Veränderung der verschiedenen Einflussgrößen auf die Kreditvergabe erläutert.
Gliederung
1 Einleitung und Ziel der Arbeit
2 Das Konzept des Risikohorizonts zur Steuerung der Kreditvergabe
2.1 Die Erwartungsstruktur einer Vermögensposition
2.2 Der Zusammenhang zwischen Erwartungsstruktur und Value at Risk (VaR)
2.3 Der Risikohorizont nach Krümmel und das individuelle Kreditangebot
2.4 Ableitung der Risikohorizontlinie aus (µ-σ)-orientiertem Entscheidungsverhalten
3 Das Konzept des Risikohorizonts anhand numerischer Beispiele 5
3.1 Erwartungsstruktur und Risikohorizont
3.2 Die Kreditvergabeentscheidung
3.3 Die Veränderung des VaR
3.4 Einflussgrößen auf den (µ-σ)-Risikohorizont
3.4.1 Grundsätzliche Analyse des Einflusses der einzelnen Variablen
3.4.2 Sonderfälle der betrachteten Variablen
4 Schlussbemerkung
1 Einleitung und Ziel der Arbeit
Bei der Behandlung von finanzierungstheoretischen Fragestellungen in den 60er Jahren konzentrierte man sich in erster Linie bei Kreditvergabeentscheidungen auf die Aspekte Kredithöhe und Verzinsung, die mit der Finanzierung verbundenen Risiken und Chancen für Kreditgeber und Kreditnehmer wurden hingegen kaum beachtet. Es lässt sich jedoch zeigen, dass das Kreditvergabeverhalten einzelner Kreditgeber und auch der Kreditspielraum des Unternehmens abhängig sind von der Risikostruktur und den Gewinnchancen eines Finanzierungsobjekts. Außerdem kann ein Finanzierungsobjekt nur dann adäquat beurteilt werden, wenn alle damit verbundenen Chancen und Risiken entsprechend berücksichtigt werden. Das Ziel dieser Arbeit besteht nun darin, aufzuzeigen, wie „ein als Risikohorizont bezeichnetes einfaches Entscheidungskriterium zur Steuerung der Kreditvergabe“[1] dienen kann. Dazu wird im ersten Teil der Arbeit das Konzept des Risikohorizonts dargestellt und anschließend werden mittels numerischer Beispiele die relevanten Daten analysiert und mit Hilfe von Datenvariation die Auswirkungen der Veränderung der verschiedenen Einflussgrößen auf die Kreditvergabe erläutert.
2 Das Konzept des Risikohorizonts zur Steuerung der Kreditvergabe
2.1 Die Erwartungsstruktur einer Vermögensposition
Zur Erläuterung der mit der Finanzierung verbundenen Chancen und Risiken bedient man sich der Erwartungsstruktur oder der so genannten bestandsökonomischen Darstellung. Dabei geht man von zwei Zeitpunkten, nämlich dem Beginn und dem Ende T der Planungsperiode aus, wobei der zu Beginn getätigte Vermögenseinsatz V als bekannt vorausgesetzt wird. Dieser Vermögenseinsatz V verzinst sich über die Periode mit einer unsicheren Rendite[2] q, deren Ausprägung mit Hilfe von Wahrscheinlichkeiten abgeschätzt wird. Formal stellt die Erwartungsstruktur eine Abbildung S in dem halboffenen Wahrscheinlichkeitsintervall (0,1] dar, wobei S(p) den Vermögensbestand angibt, der mit der Wahrscheinlichkeit p am Ende der Periode mindestens vorhanden sein wird. Für stetige Verteilungen gilt: S(p)= F-1(1-p), wenn F die Verteilungsfunktion des Vermögens bezeichnet. Bei der graphischen Darstellung einer Vermögensverteilung (stetig oder diskret) werden auf der Abszisse die Eintrittswahrscheinlichkeiten pi und auf der Ordinate die erwarteten Vermögensbestände Vt am Ende der Periode abgetragen. Abbildung 1 zeigt den monoton fallenden Verlauf der Erwartungsstruktur einer stetigen Vermögensverteilung.
Abbildung 1:
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Quelle: eigene Darstellung
(in Anlehnung an Krümmel (1966), S.146.)
2.2 Der Zusammenhang zwischen Erwartungsstruktur und Value at Risk
(VaR)
Der VaR ist der erwartete, maximale Verlustbetrag, der nur mit einer vorgegebenen Wahrscheinlichkeit p* überschritten wird. Je höher die Verlustbeträge sind, die überschritten werden, desto kleiner ist p* (z.B. p*=5% oder p*=1%). Zur Berechnung des VaR benötigt man nun einen „Referenzbetrag V0, gegenüber dem Verlust gemessen wird“[3]. Es gilt folgende Beziehung zwischen VaR und Erwartungsstruktur, wobei auf die Herleitung dieser Beziehung verzichtet wird:
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 2: Erwartungsstruktur und VaR
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Quelle: eigene Darstellung
(in Anlehnung an Computerdatei Value at Risk und Erwartungsstruktur)
2.3 Der Risikohorizont nach Krümmel und das individuelle Kreditangebot
Zur Bestimmung des individuellen Kreditangebots müssen die beiden Ansätze von Erwartungsstruktur und Risikohorizont miteinander verbunden werden. Das Konzept des Risikohorizonts geht dabei von der Tatsache aus, dass Gläubiger bis zu einer gewissen Grenze trotz des Risikos des Vermögensverlustes Kredite vergeben, das Risiko ihnen also als vernachlässigbar erscheint. Die Risikobereitschaft des Kreditgebers wird durch eine Ausfallwahrscheinlichkeit ausgedrückt. Als von der Erwartungsstruktur unabhängige Funktion R(p) gibt der Risikohorizont zu jedem Kreditbetrag A den bei der Ausfallwahrscheinlichkeit 1-p gerade noch tolerierbaren Kreditausfallbetrag D=A*(1+i) an. Die Risiko-horizontlinie R(p) ist also eine steigende Funktion des möglichen Ausfallbetrags bei gegebener Erfolgswahrscheinlichkeit p. Graphisch lässt sich das individuelle Kreditangebot dadurch ermitteln, indem man in die Abbildung 1 zur Erwartungsstruktur die Risikohorizontlinie R(p) einzeichnet. Der Abstand des Schnittpunkts zwischen S(p) und R(p) und der Abszisse, die die Erfolgswahrscheinlichkeit angibt, stellt das individuelle Kreditangebot KG dar. Wenn der Kreditgeber nun Kredit in Höhe von KG vergibt, erhält er den Kreditbetrag bei gegebener Erwartungsstruktur am Ende der Periode mit der Wahrscheinlichkeit p wieder zurück. Auch wenn ein höherer Betrag als KG zur Verfügung stünde, würde der Gläubiger nur Kredit bis zu dieser Grenze KG anbieten. Bei Berücksichtigung von Zinsen reduziert sich KG entsprechend um den Zinsbetrag. Abbildung 3 fasst diese Erkenntnisse in einer Graphik zusammen.[4]
[...]
[1] Wilhelm, J. (1977), S.117.
[2] Vgl. Wilhelm, J. (1977), S.118.
[3] Skript Finanzmanagement (2003), S. 51.
[4] Vgl. Krümmel (1966), S. 145f.
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