Eine wissenschaftliche Arbeit über das Thema Humor zu verfassen gleicht dem Versuch, mit lebenden Tintenfischen zu jonglieren: Die Eigenschaften des Einen scheinen den Anforderungen für das Andere zu widersprechen. Ist es das Wesen der Wissenschaft, logische und eindeutige Beschreibungen und Aussagen zu treffen, basiert der Humor oft auf der Vieldeutigkeit, der Unklarheit und der Widersprüchlichkeit der Dinge.
Dennoch konnte sich der Humor in all seinen Erscheinungsformen und seiner für die Theoretiker problembehafteten Flüchtigkeit dem wissenschaftlichen Interesse nicht entziehen, so dass es eine Vielzahl von Veröffentlichungen verschiedener Fachbereiche gibt.
In dieser Arbeit soll die pädagogische Bedeutung von Humor betrachtet werden. Wie kann Humor Lehrende bei Ihrer Arbeit unerstützen und wann oder warum kann eine humorvolle Herangehensweise hinderlich sein?
Inhaltsangabe
1.0 Einleitung
2.0 Begriffliche Eingrenzungen
2.1 Humor
2.1.1 Sprachliche Wurzeln
2.1.2 Die Vieldeutigkeit des Humorbegriffes
2.1.3 Der Humorbegriff in der pädagogischen Literatur
2.2 Pädagogische Mittel
3.0 Humor und Pädagogik
3.1 Ist Humor ein Erziehungsmittel?
3.2 Humor als Erziehungsergänzungsmittel
3.2.1 Voraussetzungen
3.2.2 Bedingungen
4.0 Abschließende Worte
5.0 Quellenangaben
1.0 Einleitung
Eine wissenschaftliche Arbeit über das Thema Humor zu verfassen gleicht dem Versuch, mit lebenden Tintenfischen zu jonglieren: Die Eigenschaften des Einen scheinen den Anforderungen für das Andere zu widersprechen. Ist es das Wesen der Wissenschaft, logische und eindeutige Beschreibungen und Aussagen zu treffen, basiert der Humor oft auf der Vieldeutigkeit, der Unklarheit und der Widersprüchlichkeit der Dinge.
„Activities, such as Humor, play, and the creative arts have been neglected by researchers because they do not readily lend themselves to experimental procedures“ (Levine 1969, S.3).
Dennoch konnte sich der Humor in all seinen Erscheinungsformen und seiner für die Theoretiker problembehafteten Flüchtigkeit dem wissenschaftlichen Interesse nicht entziehen, so dass es eine Vielzahl von Veröffentlichungen verschiedener Fachbereiche gibt.
Vor die eigentliche Untersuchung des Hauptthemas sei eine genauere Eingrenzung des Begriffes Humor gestellt, die sich als komplizierter herausstellen wird, als man es vermuten könnte. Das hat zur Folge, dass ein wesentlicher Bestandteil dieser Arbeit aus einer einzigen Begriffsbestimmung besteht. Allerdings ergeben sich im Prozess der begrifflichen Eingrenzung bereits Voraussetzungen und Bedingungen, so dass Antworten auf die Hauptfragen schon an früherer Stelle erscheinen.
Der Begriff der pädagogischen Mittel bedarf ebenfalls einer genaueren Eingrenzung.
Diesen Aufgaben widmet sich der Punkt 2.0.
Ausgehend von eigenen Erfahrungen in allen denkbaren Bereichen meiner Erziehung fiel mir auf, dass der Humor eines Erziehers oft eine positive Wirkung auf meine Motivation zu Lernen und zu Verstehen hatte.
Die Hauptfrage ist, ob Humor die Kriterien als pädagogisches Mittel erfüllt. In einem zweiten Schritt wird untersucht werden, wie und unter welchen Voraussetzungen und Bedingungen Humor praktische Anwendung in der Pädagogik findet oder finden kann. Diese beiden Schritte werden im Punkt 3.0 behandelt werden.
2.0 Begriffliche Eingrenzungen
Aus der Fragestellung dieser Arbeit (s.o.) lassen sich zwei Begriffe ableiten, die einer begrifflichen Eingrenzung bedürfen: Humor und pädagogisches Mittel.
Beginnend mit der umfangreicheren Begriffsbestimmung, der des Wortes Humor im
Punkt 2.1, sollen die etymologische und eine pädagogische Begriffsbestimmung dargestellt werden. Außerdem soll auf eine Problematik hingewiesen werden, welche den Umgang mit dem Humorbegriff erschwert.
Die Eingrenzung des Begriffes der pädagogischen Mittel erfolgt im Punkt 2.2.
2.1 Humor
Sucht man nach einer umfassenden und prägnanten Definition für das Wort Humor, stößt man auf ein interessantes Problem: Fast jeder Mensch hat eine Vorstellung davon, was Humor bedeutet. Fragt man aber nach einer Beschreibung des Begriffes, einer knappen Definition, wird man sehr unterschiedliche Antworten erhalten.
“Humor is a genuine mystery. Here is something every normal person has experienced countless times. Undeniably, it constitutes an important facet of human life. Despite centuries and indeed millennia of effort, however, no one has succeeded in determining just what it is at bottom”
(Latta 1999, S.3).
In der verwendeten Fachliteratur finden sich unterschiedliche Herangehensweisen, um der Bedeutung des Humorbegriffs auf die Spur zu kommen. Am häufigsten trifft man auf eine Betrachtung der Ursprünge des Wortes an sich, welche Rückschlüsse auf dessen heutige Bedeutung zulassen. Eine kurze Zusammenfassung der Ergebnisse der etymologischen Analyse soll unter Punkt 2.1.1 erfolgen. Eine im Fall des Themas Humor mehrfach vorgefundene Methode besteht darin, den Humor darüber zu beschreiben, was er nicht ist. Diese im ersten Augenblick merkwürdig erscheinende Vorgehensweise ist begründet auf der Vieldeutigkeit des Humorbegriffs, die unter Punkt 2.1.2 erläutert wird. Im Punkt 2.1.3 wird der Humorbegriff in der pädagogischen Literatur untersucht.
Eine dritte, häufig verwendete Herangehensweise liegt in der Analyse von konkreten Beispielen, also der Untersuchung von Scherzen und humorvollen Situationen. Solche Beispiele können aufgrund der geforderten Kürze dieser Arbeit nicht zitiert werden, obwohl sie sowohl hilfreich, als auch unterhaltsam wären.
2.1.1 Sprachliche Wurzeln
Das Wort „Humor“ entspringt dem lateinischen Wort umor, -oris.
„ūmor (hūmor), ōris, m. […], jede Art Flüssigkeit, Feuchtigkeit, […]“ (Georges 1969, S.3295)
Dieser Ursprung mag dazu reizen, Parallelen zwischen Feuchtigkeit und Humor aufzuzeigen und einen Sinn damit zu assoziieren. Obwohl solche spielerischen Assoziationen helfen können, komplizierte Eigenschaften des Humors in Worte zu fassen, belegt der tatsächliche und dokumentierte Prozess der Entstehung des Begriffes, dass er am Ende seiner Entwicklung nichts mehr mit Flüssigkeiten zu tun hat.
Um sich diesen Entstehungsprozess erschließen zu können, muss man sich mit der antiken Säftelehre der ionischen Naturphilosophen vertraut machen (vgl. Wolf 1986, Seite 30). Grundlage dieser Lehre war die Verbindung vom Gesundheitszustand des Menschen mit dem Zustand und Verhältnis der vier sogenannten Kardinalssäfte in seinem Körper.
Diese ersten Schritte bei der Erforschung der Vorgänge im menschlichen Körper sollten auch als Grundlage bei der Beschreibung der menschlichen Psyche dienen. Die Begrifflichkeiten wurden dabei teilweise übernommen.
„Danach wird [das Wort Humor] in der alten Physiologie von den Säften des Körpers gebraucht, welche die Beschaffenheit des Temperaments bestimmen. Die bekannten vier alten Temperamente entsprachen jedes einzelne dem Vorherrschen eines Saftes. Von der Physiologie ist das Wort auf die Psychologie übergegangen, um einen gewissen seelischen Zustand zu bezeichnen […]“
(Höffding 1918, S. 43).
Das Ungleichgewicht in Richtung eines der Körpersäfte (umores) sollte demnach eine Auswirkung auf die Gemütslage des Menschen haben.
In der Literatur Englands im 17. Jahrhundert fanden die entscheidenden Veränderungen zur Prägung des heute verwendeten Humorbegriffes statt. So wurde in der englischen Literatur abweichendes und auffälliges Verhalten als „humorous“ bezeichnet.
„Solche Charakteräußerungen, in denen man besonders die Wirkungen eines einzelnen der Körper- ´Säfte´ zu spüren glaubte, nannte man in England ´humorous´. Man dachte dabei besonders an Eigenschaften wie starre Einseitigkeit oder Launenhaftigkeit oder Exzentrizität.“
(Höffding 1918, S.43)
Diese Abweichungen der Persönlichkeit von der Norm wurden zunehmend Ziel von Spott.
Erst durch Sir W. Temple fand man die Forderung nach gutem Humor (vgl. Wolf 1986, S.34). Das bedeutet, dass Temple im Humor noch höhere und edlere Motive sah, als das herablassende Verspotten der Unzulänglichkeiten anderer.
„Durch Sir W. Temple geschah eine Sinnverschiebung im Humor-Verständnis, die ihren Ansatz in der gutmütigen Einstellung zum Menschen ausdrückt: nicht auslachen und zurechtlachen, sondern höchstens belachen“ (Wolf 1986, S. 34).
Somit wandelte sich das Verständnis von Humor von einem strafenden und missbilligenden Verhalten der von den Verhaltensnormen ihrer Zeit Abweichenden zu einem wohlwollenden und rücksichtsvollen Lächeln über die Fehlbarkeit und Einzigartigkeit jedes einzelnen Menschen.
Ein erster Anhaltspunkt zum Verständnis des heutigen Humorbegriffes ist hier festzuhalten: Humor setzt eine gutmütige Einstellung zum Menschen voraus. Diese Einstellung wird bei der Betrachtung des pädagogischen Humorbegriffs im Punkt 2.1.3 wieder auftauchen.
An dieser Stelle soll in der Entwicklung des Humorbegriffs eine beachtliche Zeitspanne übersprungen werden. An dieser Stelle wurden nur die grundlegenden Schritte zu dessen Entstehung dargestellt.
2.1.2 Die Vieldeutigkeit des Humorbegriffes
Die bisher dargestellte Entwicklung zum Humorbegriff bietet eine erste, grundlegende Vorstellung davon, was Humor bedeutet. Die Entwicklung umfasst jedoch mehrere Jahrhunderte und während dieser Zeitspanne wurde der Begriff immer wieder erweitert und verändert. Vor einer weiteren Beschreibung und Eingrenzung des Begriffes Humor ist daher eine wichtige Unterscheidung zu treffen:
1. Humor kann als Oberbegriff verstanden werden, unter dem zahlreiche Grundformen zusammengefasst werden. Um nur einen Eindruck von der Vielfalt dieser Grundformen zu vermitteln, sei hier W. Lauer (1974) zitiert:
„Gewöhnlich versteht ´man´ unter Humor so etwa alles zwischen Witz und Spott, zwischen Clownerie und Spaß. Jedoch auch moderne wissenschaftliche Publikationen,[...] und anspruchsvolle Anthologien fassen den Humorbegriff sehr weit: vom Klamauk über das Geblödel zum lyrischen Humor und zur Satire reicht die Spannweite“ (S.40).
Eine solche Vielfalt macht vielleicht deutlich, warum eine einheitliche und umfassende Definition für Humor so schwer fällt.
2. Humor kann als eigenständiges Phänomen betrachtet werden, dessen Merkmale sich aus der jeweiligen Sicht desjenigen zusammensetzen, der den Begriff verwenden will. Diese reduzierte und spezialisierte Sicht ermöglicht einen Umgang mit dem sonst vielfältigen Begriff.
Dabei fällt auf, dass diese spezialisierte Sicht bei verschiedenen Autoren ähnlich beschrieben wird, so dass man zu der Vermutung gelangt, dass es eine „klassische“ oder „wahre“ Form von Humor gibt, die lediglich durch die gleichzeitige Verwendung als Oberbegriff „verwässert“ wird.
Da in dieser Arbeit die Verbindung zwischen Pädagogik und Humor untersucht wird, wird im folgenden Punkt der spezielle Humorbegriff in der pädagogischen Literatur betrachtet.
2.1.3 Der Humorbegriff in der pädagogischen Literatur
Beschäftigt man sich mit dem Themenbereich „Pädagogik und Humor“, trifft man häufig auf den Namen Fritz März, dessen Veröffentlichungen die Grundlage dieser Arbeit darstellen. Auch März stellte sich der schwierigen Frage, was Humor eigentlich ist.
Seine Antwort darauf beginnt damit, dass er danach fragt, was Humor nicht ist.
„Häufig verschließt sich ein komplexer und damit komplizierter Sachverhalt um so mehr, je direkter man ihn in den Blick zu bekommen versucht. Und man trifft hierbei auf den nahezu paradox scheinenden Umstand, daß man einer Antwort auf eine positive Frage erst näher kommt, wenn man diese positive Frage in eine negative verwandelt und darauf eine Antwort versucht. Also: Was ist Humor nicht?“ (März, 1967, S.14)
Es gibt eine nahezu unendliche Zahl von Dingen, die nicht einmal andeutungsweise etwas mit Humor zu tun haben. Diese aufzuzählen ist nicht das Anliegen von März. Vielmehr bezieht er sich mit seiner Vorgehensweise auf die im vorangegangenen Punkt angeführte Unterscheidung zwischen Humor als Oberbegriff und Humor als eigenständigem Phänomen. Ausgehend von dem Oberbegriff streicht März also die Dinge aus, die nicht seinem pädagogischen Humorbegriff entsprechen.
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- Citation du texte
- Diplom-Pädagoge Kai-Daniel Restemeier (Auteur), 2004, Die pädagogische Bedeutung von Humor, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/80976
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