. Brasilien- Demokratie ohne Gleichheit
Oder: warum der europäischem Maßstab nicht passen will
Brasilien- der klangvolle Name dieses Landes löst hierzulande viele Gedanken in den Köpfen der Befragten aus. Auch wenn die Wenigsten schon mal da waren, wissen doch Viele etwas über das größte lateinamerikanische Land zu erzählen und verlassen sich dabei auf die Informationsmelange, die Print- und vor allem visuelle Medien in Deutschland verbreiten.
Brasilien, das ist vor allem Karneval, sonnenverwöhnte Strände, Samba und schöne Menschen. Vielleicht fällt dem ökologisch bewußten Mitteleuropäer noch ein dezimierter Regenwald ein, aber Brasilien ist vor allem eins: weit weg von Europa.
Von Wirtschaftlern als Schwellenland eingestuft, befindet sich Brasilien auf dem Weg zur Industrienation nach dem Vorbild westlicher Demokratien. „Entwicklung“ bedeutet nach unserem Verständnis oft eine ständige Besserung von Schlechtem zum Gutem hin, interessanterweise befindet sich Brasilien schon seit knapp drei Jahrzehnten auf diesem Weg der Besserung und hat dennoch eine schlechtere kollektive Lebensqualität als der mittelamerikanische Zwergstaat Costa Rica, der fast ein reiner Agrarstaat ist.(1) Deshalb ist es vertretbar, im Falle Brasiliens von einer chronischen Krise1 mit extrem unterschiedlichen Eindrücken zu sprechen.
Brasilien verfügt über Atomkraftwerke und hungernde Kinder. Brasilien besitzt große Vorkommen an Golderzen und Diamanten, gleichzeitig leben die dort beschäftigten Minenarbeiter fast alle unter der von den Vereinten Nationen festgelegten Armutsgrenze.
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Gliederung
1. Brasilien- Demokratie ohne Gleichheit. Oder: warum der europäischem Maßstab nicht passen will
2. Einwanderung und Minderheitenbildung
2.1. Neue Herrschaft - Indianer und Portugiesen
2.2. Die afrikanischen Sklaven und ihr Schicksal
2.3. Ein neues Leben - Die Deutschen im Süden
2.4. Die Italiener
2.5. Keine Touristen- die Japaner in São Paulo
2.6. Weitere Minderheiten
3. Minderheitenschulsystem
3.1. Allgemeines
3.2. Bildungsystem der Deutschen Minderheit
4. Ausblick
1. Brasilien- Demokratie ohne Gleichheit Oder: warum der europäischem Maßstab nicht passen will
Brasilien- der klangvolle Name dieses Landes löst hierzulande viele Gedanken in den Köpfen der Befragten aus. Auch wenn die Wenigsten schon mal da waren, wissen doch Viele etwas über das größte lateinamerikanische Land zu erzählen und verlassen sich dabei auf die Informationsmelange, die Print- und vor allem visuelle Medien in Deutschland verbreiten.
Brasilien, das ist vor allem Karneval, sonnenverwöhnte Strände, Samba und schöne Menschen. Vielleicht fällt dem ökologisch bewußten Mitteleuropäer noch ein dezimierter Regenwald ein, aber Brasilien ist vor allem eins: weit weg von Europa.
Von Wirtschaftlern als Schwellenland eingestuft, befindet sich Brasilien auf dem Weg zur Industrienation nach dem Vorbild westlicher Demokratien. „Entwicklung“ bedeutet nach unserem Verständnis oft eine ständige Besserung von Schlechtem zum Gutem hin, interessanterweise befindet sich Brasilien schon seit knapp drei Jahrzehnten auf diesem Weg der Besserung und hat dennoch eine schlechtere kollektive Lebensqualität als der mittelamerikanische Zwergstaat Costa Rica, der fast ein reiner Agrarstaat ist.[1] Deshalb ist es vertretbar, im Falle Brasiliens von einer chronischen Krise[1] mit extrem unterschiedlichen Eindrücken zu sprechen.
Brasilien verfügt über Atomkraftwerke und hungernde Kinder. Brasilien besitzt große Vorkommen an Golderzen und Diamanten, gleichzeitig leben die dort beschäftigten Minenarbeiter fast alle unter der von den Vereinten Nationen festgelegten Armutsgrenze.
Brasilien ist, vielleicht neben Mexiko, das Land mit den größten sozialen Unterschieden innerhalb der Gesellschaft mit einer Bevölkerungsmehrheit, die arm und unterprivilegiert lebt und deren Aufstiegschancen gegen null tendieren. Auf der anderen Seite existiert eine prozentual sehr kleine gesellschaftliche Elite, die jedoch keinerlei Interesse an einer Umverteilung des Volksvermögens zeigt.
Diese gesellschaftspolitischen Hintergründe sollte man stets bei einer Betrachtung des brasilianischen Bildungswesens berücksichtigen. Vordergründig entstünde sonst ein Eindruck, der die Europäischen Bildungssysteme und das Brasilianische System sehr ähnlich erscheinen lässt.
Sicher gibt es starke Parallelen - nur eben nicht für die Mehrheit der Brasilianer.
2. Einwanderung und Minderheitenbildung
2.1. Neue Herrschaft - Indianer und Portugiesen
Als der der Portugiesische Seefahrer Cabral um 1500 die brasilianischen Küste in Höhe des heutigen Bundesstaates Bahia erreicht, lebten auf dem Staatsgebiet des heutigen Brasiliens zwischen 1 und 10 Millionen Ureinwohner. ( Einige Ethnologen gehen sogar von einer indianischen Population von 30 Millionen Indianern aus, Tonfunde in Gräbern lassen den Schluss zu, dass einige Stämme das Stadium von Jägern und Sammlern überschritten haben. Jedoch fand man im Amazonasgebiet keine Spuren von Hochkulturen, wie etwa in Mexiko oder Peru).
Die ansässigen Indianer vom Stamm der Tupí leisteten keinen Widerstand, begegneten den Eindringlingen mit vorsichtiger Neugier.
Das Interesse Portugals an der neuen Kolonie war zunächst gering, Gold war bei den Ureinwohnern nicht zu finden.
Das erste begehrte Exportgut aus der neuen Welt war das Holz des
Pau Brasil, des Brasilbaumes aus dem sich ein roter Farbstoff gewinnen ließ und das später dem ganzen Land den Namen gab.
Durch systematische Landbeschenkungen und Aufteilung in 15 Provinzen wurde die Küste besiedelt sowie die Siedler mit weitgehenden Hoheitsrechten ausgestattet. Die Indianer der Küstenregion wurden versklavt und mußten auf den Farmen der Kolonisten arbeiten. Nach und nach kamen im Verlauf des 16. Jahrhunderts strafversetzte Adelige, Abenteurer und Missionare in die neue Kolonie, die Missionare des Jesuitenordens begannen bald mit der Bekehrung der Ureinwohner.
Die Jesuiten tauften und unterrichteten die Indios, sie waren die ersten Europäer, welche die Sprache der Indianer verstanden und ihr Leben erforschten. Ziel der Jesuiten war keine Versklavung, sondern der Schutz der Urbevölkerung Brasiliens, was sie sehr schnell in moralische Opposition zur portugiesischen Kolonialmacht brachte. Um 1760 ordnete man in Lissabon die Vertreibung der Missionare an, einige Missionen hielten sich dennoch im Regenwald und im Süden des Landes.
Die Indianer der Küste waren nun der Willkür ihrer neuen Herren schutzlos ausgeliefert, viele starben entweder an eingeschleppten Krankheiten wie Pocken oder Masern oder aufgrund Entkräftung durch die harte Arbeit. Indianeraufstände wurden brutal niedergeschlagen, die Männer getötet und die Frauen versklavt. Um 1845 ließ Kaiser Dom Pedro II. viele Indianer in Missionssiedlungen zusammenfassen, um ihre Arbeitskraft bei der Kautschukgewinnung zu nutzen.
Zu dieser Zeit waren die Indios im Gebiet der größeren Siedlungen fast ausgerottet, der unberührte Regenwald garantierte zunächst noch Schutz vor der „modernen Zivilisation“.
Zu Zeiten der Militärdiktatur ( 1964-1985) verfolgte das brasilianische Regime eine Ausrottungspolitik gegenüber den Ureinwohnern. Der ungleiche Kampf zwischen Soldaten und Indios wurde als Krieg im Dschungel erst Mitte der Achtziger Jahre der Weltöffentlichkeit bekannt.
Heute leben auf dem Staatsgebiet Brasiliens nur noch etwa 200.000 Indianer fast ausschließlich in Reservaten im Regenwald, die meisten von ihnen im Norden an der Grenze zu Venezuela und Kolumbien.
[...]
[1] vgl. Wöhlcke, M.: „Brasilien- Diagnose einer Krise“
- Citation du texte
- Uwe Scheunemann (Auteur), 2001, Minderheiten und Minderheitenschulwesen in Brasilien, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/800