Die Zeit des Nationalsozialismus in Deutschland von 1933 bis 1945 war eine der dunkelsten Epochen in der Geschichte der Menschheit. Mit einer von Antisemitismus und imperialistischem Weltmachtstreben geprägten Ideologie lullte Adolf Hitler die vom Chaos der Zwanziger Jahre und von den Folgen der Weltwirtschaftskrise total überforderte deutsche Volksgemeinschaft ein, die ihrem Führer zur überwältigenden Mehrheit treu gehorchte. Wohin das alles führte ist – mir jedenfalls – mehr als hinreichend bekannt: Arbeitslager, die Deportation von Menschen, Massenvernichtungsanlagen, die Ausrottung von allein sieben Millionen Juden. Fast willkürlich geschah die Einteilung in Unter- und Herrenmenschen, zu absurd klingen und heute die damals zugrunde liegenden Ideen von Rassenhygiene und dergleichen. Doch war damals die Verfolgung von Personen, die bestimmten Merkmalen entsprachen, an der Tagesordnung.
In seinem Drehbuch „In einem anderen Leben“ greift der 1925 geborene Münchner Fernseh-Autor Willy Purucker dieses Thema auf. Er verfolgt es am Beispiel von Lena, einer jungen Roma, der es gelang auf dem Transport von einem KZ ins nächste zu entkommen. Dass dabei nicht alles glatt läuft und sie unentdeckt fliehen kann, liegt auf der Hand.
Mit Hilfe von Oliver Schüttes „Die Kunst des Drehbuchlesens“ werde ich Puruckers Drehbuch ausführlich analysieren. Besonderes Augenmerk verdient dabei – nach einer Beschreibung des Inhalts der einzelnen Akte – in erster Linie die dramaturgische Struktur der Geschichte, welche ich auf ihre erzählstrategischen Elemente hin untersuchen möchte. Natürlich werde ich mich dabei auch dem Thema und Konflikt der Handlung und den verschiedenen Figuren und deren Nebenhandlung widmen. Nicht zuletzt werde ich außerdem überprüfen, wie es mit der Spannung des Buches allgemein und der Identifikation mit der Hauptfigur Lena im speziellen aussieht.
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
2. Beschreibung des Inhalts
2.1 Exposition
2.2 Konfrontation
2.3 Auflösung
3. Analyse der dramaturgischen Struktur
3.1 Akt 1 – Exposition
Anstoß
Wendepunkt 1
3.2 Akt 2 – Konfrontation
Höhepunkt 1
Wendepunkt 2
Höhepunkt 2
3.3 Akt 3 – Auflösung
Wendepunkt 3
Klimax
4. Interpretation und Schlussfolgerungen
4.1 Die Dramaturgische Struktur
4.2 Thema, Hauptfigur und Konflikt
4.3 Nebenfiguren und Nebenhandlung
4.4 Spannung; Plausibilität und Identifikation
5. Resümee
6. Anhang: Szenenprotokoll
Quellen- und Bildnachweis
1. Einleitung
Die Zeit des Nationalsozialismus in Deutschland von 1933 bis 1945 war eine der dunkelsten Epochen in der Geschichte der Menschheit. Mit einer von Antisemitismus und imperialistischem Weltmachtstreben geprägten Ideologie lullte Adolf Hitler die vom Chaos der Zwanziger Jahre und von den Folgen der Weltwirtschaftskrise total überforderte deutsche Volksgemeinschaft ein, die ihrem Führer zur überwältigenden Mehrheit treu gehorchte. Wohin das alles führte ist – mir jedenfalls – mehr als hinreichend bekannt: Arbeitslager, die Deportation von Menschen, Massenvernichtungsanlagen, die Ausrottung von allein sieben Millionen Juden. Fast willkürlich geschah die Einteilung in Unter- und Herrenmenschen, zu absurd klingen und heute die damals zugrunde liegenden Ideen von Rassenhygiene und dergleichen. Doch war damals die Verfolgung von Personen, die bestimmten Merkmalen entsprachen, an der Tagesordnung.
In seinem Drehbuch „In einem anderen Leben“ greift der 1925 geborene Münchner Fernseh-Autor Willy Purucker dieses Thema auf. Er verfolgt es am Beispiel von Lena, einer jungen Roma, der es gelang auf dem Transport von einem KZ ins nächste zu entkommen. Dass dabei nicht alles glatt läuft und sie unentdeckt fliehen kann, liegt auf der Hand.
Mit Hilfe von Oliver Schüttes „Die Kunst des Drehbuchlesens“ werde ich Puruckers Drehbuch ausführlich analysieren. Besonderes Augenmerk verdient dabei – nach einer Beschreibung des Inhalts der einzelnen Akte – in erster Linie die dramaturgische Struktur der Geschichte, welche ich auf ihre erzählstrategischen Elemente hin untersuchen möchte. Natürlich werde ich mich dabei auch dem Thema und Konflikt der Handlung und den verschiedenen Figuren und deren Nebenhandlung widmen. Nicht zuletzt werde ich außerdem überprüfen, wie es mit der Spannung des Buches allgemein und der Identifikation mit der Hauptfigur Lena im speziellen aussieht. Wie schon erwähnt, dient mir Oliver Schüttes Werk „Die Kunst des Drehbuchlesens“ als Hilfe und Gedankenstütze. Schütte ist seit 1986 Autor für Film und Fernsehen und darüber hinaus Ausbildungsleiter an der Berliner Master School Drehbuch. Im Hauptteil der Arbeit werde ich es vor allem so halten, dass ich Zitate von ihm anbringe, die ich versuche anhand Puruckers Drehbuch „In einem anderen Land“ zu beweisen oder zu widerlegen. Ich habe versucht, die Geschichte so genau und ausführlich wie möglich zu analysieren, allerdings muss ich zugeben, nicht auf jedes kleinste Detail einzugehen, da es sonst diesen Rahmen sprengen würde. Zur Interpretation möchte ich nicht zuletzt auch anmerken, dass sie häufig eine Sache des eigenen Standpunktes ist und hier keine universellen Modelle festgelegt oder beschrieben werden sollen.
2. Beschreibung des Inhalts
2.1 Exposition (Szenen 1-21)
Kriegswirren im besetzten Polen. Es ist Winter 1944/45. Einer jungen Frau gelingt die Flucht von einem KZ-Transport. Ausgehungert und verwahrlost taumelt sie keuchend über weite Felder und findet schließlich Unterschlupf im Stall eines polnischen Bauerngehöfts. In ihrer Not stiehlt sie dort Kleidung und Essen, bevor sie sich weiter auf ihren Weg macht. Wie wir später erfahren, ist Lena Teutsch eine deutschstämmige Roma und die einzige Überlebende aus ihrer Familie.
Doch zunächst scheint das Glück nicht auf Lenas Seite zu stehen, als sie kurzerhand von deutschen Wehrmachtssoldaten aufgegriffen wird. Verängstigt steigt sie zu ihnen ins Auto, nicht ahnend wohin die Fahrt führen wird. Allerdings schöpfen die beiden Soldaten keinen ernsten Verdacht über Lenas Herkunft und bringen sie in ein deutsches Lazarett, wo sie unter Geheimhaltung ihrer wahren Identität als Küchenhilfe und Putzfrau arbeiten kann, um sich ihr Geld für die Heimreise nach München zu verdienen.
2.2 Konfrontation
Wenige Tage nach Lenas Ankunft im Lazarett trifft sie dort auf Willi Landgraf, einen jungen, verletzten Soldaten, der ebenso wie Lena aus München stammt. Im Gegensatz zu Lenas Familie, haben die Landgrafs den Krieg bisher relativ glimpflich überstanden. Sie mussten lediglich wegen der vielen Bombardements ihr Haus in der Münchener Innenstadt verlassen und fanden Unterkunft in der Villa der Heimendahls, bei den Eltern Willis großer Liebe Lore.
Im Lazarett beginnt Willi um Lena zu werben. Er sucht ihre Nähe und will sie zu einem gemeinsamen Musikabend überreden. Aufgrund ihrer prekären Lage – als verfolgte Roma in einem deutschen Lazarett zu arbeiten – verhält sich Lena erst einmal sehr zurückhaltend und blockt ab. Aber nach einigem Zögern entwickelt sich trotz aller Bedenken Lenas eine Liebesbeziehung zwischen den beiden und sie fassen den Plan, gemeinsam nach München zurückzukehren.
Doch gleich darauf kündigt sich das Unheil an, denn um mit Willi zusammen nach München fahren zu können, muss Lena um Verlängerung ihres Arbeitsaufenthaltes bitten. Zuständig für diese Entscheidung ist der dortige Zahlmeister, ein schmieriger General und Frauenheld, der – Lena betreffend – ganz andere Absichten hegt als er ihr eine Stelle als Haushaltshilfe in seinem Apartment anbietet. Trotz der Warnungen von Willi, dass der Zahlmeister „[…] ein ziemliches Arschloch […]“[1] sei, geht Lena unbedarft zu ihm und erlebt dort eine böse Überraschung: Sie soll nicht etwa Essen kochen oder putzen, sondern vielmehr Reizwäsche präsentieren, die der Zahlmeister für sie ausgesucht hat. Als Lena widerspricht, dass sie so etwas nicht tue, wird der Zahlmeister brutal und will sie mit Gewalt gefügig machen. Im Handgemenge kommt es so weit, dass er Lenas Verband vom Arm reißt, welcher bisher dafür sorgte, ihre eintätowierte KZ-Kennnummer zu verdecken. Als ihr Geheimnis nun offenbart ist gerät Lena in Panik und erschlägt in ihrer Notwehr den Zahlmeister, der immer noch nicht von ihr abgelassen hat.
Daraufhin rennt Lena zu Willi zurück und erzählt ihm von dem Vorfall und ihrer Identität als Zigeunerin. Ihr einziger Ausweg nun ist die Flucht, und Willi beschließt Lena zu begleiten, obgleich er sich damit selbst in Gefahr begibt. Schließlich flüchten beide mit dem Auto des Zahlmeisters und finden nach einem Autounfall, bei dem Willi erneut verletzt wird, bei polnischen Bauern ein sicheres Versteck. Währenddessen rückt die Front immer näher und Willi – körperlich und seelisch geschwächt – beginnt zu fantasieren, bis er es im Versteck nicht mehr aushält und einfach nur nach Hause will. Wieder sind beide auf der Flucht, aber diesmal steht das Glück nicht auf ihrer Seite, denn Willi wird von deutschen Soldaten erschossen.
2.3 Auflösung
Ort- und Zeitsprung nach Bayern in den Herbst 1945. Es ist Kriegsende und Lena kehrt zurück nach München. Inzwischen ist sie Mutter eines Sohnes geworden und versucht sich ein neues Leben aufzubauen. Zunächst findet sie in einer Zigeuner-Wohnwagensiedlung, wo sie auf alte Bekannte der Familie stößt, vorübergehend ein neues zu Hause.
Von dort aus begibt sie sich auf die Suche nach Willis Eltern, um von Peter, deren Enkel, und dem Tod Willis zu berichten. Aber als Lena schließlich auf Frau Landgraf trifft, schafft sie es nicht, ihr Vorhaben durchzubringen und gibt sich lediglich als Willis frühere Krankenpflegerin aus. Der Grund dafür ist, dass Frau Landgraf mit ihrer unfeinsinnigen und naiven Art gegen die „[…] Zigeuner in der Nähe […]“[2] polemisiert und damit Lena vor den Kopf stößt, welche sich – erschrocken über solch feindselige Äußerungen – in einem günstigen Augenblick davonstiehlt, ohne etwas von ihrer Beziehung zu Willi preiszugeben. Jedoch erfährt Willis Vater Wilhelm durch Lenas Freundin Rolanda, dass Peter sein Enkelsohn ist. Aber wiederum ist es Willis Mutter, die der ganzen Geschichte Misstrauen entgegenbringt und Angst hat, von einer Zigeunerin nur schamlos ausgenutzt zu werden.
Auf diesem Weg muss Lena erkennen, dass sich – auch nach dem Krieg – nichts an den Vorurteilen gegenüber den Roma geändert hat. Darüber hinaus begreift sie, wie weit sie sich bereits von der Beziehung mit Willi und ihrem damaligen Leben entfernt hat. Sie beschließt, an einem anderen Ort einen Neubeginn zu wagen und verlässt München in dem Moment, als Willis Vater gerade noch einmal zu ihr kommen will, um sich der geschehenen Dinge zu vergewissern.
3. Analyse der dramaturgischen Struktur
„Filmhandlung lässt sich als dramatisches Geschehen fassen […]“[3] und konstituiert sich aus einer Kette von Ereignissen. Willy Purucker wählt dazu in seinem Drehbuch „In einem anderen Leben“ die Form der geschlossenen Dramaturgie. Dieses eher traditionelle Modell ist für den Werkcharakter zur Schaffung eines fiktionalen Raumes von zentraler Bedeutung und hat seine kulturellen Wurzeln in der antiken Dramentheorie des Aristoteles.
Dazu gehört als erstes eine klare Strukturierung des Handlungsgeschehens, indem die Geschichte in mindestens drei verschiedene Einheiten bzw. Akte unterteilt wird: Exposition, Entwicklung und Auflösung. Deren unterschiedliche Aufgaben erklärt Oliver Schütte, seit 1986 selbst Autor für Film und Fernsehen und Leiter der Ausbildungsinstitution Master School Drehbuch, folgendermaßen: „Die Exposition führt in die Geschichte ein, stellt die handelnden Figuren vor und beschreibt die Situation. In der zweiten Einheit, der Entwicklung, entsteht die Handlung, die für die Geschichte wichtig ist. Dieser Teil wird oft als Konfrontation bezeichnet, weil die gegensätzlichen Kräfte aufeinandertreffen. Die Auflösung bedeutet das Ende der Geschichte.“[4] Dabei schreiten die Ereignisse in chronologischer Reihenfolge fort, was aber keineswegs eine von Geradlinigkeit geprägte Erzählweise meint. Vielmehr setzt ein gutes Drehbuch als Vorlage für einen Film neben den Höhepunkten, besonders auf Wendepunkte in der Handlungsentwicklung: „Steigerungen einerseits, Schürzungen des Knotens, aber auch Peripetien, die das schon erkennbare Ende aufhalten, scheinbar alles wieder umkehren, um desto dramatischer dann das Ende hereinbrechen zu lassen.“[5]
Zur Erleichterung der Analyse der dramaturgischen Struktur eines Drehbuchs bedient man sich deshalb im Allgemeinen einer Aufteilung in acht verschiedene Sequenzen, wobei Exposition und Schlussteil je zwei Sequenzen beinhalten und der längere Mittelteil in der Regel vier. Eine Sequenz wird definiert als „[…] eine Einheit von aufeinanderfolgenden Szenen, verbunden durch das Verfolgen eines bestimmten Ziels, das am Ende erreicht wird oder nicht.“[6] Meist handelt es sich hier um ein bestimmtes Ereignis (z.B. Abreise). Die verschiedenen Sequenzen eines Drehbuchs können sich an unterschiedlichen Orten abspielen und einen Zeitsprung beinhalten und darüber hinaus dient jede der Sequenzen einem anderen Zweck.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
3.1 Akt 1 – Die Exposition
3.1.1 Sequenz 1 (Szenen 1-8/Seiten 1-8)
Während bei einem Film häufig die letzten 15 Minuten ausschlaggebend sind, erweisen sich bei einem Drehbuch die ersten Seiten als entscheidend. Sie sollen beim Leser Neugier wecken, ihn gleichsam in die Welt der Geschichte hineinziehen. Daher fungiert die erste Sequenz der Exposition zunächst erst einmal einstimmend auf den Ton der Geschichte, die hier erzählt werden soll. Der Stil der filmischen Erzählweise, das so genannte Genre, wird etabliert, und das emotionale Klima des Films verdeutlicht sich. In Willy Puruckers Drehbuch „In einem anderen Land“ geschieht dies gleich auf der ersten Seite mit den einführenden Worten „Die Geschichte beginnt im Kriegswinter 1944-45 im besetzten Polen.“[7] Mit zusätzlichen Erwähnungen wie „[…] Güterzug […]“, „[…] Waggons […]“, „[…] Kommandos […]“, „[…] junge Frau […]“ und „[…] sie rennt […]“ wird sofort klar, dass es sich hier um ein Kriegsdrama handelt.[8]
Neben einer Beschreibung des Ortes und der Zeit, in der die Geschichte spielt, wird die Hauptperson mit ihren Eigenschaften und Gewohnheiten vorgestellt. In diesem Fall geht es um Lena Teutsch, eine deutschstämmige Roma, die sich auf der Flucht von einem KZ-Transport befindet. Die Filmhandlung beginnt dabei in medias res, dass heißt, sie setzt sofort im Filmgeschehen ein, als Lena sich bereits auf der Flucht von diesem Transport befindet (Szene 1/Seite 1). Als Drehbuchleser oder Filmzuschauer kennen wir jedoch noch nicht ihre Hintergrundgeschichte und können bislang nur Vermutungen anstellen: Lena ist Ausländerin, da sie eine andere Sprache spricht (Szene 2/Seite 2), sie befindet sich auf der Flucht und wird verfolgt, weil sie sich versteckt hält (Szenen 5, 5A, 5B/Seite 4) und permanent Angst hat bzw. sehr schreckhaft ist (Szene 2/Seite 2). Die genaue Vermittlung Lenas Vorgeschichte erfolgt zu einem späteren Zeitpunkt. Diese so genannte nachgereichte Exposition geschieht im Verlauf des Filmes und explizit in Szene 71A (Seite 84ff.) am Ende des zweiten Aktes, als Lena gemeinsam mit Willi aus dem Lazarett flüchtet und ihm dabei ihre Geschichte erzählt.
3.1.2 Anstoß (Szenen 7-10/Seiten 6-10)
„Der Anstoß markiert den Übergang von der ersten zur zweiten Sequenz des ersten Akts.“[9] Er setzt die Geschichte in Gang und lenkt die Ereignisse in eine andere Richtung: Während Lenas Flucht so etwas wie Gewohnheit bzw. Routine oder auch einen Status Quo darstellt, tritt jetzt ein Ereignis ein, welches das Geschehen verändert. Dieser Anstoß – hier zu finden in den Szenen sieben bis zehn – findet statt, als Lena an einem Flussufer von Wehrmachtssoldaten aufgegriffen und in ein Lazarett gebracht wird. Normalerweise wäre damit zu rechnen, dass dies der Moment ist, an dem Lenas wahre Identität zum Vorschein kommt, was zugleich ihr Ende bedeuten würde. Jedoch kommt es anders als erwartet und sie kann zunächst unter Geheimhaltung ihrer Herkunft in dem Lazarett arbeiten und ist dort vorerst sicher.
3.1.3 Sequenz 2 (Szenen 9-21/Seiten 9-27)
„Der Anstoß hat nun zur zweiten Sequenz des ersten Akts übergeleitet.“[10] Lenas Flucht ist erst einmal vorüber, sie kann sich ein wenig ausruhen (Szene 11C/Seite 13), mal wieder in einem richtigen Bett schlafen (Szene 12/Seite 14) und für ausreichend Nahrung ist auch gesorgt (Szene 16A/Seite 18). „Sequenz 2 gibt dem Zuschauer nun mehr Informationen über die Vorgeschichte […] und beschreibt ausführlicher die Situation, in der die Hauptfigur steckt.“[11] Da in der Regel gilt, dass gerade in der Exposition „[…] zuviel Dialog dem Buch schadet [...]“[12] geschieht dies hier vorwiegend durch Bilder: Lena stiehlt einen Verband, um etwas an ihrem Arm zu verdecken (Szene 11B/Seite 13 und Szene 16A/Seite18); sie ist in ihrem Wesen sehr unsicher, da sie häufig das Gerede von Leuten auf sich selbst bezieht (Szene 11A/Seite 12); das Spiel des Geigers stimmt sie sehnsüchtig (Szenen 17 und 18/Seite 19f.). Die Schlussfolgerungen, die sich daraus ziehen lassen, sind folgende: Irgendetwas stimmt nicht mit Lena, sie scheint ein Geheimnis zu haben und außerdem scheint es, als wäre sie misshandelt worden oder hat schlechte Erfahrungen mit Menschen gemacht, da sie sehr scheu und ängstlich ist und Menschen gegenüber eher Misstrauen hervorbringt. Sie scheint musikalisch zu sein und darüber hinaus hat man das Gefühl, dass sie eine besondere Verbindung zur Musik – besonders zu Geigen – hat. Da ich als Drehbuchleser bereits weiß, dass die Geschichte in dem von den Nationalsozialisten besetzten Polen spielt, verdichtet sich hier die Vermutung, Lena könnte einer der von den Nazis verfolgten Minderheiten angehören. Zum Beispiel den Juden oder Zigeunern. Ihr Verband am Arm bestätigt dies insofern, da im KZ dort die entsprechenden Häftlingsnummern eintätowiert wurden.
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Eine weitere wichtige Aufgabe der zweiten Sequenz des ersten Aktes ist es, das Ziel des Protagonisten und die Konfliktsituation, die „[…] manchmal als ‚Knoten’ bezeichnet wird […]“[13], zu etablieren. Zweifelsfrei geht es hier in diesem Sinne um Lenas Identität als Zigeunerin, wobei ihr Ziel darin besteht, diese verborgen zu halten. Für das Drehbuch „In einem anderen Land“ ist dieses Ziel deshalb so entscheidend, weil es die Bewegungsrichtung der Handlung bestimmt: Wir können ahnen, dass Lena alles dafür tun wird ihr Geheimnis zu hüten. Gleichzeitig werden Hinweise auf die Konfliktsituation gegeben, also darauf, was dem Ziel der Hauptfigur entgegensteht: Die Entdeckung Lenas durch einen ihrer Mitmenschen – in ihrem Fall lauert der Feind überall – die verheerende Folgen für Lena hätte. Diese Hindernisse werden bisher jedoch nur „[…] angedeutet, aber noch nicht ausgeführt. Das bleibt dem zweiten Akt vorbehalten.“[14]
[...]
[1] Purucker, Willy: In einem anderen Leben. Tellux-Film GmbH. 06.11.2003. S. 64.
[2] Ebd. S. 109.
[3] Hickethier, Knut: Film- und Fernsehanalyse. Dritte Auflage. Stuttgart/Weimar: Metzler, 2001. S. 121.
[4] Schütte, Oliver: Die Kunst des Drehbuchschreibens. Bergisch-Gladbach: Lübbe Verlag, 2003. S. 60.
[5] Hickethier, 2001. S. 123.
[6] Schütte, 2003. S. 60.
[7] Purucker, 2003. S. 01.
[8] Vgl. Ebd.
[9] Schütte, 2003. S. 65.
[10] Schütte, 2003. S. 67.
[11] Ebd.
[12] Ebd. S. 64.
[13] Ebd. S. 67.
[14] Schütte, 2003. S. 67.
- Citar trabajo
- Diana Bryg (Autor), 2004, Eine Drehbuchanalyse zu "In einem anderen Land" von Willy Purucker, Múnich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/79966
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