Albert Schweitzer war ein besonderer Philosoph – und ist gerade deshalb heute noch vielerorts präsent. Ob bei den Vegetariern, der Tierschutz-Lobby oder bei Vorkämpfern für eine gerechtere Weltordnung und Hilfe für die ärmsten Länder: Viele berufen sich auf den Theologen und Philosophen, vergeben Schweitzer-Plaketten oder schalten Zeitungsanzeigen mit dem Bild des klavierspielenden Schweitzers um für Spenden für Projekte in der Dritten Welt zu werben. Was Schweitzer noch immer so populär und glaubwürdig macht, ist die Konsequenz, mit der er seine Ideale, seine Philosophie gelebt hat. Einen großen Teil seines Lebens (Schweitzer wurde 1875 in Kaysersberg im Oberelsass geboren und starb 1965 in Lambaréné) verbrachte er in Afrika. In Lambaréné gründete er ein Hospital und heilte und versorgte die Ärmsten unter den Armen. Geld, das er durch seine wachsende Bekanntheit, etwa durch Klavierspielen, verdiente, steckte er in das Krankenhaus und andere Hilfsprojekte. Dazu war er stets ein wichtiger Vordenker der Friedensbewegung. In seinen Predigten und Schriften reagierte er unmittelbar und eindringlich auf die wachsenden Bedrohungen seiner Zeit, etwa durch die Entwicklung der Atombombe oder die immer weiter fortschreitende Industrialisierung. Für sein weit über das Verfassen von philosophischen Schriften hinausgehende Engagement erhielt er 1951 den Friedenspreis des deutschen Buchhandels und 1952 den Friedensnobelpreis.
Im Mittelpunkt von Schweitzers Handeln stand immer die „Ehrfurcht vor dem Leben“. Wie viel davon findet sich in unserer modernen Welt? Wo wäre eine größere Portion nötig? Fördern die Journalisten die Ehrfurcht der Menschen untereinander, oder geben gerade sie ein Beispiel für mangelnde Ehrfurcht vor dem Leben ab? Könnten die Medien vielleicht gar in Schweitzers Sinne zur „Vergeistigung der Massen“ beitragen – und machen es womöglich aus Profitstreben doch nicht? Im folgenden werde ich die Grundlagen und Ideen Schweitzers darstellen, um im Fazit auf die Frage nach der Übertragbarkeit auf unsere Zeit und die Bedeutung für Medien- also Öffentlichkeitsschaffende zurückzukommen.
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
2. Hauptteil: Schweitzers Ethik
2.1 Der Grundgedanke
2.2 Positives Menschenbild
2.3 Grenzenlose Verantwortung
2.4 Kultur, Fortschritt und Ideale
2.5 Drei große Versuchungen und Wege dagegen
3. Fazit
3.1 Ein bisschen mehr Schweitzer bitte
3.2 ...und das auch in den Redaktionen
4. Quellenangabe
1.) Einleitung
Albert Schweitzer war ein besonderer Philosoph – und ist gerade deshalb heute noch vielerorts präsent. Ob bei den Vegetariern, der Tierschutz-Lobby oder bei Vorkämpfern für eine gerechtere Weltordnung und Hilfe für die ärmsten Länder: Viele berufen sich auf den Theologen und Philosophen, vergeben Schweitzer-Plaketten oder schalten Zeitungsanzeigen mit dem Bild des klavierspielenden Schweitzers um für Spenden für Projekte in der Dritten Welt zu werben. Was Schweitzer noch immer so populär und glaubwürdig macht, ist die Konsequenz, mit der er seine Ideale, seine Philosophie gelebt hat. Einen großen Teil seines Lebens (Schweitzer wurde 1875 in Kaysersberg im Oberelsass geboren und starb 1965 in Lambaréné) verbrachte er in Afrika. In Lambaréné gründete er ein Hospital und heilte und versorgte die Ärmsten unter den Armen. Geld, das er durch seine wachsende Bekanntheit, etwa durch Klavierspielen, verdiente, steckte er in das Krankenhaus und andere Hilfsprojekte. Dazu war er stets ein wichtiger Vordenker der Friedensbewegung. In seinen Predigten und Schriften reagierte er unmittelbar und eindringlich auf die wachsenden Bedrohungen seiner Zeit, etwa durch die Entwicklung der Atombombe oder die immer weiter fortschreitende Industrialisierung. Für sein weit über das Verfassen von philosophischen Schriften hinausgehende Engagement erhielt er 1951 den Friedenspreis des deutschen Buchhandels und 1952 den Friedensnobelpreis.[1]
Im Mittelpunkt von Schweitzers Handeln stand immer die „Ehrfurcht vor dem Leben“. Wie viel davon findet sich in unserer modernen Welt? Wo wäre eine größere Portion nötig? Fördern die Journalisten die Ehrfurcht der Menschen untereinander, oder geben gerade sie ein Beispiel für mangelnde Ehrfurcht vor dem Leben ab? Könnten die Medien vielleicht gar in Schweitzers Sinne zur „Vergeistigung der Massen“ beitragen – und machen es womöglich aus Profitstreben doch nicht? Im folgenden werde ich die Grundlagen und Ideen Schweitzers darstellen, um im Fazit auf die Frage nach der Übertragbarkeit auf unsere Zeit und die Bedeutung für Medien- also Öffentlichkeitsschaffende zurückzukommen.
2.) Hauptteil: Schweitzers Ethik
2.1) Der Grundgedanke
Der Gedanke, der jeder Äußerung, jeder Predigt, jeder Philosophie von Albert Schweitzer zu Grunde liegt, ist die „Ehrfurcht vor dem Leben“. Jedem Willen zum Leben müsse mit der gleichen Ehrfurcht, dem gleichen Respekt begegnet werden.[2] Dabei wird nicht zwischen den Lebensformen unterschieden. Der Lebenswille eines Tieres oder einer Pflanze verdiene ebenso Ehrfurcht wie der eines Menschen. Ausgedrückt wird dies im zentralen Satz: „Ich bin Leben, das leben will, inmitten von Leben, das leben will.“[3] Hieran habe sich jeder Mensch zu jeder Zeit zu orientieren und im Bewusstsein dieses Leitsatzes zu handeln.
Albert Schweitzer hat damit den Begriff des Ethischen auf Tiere und Pflanzen ausgeweitet. Er kritisierte allein auf Menschen fixiertes Leben und Denken. Seine Ethik der „Ehrfurcht vor dem Leben“ sei ein geistiges Verhältnis zum Universum.[4] Ethik, die nur für Menschen erdacht sei und nur für Menschen gelte, sei kraftlos[5] – und würde dem Fortbestand der Erde und somit der Menschen nicht dienen. Das Lebensumfeld, die gesamte Vegetation müsse jederzeit in das Denken und Leben einbezogen werden.
Um in Ehrfurcht vor dem Leben handeln zu können, sei die Bejahung des Lebens die erste Voraussetzung. Nur wer sein Leben und das Leben um sich herum bejaht - also nicht etwa vor scheinbarer Sinnlosigkeit resigniert oder ob der augenscheinlichen Probleme beginnt die Menschen und die Welt zu verabscheuen – könne wirklich Ehrfurcht vor jedem Leben empfinden. Lebensbejahung und Ethik müssten miteinander und ineinander verwoben sein – und aufeinander aufbauen. Damit stellt sich Schweitzer deutlich gegen jede Form von Nihilismus.
Zu den Grundvoraussetzungen von Schweitzers Ethik gehört auch die Erkenntnis, dass – bei allem Bemühen – nie aller Wille zum Leben respektiert werden könne. Leben könne nicht existieren, ohne Leben zu nehmen. Diese Entzweitheit des Lebens gilt es sich bewusst zu machen und sie mit absoluter Verantwortung zu handhaben.
Ein früher Ausdruck von Schweitzers umfassender Vorstellung der Ehrfurcht vor dem Leben ist der Zusatz, um den Schweitzer schon als Kind sein Abendgebet erweiterte: „Lieber Gott, schütze und segne alles, was Odem hat, bewahre es vor allem Übel und lass es ruhig schlafen.“[6]
2.2) Positives Menschenbild
Für den Weg der Verantwortung und des Respekts zwischen allen Lebensformen ist Schweitzers positives Menschenbild Grundvoraussetzung. Er sieht das Heil nicht in Reglementierungen und Dogmen, sondern in der aufs äußerste gesteigerten Verantwortung jedes einzelnen.
Er ist überzeugt das gewöhnlich in den Menschen „alle guten Gedanken als Brennstoffe vorhanden sind“.[7] In jedem stecke also das Potential zur Verantwortung und zur Ehrfurcht. Oft brauche es aber eine Flamme von außen, um den Brennstoff anzuzünden – und den „guten Kern“ des Menschen zu wecken.[8] Diese Flamme könne ein Erlebnis sein, oder ein anderer Mensch. Wer Ehrfurcht vor dem Leben erlebe, könne gewissermaßen positiv infiziert werden – und sich die Ethik selbst zum Leitmotiv machen. Deshalb legt Schweitzer mit seiner Philosophie jedem die Verantwortung auf, der Ehrfurcht vor dem Leben gerecht zu handeln – um ein positives Beispiel zu sein und so andere anzustecken, gewissermaßen Ehrfurcht-Potentiale zu wecken. Wer die Ehrfurcht erfahren habe und so selbst auf diesen Weg komme, der habe „in tiefem Gedenken derer zu gedenken, die Flammen in ihm entzündet haben.“[9]
Schweitzer tritt deutlich der Idee entgegen, das Handeln auf der Erde sei sinnlos. Er stellt sich gegen Camus’ Idee der Absurdität und gegen Nietzsches Nihilismus. „Wo Kraft ist, ist Wirkung von Kraft“[10] – ist Schweitzer überzeugt. Keine Anstrengung für moralisches Handeln, kein Versuch eine Flamme zu entzünden, vergehe einfach. Im Gegenteil: Jede Mühe Erfurcht vor dem Leben zu leben, zeige Wirkung. Dabei reiche das eigene Handeln weit – weiter als man es selbst absehen kann. Manchmal brauche eine Handlung, eine positive Kraft, Zeit um zu sprießen, doch irgendwann gehe die Saat auf. Das könne Generationen dauern, aber im Endeffekt, den Weltenlauf im Ganzen betrachtet, verfliege keine Handlung, sei die persönliche Bemühung um die Ehrfurcht vor dem Leben keineswegs nur ein Tropfen auf dem heißen Stein.[11] Wenn jemand etwa einem Menschen gegenüber ethisch handelt, so ist nicht sicher, dass er sofort eine Wirkung erkennt. Der andere Mensch wird wohl kaum gleich sein Leben ändern – doch er wird die Erfahrung verinnerlichen und die Saat der Idee wird in ihm keimen und irgendwann als Blüte, vielleicht auch nur als zartes Grün, herausbrechen.
[...]
[1] Vgl. Microsoft Encarta Enzyklopädie 2002 (Computerlexikon, Suchbegriff: Schweitzer)
[2] Vgl. SCHWEITZER, Albert: Die Ehrfurcht vor dem Leben. Grundtexte aus fünf Jahrzehnten. München 1997, S. 21.
[3] ebd., S. 21
[4] Vgl. ebd., S. 22
[5] Vgl. ebd., S. 21
[6] ebd., S. 13
[7] ebd., S. 72
[8] Vgl. ebd., S. 73
[9] ebd., S. 73
[10] ebd., S. 79
[11] Vgl. ebd., S. 80
- Quote paper
- Felix Mannheim (Author), 2002, Albert Schweitzer - Die Ehrfurcht vor dem Leben, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/7977
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