Ziel der vorliegenden Arbeit ist es, die Verfassungskonzeption des Thomas Hobbes anhand seines De Cive, erschienen in Paris im Jahre 1642, zu erarbeiten und den Einfluss des Werks auf die europäische Verfassungsgeschichte zu verdeutlichen.
Nach einer Darstellung des Lebens und der Epoche des Hobbes wird auf die Denk- und Arbeitsweise Hobbes´ eingegangen. Den Schwerpunkt der Arbeit bildet die Erläuterung des Staatsbildes des De Cive. Abschließend wird die Rezeption des Werkes Hobbes´ skizziert.
[...]
Gliederung
I. Leben und Epoche des Hobbes
II. Methode
III. Der Mensch im Zustand der libertas
1. Die Gründe für menschliches Zusammenkommen
2. Selbsterhaltung als oberstes Ziel
3. Nutzenbegriff und Widersprüchlichkeit des Naturrechts
4. Krieg aller gegen alle
5. Natürliche Gesetze
a. Der Vertrag
b. Unrecht und Ungerechtigkeit
c. Schicksal der Verträge im Naturzustand
d. Bindung in foro intern
aa. Moralische Verpflichtung
bb. Göttliche Verpflichtung
e. „Suspendierung“ der leges naturales zugunsten des Naturrechts
6. Scheitern der Überwindung des Kriegszustandes im status naturalis
IV. Ursachen und generatio des Staates
1. Fiktion eines gemeinsamen Willen
2. Übertragung des Rechts mittels dem „Grund-Vertrag“
3. Die Herrschaftsinstanz
V. Rechte des Inhabers der höchsten Gewalt im Staate
1. Das Schwert der Gerechtigkeit
a. Das Gesetzgebungsrecht
b. Recht, die Meinungs- und Lehrefreiheit einzuschränken
2. Das Schwert des Kriege
3. Einheit der Gewalten
4. Die Herrschaft im Staate als „absolut“
a. Befehlsausführung
b. Bürgerliche Gesetze
c. Eigentum
5. Die Herrschaft im Staate als nicht aufhebbar
VI. Staatsform
1. Der institutive Staa
2. Monarchie als beste Staatsform
a. Zeit und Ort der Zusammenkunft
b. Natur des Menschen
c. Freihei
d. Gesetze
e. Stabilität
f. bester Monarc
VII. Pflichten des Souveräns
1. Erfordernisse des allgemeinen Wohl
2. Einhaltung der Pflichten als Gebot der rechten Vernunft
VIII. Gesetze und peccati
1. Die zwei Teile des Gesetzes
2. Verbindlichkeit der bürgerlichen Gesetze
3. Voraussetzungen der Verbindlichkeit der bürgerlichen Gesetze
4. peccatum
5. Majestätsverletzung
IX. Stellung der Religion und der Kirche im Hobbes´schen Staate
1. Verehrung Gottes als natürliches Gesetz
2. Festlegung des Verehrungsritus durch den Souverä
3. Der Staat als Vollender der Lehre Christi
4. Identität von Kirche und Staat
X. Rezeption
1. Pufendor
2. Locke
3. Roussea
4. Kan
5. Feuerbach
XI. Schlussbemerkung
Literaturverzeichnis
I. Quellen
Hobbes, Thomas De Cive. Latin Version
1. Auflage
Oxford, 1983
zitiert : DC …, …
Hobbes, Thomas Vom Menschen. Vom Bürger
Elemente der Philosophie II/III
3. Auflage
Hamburg, 1994
zitiert: DC ...,
II. Sekundärliterat ur
Feuerbach, Paul Johann Anti – Hobbes
Mikrofilm der Erstauflage
Erfurt, 1798
zitiert: Feuerbach, S. ...
Forsberg, Ralph Thomas Hobbes´ Theory of Obligation:
A Modern Interpretation
1. Auflage
Wakefield, New Hampshire, 1990
zitiert: Forsberg, S. ...
Euchner, Walter Naturrecht und Politik bei John Locke
1. Auflage
Frankfurt / Main, 1979
z itiert: Euchner, S. ...
Geismann, Georg Kant als Vollender von Hobbes und Rousseau
Der Staat 21, S. 161 – 189
zitiert: Geismann, S. ...
Helferich, Christoph Geschichte der Philosophie - Von den Anfängen bis zur Gegenwart und Östliches Denken
2. Auflage
München, 1998
zitiert: Helferich, S. ...
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Collected and edited by Sir William Molesworth
Band 5
2. Neudruck
Aalen, 1966
zitiert: English Works, S. ...
Hobbes, Thomas Leviathan oder Stoff, Form und Gewalt eines kirchlichen und bürgerlichen Staates
Neuwied und Berlin, 2000
zitiert: Leviathan, ...
Kersting, Wolfgang Die politische Philosophie des Gesellschaftsvertrages.
1.Auflage
Darmstadt, 1996
zitiert: Kersting, S. ...
Koselleck, Reinhart / Schnur, Hobbes-Forschungen
Roman 1. Auflage
Berlin, 1969
zitiert: Autor, in Hobbes- Forschungen, S. ...
Von Leyden, W. Hobbes and Locke
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2. Auflage
London and Basingstoke, 1983
zitiert: von Leyden, S. ...
Maier, Hans / Rausch, Heinz / Klassiker des politischen Denkens
Denzer, Horst Erster Band: Von Plato bis Hobbes
5. Auflage
München, 1979
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Martinich, Aloysius P. A Hobbes Dictionary
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Cambridge, Massachusetts, 1995
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Mayer-Tasch, Peter C. Thomas Hobbes und das Widerstandsrecht
1. Auflage
Tübingen, 1968
z itiert: Mayer-Tasch, S. ...
Nierwetberg, Rüdiger Die Staatsphilosophie des Thomas Hobbes
JuS 1983, S. 496 – 501
z itiert: Nierwetberg, S. ...
Roux, Louis / Chavanat, Die Staatsauffassung bei Hobbes und Hegel
Ghislaine Der Staat 17, S. 1 - 26
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Schmitt, Carl Staat, Großraum, Nomos
Arbeiten aus den Jahren 1916 – 1969
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Sommerville, Johann P. Thomas Hobbes
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Houndmills, Basingstoke, Hampshire and London, 1992
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Stolleis, Michael (Hrsg.) Staatsdenker im 17. und 18. Jahrhundert
2. Auflage
Frankfurt, 1987
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Tönnies, Ferdinand Thomas Hobbes - Leben und Lehre
Faksimile – Neudruck der 3. Auflage
Stuttgart – Bad Cannstatt, 1971
z itiert: Tönnies, S. ...
Weiß, Ulrich Das philosophische System von Thomas Hobbes
1. Auflage
Stuttgart – Bad Cannstatt, 1980
z itiert: Weiß, S. ...
Willoweit, Dietmar Deutsche Verfassungsgeschichte – Vom Frankenreich
bis zur Wiedervereinung Deutschlands
3. Auflage
München, 1997
zitiert: Willoweit, § ...
I. Leben und Epoche des Hobbes
Thomas Hobbes wurde am 5.4.1588 im Dorfe Westport bei Malmesbury als Sohn eines Landpfarrers geboren. 15jährig begann er sein Studium in Oxford, wo er als Scholar lebte und in puritanischem Geist erzogen wurde[1]. Ab 1608 hielt er dort Vorlesungen über Logik; danach war er über viele Jahre in einflussreichen Familien des Landes als Hauslehrer und Sekretär tätig[2], u.a. für Francis Bacon. In Florenz machte er die Bekanntschaft Galileis, in Paris die der Naturforscher Mersenne und Gassendi und die Descartes´. Eine Übersetzung des „Peloponesischen Kriegs“ des Thukydides (1629) verstärkte die Auseinandersetzung mit dem Denken Aristoteles´ und Ciceros, deren Philosophie er als erfahrungsfern und allzu moralisierend ablehnte[3]. Ab dieser Zeit wird Hobbes in zunehmendem Maße in die politischen Wirren seiner Zeit verstrickt. Hobbes hatte bei seinen Kontinentalreisen Gelegenheit, die verheerenden Folgen der Religionskriege in den Niederlanden (1568-1648), in Frankreich (1562-1598) und insbesondere des Dreißigjährigen Krieges, in dem „religiöse(r) Gesinnungskrieg sich mit dem Ringen um die politische Macht vermischt“ (F. Sieburg), eingehend zu studieren. Mit den Bestrebungen Charles´ I., das Parlament auszuschalten (er regierte von 1629 - 1640 völlig ohne Parlament) und seine absolute Machtstellung mit der Institutionalisierung der anglikanischen Staatskirche in Schottland zu untermauern, gewann der mit der Verstaatlichung der Kirche unter Henry VIII. begonnene Konflikt zusehends an Schärfe. Hobbes trat für die Souveränität des Königs im Kurzen Parlament ein (1640) und floh angesichts der sich zuspitzenden antimonarchischen Tendenzen im Langen Parlament nach Paris, wo er im Kreis um Mersenne und Descartes sich an den naturwissenschaftlichen Disputen der Zeit beteiligte[4]. Seine beiden großen staatsphilosophischen Werke sind ohne Zweifel unter dem Eindruck des drohenden englischen Bürgerkriegs entstanden. „Was das Individuum betrifft, so ist ohnehin jedes ein Sohn seiner Zeit.“[5]
1642 veröffentlichte Hobbes in winziger Auflage seinen De Cive im französischen Exil. Der Leviathan, „in englischer Sprache für englische Leser“ geschrieben, folgte 1651 nach der Rückkehr Hobbes´ nach England. Die Jahre bis zu seinem Tod am 4. 12. 1679 verlebte Hobbes abgekehrt von der Tagespolitik in London; er erlebte die Restauration der Stuarts nach dem Tode Cromwells (1660) und wurde, insbesondere gegen Angriffe der Geistlichkeit, von seinem ehemaligen Geometrieschüler Charles II. protegiert.
II. Methode
1629 „entdeckte“ der bereits 41jährige Hobbes während einer Reise durch den Kontinent die mathematischen Schriften Euklids – ein „Schlüsselerlebnis“, wie Hobbes in seiner Autobiographie schrieb[6]. Hobbes bewunderte den logisch-methodischen Aufbau Euklids, der ein prima facie uneinsehbares Theorem mithilfe von bekannten und einsichtigen letzten Sätzen beweist. Bei Hobbes rücken an die Stelle der euklidischen Axiome die definitiones primae, die seinem Beweisgang zugrunde liegen und keiner Erklärung bedürfen[7]. Diese geometrische Erkenntnismethode erhebt den Anspruch, die Zusammenhänge und Verhältnisse der menschlichen Handlungen ebenso sicher feststellen zu können wie die Größenverhältnisse geometrischer Gebilde[8]. Hobbes führt, ähnlich wie sein Freund Descartes, alle Erscheinungen auf die Bewegungen von Körpern zurück[9]. Damit sind die Eigenschaften des Menschen nichts als Variablen in seinem System, lassen sich mithin auch politische Fragen more geometrico lösen[10]. Entsprechend der Ableitbarkeit aller Vorgänge ist der Aufbau der philosophischen Lehre des Hobbes dreiteilig: am Anfang steht die Analyse der natürlichen Gestalt des Menschen (De Corpore). An die erarbeiteten Grundsätze knüpft De Homine an, in dem die anthropologischen Grundlagen seiner Lehre „abgeleitet“ werden. In De Cive schließlich zeigt Hobbes more geometrico die Folgen für die Politik und den Staat im funktionalen Rückbezug auf den Menschen[11] auf. Seine streng rationale Methode erhebt den Anspruch, frei von sittlichen Wertungen und Emotionen zu sein. Erkenntnisse über die politische Gegebenheiten sollen die Gültigkeit naturwissenschaftlich gewonnener Schlüsse haben. Unter diesen Vorzeichen steht die Staatsphilosophie des De Cive.
III. Der Mensch im Zustand der libertas
Grundlage für die Staatstheorie des Hobbes bildet das Bild des Menschen, wie es sich im ersten Kapitel seines De Cive, libertas, darstellt. Er bedient sich dazu der Schilderung des Menschen im Naturzustand, dem Zustand „außerhalb der bürgerlichen Gesellschaft“[12]. In dieser „vorsozialen Welt ohne Institutionen und Regeln, ohne moralische und rechtlich-staatliche Ordnung"[13] soll sich zeigen, „ob und durch welches Vermögen sie von Natur zur Gesellschaft geeignet und fähig sind, sich gegen wechselseitige Gewalt zu erhalten“[14]. Der Hobbes´sche status naturalis ist nicht etwa zeitlich, historisch, zu verstehen. Vielmehr beinhaltet er im Hinblick auf die Realität eine doppelte logische Abstraktion[15]: Zunächst löst Hobbes die natürlichen Anlagen des Menschen aus dem Rahmen der bestehenden societas heraus und stellt sodann ihre logischen Konsequenzen für das menschliche Zusammenleben ohne die ordnende Kraft des Staates dar.
1. Die Gründe für menschliches Zusammenkommen
Die „Gründe, warum sich Menschen versammeln“[16] liegen für Hobbes nämlich nicht darin , daß der Mensch außerhalb der Gesellschaft kein Glück, keine Erfüllung finden könne wie bei Aristoteles. Der Grund für die Verbindung (societas) besteht nach Hobbes vielmehr im Streben nach eigenem Vorteil (commodum) oder in einem Gewinn an Ruhm für sich selbst[17]. Diese „natürlichen Begierden“[18] steuern den Menschen; er ist eine „Sklave seiner Leidenschaften“. Die Erkenntnis, dass Gesellschaft somit ihren Entstehungsgrund in „sui, non sociorum amore“[19] hat, ist Ausgangspunkt des Hobbes´schen Denkens. Der Drang zur Herrschaft (dominium) als Möglichkeit zur Maximierung der eigenen Vorteile ist jedem Menschen wesentlich. Einzig die gegenseitige Furcht (mutuo metu) vor den Kräften des anderen ist demnach der Grund dafür, daß die Menschen die societas dem Beherrschen vorziehen[20]. Die Furcht beruht auf dem „Willen sich gegenseitig Schaden zuzufügen“[21] und auf einer natürlichen Gleichheit der Menschen. Er begründet diese aequilitas mit der Fähigkeit aller, einander zu töten und stellt fest: „Die einander Gleiches tun können, sind gleich“[22]. Jeder muß somit jederzeit fürchten, Opfer der Gier des anderen zu werden. Dabei ist der „geistige Kampf der heftigste“[23].
2. Selbsterhaltung als oberstes Ziel
In diesem Gewirr der Leidenschaften ist es geboten, zur Erhaltung seines Lebens alle zur Verfügung stehenden Mittel einzusetzen. Das ist, so Hobbes, auch rechtens. Der Mensch im Naturzustand ist nicht vollständig seinen Leidenschaften ausgeliefert; ihm ist, gleichsam als Leitfaden die rechte Vernunft (recta ratio) von Gott[24] an die Hand gegeben. Wenn nun also Schutzmaßnahmen, um sich vor dem „größten natürlichen Übel, dem Tod“[25] zu bewahren, getroffen werden, so ist dies nicht zu verurteilen: „denn was nicht gegen die rechte Vernunft ist, ist mit Recht gehandelt und wird mit Recht bezeichnet“[26]. Der Hobbes´sche Rechtsbegriff meint also die Freiheit eines jeden, seine natürlichen Vermögen gemäß der recta ratio zum Ziele der Selbsterhaltung (conservatio sui) zu gebrauchen[27].
3. Nutzenbegriff und Widersprüchlichkeit des Naturrechts
Das ius naturale folgt einem reinen Nutzenbegriff und gestattet dem
Einzelnen, „alle Mittel zu gebrauchen und alle Handlungen zu tun, ohne
die er sich nicht erhalten kann“[28]. Ferner liegt es im Ermessen des
Einzelnen, welche Mittel er wie zu seinem Schutze einsetzen will: „Ipse iure naturali iudex est.“[29] Weil jeder selbst über das entscheidet, was seiner Selbsterhaltung dienlich ist, hat jeder im Naturzustand ein Recht auf alles (Natura dedit unicuique ius in omnia). Ein Verstoß gegen das ius naturalis liegt erst vor, wenn der Handelnde etwas für seine Erhaltung nötig erklärt, was er selbst nicht dafür hält[30]. Auch jede Abwehrmaßnahme geschieht deshalb mit Recht. Ein universales Recht auf alles ist gleichbedeutend mit einem universalem Recht auf nichts, d.h. mit der Beseitigung allen Rechts überhaupt[31]. Überdies ist ein für alle Beteiligten rechtsverbindliches Urteil im Naturzustand unmöglich. „Recht“ kann seine Funktion nicht erfüllen[32]. Der Hobbes´sche Naturrechtsbegriff ist somit in sich widersprüchlich.
4. Krieg aller gegen alle
Die Folge ist der „bellum omnium contra omnes“[33], wobei der Hobbes´sche Krieg „seinem Wesen nach ewig ist“[34]. Denn auch der Sieger kann sich der Früchte seines Sieges nicht lange erfreuen, da auf die eben erkämpfte Position schon der nächste gewaltsam Anwartschaft anmeldet. „Die Position der Individualität, welche sich stets erneut bestätigt in der Anhäufung von Macht, schlägt um in die Negation des Nichts und des Todes.“[35] Das Leben im Naturzustande beschreibt Hobbes dementsprechend als „einsam, armselig, ekelhaft, tierisch und kurz“[36]. Dem individuellen Ziel der Selbsterhaltung ist somit im Naturzustand nicht gedient. Die „Selbsterhaltung qua Selbststeigerung“[37], naturrechtlich legitimiert, ist unmöglich.
5. Natürliche Gesetze
In der Selbsterhaltung qua Selbstbeschränkung präsentiert Hobbes die Möglichkeit, den bellum omnia contra omnes zu überwinden. Wieder nimmt Hobbes den Ausgangspunkt in der recta ratio: Da der Krieg zu Tod und Verderben führt, muß der Frieden herbei geführt werden. Die Richtlinien dazu sind die leges naturales. Diese sind „Gebote der rechten Vernunft in betreff dessen, was zu einer möglichst langen Erhaltung der Glieder zu tun und zu lassen ist“[38]. Dabei ist die recta ratio für Hobbes, ganz konkret, ein individueller Denkakt (ratiocinandi actum), eine Schlußfolgerung (ratiocinatio uniuscuiusque) des Einzelnen betreff der Handlungen, die nützenden oder schadenden Bezug zu den anderen aufweisen[39]. Da jedem Menschen also die Fähigkeit gegeben ist, diese Schlußfolgerung herzustellen, soll „selbst der rohe und ungebildete Mensch“[40] die leges naturales erkennen und sein Handeln nach ihnen ausrichten können. Hobbes faßt den in Kapitel 3 des De Cive aufgeführten Verhaltenskatalog zusammen als „Demut, Billigkeit, Gerechtigkeit, Mitleid und die übrigen den Frieden fördernden moralischen Tugenden, die sich auf die gegenseitigen Pflichten der Menschen untereinander beziehen“[41] und vom „erste(n) und grundlegende(n)“[42] Gebot der Friedenssuche abgeleitet werden. „Was du nicht willst, das man dir tu, das füg auch keinem andern zu“[43], ist die einfache Maxime.
a. Der Vertrag
Der Frieden ist jedoch nur erreichbar, wenn vom Recht auf alles abgegangen wird, da dies gerade zum Kriege führt. Die Vernunft, in Gestalt des lex naturalis, gebietet dementsprechend, daß von einzelnen Rechten abzugehen ist[44]. Das Abgehen (decedere) von einzelnen Rechten kann auf zweierlei Weise geschehen: Rechte kann man übertragen (transferre) oder aufgeben (relinquere)[45]. Die Hobbes´sche Rechtsübertragung ist also ihrem Wesen nach negativ: Dem anderen wird im Grunde kein Recht „übertragen“[46]. Vielmehr kommt das betroffene Recht des Übertragenden in Fortfall, wird sein „Recht auf alles“ eingeschränkt. Das Wesen des Vertrages (pactum) als Unterform des Übereinkommens[47] (contractus) besteht in wechselseitigem Vertrauen auf die spätere Erfüllung; pactum ist „Versprechen“[48].
b. Unrecht und Ungerechtigkeit
Das lex naturalis verpflichtet, Verträge zu halten; liegt ein Vertragsbruch vor, so ist dies „Unrecht“ (iniuria) i.S.v. Hobbes. Erst mit der Rechtübertragung kann das Recht eines anderen verletzt werden, da vorher noch das Recht auf alles bestand[49]. Demgegenüber besteht das Wesen der Gerechtigkeit (iustitia) in der Gesinnung (animus), gerecht (iuste) zuhandeln. Hobbes steht in der Tradition Aristoteles´ und Ciceros, wenn er Gerechtigkeit mit dem Bestreben „suum cuique tribuere“ in Verbindung bringt. So handelt nicht „gerecht“, wer die Gesetze lediglich aus Angst vor Bestrafung erfüllt[50], und es handelt dennoch gerecht, wer das Unrechte nur aus Schwachheit tut. „Bruch oder Verletzung eines Vertrages ist Unrecht; die entsprechende Handlung oder Unterlassung ist ungerecht.“[51]
[...]
[1] Maier, S. 352
[2] vgl. Tönnies, S. 12
[3] Maier, S. 353
[4] Tönnies, S. 62
[5] Hegel, Grundlinien der Philosophie des Rechts, S. 26; zitiert in Roux/Chavanat, S. 4
[6] zitiert bei: Weiß, S. 24
[7] Weiß, S. 26f.
[8] vgl. DC, Widmung
[9] ein Beispiel: DC XII, 1
[10] Nierwetberg, S. 497
[11] Weiß, S. 30
[12] DC, I
[13] Kersting, S. 64
[14] DC I, 1
[15] Nierwetberg, S. 498
[16] DC I, 2 : « congregatur »
[17] DC I, 2
[18] DC I, 7
[19] DC I, 2
[20] aaO
[21] DC I, 3
[22] aaO
[23] DC I, 5: „certamen ingeniorum“
[24] vgl. DC IV, 1
[25] DC I, 7
[26] aaO
[27] aaO
[28] DC I, 8
[29] DC I, 9
[30] DC I, 10, Fußnote
[31] DC I, 11
[32] vgl. Geismann, S. 166
[33] DC, I, 13
[34] aaO
[35] Weiß, S. 167
[36] Leviathan, XIII, S. 96
[37] Weiß, aaO
[38] DC II, 1
[39] DC II, 2, Fußnote
[40] DC III, 26
[41] DC XV, 8
[42] DC II, 2
[43] DC III, 26
[44] DC II, 3: „Est contra legem naturae, si quis de iure suo in omnia non decedat .“
[45] DC II, 3
[46] DC II, 4: „quod ante iuris tanslationem, is in quem transfertur, ius habebat iam tum in omnia.“
[47] DC 2, IX
[48] DC aaO
[49] DC 3, III, IV
[50] DC 3, VI
[51] Tönnies, S. 219
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