Das 18. Jahrhundert feiert den Siegeszug der Aufklärung und verkündet neue Ideen der Vernünftigkeit, Rationalität und Individualismus. ‚Das Ideal des mündigen Menschen’ wird mit großer Begeisterung in den weltlichen Gebieten und evangelischen Universitäten aufgenommen. Aber auch in den katholischen Reichsterritorien findet der Geist der Aufklärung seine Herberge und wird wie ein Adoptivkind gepflegt und gut aufgehoben. Nur, - und anders kann es nicht erwartet werden, - mit einer traditionellen katholischen Gesinnung, so dass man später stolz von einer „katholischen Aufklärung“ spricht.
Inhaltsverzeichnis
I Einleitung
II Geschichte der katholischen Rechtslehre an der Universität Würzburg
1. Gründung der katholischen Universität: Ära von Julius Echter
1.1 Jesuitenkolleg als geistige Basis der Hochschule
1.2 Das theologische Studium an der Universität Würzburg
2. Reform der Studienordnung: Ära Friedrich Karls von Schönborn
2.1 Rechtswissenschaften als Neuorientierung des Studiums
2.2 Historische Offenbarungen von J. K. Barthel im kanonischen Recht
3. Auflösung des Jesuitenordens: Ära Adam Friedrichs von Seinsheim
3.1 Umgestaltung der Philosophischen und der Theologischen Fakultäten
3.2 Historiographische Aufklärung von M. I. Schmidt: „Geschichte derDeutschen“
4. Befreiung der öffentlichen Meinung: Ära Franz Ludwigs von Erthal
4.1 Würzburg als Zentrum der konservativen Publizistik
4.1 Franz Berg: „Ueber Staatsnothrecht als Grund des Rechtes zu säcularisiren“
Zusammenfassung
Quellen- und Literaturverzeichnis
I Einleitung
Das 18. Jahrhundert feiert den Siegeszug der Aufklärung und verkündet neue Ideen der Vernünftigkeit, Rationalität und Individualismus. ‚Das Ideal des mündigen Menschen’ wird mit großer Begeisterung in den weltlichen Gebieten und evangelischen Universitäten aufgenommen. Aber auch in den katholischen Reichsterritorien findet der Geist der Aufklärung seine Herberge und wird wie ein Adoptivkind gepflegt und gut aufgehoben. Nur, - und anders kann es nicht erwartet werden, - mit einer traditionellen katholischen Gesinnung, so dass man später stolz von einer „katholischen Aufklärung“ spricht.
In dieser Arbeit wird ein Versuch vorgenommen, am Beispiel der katholischen Universität Würzburg die Evolution der Beziehungen zwischen Aufklärung und Katholizismus zu verfolgen. Die Universität Würzburg als der anerkannte Mittelpunkt der „katholischen Aufklärung“ hat viele Wissenschaftler dazu veranlasst, die glorreiche Geschichte des Hochstifts und seiner aufgeklärten Vertreter zu verfassen. Dabei wurde sowohl von einer Neuorientierung bis zur Ausrottung der Theologie geschrieben (wie z. B. bei Karl Joseph Lesch)[1], als auch von einer Geburt und einer Blütezeit der politisch-juristischen Kultur (so Thomas Hubertus Link)[2]. Bis heute existieren beide Meinungen und die Forscher, u. a. auch Heinz Duchhardt[3], verbleiben dabei, die Vorteile der Aufklärung für die katholische Universität neben ihren Nachteilen zu konstatieren und die Reformierungen als unvermeidlich zu betrachten. Darum wird im Rahmen dieser Arbeit der Schwerpunkt darauf gelegt, festzustellen, ob man mit der Aufklärung von einer Erneuerung oder von einer Vertreibung der katholischen Tradition sprechen kann. In dieser Hinsicht, werden universitäre Reformierungen und die Auflösung des Jesuitenordens als entscheidende Faktoren bei dieser Fragestellung betrachtet.
Die Blütezeit der Publizistik des 18. Jahrhunderts in Würzburg hat viele wissenschaftliche und öffentliche Schriften zum Thema der Aufklärung und der Säkularisation hinterlassen. Einen umfassenden Überblick zur Stimmung der säkularen Zeit und den Zustand der Reformwissenschaften bietet die „Allgemeine deutsche Bibliothek“ des digitalen Archivs von Universität Bielefeld. Zahlreiche Zeitungsartikel über den Sinn und Zweck der Säkularisation und mehrere Publikationen der öffentlichen Reden bzw. Verordnungen des Hochstifts Würzburg (Franz Oberthür, Franz Berg, Franz Ludwig von Erthal u. a.) zeugen von der brennenden Aktualität der Reformen und ihren Auswirkungen auf die Bevölkerung. Am konkreten Beispiel der Publikation „Ueber das Staatsnothrecht als Grund des Rechtes zu säcularisiren“ von einem Würzburger Theologen Franz Berg wird der Kluft zwischen dem aufgeklärten Staat und den katholischen Gebieten veranschaulicht. Zum einen geht es um Interessen des Staates bzw. um einem öffentlichen Recht, zum anderen besteht die Möglichkeit des Privatrechts, u. a. für geistliche Territorien. Mit der Säkularisation begeht der Staat, so Franz Berg, das Attentat auf das Privatrecht des katholischen Deutschlands. Der Rechtsbegriff, der sich dank der universitären Jurisprudenz etabliert hat, geriet in eigene Falle.
Angesichts der recht großen Auswahl der Sekundärliteratur zum Thema der Hausarbeit, bestand die Schwierigkeit der bisher einseitigen Behandlung der Fragestellung. Die wesentlichen Veröffentlichungen zur Geschichte des Hochstifts Würzburg allgemein und zum Thema der Säkularisation insbesondere erscheinen zwischen 1870 und 2007 und sind durch besondere Dominanz der theologischen Forschungen zum 18. Jahrhundert gekennzeichnet. Die komparativen Studien zum Thema machen dabei weniger als ein Drittel der Literatur aus. In dieser Hinsicht wurde in der Arbeit vorwiegend Literatur gebraucht, die es mit historischen Tatsachen unmittelbar zu tun hat (die Quelleneditionen zur Geschichte der Universität Würzburg) bzw. diese kritisch behandelt (wissenschaftliche Studien zur Geschichte des Hochstifts, eine Festschrift von der Universität u. a.). Dazu sind solche Namen zu nennen wie Hans-Wolfgang Bergerhausen[4], Werner Engelhorn[5], Peter Baumgart[6].
Die Struktur der Arbeit setzt die wichtigsten Grundzüge der „katholischen Aufklärung“ an der Universität Würzburg voraus und stellt vier ‚Epochen’ der Entwicklung einer katholischen Hochschule zu einem Mekka der Aufklärer dar. Die Geschichte der Universität beginnt im 16. Jahrhundert und ist durch das Bildungssystem der Jesuiten stark geprägt. Um diese Zeit erkennt der Fürstbischof und zugleich der Gründer der Hochschule Julius Echter das geistige Potenzial der Jesuiten und übergibt die Theologische und Philosophische Fakultät ganz ihrer Leitung. Im Vorzeichen der Aufklärung entsteht die Idee der fachspezifischen Reformbedürftigkeit der Universität. Der Fürstbischof Friedrich Karl von Schönborn legt den Grundstein der Würzburger Rechtslehre und der kritischen ‚historie’, indem er 1703 die Reform der Studienordnung durchführt. Der Gedanke der „Verrechtlichung der Reichspolitik“ gewinnt an Popularität und die Universität wird zur politischen Streitbühne um die Rechtsfrage. Allmählich umwandeln sich die ‚internen’ Auseinandersetzungen zwischen den Jesuiten-Professoren und ihren aufgeklärten Kollegen in ein Autoritätskonflikt und werden 1773 mit der Auflösung des Jesuitenordens beendet. Damit hat der Fürstbischof Adam Friedrich von Seinsheim die Säkularisation der katholischen Universität von innen vorbereitet. Franz Ludwig von Erthal öffnet alle Türen der Universität für die Aufklärung und behütet freie Meinung der jungen Aufklärer. Der aufgeklärte Theologe Franz Berg vertritt die Idee der rationalistischen Theologie und der ‚Nichtigkeit’ der Säkularisierung.
Die Spezifik der „katholischen Aufklärung“ besteht also in der rechtswissenschaftlichen Ausrichtung der universitären Ausbildung. Die Rechtslehre der Jesuiten wird reformiert und der Klerus politisch umgeschult. Diese Umwälzungen an der Universität sollten auf lange Sicht auf die Säkularisierung der geistlichen Staaten hinauslaufen.
II Geschichte der katholischen Rechtslehre an der
Universität Würzburg
1. Gründung der katholischen Universität: Ära von Julius Echter
Nach den Reformbeschlüssen des Konzils von Trient sah man in Rom die Dringlichkeit der Aufgabe, diese in den einzelnen Diözesen durchzuführen. Auch Julius Echter bekommt ein Schreiben aus Rom mit einer Bitte, ein geistiges Seminar für den Kleriker zu veranstalten. Der Brief sollte ein gutes Zeichen für das Vorhaben des Fürstbischofs sein, „der katholischen Religion zu ihrer ursprünglichen Größe zu verhelfen“.[7] 1582 beginnt die Geschichte der Julius-Universität, da in diesem Jahr werden die Universitätsprivilegien öffentlich verkündet. Das akademische Leben fängt allerdings schon 1575 an, als die ersten Vorlesungen in Theologie und Philosophie vorgetragen wurden.
1.1 Jesuitenkolleg als geistige Basis der Hochschule
Von der Zeit der Glaubensspaltung an ging es der katholischen ‚Parthey’ darum, ihren Glauben im Volk zu stärken und es von den ‚gottlosen’ lutherischen Reden zu beschützen. Dafür brauchte man die erfahrenen und zuverlässigen Lehrkräfte, die sich zuvorderst mit der Bildung und Erziehung des Priesternachwuchses beschäftigen konnten. Auf der Diözesensynode 1548 wurde die prekäre Lage der katholischen Kirche in Hinsicht auf Bildung kritisch zum Ausdruck gebracht. Zunächst wurden drei Stiften (Neumünster, Haug und St. Burkard) für die Bildung des Klerus zur Verfügung gestellt.[8] Aber auch von den Fürtsbischöfen der geistlichen Gebiete wurde gefordert, sich um die lokalen Bildungsmöglichkeiten für die Geistlichen zu kümmern. Daher bemühte sich der damalige Fürstbischof Friedrich von Wirsberg um die Niederlassung der Jesuiten in Würzburg und nach den langen und schwierigen Verhandlungen mit dem Domkapitel gründete 1567 die Partikularschule. Zwischen den Jesuiten und dem Fürstbischof entstand eine Art des Vertrauensvertrags: Wirsberg überreichte den Jesuiten die Initiative im Bildungsbereich und diese kümmerten sich neben Bildung um die Volksseelesorge.
[...]
[1] Karl Josef Lesch: Neuorientierung der Theologie im 18. Jahrhundert in Würzburg und Bamberg. Forschungen zur fränkischen Kirchen- und Theologiegeschichte, Würzburg 1978
[2] Thomas Hubertus Link: Die Reichspolitik des Hochstifts Würzburg und ihr Verhältnis zur Rechtswissenschaft am Ende des Alten Reiches. Europäische Hochschulschriften, Frankfurt am Main 1995
[3] Heinz Duchhardt: Die geistlichen Staaten und die Aufklärung. In.: Andermann, Kurt: Die geistlichen Staaten am Ende des Alten Reiches. Versuch einer Bilanz. Kraichtaler Kolloquien, Kraichtal 2004, 4. Bd
[4] Hans-Wolfgang Bergerhausen: Michael Ignaz Schmidt in der historiographischen Tradition der Aufklärung. In.: Baumgart, Peter (hg.): Michael Ignaz Schmidt (1736-1794) in seiner Zeit. Quellen und Beiträge zur Geschichte der Universität Würzburg. Beiträge zu einem Symposium vom 27. bis 29. Oktober 1994 in Würzburg, Neustadt an der Aisch 1996, 9. Bd.
[5] Werner Engelhorn: Die Universität Würzburg 1803-1848. Quellen und Beiträge zur Geschichte der Universität Würzburg. Ein Betrag zur Verfassungs- und Institutionengeschichte, Neustadt an der Aisch 1987, 7. Bd.
[6] Peter Baumgart (hg.): Vierhundert Jahre Universität Würzburg. Eine Festschrift, Neustadt an der Aisch 1982, 6. Bd.
[7] Karl Josef Lesch: Neuorientierung der Theologie im 18. Jahrhundert in Würzburg und Bamberg. Forschungen zur fränkischen Kirchen- und Theologiegeschichte, Würzburg 1978, S. 22
[8] Vgl. ebd., S. 6
- Arbeit zitieren
- Studentin Maria Syromolotova (Autor:in), 2007, Säkularisierung des Kirchenrechtes - Die katholische Rechtslehre am Ende des Alten Reiches am Beispiel der Universität Würzburg, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/79211
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