Nach Abschluß der Verhandlungen von Maastricht stand mit Beginn des Jahres 1992 Europa an der Schwelle zu einer neuen Qualität der Beziehungen der Staaten untereinander. Das sollte auch seinen Niederschlag in einer intensivierten Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik finden, die fortan als „zweite Säule“ zwischen der bisherigen Europäischen Gemeinschaft (bestehend aus EGKS-Europäische Gemeinschaft für Kohle und Stahl, EAG-Europäischer Atomgemeinschaft und EWG-Europäische Wirtschaftsgemeinschaft) und der Zusammenarbeit in den Bereichen Justiz und Inneres, die zur Europäischen Union erweiterte Gemeinschaft mittragen soll.
Darüber hinaus sind Sicherheits- und Außenpolitik nahezu die schwierigsten Felder für eine Kooperation unter eigenständigen Nationen. Denn sie berühren direkt und unübersehbar die nationale Souveränität. Hier müssen spezielle historische Traditionen, länderspezifische Befindlichkeiten sowie die öffentliche Meinung in den Teilnehmerstaaten berücksichtigt werden.
Das größte Manko in der GASP besteht somit bis zum heutigen Tage in der fehlenden Bereitschaft der Staaten, nationale Hoheitsrechte an eine supranationale Institution innerhalb der EU abzugeben. Doch ist diese Diagnose augenscheinlich abhängig vom Standpunkt des jeweiligen Betrachters - die Nationalstaaten beispielsweise, die durch ihre Stimme im Rat die GASP in letzter Instanz dominieren, sind für eine weitergehende Abtretung von Souveränitätsrechten an die EU-Ebene nur schwer zu gewinnen.
Die vorliegende Arbeit soll einen Überblick der institutionellen Ausformungen der GASP bieten sowie deren Stärken und Schwächen benennen. Es wird die Frage behandelt, ob, und wenn ja, welche Einschränkungen ihrer Souveränität die Nationalstaaten trotz des weitgehend intergouvernementalen Charakters der GASP durch die Partizipation erfahren, und wie mit diesen umgegangen wird.
Einleitend wird ein historischer Rückblick über die Motive und die Entwicklung eines europäisch koordinierten Außenhandelns gegeben. Im Anschluß werden die wichtigsten Instrumente der GASP kurz erläutert und entscheidende Innovationen nach Maastricht und Amsterdam dargestellt. Im Hauptteil wird anhand des Beispiels der Gemeinsamen Aktion die völkerrechtliche Wirkungslosigkeit von Teilbereichen der GASP aufgezeigt und auf das europäische Mehrebenensystem, ein „System geteilter Souveränitäten“, eingegangen.
Inhaltsverzeichnis
2. Einleitung
3. Die Vorgeschichte der GASP als EPZ
4. Die außenpolitischen Strukturen nach den Verträgen von Maastricht und Amsterdam
4.1 Der Gemeinsame Standpunkt
4.2 Die Gemeinsame Aktion
4.3 Die Gemeinsame Strategie
4.4 Die Erklärungen
4.5 Fazit zu den außenpolitischen Strukturen
5. Einschränkungen nationaler Souveränität durch die GASP
5.1 Die Gemeinsame Aktion als völkerrechtliches Instrument
5.2 Die Mehrdimensionalität der europäischen Außenpolitik
6. Fazit
7. Literatur
2. Einleitung
Vor dem Hintergrund weltgeschichtlich so bedeutender politischer Vorgänge wie dem Fall des Eisernen Vorhangs und der Vereinigung der beiden deutschen Staaten kam es auf Ebene der europäischen Gemeinschaft/Union zu Veränderungen im Bereich der Außen- und Sicherheitspolitik, die dem langfristigen Ziel einer „immer engeren Union“ entsprechen sollten.
Nach Abschluß der Verhandlungen von Maastricht stand mit Beginn des Jahres 1992 Europa an der Schwelle zu einer neuen Qualität der Beziehungen der Staaten untereinander. Das sollte auch seinen Niederschlag in einer intensivierten Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik finden, die fortan als „zweite Säule“ zwischen der bisherigen Europäischen Gemeinschaft (bestehend aus EGKS-Europäische Gemeinschaft für Kohle und Stahl, EAG-Europäischer Atomgemeinschaft und EWG-Europäische Wirtschaftsgemeinschaft) und der Zusammenarbeit in den Bereichen Justiz und Inneres, die zur Europäischen Union erweiterte Gemeinschaft mittragen soll.
Doch auch anschließend bestand die Befürchtung, daß die EU eine Art neo- isolationistischen Ansatz verfolgen und sich ausschließlich auf seine internen Probleme konzentrieren würde. Diese waren und sind in Anbetracht der bevorstehenden Osterweiterungen der Staatengemeinschaft nicht gerade gering (Regelsberger 1997: 2).
Darüber hinaus sind Sicherheits- und Außenpolitik nahezu die schwierigsten Felder für eine Kooperation unter eigenständigen Nationen. Denn sie berühren direkt und unübersehbar die nationale Souveränität. Hier müssen spezielle historische Traditionen, länderspezifische Befindlichkeiten sowie die öffentliche Meinung in den Teilnehmerstaaten berücksichtigt werden.
Das größte Manko in der GASP besteht somit bis zum heutigen Tage in der fehlenden Bereitschaft der Staaten, nationale Hoheitsrechte an eine supranationale Institution innerhalb der EU abzugeben. Doch ist diese Diagnose augenscheinlich abhängig vom Standpunkt des jeweiligen Betrachters - die Nationalstaaten beispielsweise, die durch ihre Stimme im Rat die GASP in letzter Instanz dominieren, sind für eine weitergehende Abtretung von Souveränitätsrechten an die EU-Ebene nur schwer zu gewinnen.
Betrachtet man die Thematik jedoch aus der heutigen Perspektive einer real existierenden europäischen Gemeinschaftswährung, einem Bereich, der ebenfalls unter die engste Definition nationale Souveränität konstituierender Merkmale fällt, so liegt die Wahrscheinlichkeit einer sich außerhalb politischer Sonntagsreden vollziehenden Integration der nationalen Außen- und Sicherheitspolitiken in einer bei weitem nicht mehr so nebulösen Sphäre wie noch vor 15 Jahren.[1]
Die vorliegende Arbeit soll einen Überblick der institutionellen Ausformungen der GASP bieten sowie deren Stärken und Schwächen benennen. Es wird die Frage behandelt, ob, und wenn ja, welche Einschränkungen ihrer Souveränität die Nationalstaaten trotz des weitgehend intergouvernementalen Charakters der GASP durch die Partizipation erfahren, und wie mit diesen umgegangen wird.
Einleitend wird ein historischer Rückblick über die Motive und die Entwicklung eines europäisch koordinierten Außenhandelns gegeben. Im Anschluß werden die wichtigsten Instrumente der GASP kurz erläutert und entscheidende Innovationen nach Maastricht und Amsterdam dargestellt. Im Hauptteil wird anhand des Beispiels der Gemeinsamen Aktion die völkerrechtliche Wirkungslosigkeit von Teilbereichen der GASP aufgezeigt und auf das europäische Mehrebenensystem, ein „System geteilter Souveränitäten“, eingegangen.
3. Die Vorgeschichte der GASP als EPZ
Der grundlegende Gedanke, dem zunächst die Europäische Politische Zusammenarbeit (EPZ) ihre Entstehung verdankte, war die politische Repräsentation der Europäischen Gemeinschaft (EG); letztere war während der Sechziger Jahre zur weltweit größten Wirtschaftsmacht angewachsen. Ihre ökonomische Bedeutung spiegelte sich in keiner Weise in ihrem Auftreten auf dem internationalem politischen Parkett wieder. Den Anstoß zur Änderung dieses Mißverhältnisses lieferte 1970 der auf der Gipfelkonferenz von Den Haag 1969 in Auftrag gegebene „Luxemburger-Bericht“ der Außenminister. Kernelement der Zusammenarbeit war zunächst die gegenseitige Unterrichtung und Konsultation mit dem Ziel einer Harmonisierung der Standpunkte in außenpolitischen Fragen. Dem konnte sich ein gezieltes gemeinsames Vorgehen anschließen. Es wurden regelmäßige Treffen der Außenminister mindestens alle sechs Monate und die Einsetzung eines Politischen Komitees, bestehend aus den Politischen Direktoren (den Leitern der Politischen Abteilungen der nationalen Außenministerien), beschlossen. Dieses sollte seine Treffen mindestens einmal pro Quartal abhalten. Der Sitz des EPZ-Sekretariats wechselte alle sechs Monate in die Hauptstadt des jeweiligen EG-Vorsitzes.
Die EPZ war außerhalb der Rechtsstruktur der EG-Verträge angesiedelt. Der zwischenstaatliche Charakter dieser Zusammenarbeit kam auch dadurch zum Ausdruck, daß die Kommission, das eigentliche Integrationsorgan der EG, vorerst nur in Ansätzen an der EPZ beteiligt war. Dieser Unterschied zur integrativen Methode der EG wurde im sog. Kopenhagener-Bericht von 1973 auch eindeutig klargestellt (Argirakos 1999: 37). Der Bericht sorgte des weiteren für eine Verstetigung der Institutionalisierung der EPZ – die Treffen der Außenminister sollten nun mindestens viermal im Jahr stattfinden, die Arbeit des Politischen Komitees wurde durch die Einrichtung einer Europäischen Korrespondentengruppe und die Schaffung des COREU-Systems (Correspondance Européenne), eines direkten Kommunikationssystems zwischen den Außenministerien, gestärkt. Darüber hinaus wurden regionale und thematische Arbeitsgruppen für die außenpolitische Zusammenarbeit eingerichtet. (Presse- und Informationsamt der Bundesregierung 2002: CD).
Der sog. Tindemans-Bericht des damaligen belgischen Außenministers von 1975 hingegen entwarf bereits ein sehr integrationsorientiertes Modell zur Ersetzung der EPZ- ein spezieller Rat sollte mittels einfacher Mehrheiten eine faktische europäische Außenpolitik gestalten. Dieser sollte in das bestehende EG-System integriert werden.[2] Auch eine der gescheiterten EVG (Europäische Verteidigungsgemeinschaft) entsprechende gemeinsame Verteidigungspolitik fand Erwähnung in diesem Bericht. Sie sollte ebenfalls in die EG-Verträge aufgenommen werden, fand jedoch keine Beachtung unter den Mitgliedstaaten.
In der Zeit der „Eurosklerose“ einerseits und der aufkeimenden Entspannungsbemühungen im Kalten Krieg durch den Helsinki-Prozeß andererseits kam es neben einer verstärkten Kooperation mit der Konferenz für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (KSZE) auch zur Genscher/Colombo-Initiative von 1981. Sie sah die Erschaffung einer EU und die Eingliederung der EPZ in deren Verträge vor. Bis auf den feierlich erklärten Willen zur mittelfristigen Schaffung einer Union wurden indes die Inhalte nicht weiter verfolgt; die nachfolgenden EG-Gipfeltreffen brachten nur leichte qualitative Veränderung[3] (Argirakos 1999: 40).
Ein frischer Wind begann im angestaubten europäischen Integrationsprozeß zu wehen, als 1984 dessen deutsch-französischer Motor durch eine Rede des franz. Staatspräsidenten Mitterand vor dem Europaparlament wieder angeworfen wurde. In ihr verkündete er mit der Bereitschaft zu tiefergehender Integration einen fundamentalen Wandel der bisherigen Europapolitik Frankreichs und machte so den Weg frei für eine Expansion (Süderweiterung) und tiefere Integration der Gemeinschaft.
Als dann zum Abschluß der sich anschließenden Verhandlungen der Mitgliedstaaten im Februar 1986 in Luxemburg die Europäische Einheitliche Akte (EEA) verabschiedet wurde, scheiterte die Eingliederung der EPZ in die zu gründende Europäische Union nur an den Weigerungen Dänemarks, Großbritanniens und Griechenlands. Um ihr Veto zu verhindern, einigte man sich auf die geplante Kodifizierung der EPZ ohne deren Fusion mit der EG. Trotz dieser weiterbestehenden Parallelität wurden beide in ein gemeinsames „Rechtsgebäude mit entsprechender Bindewirkung“ überführt (Steltemeier 1998: 72). Für ein Mehr an Kontinuität diente als fester Sitz eines EPZ-Sekretariats fortan Brüssel.
[...]
[1] Für diese Annahme muß davon ausgegangen werden, daß der Euro nicht nur eine vorübergehende Erscheinung in der europäischen Geschichte sein wird, sondern nach anfänglicher Schwäche einen festen und allgemein akzeptierten, somit legitimen Platz im Gefüge der Union bekommen wird. So wie ein Scheitern des Euro-Projekts die europäische Integration stark zurückwerfen, wenn nicht im Ganzen scheitern lassen würde, kann für den entsprechenden Fall im hochsensiblen Bereich einer stärker integrierten GASP dasselbe angenommen werden.
[2] Tindemans schwebte weiterhin eine Annäherung an die UdSSR als kooperativem Partner vor.
[3] Der London-Report des Jahres 1981 führte das Troika-System ein, welches ein Zusammenarbeiten des Ratspräsidenten mit seinem Vorgänger und seinem Nachfolger vorsieht. Hierdurch wird eine gewisse Kontinuität in der außenpolitischen Repräsentation Europa gewährleistet (Steltemeier 1998: 66).
- Arbeit zitieren
- Hendrik M. Buurman (Autor:in), 2002, Die europäische Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik. Inwieweit wird die nationalstaatliche Souveränität der EU-Staaten eingeschränkt?, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/79092
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