Im Folgenden analysiere ich den Jugendroman „Schattenmonster“ von Susanne Fülscher unter
dem Aspekt des „sexuellen Missbrauchs“. Die Analyse ist in drei Teile gegliedert.
Der erste Teil beschäftigt sich mit den inhaltlichen Aspekten des Buches, verglichen mit
aktuellen Studien zum Missbrauch.
Danach erfolgt die Stilanalyse, in der ich zum Einen formale und zum Anderen sprachliche
Aspekte näher beleuchte.
Abschließend formuliere ich noch einige Gedanken zur didaktischen Umsetzung des Themas im
Zusammenhang mit der Lektüre für den Grundschulunterricht.In der Erzählung „Schattenmonster“ von Susanne Fülscher wird ein Auszug aus dem Leben der fünfzehnjährigen Katharina Huber geschildert. Katharina wird seit 4 Jahren von ihrem Vater mehrmals wöchentlich sexuell missbraucht. Sie unternimmt einen Selbstmordversuch und kommt ins Krankenhaus. Ausgelöst durch diesen Vorfall beschreiben verschiedene Personen aus dem familiären Umfeld sowie dem Bekanntenkreis ihre Beobachtungen zu Katharinas seltsamen Verhalten in Form von Tagebuchauszügen. Katharina selbst wird von Alpträumen geplagt, in denen sie immer wieder von Schatten verfolgt wird. Sie vertraut sich lange Zeit niemanden an, verschließt sich vor der Öffentlichkeit aus Angst man würde ihr die Schuld am Missbrauch zuweisen. Erst als eines Tages Katharinas jüngere Schwester, die achtjährige Anna- Laura, mitbekommt wie Katharina Opfer eines Missbrauches wird, gerät das Ereignis an die Öffentlichkeit. Verzweifelt bittet Katharina ihre Schwester nichts von dem Vorfall zu erwähnen. In einem Gespräch der beiden Geschwister erfährt Katharina, dass ihr Vater auch ihre Schwester schon einmal sexuell belästigt hat. Daraufhin bricht sie zusammen und erzählt alles ihrer Freundin Tina Huber. Diese berichtet es, trotz Katharinas verzweifelter Versuche sie davon abzuhalten, ihrer Mutter. Schließlich erfährt auch Katharinas Mutter, ausgelöst durch einen Anruf von Tinas Mutter von dem Missbrauch an ihrer Tochter. Sie verschließt sich jedoch vor der Wahrheit und bezeichnet die Aussage Frau Bauers als intrigante Lüge. Erst als Anna- Laura sich mit einer seltsamen Frage verraten hatte, hakt sie nach und erfährt von dem Vorfall den Anna- Laura beobachtet hatte. Als sie daraufhin Katharina direkt auf den Vorfall anspricht, gibt auch Katharina es zu, sie schaut ihre Mutter mit großen, starren Augen an und nickt.
Inhaltsverzeichnis
I. Einleitung
II. Analyse des Kinderbuches
A Inhaltliche Analyse
1. Inhaltsangabe
2. Realitäts- und Problemgehalt
2.1. Welche Aspekte des Themas "Gewalt gegen Kinder" werden aufgegriffen?
2.2. Werden die gewalttätigen Handlungen sprachlich differenziert dargestellt oder werden diese lediglich angedeutet/ umschrieben?
2.3. Wird Gewalt in unterschiedlicher Form und Intensität- eventuell mit einer Steigerung dargestellt?
3. Entspricht die Darstellung von Opfer und Täter im untersuchten Buch den wissenschaftlichen Erkenntnissen?
3.1. Der typische Täter/ das typische Opfer?
3.2. Das Alter des Opfers/ des Täters
3.3. Das Geschlecht des Opfers/ des Täters
3.4. Bekanntschaftsgrad zwischen Opfer und Täter?
3.5. Dauer des Missbrauchs?
3.6. Verhalten des Täters?
3.7. Verhalten des Opfers?
3.8. Folgen des Missbrauchs
4. Entspricht die Darstellung der Familiensituation den typischen Konstellationen?
4.1. Gibt es klassische Rollenverteilungen in der Familie?
4.2. Beziehungen zwischen den einzelnen Familienmitgliedern
4.3. Gesellschaftliche Schicht
4.4. Kontakt zum sozialen Umfeld (Nachbarn/ Schule/ Freunde...)
5. Kommen die Gefühle des Kindes zum Ausdruck?
6. Werden Ursachen/ Hintergründe der Gewaltanwendung deutlich?
7. Bei wem hat Katharina Hilfe gesucht? Wer hätte darauf aufmerksam werden können?
8. Aufdeckung/ Beendigung
8.1. Lösungsmöglichkeiten? Perspektiven?
8.2. Endet das Buch mit der Aufdeckung der Gewalt?
8.3. Werden Institutionen genannt, bei denen Kinder Hilfe erhalten?
8.4. Wird auch ein positives Körper- und Sexualgefühl vermittelt?
8.5. Wird auf zentrale Aspekte der Prävention eingegangen?
8.6. Kommen gesellschaftliche Perspektiven zum Ausdruck?
8.7. Bietet das Buch Identifikationsmöglichkeiten mit Personen und Verhaltensweisen, die zur Achtung der kindlichen Rechte beitragen?
B Stilanalyse
1. Formanalyse
1.1. Zur Struktur des Romans
1.2. Spannung
1.3. Orte
1.4. Zeit
2. Sprache
2.1. Allgemein
2.2. Sexueller Missbrauch
2.2.1. Auswirkungen des sexuellen Missbrauchs
C Didaktisch- methodische Fragestellungen
1. Inwieweit eignet sich das Kinderbuch zur Behandlung des Themas „Sexueller Missbrauch“ im Unterricht?
D Schluss
III. Literaturverzeichnis
Primäriteratur
Sekundärliteratur
I. Einleitung
Im Folgenden analysiere ich den Jugendroman „Schattenmonster“ von Susanne Fülscher unter dem Aspekt des „sexuellen Missbrauchs“. Die Analyse ist in drei Teile gegliedert.
Der erste Teil beschäftigt sich mit den inhaltlichen Aspekten des Buches, verglichen mit aktuellen Studien zum Missbrauch.
Danach erfolgt die Stilanalyse, in der ich zum Einen formale und zum Anderen sprachliche Aspekte näher beleuchte.
Abschließend formuliere ich noch einige Gedanken zur didaktischen Umsetzung des Themas im Zusammenhang mit der Lektüre für den Grundschulunterricht.
II. Analyse des Kinderbuches
A Inhaltliche Analyse
1. Inhaltsangabe
In der Erzählung „Schattenmonster“ von Susanne Fülscher wird ein Auszug aus dem Leben der fünfzehnjährigen Katharina Huber geschildert. Katharina wird seit 4 Jahren von ihrem Vater mehrmals wöchentlich sexuell missbraucht. Sie unternimmt einen Selbstmordversuch und kommt ins Krankenhaus. Ausgelöst durch diesen Vorfall beschreiben verschiedene Personen aus dem familiären Umfeld sowie dem Bekanntenkreis ihre Beobachtungen zu Katharinas seltsamen Verhalten in Form von Tagebuchauszügen.
Katharina selbst wird von Alpträumen geplagt, in denen sie immer wieder von Schatten verfolgt wird. Sie vertraut sich lange Zeit niemanden an, verschließt sich vor der Öffentlichkeit aus Angst man würde ihr die Schuld am Missbrauch zuweisen. Erst als eines Tages Katharinas jüngere Schwester, die achtjährige Anna- Laura, mitbekommt wie Katharina Opfer eines Missbrauches wird, gerät das Ereignis an die Öffentlichkeit. Verzweifelt bittet Katharina ihre Schwester nichts von dem Vorfall zu erwähnen. In einem Gespräch der beiden Geschwister erfährt Katharina, dass ihr Vater auch ihre Schwester schon einmal sexuell belästigt hat. Daraufhin bricht sie zusammen und erzählt alles ihrer Freundin Tina Huber. Diese berichtet es, trotz Katharinas verzweifelter Versuche sie davon abzuhalten, ihrer Mutter. Schließlich erfährt auch Katharinas Mutter, ausgelöst durch einen Anruf von Tinas Mutter von dem Missbrauch an ihrer Tochter. Sie verschließt sich jedoch vor der Wahrheit und bezeichnet die Aussage Frau Bauers als intrigante Lüge. Erst als Anna- Laura sich mit einer seltsamen Frage verraten hatte, hakt sie nach und erfährt von dem Vorfall den Anna- Laura beobachtet hatte. Als sie daraufhin Katharina direkt auf den Vorfall anspricht, gibt auch Katharina es zu, sie schaut ihre Mutter mit großen, starren Augen an und nickt. Für die Mutter bricht eine Welt zusammen, sie ist irritiert und hat Angst vor der Zukunft. Frau Bauer schlägt ihr vor mit ihrer Familie eine Therapie aufzusuchen und Katharina zu einer Beratungsstelle für sexuell missbrauchte Mädchen zu schicken. In dem letzten Tagebucheintrag, etwa ein Jahr später, erfährt man von Katharina, dass sie durch die Gruppentherapie neuen Mut gefasst hat. Ihr Vater ist ausgezogen.
Parallel zu dieser Geschichte werden noch Katharinas Sozialisierungsschwierigkeiten, aufgrund des Missbrauches, anhand der Liebesgeschichte Katharinas und Stefans und der Mädchenfreundschaft mit ihrer Klassenkameradin Tina, geschildert.
2. Realitäts- und Problemgehalt
2.1. Welche Aspekte des Themas "Gewalt gegen Kinder" werden aufgegriffen?
In dieser Erzählung wird ausschließlich die Ausübung sexueller und psychischer Gewalt an der Protagonistin, sowie an ihrer Schwester, geschildert. Ob der Vater über dem sexuellen Missbrauch hinaus physische Gewalt ausübt ist nicht erkennbar, jedoch auch nicht auszuschließen, da er des Öfteren unter hohem Alkoholkonsum steht.
Sexuelle Gewalt
Es handelt sich hierbei um intrafamilären sexuellen Missbrauch (Vgl. Koch, Prävention S.7). Der Vater missbraucht seine ältere Tochter, seit ihrem elften Lebensjahr. Er überschreitet eindeutig die Grenze zwischen förderlichem, zärtlichem Körperkontakt zwischen Vater und Tochter und sexuellem Missbrauch, zur Befriedigung seiner eigenen Bedürfnisse. Auch zwischen Katharinas achtjähriger Schwester kommt es, im weiteren Textverlauf, zu einer sexuellen Belästigung seitens des Vaters (S.67 f.). Nach H. Saller ist die Form der hier geschilderten sexuellen Gewalt dem Bereich der „ausbeutenden Formen sexueller Handlungen an einem Kind“ zuzuordnen (Vgl.Koch, Prävention S.8 f.).
In dieser Erzählung wird lediglich an zwei Stellen der eigentliche Akt der sexuellen Übergriffe geschildert. Es ist Anna- Laura, die ihre Irritation durch das Gesehene und Erlebte äußert. Weder das Opfer, noch der Täter spricht den Missbrauch direkt an. Es scheint als empfinde der Vater sein Verhalten als normal und belanglos und spricht deshalb nicht darüber. Er nimmt keinerlei Rücksicht auf Gefühle und Empfindungen seiner Tochter. Auch befreit er sich von jeglicher Schuld an Katharinas Selbstmordversuch und kann es „...wirklich nicht glauben.“, dass „[s]eine Kathinka!" so etwas tut (S.7). Er schiebt das „seltsame“ Verhalten Katharinas auf die hormonellbedingten Stimmungsschwankungen einer Pubertierenden und zeigt keinerlei Verständnis für ihr Verhalten. Katharina hingegen behält aus Angst- und Schamgefühl ihr dunkles Geheimnis für sich. Sie spricht nicht, weil ihr Vater sie zum Schweigen veranlasst und droht, sie werde als Flittchen bezeichnet werden (S.72) und das Umfeld würde ihr die Schuld am Missbrauch zuweisen.
Auf S.70 erfährt man zum ersten Mal, dass der Vater Katharina sexuell missbraucht. Anna- Laura beschreibt ihre Beobachtung an jenem 11. Juli, an dem sie unverhofft eher nach Hause gekommen ist.. Als sie die Wohnung betrat, hörte sie „...komische Geräusche.“ „So ein Stöhnen und Ächzen.“, die sie später als Stimmen ihres Vaters zuordnen konnte. Bei Betreten des Schlafzimmers musste sie beobachten, wie Katharina das Glied ihres Vaters in den Mund nehmen musste. Dabei presste der Vater Katharinas Kopf zwischen seine Beine und stöhnte laut auf (S.70).
Auch Anna- Laura erwähnte zwei Begegnungen mit ihrem Vater, die ihr gegenüber eine Grenzüberschreitung darstellen.
Am Montag, den 9.Juli beschreibt Anna- Laura ihre Begegnung mit dem Vater als komisch (S.67). Sie stieg morgens zu ihm ins Bett, wie sie es öfter machte, und genoss das gemeinsame Toben und die Geschichte, die der Vater ihr erzählte. Bis er sie „... ganz doll an sich [drückte], und [...] seinen Pipimann an [ihr] Nachthemd gescheuert hat.“ Sie musste beobachten, wie sein Glied „[..] ganz groß und hart [...]“ wurde, sein Gesicht sich rot verfärbte und er die Augen weit aufriss.
Den ersten Annäherungsversuch des Vaters beschreibt Anna- Laura fünf Tage vorher (S.63). Hier empfindet Anna- Laura die Berührungen des Vaters noch als schön. Sie beschreibt ihn ein paar Tage vor der Aufdeckung der sexuellen Übergriffe an Katharina. Er streichelte ihr über den Kopf. Anschließend legte sie sich mit ihrem Vater ins Bett, die Gefühle, die dadurch in ihr ausgelöst wurden, beschreibt sie derzeitig noch als „...kuschelig warm!“. Sie freut sich darüber, dass der Vater so „...lieb zu [ihr ist]“. Währenddessen nahm ihr Vater sie in den Arm und sagte ihr, dass sie schon ein großes Mädchen sei und jetzt auch mehr Taschengeld bekäme. Diese Stelle ist sehr heikel. Es lässt sich darüber streiten, ob hier schon eine Grenzüberschreitung vorliegt, da Anna- Laura diese Begegnung mit ihrem Vater zunächst als schön empfindet. Auch weiß der Leser in diesem Moment noch nichts von den sexuellen Ausbeutung an seiner älteren Tochter und deutet dieses Verhalten so automatisch als normalen, zärtlichen Vater- Tochter- Umgang. In anbetracht dessen, dass der Vater die ältere Tochter aber bereits vier Jahre lang fast täglich missbraucht, hat auch diese Handlung rückwirkend einen negativen Beigeschmack. Auch darf nicht außer acht gelassen werden, dass Katharina die letzte Nacht nicht zu Hause geschlafen hat, was ihn sehr erboste. Er hatte Angst Katharina sei bei einem Jungen, vermutete Anna- Laura. Wahrscheinlich beängstigte ihn einerseits der Gedanke er könne seine Tochter an einen Jungen verlieren, sie sei so weniger zu Hause und würde ihn weniger oft befriedigen. Andererseits ist es vielleicht die Angst seine Tochter könnte sich jemandem anvertrauen. Erst als Anna- Laura ihren Vater zu beruhigen versuchte und ihm sagte, dass sie bestimmt bei ihrer Freundin ist, gab er nach. Auch seine Äußerungen nach dem gemeinsamen Schmusen im Bett, geben zu denken. Er bezeichnet Anna- Laura jetzt als "...richtig großes Mädchen..." und sagte ihr, dass sie jetzt mehr Taschengeld bekäme. Im weiteren Handlungsverlauf zeigt sich ein eindeutiger sexueller Übergriff auf Anna- Laura (wie oben bereits beschrieben). So zeigt sich, dass der Vater mit der Bezeichnung Anna- Lauras als großes Mädchen, eigentlich meinte, sie sei groß genug um sich auch an ihr zu vergehen. Auch die Taschengelderhöhung kann nun nicht mehr als nette Geste gedeutet werden, sondern scheint vielmehr eine Art Bestechungsversuch und Erkaufen der Liebe des Kindes zu sein.
Psychische Gewalt
Zur Zeit des Missbrauchs wendet der Vater auch psychische Gewalt gegenüber seiner älteren Tochter an. Aus Angst sie würde ihrem näheren Umfeld von seinen sexuellen Übergriffen erzählen, setzt er sie unter Druck. So erfährt man durch das Gespräch zwischen Katharina und ihrer kleinen Schwester nach dem Vorfall vom 11.Juli, dass Katharina keineswegs darüber erfreut ist, dass es jemand mitbekommen hat und eventuell beenden könnte. Ganz im Gegenteil, sie fleht ihre Schwester an, nichts zu sagen, da sie es „... damit nur noch schlimmer machen würde.“ (S.72). Katharina erzählt ihrer Schwester, dass der Vater ihr drohe. Er behauptet, dass, wenn der Missbrauch an die Öffentlichkeit gelangt, Katharina von den Personen aus ihrem Umfeld als „Flittchen“ bezeichnet werde. Er nutzt das natürliche Schuld- und Schamgefühl des Kindes aus, vergleiche hier Koch Prävention S.23: „Die meisten missbrauchten Kinder fühlen sich schuldig an dem Missbrauch und glauben, sie seien für das Verhalten des Täters verantwortlich.“
Auch bei Katharinas kleinerer Schwester versucht der Vater sich durch typische Handlungen das Vertrauen des Kindes zu erschleichen. Plötzlich ist er „ganz lieb zu [ihr]“ (S.63), tobt wieder mit ihr herum, wie er es schon lange nicht mehr gemacht hat, lobt sie, gibt an sie sei schon ein großes Mädchen und verspricht ihr mehr Taschengeld. Anna- Laura ist der vermehrten Zuneigung anfangs durchaus nicht abgeneigt. Der Vater weckt durch dieses Verhalten nach dem Missbrauch das Mitverantwortlichkeitsgefühl beim Kind. Das Kind „...bekommt [...] den Eindruck, den Mißbrauch durch sein anfängliches Entgegenkommen und auch durch sein Genießen der gemeinsamen Situationen, bevor diese vom Täter sexualisiert wurden, mit bedingt zu haben.“ (Koch Prävention S.23). Ob der Vater ebenfalls vor Beginn der sexuellen Übergriffe an Katharina solche Strategien angewendet hatte ist aus dem Text nicht ersichtlich, aber durchaus vorstellbar.
2.2. Werden die gewalttätigen Handlungen sprachlich differenziert dargestellt oder werden diese lediglich angedeutet/ umschrieben?
Ist die Darstellung/ Beschreibung realistisch oder repräsentativ?
Die Erzählung ist in Form von Tagebuchauszügen dargestellt. Es gibt keinen allwissenden, objektiven Erzähler (Über–Ich Perspektive). Da weder Opfer noch Täter über den Akt des Missbrauches sprechen, erfährt der Leser an nur einer einzigen Stelle auf welche Art und Weise Katharina missbraucht wird. Es reduziert sich die Erwähnung dessen auf die Beschreibung Anna- Lauras, die eine Missbrauchsituation durch Zufall mitbekommen hat. Die anderen, fast täglichen Übergriffe des Vaters an Katharina, die sich über einen Zeitraum von vier Jahren erstrecken, bleiben unerwähnt (S.73). Anna- Laura beschreibt den Missbrauch an ihrer Schwester trotz ihrer Irritation sachlich. Sie versteht zwar aufgrund ihres jungen Alters noch nicht genau, was dort vor sich geht, empfindet es jedoch als befremdend und beängstigend ihre Schwester mit ihren Vater in dieser Position zu sehen. Trotzdem beschreibt sie prägnant und objektiv ihre Beobachtungen, jedoch in kindlicher Sprache. Sie benennt das Geschlechtsteil des Vaters direkt, bezeichnet es jedoch verniedlicht als „Pipimann“ (S.70). Zweimal beschreibt sie das „Stöhnen“ des Vaters. Das erste Mal befindet sie sich noch außerhalb des Zimmers, in dem der Sexualakt stattfindet. Sie hört „So ein Stöhnen und Ächzen“ (S.70), dass sie erst kurze Zeit später der väterlichen Stimme zuordnen kann. Sie beschreibt die Gefühle, die diese Geräusche bei ihr auslösen als beängstigend, ferner erlangt sie sogar zu der Vermutung der Vater müsse krank sein, dass er solche Geräusche von sich gibt. Als sie ihn und Katharina sieht, erwähnt sie ein zweites Mal das Stöhnen des Vaters, was sehr eindringend und irritierend für sie ist. Obwohl sie selbst nicht versteht was dort vor sich geht, kann der Leser sehr wohl zur richtigen Deutung des Beschriebenen gelangen. Gerade weil sie nicht genau versteht ist ihre Beschreibung der Missbrauchsituation sehr objektiv und nüchtern, sie verwendet keine beschreibenden Adjektive und wertet das Gesehene nicht als ekelerregend oder desgleichen ab, wie eine erwachsene Person, welche die Situation sofort einem Missbrauch zuordnen kann. In dem Gespräch zwischen ihr und Katharina, welches zwei Tage später stattfindet, wird deutlich, dass sie nicht begriffen hatte, von wem der Missbrauch ausgeht (S.72). Sie empfindet zu dem Zeitpunkt lediglich Angst.
Der erste sexuelle Übergriff des Vaters an der achtjährigen Anna- Laura geschieht an 9.Juli und wird von Anna- Laura selbst beschrieben (S.66). Sie beschreibt, dass der Papi „...erst ganz lieb, und dann irgendwie so komisch.“ gewesen sei. Nachdem Toben habe er sie „...ganz doll an sich gedrückt, und [...] seinen Pipimann an [ihr] Nachthemd gescheuert... .“ Auffällig ist, dass sie sagt, der Vater habe sein Glied an ihrem Nachthemd gerieben, obwohl er sein Glied offensichtlich an ihrer Person und nicht an einem Stück Stoff gerieben hat. Hieraus lässt sich zum Einen wieder ihre Unwissenheit sexuellen Handlungen gegenüber erkennen. Jedoch könnte diese Formulierung ebenso eine Verdrängung dessen darstellen, dass ihr Körper in diese unangenehme Situation involviert war.
Auch die Erektion des Vaters beschreibt sie nüchtern und aus ihrer kindlichen Sicht. Das erregte Glied sei „...ganz groß und hart...“ Über die Auswirkung der Erektion auf den Vater sagt sie er habe ein rotes Gesicht bekommen und die Augen weit aufgerissen. Mehr erfährt man nicht über die Situation.
Die Missbrauchsituationen in dieser Erzählung fallen gering aus. Obwohl Katharina mehrmals wöchentlich sexuell missbraucht wird, wird dies nur an einer einzigen Stelle direkt beschrieben von einer Person, die über Sexualität geschweige denn sexuellen Missbauch keine Ahnung hat. Somit fällt die Beschreibung dessen kurz und objektiv aus. Da Katharina sich nicht direkt zum Missbrauch äußert, bleibt die Grausamkeit der Übergriffsituationen außen vor. Andererseits wird Katharinas seelisches Empfinden als Konsequenz der Missbrauchsszenen detaillierter beschrieben. Es stellt sich hierbei die Frage ob die Erzählung ausreichend Aufklärung und Wissensvermittlung zum Thema sexuellen Missbrauch bietet. Hierbei gilt es die Zielgruppe in die Bewertung miteinzubeziehen. Für Kinder der Sekundarstufe halte ich die Erzählung für nicht aufschlussreich genug, vor allem der wichtige Aspekt der Prävention kommt meiner Meinung nach zu kurz. Für Grundschulkinder bietet die Erzählung sicherlich einen guten Einstieg in die Thematik, ohne zu grausame Einzelheiten preiszugeben (Perspektive: Kleinkind: Schwester ist selber Grundschülerin 3. Klasse). Meiner Meinung nach sollte dieser Erzählung jedoch noch Weiterführendes im Sinne von Aufklärung und Prävention folgen.
2.3. Wird Gewalt in unterschiedlicher Form und Intensität- eventuell mit einer Steigerung dargestellt?
Die sexuelle Gewalt gegen Katharina, sowie Anna-Laura wird im Buch lediglich drei Mal beschrieben. Sie steigert sich von der ersten bis zur dritten Szene in der Art der sexuellen Gewalt. In der ersten Szene (S.62f) streichelt der Vater Anna- Lauras Kopf und geht besonders liebevoll mit ihr um. Anna- Laura steigt zu ihm ins Bett. Dort nimmt er sie in den Arm und bezeichnet sie als „richtig großes Mädchen...“. Außerdem verspricht er ihr mehr Taschengeld.
Gesteigert wird dieses durch den Vorfall, der sich am 9. Juli ereignete (S.67f.). Anna- Laura schlüpft wieder zu ihrem Vater ins Bett, wie sie es in letzter Zeit morgens öfter tut und genießt die Zuneigung und das Spiel mit ihrem Vater, bis dieser sie plötzlich ganz doll an sich drückt. Der Leser erfährt durch die Beschreibung Anna- Lauras, dass der Vater durch das Kuscheln mit seiner Tochter sexuelle Erregung verspürt. Anna- Laura beschreibt ferner, wie ihr Vater sein Geschlechtsteil an ihr reibt und sein Glied anschwillt. Die Rolle der Tochter ist passiv.
Der „Höhepunkt“ diesbezüglich ist einige Seiten weiter aufgeführt. Auf Seite 70 ist das erste Mal von sexueller Gewalt an Katharina die Rede. Die dreizehnjährige Katharina wird zu diesem Zeitpunkt bereits seit 4 Jahren missbraucht. Der Vater gibt sich bei Katharina nicht mehr damit zufrieden sich an ihr zu reiben, sondern fordert von ihr aktive Befriedigung. Er zwingt sie dazu, sein Glied in den Mund zunehmen und es dadurch zu stimulieren.
Die in diesem Buch beschriebenen Szenen lassen somit eine eindeutige Intensitätssteigerung erkennen. Eine Steigerung der Gewalt ist vor allem im familiären Umfeld realistisch. Die Szenen in diesem Buch beziehen sich jedoch zweimal auf Anna- Laura und einmal auf Katharina. Eine Steigerung der Übergriffe an Anna- Laura ist zu erkennen. Von den Anfängen der Übergriffe an Katharina ist nichts bekannt. Der Verdacht liegt aber nahe, dass der Vater sich mit ähnlich schleichender Intensitätssteigerung an Katharina vergriffen hatte.
3. Entspricht die Darstellung von Opfer und Täter im untersuchten Buch den wissenschaftlichen Erkenntnissen?
3.1. Der typische Täter/ das typische Opfer?
Der Täter
Herr Huber entspricht genau dem Täterprofil. Die Missbraucher sind auch „unauffällige und anständige Bürger“, was das vorherrschende Bild des Täters als „abartigen Triebtäter“ inzwischen widerlegte (Koch S. 12f.). So auch Herr Huber. Er lebt mit seiner Frau und seinen drei Kindern nach außen ein recht normales Leben. Ihm würde niemand eine solche Tat zutrauen, auch nicht seine Frau (wobei hier zu erwähnen bleibt, dass Frau Huber ihrem Mann bedingungslos hörig ist und sich vor der Wahrheit verschließt). Sie sagt, sie habe es ihm nicht zugetraut, obwohl sie im Nachhinein gesteht sein Verhalten manchmal als merkwürdig empfunden zu haben (S.91).
Selbst Katharinas beste Freundin Tina, bemerkte nichts ungewöhnliches, sie empfand Herrn Huber vorher als einigermaßen nett und seriös (S.74).
Frau Unterlauf, Katharinas Lehrerin behauptet zwar im Nachhinein gewusst zu haben, dass mit der Familie Huber etwas nicht stimmt (S.89), ihr vorheriges Verhalten bestätigen dieses jedoch nicht sichtlich.
Das Opfer
Da die Opfer die Töchter des Täters sind kann hier nicht vom typischen Opfer die Rede sein, d.h. der Täter hat sich sein Opfer nicht aufgrund ihrer Persönlichkeit ausgewählt, sondern, weil sie seine Tochter ist. (siehe Text)
3.2. Das Alter des Opfers/ des Täters
Die Opfer: Katharina und Anna- Laura
Katharina ist während der Erzählung fünfzehn Jahre alt. Zum ersten Mal missbraucht wurde sie bereits mit elf Jahren (S.73).
Anna- Laura ist acht Jahre alt, als der Vater sich das erste Mal an ihr vergeht. Nach dem einen belastenden Erlebnis, bleibt sie jedoch von weiterführender sexueller Gewalt verschont, da kurze Zeit später der Missbrauch an ihrer Schwester aufgedeckt wird und ihr Vater auszieht.
[...]
- Arbeit zitieren
- Katja Dirkers (Autor:in), 1995, Analyse des Kinderbuches "Schattenmonster" von S. Fülscher zum Thema sexuelle Gewalt in Kinder- und Jugendbüchern, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/78988
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