Die vorliegende Hausarbeit befasst sich mit Fragen zur Geschlechtersozialisation, welche sich Meuser und Goffmann stellten. Hierbei soll herausgearbeitet werden, was die jeweiligen Ansätze erklären, wie sie sich unterscheiden und welche Gemeinsamkeiten sie aufzeigen. Dabei ist anzumerken, dass sich Meuser stark an Bourdieu orientiert und ich somit seine Ausführungen mit anbringen werde, um die Arbeit inhaltlich abzurunden. Michael Meuser verwendete in seinen Forschungen die Begriffe „doing gender“ und „Strukturübungen“ (nach Bourdieu), als zentrale Bestandteile der Geschlechtersozialisation. Sie werden Grundlage sein, seinen Ansatz zur Geschlechtersozialisation, der sich vor allem in Peergroups vollzieht zu verdeutlichen. Seine Forschungen auf dem Gebiet von „geschlechtlichen Substrukturen in Organisationen“ werde ich diesbezüglich zusätzlich mit anbringen, da sie einen breiteren Blickwinkel für die vorliegende Problematik zulassen. Hauptsächlich jedoch wird deutlich gemacht, wie sich die Aneignung von männlichem Habitus vollzieht, wobei der Begriff „Habitus“, ein von Bourdieu geführter Begriff ist und in diesem Zusammenhang eine wichtige Rolle spielt.
Bei Erving Goffmanns Theorie wird deutlich gemacht, warum der angeborene geschlechtliche Unterschied in unserer Gesellschaft eine so bedeutende Rolle einnimmt und wie sich seine „Konstruktion von Geschlecht“ in der Gesellschaft arrangiert.
Natürlich sollen auch kurz die Biographien beider Forscher mit angerissen werden, um eine besserer zeitliche Einordnung treffen zu können.
Inhaltsverzeichnis
Einleitung
1 Michael Meusers Peergroups, Strukturübungen und die Aneignung des männlichen Geschlechtshabitus
2 „Gendered Organisation“- Die geschlechtliche Substruktur in Organisationen nach Michael Meuser
3 Erving Goffmann´s Arrangement der Geschlechter
4 Vergleich der Sozialisationsansätze nach Meuser (Bourdieu) und Goffman
5 Zusammenfassung und Ausblick
Literaturverzeichnis
Einleitung
Die vorliegende Hausarbeit befasst sich mit Fragen zur Geschlechtersozialisation, welche sich Meuser und Goffmann stellten. Hierbei soll herausgearbeitet werden, was die jeweiligen Ansätze erklären, wie sie sich unterscheiden und welche Gemeinsamkeiten sie aufzeigen. Dabei ist anzumerken, dass sich Meuser stark an Bourdieu orientiert und ich somit seine Ausführungen mit anbringen werde, um die Arbeit inhaltlich abzurunden. Michael Meuser verwendete in seinen Forschungen die Begriffe „doing gender“ und „Strukturübungen“ (nach Bourdieu), als zentrale Bestandteile der Geschlechtersozialisation. Sie werden Grundlage sein, seinen Ansatz zur Geschlechtersozialisation, der sich vor allem in Peergroups vollzieht zu verdeutlichen. Seine Forschungen auf dem Gebiet von „geschlechtlichen Substrukturen in Organisationen“ werde ich diesbezüglich zusätzlich mit anbringen, da sie einen breiteren Blickwinkel für die vorliegende Problematik zulassen. Hauptsächlich jedoch wird deutlich gemacht, wie sich die Aneignung von männlichem Habitus vollzieht, wobei der Begriff „Habitus“, ein von Bourdieu geführter Begriff ist und in diesem Zusammenhang eine wichtige Rolle spielt.
Bei Erving Goffmanns Theorie wird deutlich gemacht, warum der angeborene geschlechtliche Unterschied in unserer Gesellschaft eine so bedeutende Rolle einnimmt und wie sich seine „Konstruktion von Geschlecht“ in der Gesellschaft arrangiert.
Natürlich sollen auch kurz die Biographien beider Forscher mit angerissen werden, um eine besserer zeitliche Einordnung treffen zu können.
1 Michael Meusers Peergroups, Strukturübungen und die Aneignung des männlichen Geschlechtshabitus
Michel Meuser wurde 1952 geboren. Er studierte Erziehungswissenschaften, Soziologie und Politische Wissenschaft an der Universität in Bonn. Nach seiner Promotion zum Dr.phil., arbeitete er als wissenschaftlicher Mitarbeiter und wissenschaftlicher Assistent an den Hochschulen Koblenz, Bremen und Dortmund. Zurzeit vertritt er die Professur „Soziologie und empirische Sozialforschung“ an der Universität Siegen.
Die Zeit der Adoleszenz ist in der Regel eine turbulente Zeit, in der sich eine Vielzahl von körperlichen und geistigen Veränderungen vollziehen, die nicht selten problematisches Verhalten, extreme Stimmungsschwankungen und unvorhersehbares Handeln mit sich bringen. Zu Recht wird von einer „Sturm und Drang Phase“ gesprochen, die ihre doch eher literarischen Wurzeln im späten 18. Jahrhundert hat.[1] Schon Anna Freund schrieb „Während der Adoleszenz normal zu sein, ist eigentlich anormal“[2]
Michael Meuser sieht die Zeit der Adoleszenz als eine Zeit zum Erproben von Lebensformen. Dieses Erproben vollzieht sich innerhalb von Peergroups, die ein wichtiger Faktor sind, um sich von den eigenen Eltern abzugrenzen, eigene Vorstellungen und Verhaltensweisen zu formen.[3] So entwickelt sich die Peergroup zu einer wichtigen Institution in einer schwierigen Zeit, welche Rückhalt, Zusammenhalt und Integration verspricht. Hier setzt Meusers Theorie an. Um Anerkennung und Achtung bei Gleichaltrigen zu erlangen, ist bei männlichen Jugendlichen vermehrt eine Risikohandeln festzustellen, welches bis zur Gefährdung der eigenen Gesundheit reicht.[4] Dabei unterscheidet Meuser zwei Arten von Verhalten: das internalisierte und das externalisierte Verhalten. Externalisiertes Verhalten, sprich ein nach außen gerichtetes Verhalten, welches sich häufig in Alkoholexzessen oder auch Extremsport äußert und sich vorzugsweise innerhalb eines Publikums vollzieht. Andererseits ist internalisiertes Verhalten nach innen gerichtet und äußert sich in Form von Essstörungen, Selbstverletzung und Medikamentenmissbrauch. Auch unter Adoleszenten sind solche Tätigkeiten ein problematisch betrachtetes Verhalten. Risikohandeln ist als lebensphasentypische Entwicklung zu betrachten, der ein Teil der geschlechtlichen Sozialisation ist und zum Einüben des männlichen Geschlechtshabitus dient.[5] Im Risikohandeln wird nach habitueller Übereinstimmung gesucht. Einen legitimen Platz für Risikohandeln nimmt eindeutig der Sport ein. Männer favorisieren hierzu Sportarten bei denen „der Körper als Mittel zu riskanten Auseinandersetzungen eingesetzt werden muss“ und bei Frauen steht eher ein Sport im Vordergrund steht welcher „die ästhetische Modellierung des Körpers im Mittelpunkt“hat.[6] Slogans wie „no risk no fun“ zeigen auf, welche hohe Bedeutung Risikohandeln für die Sozialisation von Adoleszenten hat. So messen sich die Jungen im Brakedance und riskanten Skatingmanövern oder stellen ihre „Männlichkeit“ bei den unvernünftigsten Tätigkeiten im Fernsehen zur Schau. Hier ist beispielhaft die Sendung „Jack As“ auf MTV zu benennen, in der gezeigt wird, wie die unmöglichsten, riskanten Aufgaben zu bewältigen sind, in dem man zum Beispiel mit einem Kinderwagen eine Böschung hinunter fährt. Wer das unbeschadet übersteht, gilt dann als „cool“, „hip“ oder total „in“. Bourdieu sieht das Risikohandeln als Vorbereitung auf die „ernsten Spiel des Wettbewerbes“ zur Ausbildung eines männlichen Geschlechtshabitus.[7] Habitus meint im Sinne von Bourdieu eine Wahrnehmungs,- Handlungs,- und Denkmatrix, die ein System dauerhafter Dispositionen von Strategien ist, welche ermöglichen, unvorhergesehenen und neuen Situationen entgegen zu treten. Habitus ist ein generierendes Prinzip einverleibter, inkorporierter, sozialer Erfahrungen.[8] Er fungiert als gesellschaftlicher Orientierungssinn. Bourdieu schreibt selber:“ Habitus wird konstruiert und vollendet [...] nur in Verbindung mit dem den Männern vorbehaltenen Raum, indem sich, unter Männern, die ernsten Spiele des Wettbewerbes abspielen“[9]
Man kann nur Anerkennung als Mann durch einen anderen Mann erfahren.[10] So ist es nicht weiter verwunderlich, dass sich Männer im Wettstreit bei Wortgefechten in der Hip Hop Szene messen, oder als Hooligans „ihren Mann stehen“. Gewalt unter Hooligans oder in Streetgangs ist ein bezeichnendes Mittel, um die Gruppenkohäsion zu stärken. Frauen hingegen wird die Rolle des Zuschauers als marginale Position zugeschrieben.[11] Die homosoziale Gemeinschaft als Männergemeinschaft bietet die Grundlage zu habitueller Sicherheit. Man(n) kann sein wahres Gesicht zeigen, offen und ehrlich sein.[12] Die Kämpfe zwischen diesen Gruppen sind ein Mittel von „doing gender“[13] Wörtlich übersetzt heißt es „Geschlecht tun“. Gender bedeutet nichts anderes als das soziale Geschlecht, die speziellen Erwartungen die Männer an Frauen stellen und umgekehrt. Oft wird in den Medien schon dargestellt, was ist männlich, was ist weiblich und endet nicht selten in stereotypischen Darstellung und Vorstellungen von Geschlecht.[14]
So vergewissern sich Jugendliche was als männlich gilt in ihren Peergroups. Peergroups sind ein Zusammenschluss von Jugendlichen in einer Gruppe, die als Orientierung von der Kindheit zum Erwachsenenalter fungiert.[15] Sie grenzen sich deutlich vom Weiblichen ab, was nicht selten als Abwertung[16] von Frauen in sexistischer Hinsicht oder als traditionelles Rollenverständnis dargestellt wird. Nicht selten wird „doing gender“ auch an geschlechtstypischen Berufen festgemacht. So werden Vorstellungen propagiert, was Frauen oder was Männer können und welche Berufswahl demnach angemessen ist. Weiterhin sind die Männlichkeitsrituale der Wettbewerbsspiele zu nennen, wie zum Beispiel Kampftrinken oder das Mensurschlagen in studentischen Verbindungen. Demnach kann man der Autorin Cornelia Helferich widersprechen, die behauptete, Gewalt sei eine soziometrische Struktur unter Hauptschülern und Auszubildenden mit untersten Bildungsniveau.[17] Gewalt und Risikohandeln vollzieht sich über Milieu und Altersgrenzen hinweg. Ethnographische Forschungen auf diesem Gebiet belegen, dass „die ernsten Spiele des Wettbewerbes“ in den unterschiedlichsten sozialen Feldern stattfinden.[18] Studien über Beleidigungs,- Fecht,- Duell,- und Trinkrituale bilden ein anschauliches und breitgefächertes Anschauungsmaterial über die Aneignung von Männlichkeit.[19] Wie sich geschlechtliche Strukturen im Erwachsenenalter entwickeln zeigt Meuser anschaulich in seinen Arbeiten zur „geschlechtlichen Substruktur in Organisationen“.
2 „Gendered Organisation“- Die geschlechtliche Substruktur in Organisationen nach Michael Meuser
In Zeiten von Emanzipation, Frauen,- und Gleichstellungsbeauftragten, hat die Geschlechterpolitik besonders in den verschiedensten Organisationen einen schweren Stand. Meuser verwendet den Begriff „geschlechtliche Substruktur“ um aufzuzeigen, welche Rolle „Gender“ unterhalb der offiziellen Ebene einer Organisation spielt. Fern ab von offiziellen Zielen und Plänen einer Organisation, werden alle Personen insbesondere anhand ihrer sozialen Merkmalen betrachtet. So bilden sich unterhalb höherer Ebenen regelrechte Netzwerke, die mehrere Dimensionen aufweisen. Zum einen wäre hier die „homosoziale Kooptation“ zu nennen. Homosozial bedeutet in diesem Zusammenhang, dass sich Menschen andere Personen suchen, die ihnen gleich oder zumindest ähnlich sind. Schließlich orientiert man sich innerhalb einer Gruppe aneinander. Kooptation heißt, die Hinzunahme neuer Personen in eine Organisation oder in ein Netzwerk. Somit ist es nicht mehr schwer zu definieren, was mit „homosozialer Kooptation“ gemeint ist. Es bedeutet nichts anderes, als das zum Bespiel eine Eishockey Mannschaft schon immer nur Jungen aufgenommen hat und es auch so beibehält. Dieser Mechanismus ist ein Prozess der Vertrauensbildung um die Organisationskultur aufrecht zu erhalten. Sollte es Frauen dennoch gelingen in solchen Männerdomänen einen Platz einzunehmen, lastet auf ihnen ein enormer Anpassungsdruck. Ein weiterer Punkt ist die „stereotypische Wahrnehmung“ von Frauen in männerbeherrschten Domänen. Frauen werden nicht individuell wahrgenommen oder anhand ihrer Eigenschaften und Fähigkeiten betrachtet. Sie werden als Angehörige eines Geschlechtes, also einer separaten auffälligen Gruppe betrachtet. Sie sind somit sozial auffällig, weil sie nicht über das organisationsübliche Geschlecht verfügen.
[...]
[1] Vgl. Zimbardo, P.G.: Psychologie, Pearson Studium Verlag, 16. Aufl, 2002, S. 479
[2] Freud, A.:Adolescence. Psychoanalytic Study of the Child, international university Press, 1958, S. 275
[3] Vgl. Zimbardo, P.G.: Psychologie, Pearson Studium Verlag, 16. Aufl, 2002, S. 481
[4] vgl. Meuser, M: Geschlecht und Männlichkeit. Soziologische Theorie und kulturelle Deutungsmuster, Opladen, 1998
[5] vgl. Meuser, M.: Strukturübungen. Peergroups, Risikohandeln und die Aneignung des männlichen Geschlechtshabitus in King,V., Flaake, K..: Männliche Adoleszenz, Campus Verlag, 2005
[6] Giesler, P.: Liebliche Leiblichkeit: Frsuen, Körper und Sport, Schweizerische Zeitschrift für Soziologie, Jg.21, 1995, S. 651
[7] Bourdieu,P.: Die männliche Herrschaft in: Dölling,I./Krais,B.(Hg.) Ein alltägliches Spiel, Frankfurt/M. 1997 S.203
[8] vgl. Krais,B., Gebauer, G.: Habitus, transcript verlag, 2002
[9] Bourdieu,P.: Die männliche Herrschaft in: Dölling,I./Krais,B.(Hg.) Ein alltägliches Spiel, Frankfurt/M. 1997
[10] Bourdieu, P.: Die männliche Herrschaft in: Dölling,I./Krais,B.(Hg.) Ein alltägliches Spiel, Frankfurt/M. 1997, S.204
[11] Meuser, M.: Strukturübungen. Peergroups, Risikohandeln und die Aneignung des männlichen Geschlechtshabitus in King,V., Flaake, K..: Männliche Adoleszenz, Campus Verlag, 2005
[12] vgl. Meuser, M.: Wettbewerb und Solidarität. Zur Konstruktion von Männlichkeit in Männergemeinschaften in Arz, S. u.a. (Hg.): Koordinaten der Männlichkeit. Orientierungsversuche, Tübingen, 2003
[13] West, Zimmermann 1987
[14] vgl. Meuser, M.: Geschlecht und Männlichkeit. Soziologische Theorie und kulturelle, Opladen, 1998
[15] Duden, Das große Fremdwörterbuch, 2. Aufl. Dudenverlag, 2000
[16] vgl. Böhnisch,L., Winter,R.: Männliche Sozialisation, Weinheim/München, 1993
[17] Helferich, C.: Jugend, Körper und Geschlecht. Die Suche nach sexueller Identität, Opladen, 1994
[18] vgl. Meuser, M.: Riskante Praktiken. Zur Aneignung von Männlichkeit in den ernsten Spielen des Wettbewerbes in Bilden,H./Dausien,B. (Hrgs.): Sozialisation und Geschlecht. Theoretische und methodologische Perspektiven. Babara Budrich Verlag, 2006
[19] vgl. Meuser, M.: Riskante Praktiken. Zur Aneignung von Männlichkeit in den ernsten Spielen des Wettbewerbes in Bilden,H./Dausien,B. (Hrgs.): Sozialisation und Geschlecht. Theoretische und methodologische Perspektiven. Babara Budrich Verlag, 2006
- Citar trabajo
- Iris Hecker (Autor), 2006, Michael Meusers (nach Bourdieu) und Erving Goffmanns Ansätze zur Geschlechtersozialisation im Vergleich, Múnich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/78969
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