Frankreich und die ehemaligen frankophonen Kolonien Afrikas haben seit den Dekolonisationsprozessen besondere Beziehungen aufgebaut. Noch der heutige französische Präsident Chirac meint, dass Frankreich ohne Afrika nur eine „drittklassige Macht“ wäre. Wie es zu diesen besonderen Beziehungen kam und wie es heute um die französisch-afrikanischen Beziehungen steht, wird in einem ersten Teil dieser Arbeit behandelt.
Die andere große Kolonialmacht in Afrika war Großbritannien, dem jedoch der Rückzug aus den Kolonien in der Regel leichter fiel, was auch teilweise zur Aufgabe jeglicher Beziehungen führte. In den 90er Jahren hat sich Großbritannien aber wieder verstärkt dem afrikanischen Kontinent zugewandt und eine aktivere und bisweilen als erfolgreicher bewertete Afrikapolitik ausgeübt. In dieses wachsende Interesse an Afrika reiht sich aktuell die von Premier Tony Blair initiierte Commission for Africa, sowie der G8-Gipfel, der vom 6.-8. Juli 2005 im schottischen Gleneagles stattfand, ein. Auf der anderen Seite vom Kanal könnte man bei so viel Engagement Irritation, vielleicht sogar Missfallen vermuten – machten sich der französische Präsident Jacques Chirac und die Rechtsregierung seit 2002 doch betont stark zum „Anwalt für Afrika“. Der zweite Teil dieser Arbeit wird untersuchen, wie die französische Presse den britischen Eifer bewertet und die aktuelle französische Afrikapolitik reflektiert hat. Er dient als aktuelle Bestandsaufnahme und bietet dabei Ansätze, die 2002 angekündigte Afrikapolitik auf ihre Umsetzung zu prüfen.
Dafür wurden die Zeitschriften Le Figaro, Le Monde und Libération vom 1.-15.Juli 2005 analysiert. Diese decken sowohl das konservative, und somit regierungsnahe (Le Figaro), als auch das linksorientierte (Libération, Le Monde) Spektrum der Tageszeitungen ab und sind jeweils die auflagenstärksten und damit wichtigsten nationalen Zeitungen. Gewiss erlaubt die Zeitungsanalyse nur einen Einblick in die französische Gesellschaft mit begrenzten Möglichkeiten für Rückschlüsse - und hat natürlich nicht den Anspruch, ein Abbild der öffentlichen Meinung zu sein.
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
2. Französische Afrikapolitik von de Gaulle bis Chirac
2.1 Das Konzept de Gaulles
2.2 Reformversuche und Reformen (1981-2002)
2.3 Rückkehr zu alten Mustern? (2002-2005)
3. Bestandsaufnahme G8-Gipfel 2005
3.1 Französisch-britische Rivalitäten?
3.2 Französisch-britische Kooperation?
3.3 Globalisierungskritiken)
4. Fazit
5. Literaturnachweis
1. Einleitung
Frankreich und die ehemaligen frankophonen Kolonien Afrikas haben seit den Dekolonisationsprozessen besondere Beziehungen aufgebaut. Noch der heutige französische Präsident Chirac meint, dass Frankreich ohne Afrika nur eine „drittklassige Macht“ wäre.[1] Wie es zu diesen besonderen Beziehungen kam und wie es heute um die französisch-afrikanischen Beziehungen steht, wird in einem ersten Teil dieser Arbeit behandelt.
Die andere große Kolonialmacht in Afrika war Großbritannien, dem jedoch der Rückzug aus den Kolonien in der Regel leichter fiel, was auch teilweise zur Aufgabe jeglicher Beziehungen führte.[2] In den 90er Jahren hat sich Großbritannien aber wieder verstärkt dem afrikanischen Kontinent zugewandt und eine aktivere und bisweilen als erfolgreicher bewertete Afrikapolitik ausgeübt.[3] In dieses wachsende Interesse an Afrika reiht sich aktuell die von Premier Tony Blair initiierte Commission for Africa, sowie der G8-Gipfel, der vom 6.-8. Juli 2005 im schottischen Gleneagles stattfand, ein. Auf der anderen Seite vom Kanal könnte man bei so viel Engagement Irritation, vielleicht sogar Missfallen vermuten – machten sich der französische Präsident Jacques Chirac und die Rechtsregierung seit 2002 doch betont stark zum „Anwalt für Afrika“. Der zweite Teil dieser Arbeit wird untersuchen, wie die französische Presse den britischen Eifer bewertet und die aktuelle französische Afrikapolitik reflektiert hat. Er dient als aktuelle Bestandsaufnahme und bietet dabei Ansätze, die 2002 angekündigte Afrikapolitik auf ihre Umsetzung zu prüfen.
Dafür wurden die Zeitschriften Le Figaro, Le Monde und Libération vom 1.-15.Juli 2005 analysiert. Diese decken sowohl das konservative, und somit regierungsnahe (Le Figaro), als auch das linksorientierte (Libération, Le Monde) Spektrum der Tageszeitungen ab und sind jeweils die auflagenstärksten und damit wichtigsten nationalen Zeitungen.[4] Gewiss erlaubt die Zeitungsanalyse nur einen Einblick in die französische Gesellschaft mit begrenzten Möglichkeiten für Rückschlüsse - und hat natürlich nicht den Anspruch, ein Abbild der öffentlichen Meinung zu sein.
2. Französische Afrikapolitik von de Gaulle bis Chirac
2.1 Das Konzept de Gaulles
Das französische Afrikaengagement, die eigene Atombombe und der ständige Sitz im Sicherheitsrat waren zu Beginn der V. Republik die symbolträchtigsten Beispiele und Garanten für den französischen Machtanspruch und die von de Gaulle deklarierte Unabhängigkeit zwischen den beiden Blöcken in der Welt des Kalten Krieges.[5] De Gaulle hatte zwar die Französinnen und Franzosen mit dem Abschied vom Kolonialreich versöhnt[6], gleichzeitig aber mit indirekten Herrschaftsinstrumenten den Einfluss gewahrt, so auch in West- und Zentralafrika. Hier wurde die so genannte „Zone Franc“[7], kurz vor Beginn des 2. Weltkrieges geschaffen, bis heute erhalten.
„ Vier Grundprinzipien der CFA-Zone sichern die Geldwertstabilität und eine – im Vergleich zu anderen afrikanischen Staaten – größere Budgetdisziplin: der feste Wechselkurs mit dem Franc/Euro, freie Konvertibilität (Austauschbarkeit der Währungen verschiedener Länder), weitgehend freier Geld- und Kapitaltransfer sowie unbegrenzte Deckung der Zahlungsbilanzdefizite der CFA-Länder durch das französische Schatzamt (als Gegenleistung für die Deponierung von 65 Prozent der Devisen der Mitgliedsländer bei diesem Schatzamt).“[8]
Der wirtschaftliche Einfluss wurde durch eine nennenswerte Entwicklungshilfe, vor allem im Bereich der Bildung, sowie durch die militärische Präsenz ergänzt. Frankreich unterhielt hierzu permanent Stützpunkte und setzte Polizei und Armee im Rahmen bilateraler Militär- und Verteidigungsabkommen ein.[9] Zudem betrieb Frankreich zwischen 1960 und 1990 mit über 20 militärischen Operationen einen starken Interventionismus, der in der Mehrzahl ohne rechtliche Grundlage erfolgte.[10]
De Gaulle hatte ein Konzept entwickelt, nach dem der französische Einfluss in Afrika eine wichtige Vorraussetzung für den internationalen „Rang“ war. Diese Afrikapolitik war geprägt von kolonialen Traditionen, Geheimdiplomatie und persönlichen Klientelbeziehungen.[11]
2.1 Reformversuche und Reformen (1981-2002)
1981 wählte die V. Republik mit François Mitterrand zum ersten Mal einen sozialistischen Präsidenten, zudem gewann die PS (Parti Socialiste) bei den Parlamentswahlen die Mehrheit. Mitterrand hatte eine Abkehr von der gaullistischen Afrikapolitik und Reformen proklamiert; dennoch hat Brüne der Linksregierung eine „erstaunliche Kontinuität“[12], Löhr eine schnelle Rückkehr „zu den alten Mustern“[13] attestiert. So wurde die Erwartung, ein sozialistisch regiertes Frankreich würde nicht mehr zu Militärinterventionen greifen, 1983 enttäuscht: Mit der Operation im Tschad führte Frankreich die größte militärische Intervention seit dem Algerienkrieg.[14]
Die Zeit unter Mitterrand kann also als eine vorbereitende Phase der Diskussion bewertet werden, in der eine Multilateralisierung und Öffnung (gegenüber dem nicht-frankophonen Afrika) thematisiert, aber nur in Ansätzen umgesetzt wurden.
Das Ende des Kalten Krieges erforderte offensichtlich eine Neuordnung der Afrikapolitik, dennoch kam das Krisenjahr 1994[15]: Die Entwicklungszusammenarbeit wurde zur steigenden finanziellen Belastung für Frankreich, das erstmals seit 1948 auf eine Abwertung des Franc CFA drängte[16]. Zudem wurde Frankreich der Komplizenschaft am Genozid in Ruanda beschuldigt, wo es die Hutus unterstützt hatte.[17] Auch die Krise in Zaire 1996, in der Frankreich den Präsidenten Mobutu gegen Rebellen unterstützte, isolierte Frankreich zunehmend von internationalen Gemeinschaft und der Mehrzahl afrikanischer Staaten.[18]
[...]
[1] vgl. Leymarie, Philippe (2004).
[2] vgl. z.B. Höhne, Roland (2000) und Kahler, Miles (1984).
[3] vgl. Leymarie, Philippe (2002) sowie: Le Figaro, 6.Juli 2005.
[4] vgl. Bourgeois, Isabelle (2005), S.319.
[5] vgl. Kolboom, Ingo und Hans Stark (2005), S.366f.
[6] vgl. Höhne, Roland (2000).
[7] Die Währung der „Zone Franc“ ist der Franc CFA (Franc des Colonies Françaises d’Afrique bzw. nach der Unabhängigkeit umbenannt in Franc de la Communauté Financi Pre Africaine). Vgl. Kohnert, Dirk (2004).
[8] ebd.
[9] vgl. Gouttebrune, François (2002).
[10] vgl. Löhr, Johanna (2003), S.124, sowie Brüne, Stefan (1995), S.152ff und S.166.
[11] ebd., S.232f.
[12] vgl. ebd., S.176.
[13] vgl. Löhr, Johanna (2003), S.119.
[14] vgl. Brüne, Stefan (1995), S.178.
[15] vgl. ebd., S.1039.
[16] vgl. Kohnert, Dirk (2004).
[17] vgl. Utley, Rachel (2002), S.132.
[18] ebd., S.133.
- Quote paper
- M.A. Mareike Bibow (Author), 2005, „Gestohlene Afrikapolitik“? Frankreich und die britische G8-Initiative für Afrika - Eine Analyse der französischen Presse (Juli 2005), Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/78829
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