Sozialpädagogik – ein Begriff, welcher Beruf, Berufung und Wissenschaft miteinander verbindet und verinnerlicht. Wie jede wissenschaftliche Disziplin hat auch diese Lehre eine Geschichte und durch ihre soziale Ausrichtung spezielle gesellschaftliche Hintergründe. Allein schon der hier bestehende Zusammenhang von Semantik und
Gesellschaftsstruktur bietet eine interessante Möglichkeit zu einer Reise in die Vergangenheit; in eine Zeit, in der dieses Wort noch nicht existierte bis hin zu jenen Veränderungen in der Zeitgeschichte, welche eine Herausbildung pädagogischer Neuorientierungen und Formulierungen fordern sollten.
INHALTSVERZEICHNIS
1. EINLEITUNG
2. DER STRUKTURWANDEL DURCH INDUSTRIALISIERUNG IN 19. JAHRHUNDERT
2.1. AUSGANGSSITUATION
2.2. DER BEGINN DER INDUSTRIALISIERUNG IM 19. JAHRHUNDERT
2.3. DIE INDUSTRIALISIERUNG IN DEUTSCHLAND
2.3.1. DAS ERFURTER HANDWERK IN DER ZEIT DER INDUSTRIALISIERUNG
2.3.2. DIE ALLGEMEINE SOZIALE SITUATION IM DEUTSCHLAND DES 19. JAHRHUNDERTS
3. FAZIT
4. LITERATURLISTE
1. Einleitung
Sozialpädagogik - ein Begriff, welcher Beruf, Berufung und Wissenschaft miteinander verbindet und verinnerlicht. Wie jede wissenschaftliche Disziplin hat auch diese Lehre eine Geschichte und durch ihre soziale Ausrichtung spezielle gesellschaftliche Hintergründe. Allein schon der hier bestehende Zusammenhang von Semantik und Gesellschaftsstruktur bietet eine interessante Möglichkeit zu einer Reise in die Vergangenheit; in eine Zeit, in der dieses Wort noch nicht existierte bis hin zu jenen Veränderungen in der Zeitgeschichte, welche eine Herausbildung pädagogischer Neuorientierungen und Formulierungen fordern sollten.
In meiner Ausarbeitung möchte ich einen genaueren Blick auf die Sozialgeschichte werfen und in den Zusammenhang des Strukturwandels in der wirtschaftlichen Kultur bringen. Die daraus entstehende Neuordnung der Gesellschaftsstrukturen hat das Leben in der industrialisierten Welt bis heute entscheidend beeinflusst und geprägt. In das Heute dieser wirtschaftlich orientierten und technologisierten Gesellschaft hineingeboren, erscheint das Leben, wie es in der gegenwärtigen Zeit gestaltet ist, selbstverständlich und als ein schon immer so existierendes Kontinuum. Ein Zusammenspiel von Privatleben und Arbeit, Bedürfnissen und Befriedigung, Leben und Überleben. All diese Verknüpfungen im persönlichen Leben werden großenteils definiert über eine Einbindung in soziale Strukturen und ein scheinbares Rezept für Verhalten und den „richtigen“ Lebensweg. Eine Kombination aus Elementen der Lebensgestaltung, in der es Gewinner und Verlierer geben kann. Verändern sich soziale und kulturelle Ansprüche durch Umbrüche in Wirtschaft, Wissenschaft und Politik, so nimmt dies Einfluss auf das Dasein jedes Einzelnen in der Gesellschaft. Das Rezept des Lebens durch Geburt und Erziehung in einem bestimmten Umfeld, welches sich über Generationen hinweg bewährte, kann im Prozess einer Neuordnung von gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Strukturen wertlos werden und eine neue Dynamik wird bestimmen, welchen Platz die neue Gesellschaftsstruktur dem Individuum zuteil werden lässt. Verinnerlicht man die Tatsache, dass die heutige bestehende Ordnung im Sinne der Industrialisierung und Technologisierung noch nicht einmal 200 Jahre währt und betrachtet die augenblickliche Lage der Globalisierung, der
Schnelllebigkeit und ständigen Anforderung an Neuorientierung und Anpassung, so werden die vergangenen Geschehnisse und Entwicklungen auch für die Gegenwart und Zukunft im Sinne der Dynamik von Veränderungen und ihren Auswirkungen relevant.
2. Der Strukturwandel durch Industrialisierung in 19. Jahrhundert
2.1. Ausgangssituation
Die bestehende gesellschaftliche Lebenswelt hängt nicht nur von natürlichen Einflussfaktoren ab, sondern wird auch außerordentlich von politischen, wirtschaftlichen und religiösen Strömungen und Wahrheiten geprägt. Dies wiederum schlägt sich auf die Gesellschaft nieder - was als allgemein richtig und logisch gilt, wird als gültig übernommen. Da der Mensch stetig bestrebt ist, seinen festen Platz in der Gesellschaft inne zu haben, passt er sich im Allgemeinen seinem Umfeld an. Dass neue Lehren und Theorien für Aufruhr und Ablehnung sorgen können, weil sie das bestehende Weltbild in Frage stellen und die eigene Existenz ins Wanken bringen, zeigt die Weltgeschichte immer wieder. Als beispielsweise Galilei im 16. Jh. die Lehre Aristoteles´, welche schon zu vorchristlichen Zeiten die Erde als Mittelpunkt des endlichen Universums bestimmt, in Frage stellt und mit seinen Studien die kopernikanischen Theorie stützt, wird er durch das kirchliche Herrschaftssystem zum Schweigen verurteilt. Dass neue Strömungen also dann auch ihren Weg finden und die richtige Richtung treffen, wird nicht nur durch die pure Tatsache einer verändernden Erfindung oder Erkenntnis bestimmt, sondern auch durch Entscheidungen von Herrschaftssystemen verzögert oder gefördert.
So gab es auch für die Industrialisierung im 19. Jh. eine bestimmte Ausgangssituation, welche den Weg für die weitere Entwicklung bereitete. Bevölkerungsdichte und -struktur sind hierbei ein wesentlicher Faktor für Anforderungen der Gesellschaft und Alltagsqualität. Bereits Mitte des 15. Jh. fand eine erste Bevölkerungsexplosion in Ostasien und Europa statt, sodass um 1700 die Bevölkerungszahl weltweit bei mindestens 600 Millionen Menschen lag (im Vergleich zum Unterschied des 1. Jh. mit 200 Mio. und 13. Jh. mit ca. 350 Mio. Menschen).1 Da die Regierungen vom verstärkten Ackerbau, der mehr Steuergelder und mehr Menschen und somit auch mehr Soldaten bedeutete, profitierten, förderten sie den Ackerbau und die Besiedlung der Grenzregionen. Zwar gab es in den Techniken des Ackerbau keine bahn brechenden Neuerungen, aber der Teil der lesenden und schreibenden Bevölkerung nahm soweit zu, dass immer mehr Menschen in der Lage waren, die bewährten Verfahren weiterzugeben bzw. selbst zu erlernen. Die Verbreitung des Buchdruckes beschleunigte und unterstützte diese Situation nachhaltig.
Die zweite Phase der Bevölkerungsexplosion, welche um 17oo beginnen sollte, hält bis heute an. Die Industrialisierung im 19. Jh. spielt hierbei die eine tragende Rolle, wobei sich ein Wechselspiel aufzeigt zwischen der Konsequenz der Bevölkerungsexplosion, welche sich in der Notwendigkeit der Industrialisierung äußert und der weiterhin steigenden Bevölkerungszahlen durch die Errungenschaften in der industrialisierten Welt. Dies führt dazu, dass die Gesamtweltbevölkerung von etwa 950 Millionen im 19. Jh. auf etwa 1,65 Milliarden im 20. Jh. anstieg und 1999 die Sechsmilliardengrenze überschritt.
2.2. Der Beginn der Industrialisierung im 19. Jahrhundert
Um auf die Entwicklung der Gesellschaft im 19. Jh. bis ins 20.Jh. hinein näher eingehen zu können, muss man sich den geschichtlichen Veränderungen in Wirtschaft, Wissenschaft und Politik näher widmen. Übergreifend wird dieses historische Phänomen mit dem Begriff der „Industrialisierung“ formuliert. Industrialisierung wird hierbei als ein Prozess verstanden, „der eine Volkswirtschaft so umgestaltet, dass die Industrie im Verhältnis zu Landwirtschaft und Handwerk zunehmend an Bedeutung gewinnt. Aus einer Agrargesellschaft wird im Verlauf der Industrialisierung eine Industriegesellschaft.“2
Die Landwirtschaft als primärer Sektor wird somit vom sekundären Sektor mit Industrie und Handwerk mehr und mehr verdrängt. Die so genannten „take-off“- Industrien (z.B. Verlag, Manufaktur, Bergbau, Handwerk) gelten hierbei als Schlüsselindustrien für die „Kommerzialisierung von Landwirtschaft und Gewerbe“3.
Die weltweite Industrialisierung begann bereits Ende des 18. Jahrhunderts in Großbritannien mit der industriellen Revolution, bei der durch die Anwendung naturwissenschaftlicher Erkenntnisse im Bereich der Güterproduktion eine Massenproduktion ermöglicht wurde. Mit neuartigen Erfindungen, wie die der Dampfmaschine, neuer Web- und Spinnmaschinen sowie neuer Verfahren zur Eisen- und Stahlgewinnung, war es möglich, Güter des alltäglichen Bedarfs schneller und billiger zu produzieren. Da diese Herstellungsweise viel Platz für Maschinerie und Lager beanspruchte, wurde die Herstellung in Fabriken umgesetzt. Diese wurden größtenteils in den Städten errichtet, weil dank der Erfindung der Dampfmaschine die Produktion nun nicht mehr von natürlichen Umweltbedingungen wie Wasser und Wind abhängig war. Dies führte zur Auflösung der bisher gewohnten Gesellschaftsordnung, denn der Zuzug von Arbeitskräften führte zu einer bis dahin noch nicht da gewesenen Urbanisierung. Die Bevölkerung der ländlichen Gebiete, welche durch die Konkurrenz der billigen Massenerzeugung nicht mehr auf dem Land überleben konnte, wanderte in die Städte ab, um sich als Lohnarbeiter zu verdingen.
Auch die gewohnten Arbeitsformen änderten sich und eine Spezialisierung für die Arbeitskräfte für den Umgang mit Produktion und Maschinerie wurde unumgänglich. Bald entstand eine Klassengesellschaft, die vom Gegensatz zwischen Kapital und Arbeit beherrscht wurde. Die Existenz von „Geld“ als gesetzliches Zahlungsmittel wurde zwar erst Mitte des 20. Jh. verabschiedet, diente jedoch schon seit jeher als beliebtes Tauschmittel. Geldscheine, im ehemaligen Sinne Schuldverschreibungen, sowie Münzen aus Gold, Silber und Kupfer konnten gegen jedes beliebige Gut aufgewogen werden.
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1 Pomeranz, K.: „Drei Revolutionen der Bevölkerungsentwicklung.“ Aus: Microsoft Encarta Enzyklopädie Professional 2003.
2 Microsoft Encarta Enzyklopädie Professional 2003; Stichwort „Industrialisierung“.
3 Walter, R.: „Einführung in die Wirtschafts- und Sozialgeschichte.“; Paderborn 1994; Seite 100.
- Arbeit zitieren
- Anita Weißflog (Autor:in), 2006, Die Ausgangslage für die Entwicklung moderner Sozialarbeit - Industrialisierung und Urbanisierung als Wendepunkt in der sozialen Ordnung , München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/78584
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