Mit den Ergebnissen der Pisa-Studie sind Wirtschaft und Gesellschaft sowie Eltern, Schüler, Lehrer und namhafte Pädagogen unzufrieden. Dabei wird scharfe Kritik um das Lehren und Lernen in der Schule nicht erst seit diesem Zeitpunkt laut.
Neben Fragen nach den Inhalten rückt dabei immer mehr die Frage nach den Methoden in den Vordergrund. Das heißt: Mit welchen Mitteln sind die Leistungen an den Schulen zu verbessern?
Wie kann effektiv und anwendungsbezogen gelernt werden?
Vertreter der Wirtschaft und Bildungspolitiker fordern auf, gemäß den Anforderungen des Berufslebens auszubilden. Sogenannte Schlüsselqualifikationen wie selbstständiges Lernen, Denken und Handeln sowie Teamfähigkeit oder Kooperationsvermögen seien bislang in der Schule nur allzu wenig berücksichtigt worden. „Die Schule hängt einem längst überholten Leistungsbegriff an: Schüler müssen sich mit reproduzierbarem Spezialwissen vollstopfen, das als Einzelleistung abgeprüft wird. Nicht hochspezialisiertes Wissen, sondern übergreifende „Schlüsselqualifikationen“ - von der Kooperationsfähigkeit bis zum ökologischen Denken - sind gefordert. Die mangelnde Teamfähigkeit […] wird demgegenüber immer wieder beklagt.“
Außerdem werde der Unterricht beziehungslos und in einem Nebeneinander der Fächer durchgeführt. Der Arbeitsbetrieb heutiger großer Schulen, spezialisierter Fachlehrer mit einem großen Stundenumfang, die sich häufig nicht genug kennen und zudem im 45 - Minuten - Takt ihren Stoff vermitteln, lasse nur wenig Raum für fachübergreifendes Lernen und Handeln. Mehr Lebensnähe, mehr Praxis und höhere Handlungsanteile werden verstärkt von Schulkritikern gefordert.
Als Erkenntnis wird postuliert, dass neue Formen des Unterrichtens getestet werden müssen. Erziehungswissenschaftler stellen fest, dass vor allem „Hauptschüler […] ein praktisches alltagsnahes Bildungsangebot“ benötigen. Über die gesamte Schullaufbahn sei individuelles und praxisnahes Lernen in Form von Unterrichtsöffnung, freiem Arbeiten und Projektarbeit nötig.
Inhaltsverzeichnis
1 Einleitung
1.1 Problemstellung
1.2 Konzeption der Arbeit
2 Ursprung und Definition des projektorientierten Lernens/ Eine geschichtliche Einordnung
2.1 Geschichtliche Einordnung der Projektmethode
2.2 Das Projekt, Versuche einer Definition der Projektmethode/ des projektorientierten Lernens
2.1.1 Das Projekt
2.1.2 Merkmale, Schrittfolgen und Aufgaben der Projektmethode
2.1.3 Projektorientiertes Lernen, Möglichkeiten der Ausweitung/ Reduktion
2.1.4 Ziele des Projektunterrichts
3 Die Vorgaben des Rahmenplans im Sportunterricht der Sekundarstufe I zum projektorientierten Lernen
3.1 Inner- und außerschulische Verbindungen knüpfen
3.2 Schülererfahrungen/ Schülerorientierung
3.3 Die ganzheitliche Persönlichkeitsentwicklung und Bildung persönlicher Kompetenzen
3.4 Gestalten der Wirklichkeit
3.5 Selbstverantwortung/ Verantwortung für andere / gemeinsame Reflexion
3.6 Differenzierung
4 Möglichkeiten und Grenzen der Projektmethode im Sportunterricht
4.1 Möglichkeiten und Probleme in der Startphase
4.1.1 Probleme beim selbstständigen Wählen eines umsetzbaren Projektthemas
4.1.2 Probleme und Möglichkeiten beim Einigen auf ein Thema aus dem Lebensbereich der Schüler
4.1.3 Der Gebrauchswert eines Projektthemas
4.2 Möglichkeiten und Probleme in der Planungsphase
4.2.1 Das Einbeziehen der Schüler in die Unterrichtsorganisation
4.2.2 Sicherheitsmaßnahmen
4.3 Möglichkeiten und Probleme in der Durchführungsphase
4.3.1 Zeit und Energie
4.3.2 Materialbeschaffung
4.3.3 Das Einbringen eigener Ideen und Fähigkeiten/ Differenzierung
4.3.4 Vielfältige inner- und außerschulische Verbindungen
4.3.5 Schlüsselqualifikationen und andere Fähigkeiten
4.4 Möglichkeiten und Probleme in der Beurteilungs- und Bewertungsphase
4.4.1 Behaltensleistung
4.4.2 Notengebung
4.4.3 Die Metainteraktion und die Abschlussreflexion
4.5 Allgemeine Probleme und Möglichkeiten
4.5.1 Die Rahmenbedingungen von Schule
4.5.2 Die mangelhafte Projektausbildung der Lehrer
4.5.3 Die veränderte Schüler- und Lehrerolle
4.5.4 Das Erfahrungslernen und die Einführung der Trendsportarten
5 Schlussbetrachtung
6 Literaturverzeichnis
1 Einleitung
1.1 Problemstellung
Mit den Ergebnissen der Pisa-Studie sind Wirtschaft und Gesellschaft sowie Eltern, Schüler, Lehrer und namhafte Pädagogen unzufrieden. Dabei wird scharfe Kritik um das Lehren und Lernen in der Schule nicht erst seit diesem Zeitpunkt laut.
Neben Fragen nach den Inhalten rückt dabei immer mehr die Frage nach den Methoden in den Vordergrund. Das heißt: Mit welchen Mitteln sind die Leistungen an den Schulen zu verbessern?
Wie kann effektiv und anwendungsbezogen gelernt werden?[1]
Vertreter der Wirtschaft und Bildungspolitiker fordern auf, gemäß den Anforderungen des Berufslebens auszubilden. Sogenannte Schlüsselqualifikationen[2] wie selbstständiges Lernen, Denken und Handeln sowie Teamfähigkeit oder Kooperationsvermögen seien bislang in der Schule nur allzu wenig berücksichtigt worden.[3] „Die Schule hängt einem längst überholten Leistungsbegriff an: Schüler müssen sich mit reproduzierbarem Spezialwissen vollstopfen, das als Einzelleistung abgeprüft wird. Nicht hochspezialisiertes Wissen, sondern übergreifende „Schlüsselqualifikationen“ - von der Kooperationsfähigkeit bis zum ökologischen Denken - sind gefordert. Die mangelnde Teamfähigkeit […] wird demgegenüber immer wieder beklagt.“[4]
Außerdem werde der Unterricht beziehungslos und in einem Nebeneinander der Fächer durchgeführt. Der Arbeitsbetrieb heutiger großer Schulen, spezialisierter Fachlehrer mit einem großen Stundenumfang, die sich häufig nicht genug kennen und zudem im 45 - Minuten - Takt ihren Stoff vermitteln, lasse nur wenig Raum für fachübergreifendes Lernen und Handeln.[5] Mehr Lebensnähe, mehr Praxis und höhere Handlungsanteile werden verstärkt von Schulkritikern gefordert.[6]
Als Erkenntnis wird postuliert, dass neue Formen des Unterrichtens getestet werden müssen. Erziehungswissenschaftler stellen fest, dass vor allem „Hauptschüler […] ein praktisches alltagsnahes Bildungsangebot“[7] benötigen. Über die gesamte Schullaufbahn sei individuelles und praxisnahes Lernen in Form von Unterrichtsöffnung, freiem Arbeiten und Projektarbeit nötig.[8]
Festzuhalten bleibt:
Wenn Schule mit ihrem Bildungs- und Erziehungsauftrag erfolgreicher sein will, muss sie sich selbst hinterfragen und neue Formen finden, die Schüler zu motivieren und auf das schulische und außerschulische Leben kompetenter vorzubereiten.
Als einer der Heilswege wird in der Diskussion stets die Projektmethode bzw. der Projektunterricht aufgezeigt, dennoch kaum umgesetzt. Dabei ist die Projektmethode schon sehr lange bekannt und wird vor allem in den schulischen Einrichtungen angewandt, die sich als innovativ bezeichnen oder die auf das Erzieherische besonderen Wert legen.[9] Das projektorientierte Lernen ist dort zu einem Teil des Schulprofils geworden, welches die Zusammen-hanglosigkeit des Lernstoffes einzelner Fächer zu vermeiden versucht.[10] Die Verbindung aller Bereiche des Lebens, in dem alles in Abhängigkeit vom anderen funktioniert, ruft eine grundlegend andere Lernorganisation hervor, als es in der Regelschule mit festgelegten Lehrplänen vorgegeben ist.[11]
Hat die Projektmethode im Fach Sport an innovativen und Reformschulen schon eine sehr untergeordnete Rolle, so ist sie im Sportunterricht der Regelschule, wenn nicht eine große Ausnahme, so eher gar nicht vorhanden. Es stellt sich also die Frage, was die Umsetzung dieser offenbar segensreichen Lernform so schwierig macht, dass sie kaum Anwendung findet bzw. dass sich mittlerweile einige Schulen dafür gar in ihrem Profil verändert haben.
Daraus ergeben sich die Fragestellungen dieser Arbeit:
Inwiefern findet im aktuellen Lehrplan Sport des Landes Hessen die Projektmethode überhaupt Berücksichtigung? Stellt das projektorientierte Lernen eine Lösung für unsere bildungspolitischen Probleme dar? Welche Schwierigkeiten gehen im Sportunterricht damit einher, welche Möglichkeiten bietet es? Inwieweit stellt es eine Alternative zu praktizierten Lehr- bzw. Lernstrukturen dar?
Und nun im Speziellen:
Hat die Projektarbeit im Sportunterricht der Sekundarstufe I Sinn?
Schwierigkeiten, Möglichkeiten und Grenzen.
Mit Beantwortung dieser Fragen will die Autorin einen objektiveren und fruchtbaren Beitrag zur beschriebenen Diskussion, speziell im Fach Sport, beitragen.
1.2 Konzeption der Arbeit
Aus der Fülle an Literatur zur Projektmethode wird in Anlehnung an Balz durch Textforschung dem Sinn oder Unsinn, den Möglichkeiten und Grenzen des projektorientierten Lernens nachgegangen.
Im Kapitel zwei soll der mögliche Ursprung und auch die geschichtliche Entwicklung der Projektmethode dargestellt werden. Ebenso werden einige mögliche Definitionen, Merkmale, Schrittfolgen, Aufgaben und Ziele des projektorientierten Lernens aufgezeigt.
Im dritten Abschnitt soll herausgearbeitet werden, welche Vorgaben das Hessische Kultusministerium im Rahmenplan der Haupt- und Realschule in der Sekundarstufe I zum projektorientierten Lernen im Sportunterricht macht.
Der vierte Abschnitt geht anhand eines praxisnahen Beispiels sowohl auf die Grenzen und Probleme als auch auf die Chancen und Möglichkeiten der Projektmethode im Schulsport ein.
Die abschließende Betrachtung in Teil fünf fasst die Ergebnisse dieser Arbeit zusammen.
Im weiteren Verlauf wird aus Gründen der besseren Lesbarkeit nur die männliche Form für Personen oder Personengruppen aufgeführt. Die Autorin hat jedoch stets Personen beiderlei Geschlechts gemeint und bittet die Leserin und den Leser, dies ebenso zu sehen.
2 Ursprung und Definition des projektorientierten Lernens/eine geschichtliche Einordnung
Da der Unterricht nach der Projektmethode häufig auch als ein Unterricht der „anderen Art“ bezeichnet wird, ist es interessant herauszufinden, was denn so anders und besonders an dieser Form des Lernens und Lehrens ist.
Aus historischer Sicht sind verschiedene Definitionen möglich. Die Projektmethode wird von diversen Autoren unterschiedlich beschrieben, so dass man schon fast von einem „Wirrwarr“ in ihrer Bedeutung sprechen kann. Der genaue historische Ursprung ist umstritten und schwer zu erfassen.[12] Eine Vielzahl von Autoren hat sich bislang mit dem Thema Projektunterricht beschäftigt, wobei ein Ende der fachwissenschaftlichen Diskussion über die Form, ihren Ursprung und ihren Einsatz, noch nicht abzusehen ist.
In dieser Arbeit soll nur ein kurzer historischer Überblick vermittelt werden, denn es ist nicht Ziel, eine umfassende begriffsgeschichtliche Untersuchung darzulegen. Es wird bewusst auf eine fachspezifische Diskussion verzichtet.
2.1 Geschichtliche Einordnung der Projektmethode
Erste Ansätze der Projektarbeit reichen mehr als ein Vierteljahrhundert zurück. Knoll ist der Auffassung, dass der Begriff „Projekt“, auch Planverwirklichung[13] genannt, schon im 18. Jahrhundert im Unterricht der Kunstakademien in Italien und Frankreich verwendet wurde. Seiner Ansicht nach handelt es sich um den einzig wahren und ursprünglichen Projektunterricht.[14]
Die königliche Akademie führte unter den Architekturstudenten einen Wettbewerb durch, deren Entwürfe „projects“ genannt wurden. Kooperation und Kreativität standen im Mittelpunkt und sollten zu originellen Lösungen führen.[15]
Hahne und Schäfer vertreten Knolls Ansichten über den Ursprung der Projektmethode nicht.[16]
Der Projektgedanke gelangte von den Akademien in Frankreich auch in den deutschsprachigen Raum.[17] Fraglich bleibt, ob es sich dabei wirklich um den pädagogischen Projektunterrichtsbegriff handelt.
Rousseau, Pestalozzi, Humboldt und andere pädagogische Klassiker beschrieben in ihren Bildungstheorien grundlegende Gedanken der Aufklärung, welche in der Projektmethode wiederzufinden sind.[18]
Nach Knolls Ansicht brachte Calvin M. Woodwart Ende des 19.Jahr-hunderts „die Arbeit an einem Projekt“ in die höheren Schulen Amerikas.[19] Im Rahmen der amerikanischen Schulreformbewegung nutzte Charles R. Richards die neue pädagogische Lernform und ließ Schüler realistische Aufgaben durchplanen und ausführen. Das ganzheitliche Lernen war für ihn von großer Bedeutung, ebenso wie das Lernen an einer realen Aufgabe.[20]
Nach Knolls Auffassung fand die Projektmethode 1879 ihre Anwendung in der Washington University in St. Louis. In der dort gegründeten Manual Training School mussten die Schüler ihre Projekte nicht nur planen, sondern auch an tatsächlichen Aufgaben im Alltag oder im Beruf praktisch umsetzen. Die drei Prinzipien: Schülerorientierung, Wirklichkeitsorientierung und Produkt-orientierung waren grundlegend.[21]
Zu Beginn des 20. Jahrhunderts entstand eine Projektbewegung, bei der John Dewey (1859-1952) ein zentraler Wegbereiter war. In der John und Evelyn Deweys School of Tomorrow, der Laborschule in Chicago[22], wurde das neue Erziehungskonzept „Learning by doing“ durch die Anwendung der Projektmethode eingeführt. Das projektorientierte Lernen wurde vielfältig ausprobiert und anscheinend jede Aufgabe zum Projekt erklärt. Theorie und Praxis, Lernen und Anwenden, Gesellschaft und Schule wurden durch Deweys Erziehungskonzept zusammengeführt. Dewey vertrat die Auffassung, dass Selbstbestimmung und Mitbestimmung im Unterricht sowie Öffnung der Schule nach außen der einzige Weg sei, auf das Leben in der Gesellschaft vorzubereiten.[23]
Ein weiterer Wegbereiter war Deweys Schüler William Heard Kilpatrick (1871 - 1965). Ihm war wichtig, dass das Projekt als eine bestimmte Philosophie der Erziehung verstanden wird. Aufgrund dessen definiert er Projekt als “planvolles Handeln aus ganzem Herzen, das in einer sozialen Umwelt stattfindet“[24] Den Schülern sollte es ermöglicht werden, durch Handeln Wissen zu erweben. Denken, Handeln und Wissen sollte nicht nur im schulischen Rahmen gelehrt werden, sondern auch in der außerschulischen Wirklichkeit, dem Leben, vermittelt werden.[25]
Die Frühform des Projektverständnisses und ihre Anwendung in der Schule war das Verbinden von Leben und Denken, Handeln und Wissen und meinte insbesondere die Verbindung von Schule und außerschulischer Wirklichkeit.[26] Entgegen seinem Kollegen Dewey orientierte sich Kilpatrick vor allem an den Tätigkeiten und Interessen der Lernenden, im Besonderen denen der Kinder. Jeder zweckgebundenen Erfahrung sollte der Begriff Projekt zugeordnet sein[27], was natürlich zu weit gefasst wäre, um es als eine Theorie der Projektmethode zu beschreiben.
Kilpatrick versuchte die Projektmethode näher einzugrenzen. Er reduzierte schlussendlich die Ausgangskriterien der Arbeitsschule und des Werkstattunterrichts im 19. Jahrhundert auf eines: die Schülerorientierung. Sie war ihm aufgrund von Thorndikes lernpsychologischen Ansätzen wichtiger geworden als die Wirklichkeitsorientierung und die Produktorientierung. Er überprüfte Thorndikes Hypothese nie, die besagt, dass ein Handeln unter Zwängen nicht wiederholt würde, ein Handeln aus Neigung allerdings erfolgreich verlaufe und zufrieden mache.[28] Es ist in Frage zu stellen, ob sich aus einem Projektkriterium heraus ein ganzes Konzept definieren lässt.
Demgegenüber standen einerseits diejenigen, die den Schwerpunkt auf die Form eines Lehrgangs legten. Anderen war die Reduktion des Begriffsverständnisses der Projektmethode auf eine Problemmethode wichtig.[29] Hierbei wurde die Projektarbeit zum schematisierten Projektplanungsprozess, was meint, dass jedes Problem ein Projekt sein konnte.[30]
Die Theorie der Projektmethode kam in die Diskussion.[31]
Stormsand versuchte als Erster herauszustellen, dass Projektarbeit immer praktisches Arbeiten in sich begreift. Er schreibt dem Handeln der Problemmethode nur symbolischen Charakter zu. Ein Projekt der Problemmethode kann hier schon als beendet angesehen werden, wenn die Lösung theoretisch vorliegt. Beim Arbeiten mit der Projektmethode muss eine praktische Umsetzung folgen und das Ergebnis greifbar vorliegen.[32]
Deutlich wird, dass es schon sehr früh viele verschiedene Auffassungen von der Umsetzung der Projektmethode gab.
Die Hauptausprägungszeit des Projektunterrichts war von 1900 bis 1933. In Deutschland wurde sie unter anderem von Georg Kerschensteiner (1854-1932) aufgegriffen, der sich für praktisches und produktorientiertes Lernen stark machte und 1910 zur Weiterbildung in Chicago war.[33] Er vertrat zwar die Denkweise Deweys, doch wollte er die Selbst- und Mitbestimmung der Schüler nicht in sein Lehrkonzept aufnehmen.[34]
Sein Kontrahent, Hugo Gaudig, betonte den Aspekt der Selbst-tätigkeit und forderte diesen Grundsatz vom ersten bis zum letzten Schultag.[35]
Kurt Hahn war wahrscheinlich der erste Deutsche, der 1926 das Wort „Projekt“ benutzte. Im erlebnispädagogischen Rahmen vertrat er die Gedanken Kilpatricks und beschrieb, dass alles, was die persönliche Entfaltung der Schüler fördere, zum Lernen in Projekten genutzt werden könne. Laut Hahn könnten ausdauerndes, produktives Handeln und die Betätigung aus dem Herzen Schule und Wirklichkeit zusammenführen.
Fritz Karsen trat 1927 in der „Sozialen Arbeitsschule“ vor allem für das Wachstum von demokratischen und genossenschaftlichen Fähigkeiten durch die Projektmethode ein. Seiner Ansicht nach hatte die Verbindung von Schule und Gesellschaft Priorität.
Otto Hase, einer der wichtigen Reformpädagogen, entwickelte das „Konzept des Vorhabens“[36]. Einerseits bedeutete es „Einüben gemeinschaftsdienlichen Verhaltens“,[37] andererseits wurden selbstbestimmtes Lernen und Handeln zur gesellschaftlichen Weiterentwicklung in den Vordergrund gestellt.[38]
Im Faschismus wurde das Einbeziehen der Schülerinteressen und auch das selbstständige Denken und Handeln strikt abgelehnt. Die Projektmethode durfte ausschließlich zur Militarisierung eingesetzt werden. Das gemeinsame Sammeln von Altmaterial oder Heilkräutern zum Beispiel, aber auch Erntehilfe, verknüpfte die Schule mit der Gesellschaft und ließ den Gemeinschaftsgedanken der Projektmethode zu dieser Zeit nur begrenzt zu.[39]
Nach 1945 wurde der Projektunterricht in der ehemaligen DDR nicht weitergeführt. Anstelle dessen gewann das „Arbeitsvorhaben“ im Fach Polytechnik an Bedeutung, welches dem projektorientierten Lernen sehr ähnelte.
In der BRD hielt die Methode des „Vorhabens“ erst fünf Jahre später in der Volksschule Einzug. Im weiteren Verlauf fand sich die Anwendung des projektorientierten Arbeitens in der Hauptschule, mit der Begründung, dass das praktische und anschauliche Lernen besser für Hauptschüler und das wissensorientierte und abstrahierende angemessener für Gymnasiasten sei.[40]
Seit den sechziger Jahren kommt die Projektmethode in sämtlichen Bildungsbereichen vor[41] und ihre Umsetzung in den Schulen wird auch heutzutage in der Öffentlichkeit angeregt.[42]
2.2 Das Projekt, Versuche einer Definition der Projektmethode/ des projektorientierten Lernens
Diese Darstellung beschränkt sich auf einige aus der Fachliteratur ausgewählte Beschreibungen von Merkmalen, Schrittfolgen, Aufgaben und Zielen der Projektmethode. Auf eine ausführliche Diskussion wird an dieser Stelle verzichtet. Die Projektmethode wurde vornehmlich von Frey, Gudjons und Hänsel ausgearbeitet und weitergeführt.
2.1.1 Das Projekt
Das Projekt beschreibt ein Vorhaben, einen Entwurf, einen Plan, der auch wirklich in die Tat umgesetzt werden soll. Unabhängig, in welchem Rahmen ein Projekt durchgeführt wird, kann es sowohl der Bau eines Hauses sein als auch das Backen eines Laibes Brot oder die Aufführung einer Artistenshow in der Schule.[43]
Bossing definiert Projekt folgendermaßen: “Das Projekt ist eine bedeutsame praktische Tätigkeit, die Aufgabencharakter hat, von Schülern in natürlicher Weise geplant und ausgeführt wird, die Verwendung physischer Mittel in sich begreift und die Erfahrung bereichert“.[44]
Im Hinblick auf die Anwendung der Projektarbeit in der Schule ist es laut Kaiser unabdingbar, Lernen folgendermaßen zu organisieren: Schüler sollen komplexe Aufgaben aus der Lebenswirklichkeit mit Unterstützung des Lehrers lösen. Sie sollen die Durchführung planen und sie mit physischen Mitteln praktisch umsetzen. Die Erfahrungsbereicherung soll durch eine abschließende Beurteilung festgehalten werden.[45]
2.1.2 Merkmale, Schrittfolgen und Aufgaben der Projektmethode
Im Folgenden sollen einige ausgewählte Vertreter der Projektmethode mit ihren Merkmalsmodellen vorgestellt werden.
Das erste Projektkonzept, der Problemlöseprozess, hat die längste Tradition. Knoll ist der Meinung, dass es die einzig richtige Konzeption ist. Alltagssprachlich bedeutet Projekt eine Planverwirklichung, ein Experiment, ein Vorhaben, ganz einfach ausgedrückt: praktisches Problemlösen. So ist es nicht verwunderlich, das der Begriff „Projekt“ nicht im Besonderen an die Schule gebunden verwendet wird.[46]
- Schülerorientierung,
- Wirklichkeitsorientierung und
- Produktorientierung
sind die von Knoll ausgeführten Merkmale der Projektmethode.[47]
Die vom Lehrer gestellte Aufgabe sollte von den Schülern geplant und durchgeführt werden. Theorie und Praxis können so verbunden werden und den Schülern ganz real nahegebracht werden. Unter anderem durch das Anfertigen von Gegenständen können die Pläne verwirklicht werden.
In ähnlicher Weise stellt Kaiser seine vier Wesensmerkmale dar:
- Als erstes Merkmal findet sich der Aufgabencharakter der praktischen Tätigkeit,
- als zweites die Planung und Ausführung des Projekts durch die Schüler;
- das dritte Merkmal ist die Verwendung physischer Mittel,
- das vierte die Erfahrungsbereicherung der Projektteilnehmer.[48]
Auch Kaiser verweist darauf, dass die Projektmethode in erster Linie vom praktischen Problemlösen, also vom Mitgestalten und Miterleben der Lernenden lebt.[49] Als Ausgangspunkt für die von Kaiser vertretenen Merkmale sind die Stufen des Denkens von Dewey zu nennen. Er umschreibt das Denken als Methode der bildenden Erfahrung. „Die wesentlichen Merkmale der Methode sind […] identisch mit denen […] des Denkens. Es sind Folgende: Erstens, dass der Schüler eine wirkliche Sachlage vor sich hat […]; zweitens, dass in dieser Sachlage ein echtes Problem erwächst und damit eine Anregung zum Denken; drittens, dass er das nötige Wissen besitzt und die notwendigen Beobachtungen anstellt, um das Problem zu behandeln; viertens, dass er auf mögliche Lösungen verfällt und verpflichtet ist, sie in geordneter Weise zu entwickeln; fünftens, dass er die Möglichkeit und die Gelegenheit hat, seine Gedanken durch praktischen Wert selbständig zu entdecken.“[50]
[...]
[1] vgl. Grefe 2003, S. 8f
[2] Bauer 2001, S. 191- 197
[3] vgl. Tillmann 1997, S. 153f
[4] ebd.,
[5] vgl. Grefe 2005, S. 14f
[6] vgl. Otto 1997,
[7] Dunker, 2006,
[8] vgl. Bastian/ Schnack 1997,
[9] vgl. Frey 1982, S. 28.
[10] vgl. Hänsel 1999, S. 10.;
Sie nennt an dieser Stelle auch innovative Schulen, die regelmäßig an Projekten arbeiten und sich aufgrund dessen Reformschulen nennen.
[11] vgl. Oelkers 1999, S. 13f
[12] vgl. Hänsel 1999,
[13] vgl. Bossing 1970, aus Kaiser 1989,
[14] vgl. Hahne/ Schäfer 1997,
[15] vgl. Oelkers 1999,
[16] vgl. Hahne/ Schäfer 1997,
[17] vgl. Oelkers 1999,
[18] vgl. Emer/ Horst 1994, S. 1f.; Selbstbestimmung und Selbsttätigkeit des Menschen, die Freiheit des eigenen Denkens, der Gesellschaftsbezug bei der Menschenbildung und das ganzheitliche Lernen mit Kopf, Herz und Hand.
[19] vgl. Knoll 1992, S. 90f
[20] vgl. Frey 1982, S. 26ff.; Emer/ Horst 1994,
[21] vgl. Emer/ Horst 1994,
[22] vgl. Emer/ Horst 1994, S. 2.; gegründet 1896
[23] vgl. ebd., S. 2f
[24] Kilpatrick 1935, S.162 zitiert nach Kaiser 1989,
[25] vgl. ebd.,
[26] vgl. Kaiser 1989,
[27] vgl. Oelkers 1999,
[28] vgl. Oelkers 1999,
[29] vgl. ebd.,
[30] vgl. Kaiser 1989,
[31] vgl. Oelkers 1999,
[32] vgl. Nelson/ Bossing 1977, S. 119ff
[33] vgl. Emer / Horst 1994,
[34] vgl. ebd.
[35] vgl. Vaupel 1997,
[36] Emer/ Horst 1994,
[37] ebd.
[38] vgl. ebd.
[39] vgl. Emer/ Horst 1994,
[40] vgl. ebd., S. 7f
[41] vgl. Frey 1982, S. 26ff
[42] vgl. Dunker 2006, S. 8.; Struck 2006,
[43] vgl. Kaiser 1989,
[44] Bossing 1970, S. 129ff zitiert nach Kaiser 1989,
[45] vgl. ebd.
[46] vgl. Knoll 1992,
[47] vgl. Knoll 1992,
[48] vgl. Kaiser 1989,
[49] vgl. ebd.
[50] Dewey 1964, S. 218 zitiert aus Döhring 2001,
- Arbeit zitieren
- Stephanie Weil (Autor:in), 2006, Projektorientiertes Lernen im Sportunterricht der Sekundarstufe I, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/78335
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