Voraussetzungen
Diese Arbeit soll sich mit einer Bestandsaufnahme des Politikfeldes Umwelt befassen. Dabei müssen wir uns damit auseinandersetzen, welche Maßstäbe zur Beurteilung des Politikfeldes für sinnvoll gehalten werden und welche Ebenen in der Beschreibung des Gegenstandes zu kurz greifen. Anderenfalls geraten wir bei so einem vielschichtigen Thema wie der Umweltpolitik schnell zu einer Aneinanderreihung von Meinungen und Daten. Zunächst mal ist festzuhalten, daß sich Umweltpolitik und deren Effizienz in bezug auf das Handlungsziel daran messen lassen muß, ob sie langfristig in der Lage ist, die biosphärischen Gleichgewichte zu wahren, den ökologischen Zerstörungsprozeß, den die heutige Zivilisation hervorgebracht hat, zu stoppen. Ist diese Zielbestimmung nicht gegeben, kann von Umweltpolitik im eigentlichen Sinne nicht mehr gesprochen, sondern nur ein Krisenmanagement festgestellt werden. Dies bedeutet auch, daß Umweltpolitik in ihrer Effizienz nicht aus ihrem unmittelbaren Handeln evaluiert werden kann, und darüber hinaus reicht es auch nicht aus, die Politikwirkungen nach einem Jahrzehnt einer Abschätzung zuzuführen, wie dies in der Politikforschung im allgemeinen üblich ist. Eine Leistungsbilanz von Umweltpolitik ist erst dann möglich, wenn wir das oben benannte Kriterium berücksichtigen. Jedoch bleibt zu beachten, daß es auch viele umweltpolitische Erfordernisse gibt, die innerhalb der globalen Zielbestimmung einer ökologi-schen Stabilität Berücksichtigung finden müssen, ihr jedoch nur mittelbar dienen. In dieser Eigenschaft verfügen sie über eine nachgeordnete Wichtigkeit und können teilweise in konventionellem Sinne beschrieben und untersucht werden, also ohne den Gesamtrahmen der ökologischen Gleichgewichte.
Eine zentrale Frage ist jedoch, wo liegen die irdischen Belastungsgrenzen des Planeten. Dies ist auf einer rein politikwissenschaftlichen Ebene nicht zu beantworten und bedarf der Verarbeitung naturwissenschaftlicher Erkenntnisse, da Naturgesetze eine vorrangige Gültigkeit besitzen. Dies zur Voraussetzung für die nachfolgenden Darlegungen.
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Inhalt
Voraussetzungen
Geschichtlicher Einstieg
Ein kurzer Exkurs zur DDR
Staatliche Umweltinstitutionen
EU und Umweltpolitik
Umweltpolitik: Naheinstellungen
Die Prioritäten für Umweltpolitik
„Politik ist nicht mehr politisch genug“
Sozialökologische Reformziele
Totalitarismus und Umweltpolitik
Voraussetzungen
Diese Arbeit soll sich mit einer Bestandsaufnahme des Politikfeldes Umwelt befassen. Dabei müssen wir uns damit auseinandersetzen, welche Maßstäbe zur Beurteilung des Politikfeldes für sinnvoll gehalten werden und welche Ebenen in der Beschreibung des Gegenstandes zu kurz greifen. Anderenfalls geraten wir bei so einem vielschichtigen Thema wie der Umweltpolitik schnell zu einer Aneinanderreihung von Meinungen und Daten. Zunächst mal ist festzuhalten, daß sich Umweltpolitik und deren Effizienz in bezug auf das Handlungsziel daran messen lassen muß, ob sie langfristig in der Lage ist, die biosphärischen Gleichgewichte zu wahren, den ökologischen Zerstörungsprozeß, den die heutige Zivilisation hervorgebracht hat, zu stoppen. Ist diese Zielbestimmung nicht gegeben, kann von Umweltpolitik im eigentlichen Sinne nicht mehr gesprochen, sondern nur ein Krisenmanagement festgestellt werden. Dies bedeutet auch, daß Umweltpolitik in ihrer Effizienz nicht aus ihrem unmittelbaren Handeln evaluiert werden kann, und darüber hinaus reicht es auch nicht aus, die Politikwirkungen nach einem Jahrzehnt einer Abschätzung zuzuführen, wie dies in der Politikforschung im allgemeinen üblich ist.[1] Eine Leistungsbilanz von Umweltpolitik ist erst dann möglich, wenn wir das oben benannte Kriterium berücksichtigen. Jedoch bleibt zu beachten, daß es auch viele umweltpolitische Erfordernisse gibt, die innerhalb der globalen Zielbestimmung einer ökologischen Stabilität Berücksichtigung finden müssen, ihr jedoch nur mittelbar dienen. In dieser Eigenschaft verfügen sie über eine nachgeordnete Wichtigkeit und können teilweise in konventionellem Sinne beschrieben und untersucht werden, also ohne den Gesamtrahmen der ökologischen Gleichgewichte.
Eine zentrale Frage ist jedoch, wo liegen die irdischen Belastungsgrenzen des Planeten. Dies ist auf einer rein politikwissenschaftlichen Ebene nicht zu beantworten und bedarf der Verarbeitung naturwissenschaftlicher Erkenntnisse, da Naturgesetze eine vorrangige Gültigkeit besitzen. Dies zur Voraussetzung für die nachfolgenden Darlegungen.
Geschichtlicher Einstieg
Ernst Haeckel prägte 1866 die Bezeichnung Ökologie, als einer Wissenschaft, die sich mit den Wechselbeziehungen der Organismen und ihrer belebten und unbelebten Umwelt befaßt sowie dem Stoff- und Energiehaushalt der Biosphäre. Schon vor Beginn des 20. Jahrhunderts existierten erste Organisationen für den Naturschutz.[2] Mit der industriellen Entwicklung erkrankten bereits damals die Wälder, einige Binnengewässer waren biologisch tot durch eingeleitete Abwässer.
Auf Betreiben von Wilhelm Bode und Fritz Ecker wird 1921 der erste deutsche Naturschutzpark in der Lüneburger Heide eingerichtet. Im Gefolge wurde der Naturschutz als Staatsaufgabe anerkannt und fand Eingang in die Reichsverfassung. 1935 verabschiedete man das bis 1976 in Westdeutschland geltende Reichsnaturschutzgesetz.[3] (abgelöst durch das Bundesnaturschutzgesetz)
Erst gegen Ende der sechziger Jahre entsteht eine Umweltschutzbewegung, die sich in der Regel über Bürgerinitiativen artikulierte. Eine wichtige Signalwirkung hatte besonders in den USA das Buch „Der stumme Frühling“ von Rachel Carsons, das 1962 auf deutsch erschien.[4] Ein weiteres Buch, das weitreichende Wirkungen entfaltete, war „Die Grenzen des Wachstums“, eine Studie des Club of Rome, verfaßt von Dennis L. und Donella H. Meadows u.a..[5] Im Juni 1972 findet die schon mehrere Jahre vorher angekündigte Umweltkonferenz der Vereinten Nationen in Stockholm statt. Die regionalen und lokalen Bürgerinitiativen werden in Deutschland immer mehr zur Basis der hiesigen Umweltbewegung. Die staatliche Institutionalisierung des Politikfeldes Umwelt beginnt schon vorher. 1972 gründete sich der Bundesverband Bürgerinitiativen Umweltschutz (BBU), drei Jahre später der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND). Greenpeace international, seit 1972 aktiv, 1980 gründet sich eine eigenständige deutsche Sektion. Ebenfalls 1980 kam es zur Gründung der Grünen Partei, die zunächst sehr unterschiedliche politische Orientierungen einbinden konnte, von wertkonservativen bis sozialistischen Einstellungen. Später wird sich die ÖDP unter anderem aus Teilen der Grünen konstituieren. Zwar ziehen 1983 die Grünen erstmals in den Bundestag ein, jedoch verstärkt sich in den folgenden Jahren der Prozeß, daß immer mehr kritisch-emanzipatorische Politikinhalte mit der fortschreitenden „Verparlamentarisierung“ und „Vermachtung“ abgedrängt werden.[6]
Ein kurzer Exkurs zur DDR
In der DDR wurde bereits 1968 die Aufgabe des Umweltschutzes in die Verfassung geschrieben, und seit 1971 existierte ein Umweltministerium. Zuvor wurde mit dem Landeskulturgesetz schon ein umfassendes Umweltrahmengesetz erlassen, das durch zahlreiche Einzelgesetze und Durchführungsordnungen ergänzt wurde.[7]
Die formale Institutionalisierung hatte jedoch nicht zur Konsequenz, daß viele drängende Problemzonen wirklich einer Lösung zugeführt worden wären. Zwar war die DDR im Naturschutz weitaus erfolgreicher als die BRD. Mit der Wende 1989 gab es auf diesem Gebiet dramatische Einbrüche.[8] Zudem orientierte sich die DDR-Verkehrspolitik sehr stark auf die Nutzung der Bahn für den Transport, und der öffentliche Verkehr wurde überaus weitgehend gefördert. Zugleich begünstigte die undifferenzierte Subvention von Grundmitteln für die Lebenshaltung wie z.B. Miete, Lebensmittel, Energie und Wasser einen verschwenderischen Umgang mit Ressourcen. Im Produktionsprozeß konnte man fast überall mangelnde Effizienz beim Einsatz von Energie und Stoffströmen feststellen. Andererseits war der „Verpackungswahn“, wie er in den westlichen Ländern üblich ist, weit weniger ausgeprägt, die Quote für Mehrwegflaschen z.B. dürfte nahe 100 % betragen haben. Die Langlebigkeit von Produkten war häufiger nicht zufriedenstellend, wenngleich die Alltagserfahrung West kenntlich macht, daß manche Produktlösung Ost durchaus auch Vorzüge in diesem Punkte hatte. Technische Konsumgüter wurden im Defektfall sehr viel häufiger repariert, hatten einen längeren Nutzungszyklus.
Nicht vergessen darf man, der Waldbestand etwa in den Kammlagen des Erzgebirges wurde schwer geschädigt durch Industrieabgase, die Kapitel Bitterfeld, Wismut und viele andere kommen hinzu. Ganz zweifellos, wie Martin Jänicke ausführt, trug die hohe Luftverschmutzung in der DDR dazu bei, daß die Lebenserwartung etwa 1983 gegenüber der BRD vier Jahre niedriger lag.[9] Jedoch liegt die Vermutung nahe, daß dies vielfach auch mit den Arbeitsbedingungen zu tun hatte.
Die kritische Umweltbewegung von unten, soweit sie sich entwickeln konnte, rief die Staatsschützer auf den Plan. Zwar gab es die offiziell erlaubten Aktivitäten im Rahmen des Kulturbundes und des Naturschutzes z.B., aber jede noch so geringe Aktivität, die eine kritische Position gegenüber der Staatstätigkeit bedeutete, wurde mit Hilfe des Staatssicherheitsdienstes, so weit sich das umsetzen ließ, unterbunden.[10]
Staatliche Umweltinstitutionen
In Westdeutschland wird auf der Bundesebene erst 1986 nach der Reaktorkatastrophe in Tschernobyl das Umweltministerium eingerichtet, wenngleich auf Länderebene das erste Umweltministerium in Bayern bereits seit 1970 existierte[11]. Das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit führte die Aufgaben des Umweltschutzes zusammen, die bis dahin durch das Innenministerium, Landwirtschaftsministerium und Gesundheitsministerium wahrgenommen worden waren. Heute gehören zum Geschäftsbereich des Bundesumweltministeriums drei Bundesämter. Das Umweltbundesamt ist das größte unter den drei Ämtern und bereits 1974 gegründet worden. Es ist zuständig für die wissenschaftlich-technische Unterstützung des Ministeriums, insbesondere auch für die Erarbeitung von Rechts- und Verwaltungsvorschriften. Wichtige Aufgaben sind darüber hinaus die Aufklärung der Öffentlichkeit in Umweltfragen, die Sammlung von Umweltdaten und deren Veröffentlichung. Dazu gehören aber auch zahlreiche Aktivitäten im internationalen Bereich.
Die zentrale Behörde des Bundes für den nationalen und internationalen Naturschutz ist das Bundesamt für Naturschutz, das es seit 1993 gibt. Es betreibt Eigenforschung, vergibt Forschungsaufträge und betreut Bundesförderprogramme. Das Amt unterhält eine zentrale Literaturdokumentation und –Information, um eine schnelle und zuverlässige wissenschaftliche Arbeit im Naturschutzbereich zu befördern. Es unterstützt die praktische Arbeit von Verwaltungen sowie Naturschutzverbänden und berät die Bundesregierung.
Das 1989 eröffnete Bundesamt für Strahlenschutz nimmt Aufgaben auf den Gebieten des Strahlenschutzes, der atomtechnischen Sicherheit, der Beförderung radioaktiver Stoffe und der Lagerung radioaktiver Abfälle wahr. Entsprechend dem Atomgesetz und dem Strahlenschutzvorsorgegesetz verantwortet es Vollzugsaufgaben des Bundes.[12]
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[1] Martin Jänicke; Rot-grüne Umweltpolitik: Eine Zwischenbilanz; in: Günter Altner u.a. (Hrsg.) Jahrbuch Ökologie 2001, München, 2000, S.46
[2] Brockhaus Enzyklopädie in 24 Bänden (19.Auflage), Band 16, Mannheim, 1991, S.148
[3] Brockhaus Enzyklopädie in 24 Bänden (19.Auflage), Band 15, Mannheim, 1991, S.384
[4] Brockhaus Enzyklopädie in 24 Bänden (19.Auflage), Band 4, Mannheim, 1987, S.345; vgl. auch in: Herbert Gruhl; Ein Planet wird geplündert. Die Schreckensbilanz unserer Politik, Frankfurt am Main, 1975
[5] Brockhaus Enzyklopädie in 24 Bänden (19.Auflage), Band 22, Mannheim, 1993, S.612
[6] siehe auch z.B.: Verena Krieger; Was bleibt von den Grünen? Hamburg,1991
[7] Martin Jänicke, Philip Kunig, Michael Stitzel; Umweltpolitik. Lern und Arbeitsbuch. Politik, Recht und Management des Umweltschutzes in Staat und Unternehmen, Bonn, 1999, S.45
[8] Klaus Hart; Wendeverlierer Natur; in: telegraph. Ostdeutsche Quartalsschrift Nr.100, 4/1999, S.96-103
[9] Martin Jänicke; Staatsversagen. Die Ohnmacht der Politik in der Industriegesellschaft, München, 1986, S.172f.
[10] siehe dazu z.B.: Uwe Bastian; Greenpeace in der DDR. Erinnerungsberichte, Interviews und Dokumente, Berlin, 1996
[11] Hartwig Walletschek und Jochen Graw; Ökolexikon. Stichworte und Zusammenhänge, München, 1995, S.235
[12] http://www.umweltministerium.de, 2.1.2001