Diese Arbeit wendet sich einem Autor zu, der von der Literaturwissenschaft, im Gegensatz zu seinem Dichterkollegen und Wegbegleiter Robert Gernhardt, bisher völlig vernachlässigt wurde: Fritz Weigle, besser bekannt unter seinem Pseudonym F. W. Bernstein.
Neuere literatur- und kulturwissenschaftliche Ansätze werden zusammengefasst, um darauf aufbauend die Verfahrensweisen zu analysieren, mit denen Bernstein in seiner Lyrik Komik erzeugt.
Dass Bernsteins Lyrik zumeist ironisch gebrochen, provozierend naiv und nicht selten anarchisch anmutend daherkommt, erhöht den Schwierigkeitsgrad, fundierte Aussagen aus ihr heraus zu filtern, sollte jedoch kein Grund sein, sich nicht ernsthaft mit ihr auseinander zu setzen.
Ziel der Arbeit ist nicht zuletzt, Bernsteins Texte auf ihre Relevanz für die moderne Dichtung hin zu untersuchen und die in ihnen enthaltene Komik als eine ästhetische Haltung zu beschreiben.
Ein ausführliches Interview mit dem Autor ist im Anhang der Arbeit enthalten.
Inhaltsverzeichnis
1 Einleitung
2 Versuch einer Annäherung an die literarische Komik
3 Die Gattungen des Komischen
3.1 Humoristisches
3.2 Witz
3.3 Satire
3.4 Nonsens
3.5 Parodie
3.6 Travestie
4 Exkurs: Kritik des Begriffs der literarischen Hochkomik
5 Rhythmus, Reim und Komik
6 Die Parodie bei Bernstein
6.1 Parodien konkreter Textvorlagen
6.2 Parodien von Stilen und Gattungen
7 Metapoesie bei Bernstein
7.1 Dichtung und Dichten als Thema
7.2 Metapoetische Bildgedichte
8 Resümee
9 Anhang: Interview mit F. W. Bernstein
10 Literaturverzeichnis
Primärliteratur:
Lexika, Nachschlagewerke:
Sekundärliteratur:
1 Einleitung
Was macht komische Texte komisch? Wie lässt sich Komik beschreiben? Lässt sich Komik überhaupt beschreiben? Dies sind Fragen, mit denen sich die Literaturwissenschaft bislang viel zu wenig auseinandergesetzt hat. Noch immer spielt die Komik in der Literaturwissenschaft, im Vergleich zu ihrer Popularität, ihren vielfältigen Erscheinungsformen und ihrer Stellung in der Literatur, eine unverhältnismäßig marginale Rolle. Es scheinen nicht nur in dieser Disziplin immer noch Ästhetikmaßstäbe zu wirken, die vorwiegend nur das als ernstzunehmend und untersuchungswürdig erachten, was auch ernst daherkommt. Komische Texte werden dagegen zumeist auf ihre Wirkungsabsicht reduziert, also darauf, Leute zum Lachen zu bringen, oder die in ihnen enthaltene Komik wird als ein nützliches Vehikel betrachtet, um letztlich doch ernstgemeinte Botschaften an den Leser zu vermitteln. Der Tatsache, dass Komik in der Literatur ein eigenständiges Phänomen darstellt, wurde bislang nur selten Rechnung getragen. Einen Schritt in diese Richtung unternimmt Kerstin Hoffmann-Monderkamp. In ihrer Dissertation Komik und Nonsens im lyrischen Werk Robert Gernhardts bemängelt sie das unzureichende Instrumentarium der Literaturwissenschaft, komische Texte adäquat zu beschreiben.[1] Aus einem Mangel an brauchbaren Kategorien plädiert sie für die Erarbeitung einer umfassenden, eigenständigen Theorie der literarischen Hochkomik. Unter diesem Begriff sind nach Hoffmann-Monderkamp komische Texte zu verstehen, deren Sinn sich nicht aus der Zugespitztheit auf eine Pointe herleite, welche differenzierter und vielschichtiger seien als die Produkte der Genrekomik, die alleine Lachen machen wolle. Zugleich werde die Komik in der literarischen Hochkomik aber auch nicht als Vehikel gebraucht, um eine bestimmte Botschaft zu transportieren. Sie sei nicht zweckgerichtet und wolle nicht belehrend auftreten, sondern für sich genommen werden und durchaus lachen machen. Komik müsse in diesem Zusammenhang als ein eigenständiges Kriterium eines Textes beschrieben werden, „indem die Art und Weise, in der Komik erzeugt wird, als zentrales Kriterium der Textanalyse zugrunde gelegt“[2] werde.
Im Hinblick auf die Erarbeitung einer umfassenden Theorie der literarischen Hochkomik gibt Hoffmann-Monderkamp zu bedenken, dass „auf dem Weg dorthin noch eine ganze Reihe weitere Grundlagen erarbeitet werden müssten und es der Untersuchung einer großen Zahl von Texten verschiedener Autoren bedürfte, ehe eine gewisse Allgemeingültigkeit erreicht wäre.“[3]
In der Beschäftigung mit dem Begriff der literarischen Hochkomik kamen bei mir allerdings Zweifel an dessen Brauchbarkeit auf. Die Gründe hierfür lege ich in einem Exkurs in dieser Arbeit dar. Anstatt des abgrenzenden Begriffs der literarischen Hochkomik habe ich mich dazu entschlossen, für die Untersuchung des Phänomens der Komik in literarischen Texten den umfassenderen und neutraleren Begriff der literarischen Komik zu verwenden, um so eine allzu frühe Kategorisierung zu vermeiden. Ich nehme jedoch Hoffmann-Monderkamps Feststellung, dass zur Erfassung komischer Texte nur ein mangelhaftes Begriffsinventarium bereit steht und ihren Aufruf zur Erarbeitung weiterer Grundlagen zum Anlass, mich einem Autor zuzuwenden, der von der Literaturwissenschaft, im Gegensatz zu seinem Dichterkollegen und Wegbegleiter Robert Gernhardt, bisher völlig vernachlässigt wurde: Fritz Weigle, besser bekannt unter seinem Pseudonym F. W. Bernstein.
Zusammen mit Gernhardt und F. K. Waechter war er in den 60er und 70er Jahren als Autor für die stilbildende Nonsensbeilage Welt im Spiegel des Satiremagazins pardon tätig, der Keimzelle einer losen Gruppe von Schriftstellern und Zeichnern, die heute unter der Bezeichnung „Neue Frankfurter Schule“ bekannt ist. Später veröffentlichte er regelmäßig Gedichte und Zeichnungen in dem Satiremagazin Titanic. Zu seinen weiteren Publikationen zählen unter anderem die Biografie-Parodie Die Wahrheit über Arnold Hau (1966, zusammen mit Gernhardt und Waechter), die Gedichtbände Besternte Ernte (1976, zusammen mit Gernhardt), Reimwärts (1981), Lockruf der Liebe (1988), Reimweh (1994), Elche, Molche, ich und du (2000), Richard Wagners Fahrt ins Glück (2002), Die Gedichte (2003) sowie eine Reihe von Essays und Bänden mit Zeichnungen und Illustrationsbeiträgen. Zudem veröffentlichte er ein Sachbuch über die Kunst der Zeichnung, Bernsteins Buch der Zeichnerei (1989), als auch, zusammen mit Eckhard Henscheid, ein umfangreiches Goethe-Kompendium, Unser Goethe (1982). Im September diesen Jahres erschien unter dem Titel Die Superfusseldüse ein Band mit seinen gesammelten Dramentexten.
In dieser Arbeit möchte ich Erkenntnisse aus neueren literatur- und kulturwissenschaftlichen Ansätzen zur Erforschung des Komischen zusammenfassen, um darauf aufbauend die Verfahrensweisen zu analysieren, mit denen Bernstein in seiner Lyrik Komik erzeugt. Weiterhin möchte ich herausfinden, was sich über Bernsteins Lyrik über deren komische Wirkung hinaus sagen lässt. Auf der einen Seite soll es also darum gehen, zu brauchbaren Grundlagen für die Erfassung von literarischer Komik vorzudringen und gegebenenfalls neue Begrifflichkeiten zu entwickeln, auf der anderen Seite soll ein erster literaturwissenschaftlicher Zugang zum lyrischen Werk F. W. Bernsteins erschlossen werden. Hierbei beschränke ich mich in dieser Arbeit auf die parodistischen und metapoetischen Texte Bernsteins, die jedoch einen wesentlichen Teil seines lyrischen Werkes ausmachen. Dass Bernsteins Lyrik zumeist ironisch gebrochen, provozierend naiv und nicht selten anarchisch anmutend daherkommt, erhöht den Schwierigkeitsgrad, fundierte Aussagen aus ihr heraus zu ziehen, sollte jedoch kein Grund sein, sich nicht ernsthaft mit ihr auseinander zu setzen. Ziel meiner Arbeit ist nicht zuletzt, Bernsteins Texte auf ihre Relevanz für die moderne Dichtung hin zu untersuchen und die in ihnen enthaltene Komik als eine ästhetische Haltung zu beschreiben.
2 Versuch einer Annäherung an die literarische Komik
Da die Komik beziehungsweise die literarischen Mittel, mit denen Komik produziert wird, im Mittelpunkt dieser Arbeit stehen werden, ist es unerlässlich, genauer zu definieren, was ich unter dem Begriff Komik verstehe und welche Schwierigkeiten einer wissenschaftlichen Untersuchung dieses Phänomens entgegenstehen.[4]
„Dabei scheint anfangs alles ganz einfach: Komisch ist das, worüber ich lache.“[5] Dies behauptet zumindest Robert Gernhardt in seinem Versuch einer Annäherung an eine Feldtheorie der Komik. Wenn die Sache wirklich so einfach wäre, wenn sich das Komische alleine in einem Lacher ausdrücken würde und ein Lacher zugleich immer ein Indiz für die Anwesenheit von etwas Komischem wäre, ja, wenn vielleicht sogar der lauteste Lacher auf das bestgemachte komische Produkt verweisen würde, wenn eine solche komplikationsfreie Reaktionskette zwischen Komik und Lachen bestünde, wäre jede weitere Abgrenzung der Begriffe unnötig und man könnte sie synonym verwenden.
Das Lachen ist eine natürliche Reaktion auf etwas als komisch Wahrgenommenes, es muss jedoch nicht die einzige sein. Der körperlichen Reaktion des Lachens können viele verschiedene Ursachen zugrunde liegen, ebenso wie etwas Komisches auch ganz andere Reaktionen als nur Lachen hervorrufen kann.
„Wir lachen als Ausdruck der Freude, Lebenslust, Geselligkeit, alberner Laune, Höflichkeit, Freundlichkeit, Harmoniebedürfnis, Überraschung, Nervosität, Verlegenheit, Unsicherheit, Angst, Überheblichkeit, Hohn, Bitterkeit, Boshaftigkeit und so weiter – so gut wie alle Gemütszustände können durch ein bestimmtes Lachen nach außen gezeigt werden. Umgekehrt reagieren wir, wenn wir Komisches erkennen und anerkennen, nicht nur mit Lachen, so wie uns ja auch nicht alles Traurige zum Weinen bringt [...] Komisches kann, abgesehen von den zugleich vermittelten Inhalten, fesseln, begeistern, verblüffen, trösten, erheitern, vergnügen, unterhalten, provozieren, verwirren, zum Schmunzeln, Lächeln, Grinsen bringen, eine neue Sichtweise vermitteln, Glücks-, Gemeinschafts- oder Überlegenheitsgefühle verschaffen, unsere Aufmerksamkeit und unser Interesse wecken oder wach halten, Aggressionen dämpfen, kanalisieren oder verstärken, Einstellungen und Meinungen festigen oder verunsichern, helfen, Distanz zu gewinnen oder Respekt zu verlieren und vieles mehr.“[6]
Die üppige Aufzählung Zehrers soll hier jedoch nicht auf die Behauptung hinauslaufen, dass Lachen und Komik nur zufällig etwas miteinander zu tun hätten. Es wird immer noch hauptsächlich das Bedürfnis nach Lustgewinn durch Lachen sein, welches tagtäglich Millionen von Menschen aller Altersschichten motiviert, sich ein als komisch ausgewiesenes Produkt (Buch, Film, Theateraufführung, Tonträger etc.) zu Gemüte zu führen und ihre Beurteilung über das jeweilige Werk wird häufig davon abhängig gemacht, wie laut und wie häufig sie dabei gelacht haben. Das Lachen wird somit allgemein als Gradmesser für komische Qualität verstanden. Komik ist jedoch eine viel komplexere Angelegenheit, als dass über sie mit einem Lacher alles gesagt wäre.
Komik und Lachen haben eine enge Kausalverbindung, zielte jedoch alle Komik nur auf Lachen ab, wäre sie eine sicher sehr angenehme, aber auch reichlich eindimensionale, kurzlebige Erscheinung, deren Wirkung kaum länger anhielte, als das Lachen, welches sie hervorrief.[7] Etwas, was als komisch wahrgenommen wurde, kann, muss aber nicht zum Lachen reizen. Es kann, wie oben dargelegt, eine Reihe anderer Empfindungen oder körperlicher Reaktionen auslösen.
Schon jetzt wird deutlich, dass man es bei dem Versuch des Erfassens des Komischen mit einer sehr komplizierten Angelegenheit zu tun hat, die sich eindeutigen Bestimmungen zu widersetzen scheint. Dies wird im weiteren Verlauf dieser Arbeit noch deutlicher werden. Es empfiehlt sich daher, im Umgang mit dem Komischen eher eine vorsichtig abwägende Haltung einzunehmen, die, wenn nötig, Widersprüchlichkeiten zulässt und festhält, statt diese zugunsten einer besseren Einheitlichkeit und Übersichtlichkeit mit Behauptungen und Theorien zu überdecken, welche womöglich nur für einen Teilbereich des Phänomens Gültigkeit beanspruchen können. In früheren Komiktheorien wurden häufig besonders prägnante Beispiele für eine bestimmte Komiktheorie als besonders lachstimulierend ausgewiesen, obwohl es sich doch wohl eher um die sehr subjektive Meinung des Komiktheoretikers handelte.[8]
Ähnliche Verwirrung herrscht bei den Begriffen Humor und Komik. Hierzu hat Robert Gernhardt eine praktikable Abgrenzung gefunden: „Humor ist eine Haltung, Komik das Resultat einer Handlung. Humor hat man, Komik macht oder entdeckt man.“[9]
Humor kann man also als eine Haltung verstehen, aus der heraus Komik erzeugt oder verstanden werden kann. „Komik manifestiert sich in den Texten und dort in unterschiedlichsten Formen, beispielsweise in der Satire, der Parodie oder auch dem Witz.“.[10]
Der Begriff Humor hat noch eine andere Bedeutung. Im Duden wird er auch als eine Gabe definiert, welche es ermöglicht den „Unzulänglichkeiten der Welt und der Menschen, den Schwierigkeiten und Missgeschicken des Alltags mit heiterer Gelassenheit zu begegnen.“[11]
Diese Gabe des Humors kann unter Umständen im Gegensatz stehen zu einer aggressiven Komik, welche es gerade darauf anlegt zu provozieren, die Unzulänglichkeiten nicht gelassen ertragen will, sondern sie offenbar und deutlich macht und auch Verletzungen in Kauf nimmt. Aus dem Missverständnis einer Gleichartigkeit der Bedeutung von Humor und Komik ergibt sich die oftmals geäußerte Empörung: „Ich habe ja durchaus Humor, aber das hat mit Humor gar nichts zu tun.“ Wahrscheinlich hat es dann wohl eher etwas mit Komik zu tun.[12]
Doch genug der Worte darüber, was Komik nicht ist beziehungsweise nicht immer sein muss. Was ist Komik? Ich möchte darauf hinweisen, dass ich in der folgenden Annäherung an den Begriff des Komischen keine allgemeine Definition von Komik aufstellen möchte. Der Gegenstand, um den es hier geht, ist die Komik in der Literatur. Für Formen-, Bewegungs-, Charakter-, Situationskomik usw. müssten noch ganz andere Faktoren in die Überlegungen mit eingebracht werden, auch wenn sich im Grundsatz sicher Ähnlichkeiten der Techniken, der Rezeption und Wirkung mit diesen Phänomenen ergeben. Im Folgenden ist also, wie gesagt, der Fokus auf Komik in der Literatur und im Hauptteil noch spezieller auf Gedichte gelegt. Die Definition von literarischer Komik wird das theoretische Gerüst bilden für die Beobachtung der Herstellungsweise und Wirkung der Komik in den Gedichten F. W. Bernsteins.
Was ist also unter literarischer Komik zu verstehen? Um die Frage zu klären, wende ich mich den Ausführungen Peter Köhlers zu, dessen Überlegungen zum Wesen des Komischen sich vorwiegend auf komische Texte beziehen.[13]
Für die Herstellung von Komik müssen ein Sachverhalt (Objekt) und ein Betrachter beziehungsweise Rezipient (Subjekt) gegeben sein. Die komische Wirkung vollzieht sich im Betrachter, wenn der Sachverhalt „erstens einen Widerspruch (Gegensatz, Kontrast, Polarität) und zweitens eine in diesem Widerspruch steckende Gemeinsamkeit enthält.“[14] Diese Einheit von Widerspruch und Gemeinsamkeit definiert Köhler als „die Kongruenz des Inkongruenten“.[15] Für diesen Terminus Köhlers werde ich im weiteren Text die etwas eingängigere Formulierung „komische Diskrepanz“ verwenden.[16] Die Verschmelzung zweier Vorstellungsebenen im Sachverhalt muss plötzlich auftreten und muss ebenso kurzschlussartig vom Betrachter wahrgenommen werden. Je weiter die Vorstellungsebenen voneinander entfernt sind, desto größer die komische Wirkung. Ist nur ein Widerspruch oder Kontrast gegeben und liegt keine irgendwie geartete Gemeinsamkeit (inhaltlich oder akustisch) vor, spricht man von (zusammenhanglosem) Unsinn, der an sich noch keine komische Wirkung hervorruft.[17] Aus dem unerwarteten Vergleich zweier Vorstellungsebenen im Sachverhalt und der plötzlichen Wahrnehmung des Widerspruchs und der Gemeinsamkeit, ergibt sich die komische Wirkung im Rezipienten.
Köhler nennt für die literarische Komik drei poetische Konstruktionsprinzipien: Pointe, Antipointe und Tabuverletzung.[18] In der Pointe wird die von einem Sachverhalt ausgehende Erwartungshaltung desavouiert durch die plötzliche Konfrontation mit einer anderen, entlegenen Vorstellungsebene. Durch diese Konfrontation, die komische Diskrepanz, entsteht ein doppelter Sinn und der Ausgangssachverhalt erfährt eine Neubewertung. Diese Technik ist am weitesten verbreitet in der literarischen Kurzform des Witzes, findet aber auch Gebrauch in der komischen Lyrik.
„An und für Dich
Ein bleicher weicher Kopfsalat
und ein kaputter Schuh;
ein nasser Hut, ein Stückel Draht –
viel schöner bist doch Du.“[19]
Die Pointe in diesem Gedicht von Bernstein ergibt sich aus dem reichlich unstatthaften Vergleich der Geliebten mit kaputten oder verrottenden Alltagsgegenständen. Dass es sich hier um ein Liebesgedicht handelt, wird erst in der letzten Zeile deutlich und gibt der vorherigen unsinnigen Aufzählung eine neue Bedeutung. Die Gemeinsamkeit zwischen diesen verschiedenen Dingen und einer Person liegt darin, dass sie alle unter dem Gesichtspunkt der Schönheit miteinander verglichen werden, die Widersinnigkeit wiederum darin, die Attraktivität der Geliebten ernsthaft mit einem Stück Draht konkurrieren und so die Zueignung statt als Kompliment als Beleidigung erscheinen zu lassen. Für die Herstellung von Gemeinsamkeiten spielt ebenfalls der Reim als akustisches Bindemittel in der komischen Lyrik eine wichtige Rolle. Dies wird später noch ausgeführt werden. Die Pointe als Technik findet sich in Bernsteins Gedichten kaum in Reinform, auch bei anderen Dichtern komischer Lyrik ist sie eher selten vertreten. Der Grund hierfür liegt vielleicht in der Schwerfälligkeit dieser Technik. Der Leser muss zunächst auf eine falsche Fährte gelockt werden, um die zweite Ebene umso kontrastreicher und wirkungsvoller gegen die erste Ebene zu setzen. Hierfür bieten sich Kurzformen, wie eben der Witz oder das kurze Gedicht besser an, als längere Texte oder Gedichte, da die Gefahr besteht, dass der in ihnen enthaltene vielfältigere Inhalt die Schärfe des Kontrastes abstumpfen lässt. Weit häufiger trifft man bei Bernstein dagegen auf die anderen beiden poetischen Konstruktionsprinzipien.
Bei der Antipointe findet die komische Diskrepanz nicht zwischen zwei inhaltlichen Ebenen statt, sondern zwischen der inhaltlichen und der strukturellen Ebene. Die zweite Ebene bei der Antipointe ist die Pointenstruktur selbst. Dem Leser wird die inhaltliche Pointe verweigert, seine Erwartung diesbezüglich läuft ins Leere. Aus der Diskrepanz zwischen Erwartung und Nichterfüllung ergibt sich bei der Antipointe die komische Wirkung. Hiefür wieder ein kurzes, sehr konsequentes Beispiel von Bernstein:
„Durchsage
Zu Mannheim stand ein Automat
um die Jahrhundertwende,
der jedem an das Schienbein trat,
der dafür zahlte. Ende.“[20]
Die Antipointe eignet sich auch für längere lyrische Texte, zum Beispiel wenn, naturgemäß absichtsvoll, das Scheitern des Dichters an der Form oder an dem behandelten Stoff dargestellt wird. Beispiele hierfür werden im Hauptteil angeführt werden.
Bei der Tabuverletzung werden allgemeine gesellschaftliche Kommunikationsnormen missachtet zum Beispiel durch obszönes Reden oder durch Beleidigung, wodurch auch eine Enthemmung stattfindet, die als befreiend empfunden werden kann.[21] Im folgenden Beispiel von Bernstein fallen Tabuverletzung und Antipointe zusammen:
„An die Mädchen dieser Welt
Das Haferkorn, das reift,
das Glied, das sich versteift,
die Leine, die sich löst,
die Frau, die sich entblößt -:
das sind vier Phänomene.
Warum ich sie erwähne?
Die ersten beiden Zeilen
sind, um euch aufzugeilen.
Die andern zwei? Der Rest?
Der macht mich scharf – verstehst?!“[22]
Die komische Diskrepanz bei der Tabuverletzung besteht nicht alleine im Aussprechen oder Andeuten sozialer Tabus, wie hier aus dem Bereich des Sexuellen oder zum Beispiel in der Verunglimpfung religiöser Gefühle, ein Gutteil der komischen Wirkung trägt auch die Tatsache bei, dass dies bei Bernstein, aber auch bei anderen Autoren in der allgemein als hoch reflektiert angesehenen Form des Gedichts dargeboten wird.
Das Netz dieser drei Konstruktionsprinzipien von Köhler ist leider sehr grobmaschig. Gerade in der komischen Lyrik wird die komische Diskrepanz immer auch durchgängig innerhalb des Textes hergestellt, so dass eine einfache Zuordnung des Gesamttextes zu einer dieser drei Konstruktionsprinzipien oft nicht möglich ist. Eins oder alle drei Prinzipien können in einem Text enthalten sein oder der Text entzieht sich, als Gesamttext, der Zuordnung. Festzuhalten bleibt jedoch, dass die komische Diskrepanz in einem Text enthalten oder gefunden werden muss, um eine komische Wirkung beim Leser hervorzurufen. Dies muss nicht durch das Konstruktionsprinzip der Pointe geschehen, sondern kann sich ebenso in Verfahrensweisen wie dem Wortspiel oder in der akustischen Sphäre des Reims oder der Alliteration offenbaren.
Das bisher Gesagte bezog sich hauptsächlich auf die Seite des Sachverhalts, die Objektseite des zur Hervorbringung des Komischen Erforderlichen. Es bedarf jedoch vorrangig eines Subjekts, eines Betrachters oder Lesers, in welchem die komische Wirkung empfunden wird.
Die Schwierigkeit beim Schreiben über Komik besteht darin, dass es keine objektive Komik gibt. Für den einen mag ein Gedicht komisch sein und er lacht darüber, weil er darin die komische Diskrepanz entdeckt hat, jemand anderes entdeckt vielleicht ebenfalls eine Diskrepanz, findet sie aber nicht komisch, sondern provokativ, aggressiv, nichtssagend oder dumm und reagiert nicht mit Lachen, sondern mit Ärger oder Gleichgültigkeit darauf. Ein komischer Text ist nicht für alle und immer komisch. Es müssen bestimmte Prädispositionen im Subjekt vorhanden sein, um einen Text komisch zu finden. So muss der Betrachter oder Leser dem Sachverhalt beziehungsweise dem Text, in welchem sich die komische Diskrepanz befindet, gegenüber leicht indifferent sein. Er darf nicht von dem Sachverhalt emotional betroffen, sondern muss emotional von ihm distanziert sein. Henri Bergson spricht in seiner Untersuchung hierbei sehr treffend von einer „zeitweiligen Anästhesie des Herzens“.[23] Komik ist demnach vorwiegend eine Angelegenheit des Intellekts. Dass sie dennoch so eng mit dem Lustgefühl des Lachens verbunden ist, erklären sich einige Komiktheoretiker, grob gesagt, mit einer Abfuhr an Aufwandenergie, welche durch den plötzlichen Vergleich zweier entlegener Vorstellungsebenen frei wird, wenn sich dieser Vergleich nicht als verstandesgemäß ernstzunehmend, sondern eben als eigentlich verstandeswidrig, also komisch herausstellt.[24]
Doch diese grundlegenden Thesen sollten hier besser nicht vertieft werden, da sie zu sehr wegführen vom nun zu behandelnden Gegenstand, der emotionalen Distanz. Es ist nicht nur so, dass Komik eine gewisse emotionale Distanz voraussetzt, sie stärkt und fördert sie zugleich im Subjekt. Die emotionale Loslösung erlaubt eine intellektuelle Auseinandersetzung mit ernsten oder tabuisierten Themen. Ein unbefangenerer Umgang wird mit Hilfe der Komik gestattet. Es wird möglich, sich Problemen wie Arbeitslosigkeit, Tod, Krankheit und Altern anzunähern und so Quellen des Leids, wenn auch nur zeitweise, in Quellen der Lust umzuwandeln. Natürlich ist dies nur möglich, sofern das Subjekt die Fähigkeit hat, sich seines emotionalen Drucks mit Hilfe der Komik im Lachen zu entledigen – man könnte auch sagen: sofern das Subjekt Humor hat.
Da komische Texte einen fiktionalen, künstlichen Raum schaffen, ist die Distanz beim Leser in den meisten Fällen schon qua Medium gegeben. Zudem werden die meisten Leser komischer Texte schon eine gewisse Offenheit und Lachbereitschaft für die komische Wirkung mitbringen, wenn sie sich diese zu Gemüte führen.
Neben der subjektiven Prädisposition der emotionalen Distanz können auch situative Faktoren die komische Wirkung beeinträchtigen. So lässt es sich beispielsweise angeheitert in einem Bierzelt über Zoten besser lachen als auf einer Beerdigung, da dort die emotionale Anspannung viel größer ist. Der Sachverhalt muss für den Betrachter harmlos sein beziehungsweise harmlos auf ihn wirken, so dass er lachbereit darauf reagieren kann, ohne Sanktionen zu befürchten.[25]
Eine weitere wichtige Bedingung für die Entstehung der komischen Wirkung im Subjekt lässt Köhler außer Acht. Genauso wichtig wie die emotionale Distanz ist nämlich, dass das Subjekt dem komischen Sachverhalt nicht vollständig indifferent gegenübersteht, dass die Distanz des Betrachters nicht eine gänzliche Interesselosigkeit darstellt. Diese Interesselosigkeit kann mehrere Gründe haben. Dass Komik nicht objektiv erfassbar ist, sondern sich erst im Subjekt verwirklicht, wurde oben schon erwähnt. Auch Jean Paul geht davon aus, dass „das Komische, wie das Erhabene, nie im Objekte wohnt, sondern im Subjekte.“[26] Gleichzeitig müssen aber im Objekt oder Sachverhalt bestimmte Faktoren erfüllt sein (komische Diskrepanz), damit die komische Wirkung im Subjekt entstehen kann. Es kann sein, dass die Pointe, der komische Inhalt oder die komische Struktur bereits bekannt ist. Wenn dies der Fall ist, bleibt der Kurzschlusseffekt aus und die Wirkung des komischen Sachverhalts beschränkt sich im besten Falle darauf, dass der Betrachter sich der einstmaligen komischen Wirkung erinnert und noch ein Restvergnügen daraus zieht oder dass er zumindest die Technik des komischen Produktes zu würdigen weiß. Im schlechtesten Fall wird er angeödet sein und das komische Produkt mit einem gedachten oder gesagten „Den kenne ich schon.“ beiseite legen.
Interesselosigkeit kann ebenfalls begründet sein in der Zeit- und Ortsabhängigkeit von komischer Wirkung. Zehrer stellt hierzu fest, dass
„nur Menschen mit einer inneren Verbundenheit, das heißt mit vergleichbaren Erfahrungen, im gleichen Sinne über das Gleiche lachen können – und die Verbundenheit verschwindet naturgemäß, je ferner und fremder sie einander sind.“[27]
Das kann auch bedeuten, dass man in älteren Texten womöglich immer noch eine pointierte Struktur oder eine komische Diskrepanz erkennen kann, allein die komische Wirkung bleibt aus, da sie aus einem anderen Erfahrungsbereich kommt, zum Beispiel bei der mittelalterlichen Lügendichtung. Ein Gleiches gilt für komische Sachverhalte aus anderen Kulturen, die meist nicht ohne genauere Kenntnis des Hintergrundes als komisch verstanden werden können. Ebenfalls gilt dieses Prinzip, wenn auch etwas abgeschwächter, für unterschiedliche Generationen einer Kultur, die unterschiedliche Präferenzen und Vorstellungen darüber haben werden, was komisch sei. Genauso haben Angehörige unterschiedlicher Klassen- und Bildungsschichten verschiedene Ansichten darüber, was komisch sei und was nicht.
Es ist gerade interessant im Hinblick auf die Zeitabhängigkeit komischer Wirkung, dass die Philologie oftmals dazu tendiert, sich mit alter komischer Literatur zu beschäftigen, statt neuere populäre Komikphänomene zu untersuchen, in denen die komische Wirkung weit ausgeprägter und nachvollziehbarer enthalten ist.[28] Ein Hauptgrund hierfür ist sicher darin zu finden, dass über ältere Autoren und deren Texte bereits gesicherte oder zumindest anerkannte Erkenntnisse vorliegen, auf denen man aufbauen oder die man kritisieren kann. Für neuere Texte müssten diese Erkenntnisse erst erarbeitet werden, was nicht ohne anfängliche Vagheit und ungesicherte Hypothesen vonstatten gehen kann. Ein anderer Grund mag darin liegen, dass es in der Philologie erst seit kürzester Zeit eine Bereitschaft zu einer vorbehaltlosen Auseinandersetzung mit dem Phänomen der Komik in der Literatur gibt, welche Komik nicht als Ulk, Albernheit oder gar Blödsinn auffasst oder nur im Hinblick auf eine übergeordnete Botschaft wahrnimmt, sondern die Komik ernst nimmt, ihre Techniken und Wirkungen untersucht und in ihr das Mittel einer progressiven ästhetischen Haltung zu sehen beginnt.[29]
Ein letzter entscheidender Punkt zur Herbeiführung beziehungsweise Verhinderung der komischen Wirkung im Subjekt muss noch angesprochen werden. Er betrifft die Tendenz komischer Texte und ihrer Rezipienten. Es wurde bereits angesprochen, dass Menschen auf komische Texte unterschiedlich reagieren aufgrund von subjektiven, situativen und gesellschaftlichen Prädispositionen. Ein weiterer subjektiver Faktor zur Wahrnehmung komischer Wirkung liegt nicht zuletzt in der Tendenz, welche jedem komischen Sachverhalt inhärent ist. Jeder komische Text transportiert eine Haltung zur Welt, auch wenn sie nicht so offen ausgesprochen wird, wie zum Beispiel in der Moralsatire. Jede Komik beinhaltet Tendenz und sei es nur die, komisch zu sein, lachen machen zu wollen und dabei die Wege des gewöhnlichen vernunftgemäßen Denkens zu unterlaufen. Eine Trennung in tendenzhafte und tendenzlose Komik, wie sie Freud vornimmt, schafft mehr Verwirrung als Klarheit, da sie die Wesenhaftigkeit der Komik selbst zu bestimmen suchen.[30] Praktikabler erscheinen mir die Begriffe „angewandte“ und „reine“ Komik, da sie das Verhältnis der prinzipiell immer tendenzhaften Komik in ein Verhältnis zur Textintention setzen. Ein Text beziehungsweise ein Autor kann Komik anwenden, um eine konkrete Botschaft zu vermitteln, wie zum Beispiel in der Satire. Die Komik kann aber auch rein für sich stehen und der eigentliche Hauptzweck eines Textes sein, wie zum Beispiel im Nonsens. Entscheidend für die Bestimmung ist nicht die Komik selbst, sondern die Intention beziehungsweise die Tendenz des Gesamttextes.
Ein Witz, der offen oder implizit gegen die weltanschaulichen Prinzipien des Lesers verstößt, wird von ihm kaum als komisch empfunden werden: „Was ist der Unterschied zwischen einem Eimer Scheisse und einem Türken? Der Eimer.“[31]
Dieser Witz würde bei einem Mitglied der globalisierungskritischen Organisation attac keine komische Wirkung, sondern Ressentiment gegen die in ihm enthaltene rassistische Diffamierung auslösen. Würde der Vergleich zwischen einem Eimer Scheisse und George W. Bush gezogen werden, würde die Pointe immer noch diffamierend bleiben, es bestünde jedoch eine größere Wahrscheinlichkeit, dass das attac -Mitglied diesen Witz komisch fände, weil die in ihm enthaltene Tendenz gegen den amerikanischen Präsidenten seiner Weltanschauung eher entgegenkommt. Es handelt sich hierbei naturgemäß um angewandte Komik. Zudem zeigt das Beispiel auch, dass Komik nicht immer im Sinne des Schönen, Wahren und Guten zu stehen braucht.
Wie in den letzten Ausführungen deutlich wurde, sind es vor allem subjektive Faktoren, die zur Hervorbringung des Komischen beitragen. Es bleibt somit in jeder Analyse, in jeder Theorie über das Komische ein blinder Fleck enthalten, eine Unwägbarkeit die sich einer objektiven Festlegung widersetzt: Ist das, was hier untersucht wird, auch für andere komisch? Hatte Robert Gernhardt mit seiner eingangs zitierten Definition, dass nur das komisch sei, worüber er lache, also was er als gelungen komisch empfinde, doch nicht zu kurz gegriffen? Es spricht einiges dafür. Denn ein Lacher über etwas Komisches verrät nicht nur etwas über den Lachanlass, sondern auch und vor allem über den Lachenden selbst. Es wäre somit sinnlos, sich hinter einer vermeintlich objektiven Komik verstecken zu wollen.[32] Diese Geburt des Komischen aus den gesellschaftlichen Bedingungen und dem persönlichen Geschmack des Subjekts sowie seiner situativen Verfassung ist eine oft unterschätzte Schwierigkeit bei der Behandlung dieses Themengebietes, welche sich einer wissenschaftlichen Herangehensweise, die größtmögliche Objektivität verlangt, entgegenstellt.
Um komische Texte zu untersuchen, ihre spezifischen Techniken zur Hervorbringung komischer Diskrepanz, ihre Konstruktionsprinzipien, Anspielungen, Bezugnahmen und ihre Wirkungen, bedarf es daher einer gewissen Eigenmächtigkeit, welche immer auch eine Voreingenommenheit enthält, in der Festsetzung, ob etwas komisch, weniger komisch oder überhaupt nicht komisch ist. Ich kann daher nur hoffen, dass ich mit meiner Einschätzung, ob des komischen Gehalts der zu behandelnden Texte nicht gänzlich außerhalb des Nachvollziehbaren liege und werde versuchen, meine Urteile diesbezüglich so gut als möglich zu begründen.
Zuletzt sei noch angeführt, dass die Qualität von Komischem, so sehr sie auch vom individuellen Geschmack abhängig ist, durchaus an übersubjektiven Kriterien bemessen werden kann.[33] So kann man durch Vergleiche begründen, ob zum Beispiel bestimmte Witze sich einfallslos alter Themen und Pointentechniken bedienen, ob sie durch ihre plumpe Machart die Beweglichkeit des Verstandes des Lesers unterfordern oder ob sie dieser Beweglichkeit entgegenkommen und innovative, überraschende Pointen zu setzten vermögen. In dieser Arbeit wird es jedoch weniger um die Qualität komischer Texte gehen, als vielmehr um ihre technische Gestalt, mit aller gebotenen und, eingedenk des obigen, möglichen Neutralität. Nicht Komikkritik, sondern Komikanalyse ist schließlich der Hauptgegenstand dieser Untersuchung.
3 Die Gattungen des Komischen
Das Komische ist keine Gattung für sich, sondern kann nur als Wirkung in Texten unterschiedlicher Gattungen enthalten sein. Die fünf wichtigsten Gattungen des Komischen sind Witz, Satire, Nonsens, Parodie und Travestie. Mir ist bewusst, dass Satire, Parodie und Travestie häufig nicht als Gattungen, sondern als Sprechweisen bezeichnet werden, da sie jeweils durch keine gemeinsame äußere Form oder inhaltliche Themensetzung zu bestimmen sind. Vielmehr ist es charakteristisch für sie, dass sie sich der Gestalt jeder beliebigen Textsorte anpassen und daher als polymorph bezeichnet werden können.[34] Ein parodistisches Sonett gehört daher sowohl der Gattung Sonett als auch dem Bereich der Parodie an. Ich verwende jedoch den Terminus Gattung, da Texte der Satire, Parodie und Travestie bestimmte operative Merkmale aufweisen, die ihre Zusammengehörigkeit als Gruppe rechtfertigen. Und was ist eine Gattung anderes als „eine Gruppe von Texten mit gemeinsamen Merkmalen“?[35] Genau diese Merkmale gilt es herauszustellen.
Ähnlich polymorph ist auch der Nonsens zu charakterisieren, da er ebenfalls keine formalen Begrenzungen hat, aber durchaus, bis zu einem gewissen Grad, inhaltliche.
Es geht im Folgenden nicht darum, die Bernsteinsche Lyrik anhand festgezogener Gattungsdefinitionen zu erklären, sondern es soll mit Hilfe literaturwissenschaftlicher Klassifikationen untersucht werden, was in den Texten spezifisch und innovativ ist. Hierfür sind grundlegende Klassifikationen unersetzlich und sei es nur dafür, einen Ausgangspunkt für eine Analyse oder Diskussion bei der Hand zu haben. Ohnehin sind Gattungsgrenzen zumeist fließend, wie sich auch auf den folgenden Seiten zeigen wird.
All den vorgestellten Gattungen ist gemein, dass Komik in ihnen ein zentrales Merkmal darstellt oder dass sie zumindest allgemein als komische Gattungen aufgefasst werden. Eine Ausnahme bildet das Humoristische, welches bisher als Gattung nicht erfasst wurde, das aber zum Zwecke einer Abgrenzung zum Komischen einer genaueren Betrachtung bedarf. Im Folgenden werde ich diese unterschiedlichen Gattungen und ihr Verhältnis zum Komischen kurz umreißen, um über eine halbwegs gesicherte Grundlage für spätere Zuordnungen zu verfügen.
3.1 Humoristisches
Der Unterschied zwischen Humor als einer Haltung und Komik als Produkt dieser Haltung wurde bereits angesprochen. Ebenso wurde erwähnt, dass der Humor in einer zweiten Bedeutung eine versöhnlichere Tendenz bevorzugt als eine sich bedenkenlos austobende Komik. Zehrer unterscheidet grundsätzlich zwischen dem Humoristen und dem Komiker:
„Das Humoristische ist bestrebt, den Graben zwischen allzumenschlichen Defiziten und Lebensideal zu überbrücken. Es hilft, die kleinen Risse und Unebenheiten an der Fassade der Zivilisation zu glätten. Der Humorist gilt als Weiser, da er es versteht, die Widersprüchlichkeiten des Lebens mit mildem, verständigem Lächeln zu quittieren und dadurch versöhnend auszugleichen. Anders der Komiker – womit wiederum nicht der Clown gemeint ist, der als braver Dienstleister einen Lachbedarf befriedigt, ohne je in sonderlich tiefe Abgründe der Menschenseele hinabzutauchen. Die Komik, von der hier die Rede ist, ist eine durchaus aggressive Angelegenheit, die denkbar unzart an verletzliche Stellen rührt, ohne Rücksicht auf mögliche Empfindlichkeiten. Wer zu ihr greift, beschäftigt sich nicht so sehr mit den kleinen Unvollkommenheiten, sondern mit den großen Brüchen, die mit der menschelnden Augenzwinkerei des Humoristischen nicht gekittet werden können.“[36]
Dem Humoristischen mangelt es demnach im Vergleich mit dem Komischen an Angriffslust. Beide haben unterschiedliche Quellen und eine andere Stoßrichtung. Während das Humoristische einem Harmoniebedürfnis entspringt und eine Hilfestellung zur Bewältigung des Lebens anbietet, entspringt die Komik, von der Zehrer spricht, oft der Erfahrung von Verzweiflung, Wut und Ohnmacht, sie schlägt mit gleicher Härte zurück und fordert heraus, den gebrechlichen Verschlag, der die Welt ist, wenn schon nicht zu ändern, so doch zumindest auszulachen. Zehrers Umschreibung des Komischen gerät sehr nah an die angewandte Komik des Satirischen, trifft meines Erachtens jedoch, wenn auch überspitzt, den Kernpunkt der Unterscheidung.
Ob eine grundsätzliche Gattungsdefinition des Humoristischen möglich und sinnvoll ist, kann bezweifelt werden. Es handelt sich beim Humoristischen und der beschriebenen aggressiven Komik eher um die zwei entgegengesetzten Pole in der komischen Literatur überhaupt, also um gattungsübergreifende Textphänomene. Denn der humoristischen Literatur ist gleichfalls das Stilmittel der komischen Diskrepanz zu eigen, auch wenn ihr dabei eine gewisse Schärfe der Kontraste abgeht.
3.2 Witz
Der Begriff des Witzes hat im Laufe der Jahrhunderte eine Bedeutungsverschiebung erfahren. Seine ursprüngliche Bedeutung im Sinne von Wissen, Verstand, Klugheit veränderte sich im 17. Jahrhundert, als man darunter die Übersetzung des französischen esprit verstand, also ein Talent zum geistreichen Formulieren. Seit dem 19. Jahrhundert bis heute versteht man unter Witz hauptsächlich eine literarische Kurzform, welche meist dialogisch aufgebaut ist und mit einer Pointe endet.[37] Die Pointe, die plötzliche Zusammenführung zweier Vorstellungsbereiche bei gleichzeitiger Neubewertung des Ausgangssachverhalts, ist das Hauptmerkmal des Witzes, weshalb sie auch als „Witzschema“ bezeichnet werden kann.[38]
Es sollte vorsichtshalber noch einmal auf den Unterschied zwischen komischer Diskrepanz und Pointe hingewiesen werden, da Witz und Komik häufig synonym verwendet werden, wie deren Adjektive witzig und komisch.[39] Jede Pointe enthält eine komische Diskrepanz aber nicht jede komische Diskrepanz stellt gleichzeitig eine Pointe dar, wie zum Beispiel bei der Tabuverletzung. Die Pointe ist nur ein mögliches Konstruktionsprinzip komischer Texte.
3.3 Satire
Die über zweitausendjährige Geschichte der Satire lässt es kaum zu, die Gattung in einer allgemeingültigen Definition zusammenzufassen. Sie erfuhr im Laufe ihrer Geschichte zahlreiche Veränderungen und nicht immer gehörte Komik zu einem ihrer wesentlichen Elemente. Komik spielt jedoch in den allermeisten modernen Satiren eine wichtige Rolle. Da es hier darum geht, die wichtigsten Gattungen des Komischen voneinander abzugrenzen, um für die spätere Analyse der Texte Bernsteins und deren möglicher Zuordnung ein gesichertes theoretisches Fundament bereitzustellen, erlaube ich mir, auch wenn dies eine ahistorische Verkürzung darstellt, eine relativ moderne Definition der Gattung zugrunde zu legen. Dies kann ich nur dadurch rechtfertigen, dass es sich bei den zu behandelnden Texten ebenfalls um moderne Texte handelt, die, wenn sie satirisch sein sollten, dies eher aus einer modernen Auffassung heraus sind, als aus einer antiken, und daher auch mit einer modernen Definition besser erklärbar sind.
Der Begriff Satire ist abgeleitet aus dem lateinischen „satura“, was soviel bedeutet wie „Allerlei, Gemengsel, Fruchtschüssel“[40]. Darunter wurde zunächst eine thematisch vielfältige Sammlung von Gedichten verstanden, welche besonders gern nach festlichen Gelagen im antiken Rom für die anwesenden Gäste zum Besten gegeben wurden. Später wurde die thematische und formale Vielfältigkeit auch auf die rezitierten Einzeltexte übertragen.[41] Heutzutage jedoch bezeichnet der Begriff der Satire in der Literatur eine
„literarische Darstellungsart, die durch Spott, Ironie, Übertreibung und mit einer gewissen Aggressivität bestimmte Personen, Anschauungen, Ereignisse oder Zustände kritisieren will.“[42]
Auch wenn diese Definition etwas allgemein ist, so hält sie doch das wesentliche Merkmal
der Satire fest, das durchaus überzeitliche Geltung besitzt: die Ausrichtung an einer Tendenz. Der Satiriker kritisiert einen Sachverhalt, den er als falsch oder zumindest als verbesserungswürdig empfindet, sein Text hat somit ein konkretes Angriffsziel.
Die Komik der Satire, hier als „Spott, Ironie, Übertreibung“ umschrieben, ist im Allgemeinen eine angewandte Komik, welche dem übergeordneten Zweck der Kritik unterstellt ist. Sie soll dazu beitragen, den kritisierten Sachverhalt zu desavouieren, ihn seiner Ernsthaftigkeit zu berauben oder ihn ins Lächerliche zu ziehen. Zudem kann der Satiriker, welcher Komik als Mittel einsetzt, davon argumentativ profitieren, wenn er die Lacher auf seiner Seite hat.
Zehrer unterscheidet für die deutsche Satiretradition zwischen zwei Arten: der Moral- oder Lehrsatire und der Individualsatire. Die Moral- oder Lehrsatire
„möchte zum Erhalt oder zur Verbesserung der Verhältnisse beitragen und ist zuversichtlich, dieses Ziel auch zu erreichen (z. B. Brant, Rabener, Kästner). Auf der anderen Seite steht die Individualsatire, derer sich ein Autor bedient, um ein persönliches Unbehagen zum Ausdruck zu bringen, ohne dass er sich daran messen zu lassen braucht, ob er zur Aufhebung des kritisierten Missstands einen erkennbaren Beitrag leistet (Lichtenberg, Heine). In Deutschland wird erstere seit Jahrhunderten klar bevorzugt.“[43]
Die Autoren und Zeichner der Neuen Frankfurter Schule, zu denen Bernstein zu rechnen ist, verwahren sich gegen die Methode der Moralsatire. Für sie gibt es keine übergeordnete Norm mehr, die es zu verteidigen oder herbeizuführen gilt, vielmehr hegen sie ein Misstrauen gegenüber jeglichem Ideal und jeder Utopie. Dieser Glaubensverlust wird von ihnen jedoch nicht betrauert, sondern im Sinne einer moralischen Entlastung als Gewinn verbucht.[44] Aus diesem Bewusstsein heraus reagieren sie auf immer unübersichtlicher werdende gesellschaftliche Vorgänge und auf gegen Kritik immer immuner werdende Politiker nicht mit verschärfter, radikalisierter Belehrung (wie zum Beispiel die politischen Kabaretts der 60er und 70er Jahre), sondern mit verschärfter, radikalisierter Komik, um ihr jeweiliges Missbehagen kenntlich zu machen. Ihre Individualsatiren werden nicht daran gemessen, ob sie etwas zur Verbesserung der Welt beitragen, sondern vornehmlich daran, ob sie, im Sinne der Neuen Frankfurter Schule, auch wirklich komisch sind. Es findet also eine Verschiebung des Stellenwertes der Komik in der Satire statt: Diente die Komik in der Satire zuvor einem übergeordneten Zweck, einer Tendenz, und war somit angewandte Komik, wird in der Neuen Frankfurter Schule die reine Komik häufig zum Hauptzweck eines Textes. Dem kritisierten Sachverhalt wird nicht selten eine ernsthafte Auseinandersetzung verweigert und er dient oft nur als Material, an dem der Autor sich mit all seinem ihm zur Verfügung stehenden komischen Potential austobt.
Die Satiren der Neuen Frankfurter Schule, vornehmlich publiziert in ihren Zentralorganen WimS und Titanic, nähern sich der tendenzlosen Gattung des Nonsens an, wobei ein einzelner Text zugleich satirische und nonsenshafte Elemente enthalten kann. Hierüber mehr im folgenden Teilabschnitt.
3.4 Nonsens
Der Nonsens als Gattung wurde von Peter Köhler umfassend definiert und analysiert in seiner Untersuchung Nonsens. Theorie und Geschichte der literarischen Gattung. Neben den englischen Nonsensklassikern Edward Lear und Lewis Carroll liegt der Schwerpunkt der Untersuchung auf der Gestaltung und Entwicklung des deutschsprachigen Nonsens.
Köhler definiert die Gattung folgendermaßen:
„Nonsens ist komisch, tendenzlos, textintern ausgerichtet und weicht von empirischen Tatsachen, logischen Gesetzen (beziehungsweise Vorschriften) oder sprachlichen Regeln ab.“[45]
Köhler weist eine Tradition des Nonsens in der deutschsprachigen Literatur seit dem 13. Jahrhundert nach. Jeweils zu Beginn und gegen Ende des 20. Jahrhunderts erlebte die Gattung, die zuvor eher ein Gelegenheitsprodukt darstellte, eine Blütezeit. Die Hauptvertreter des klassischen Nonsens sind Christian Morgenstern, Joachim Ringelnatz und Karl Valentin. Morgenstern kommt, nach Köhler, der Verdienst zugute, mit seinen 1905 erstmals veröffentlichten Galgenliedern nicht nur den Nonsens als Genre[46] etabliert, sondern ihm dabei auch seine besondere technische Form gegeben zu haben, nämlich „die Ausrichtung der empirischen und logischen Abweichungen an den Ressourcen der Sprache.“[47]
„DAS
AESTHETISCHE
WIESEL
Ein Wiesel
saß auf einem Kiesel
inmitten Bachgeriesel.
Wißt ihr
Weshalb?
Das Mondkalb
verriet es mir
im Stillen:
Das raffienier-
te Tier
tat´s um des Reimes willen.“[48]
In diesem bekannten Gedicht von Morgenstern werden die Abweichungen von der empirischen Wahrscheinlichkeit (der hochartifizielle Anspruch eines Wiesels und die Erfindung des vermenschlichten Fantasietieres Mondkalb) mit dem der Sprache inhärenten Phänomens des Gleichklangs begründet. Die ungleichmäßig langen Strophen und Verse bilden zudem ein Mittelachsenbild, das, mit etwas Fantasie, die Form eines aufrecht stehenden Wiesels wiederzugeben scheint.[49] Der Text bezieht, wie dies typisch ist für den Nonsens, seinen Sinn nicht aus der textexternen Wirklichkeit, sondern ist nach einem selbstgesetzten Sinn, einem textinternen Zusammenhang ausgerichtet[50] und nutzt dabei inhaltliche und klangliche Möglichkeiten der Sprache, um mit der Realität zu spielen. Bei der Abweichung von logischen Regeln nutzen die klassischen Nonsensautoren hauptsächlich die
Techniken des Paradoxons, die Ableitung falscher Schlüsse aus falschen Prämissen und den
widersinnigen Vergleich.[51]
Mit den Techniken der Tautologie, der Zirkularität und der Trivialität verstoßen sie gegen die gesellschaftliche Kommunikationsnorm, aus „gegebenen Prämissen nicht nur wahre, sondern auch neue Aussagen zu gewinnen.“[52] Weiterhin spielt der Nonsens mit der Sprache, indem er Redewendungen wörtlich nimmt, Wortspiele betreibt (z. B. die Amphibolie, bei der ein Wort mehrere Bedeutungen aufweist), unzulässige Pluralbildungen und Genuswechsel vornimmt, kinder- und umgangssprachliche Ausdrucksweisen verwendet, mit Laut- und Klangmalerei arbeitet, Worte oder ganze Sprachen erfindet.[53]
Für einen Nonsenstext ist es nicht notwendig, dass er alle drei Möglichkeiten der Abweichung beinhaltet (empirische, logische, sprachliche), es genügt für die Einordnung in die Gattung, wenn eine dieser drei Abweichungen im Text nachgewiesen werden kann.
Der klassische Nonsens bedient sich formal hauptsächlich der Lyrik, unter Verwendung des Reims und eines regelmäßigen Rhythmus´. Prosatexte bilden eher die Ausnahme, wie zum Beispiel Morgensterns Aus dem Anzeigenteil einer Tageszeitung des Jahres 2407.[54] Bei Valentin kommt die dramatische Form hinzu.[55]
Die Keimzelle des modernen Nonsens bildet, nach Köhler, die Welt im Spiegel (kurz: WimS)[56], die zweiseitige Nonsensrubrik des ab Mitte der Sechziger bis Anfang der Achtziger Jahre veröffentlichten Satiremagazins pardon.[57] Die Hauptautoren des modernen deutschen Nonsens sind dementsprechend die WimS -Erfinder Robert Gernhardt, F. W. (Fritz Weigle) Bernstein und Friedrich Karl Waechter, die ihre hervorgehobene Stellung für den modernen Nonsens auch durch ihre Publikationen über und nach WimS hinaus verdienen. Zunächst als Zeitungsparodie angelegt, entwickelten sich in der WimS immer freiere und eigenständigere Text- und Bildformate sowie -kombinationen, die sich von der anfänglichen parodistischen Intention immer weiter entfernten. Neben der Lyrik und kurzen dramatischen Texten sind ebenso epische Formen (zum Beispiel fiktionale Prosa, Anekdote, Merksatz), (journalistische) Sachprosa und Bilder (Zeichnungen, Comic-Strips und Fotomontagen) vertreten, wobei die Grenzen zwischen diesen Formen oft verwischen.[58]
Von den Techniken her ergeben sich hauptsächlich Gemeinsamkeiten mit dem klassischen Nonsens. Es finden sich jedoch im modernen Nonsens einige nicht unwesentliche Erneuerungen.
In der vermehrten Aufnahme zeichnerischer und fotografischer Elemente, die ihren Ursprung nicht zuletzt dem anfänglichen Format der Zeitungsparodie verdanken, erkennt Köhler eine Bereicherung der Gattung durch Visualisierung.[59]
Im modernen Nonsens tauchen häufig Bezüge zu realen Personen und Schauplätzen auf, während sich die Nonsensklassiker auf Tiere oder fiktives Personal konzentrierten.[60] Die Gattung erfährt somit eine Aktualisierung.[61]
Der Nonsensdichter greift reale Phänomene nicht an, sondern nimmt sie als Material auf und spielt mit ihnen. Neben einer vermehrten Aktualisierung wird im Grunde alles, was die Wirklichkeit, die Geschichte und das geistesgeschichtliche Erbe hergeben, von ihm erfasst, der hergebrachte Sinn wird aufgegeben, „um willkürlich eigene Bedeutungen und Beziehungen zu schaffen.“[62] Durch seine besondere Technik, alles, was die Wirklichkeit hergibt, ins Vertraute, Allzumenschliche zu rücken, wirkt er dichterisch der Entfremdung entgegen.[63] Er neigt dazu, Dinge zu verlebendigen oder zu vermenschlichen: Aus Stöpseln werden so „Unsere runden Helfer.“[64] Ebenso vollführen im modernen Nonsens nicht selten große Gestalten der Geschichte oder der Literatur einfache, alltägliche Handlungen oder äußern banale Sätze, wodurch ihre Unnahbarkeit komisiert wird, was jedoch nicht zu verwechseln ist mit einer Kritik an ihren historischen Errungenschaften oder ihrem Werk. Selbst Themen wie Krankheit und Tod werden durch diese Technik der Intimisierung[65], wie Köhler sie bezeichnet, harmlos, verlieren ihre übermächtige Bedeutung und werden zum Spielball einer freier gewordenen Fantasie.
Köhler nennt als wesentliche Gattungsmerkmale Komik und Tendenzlosigkeit. Die Aufnahme konkreter Anspielungen auf Zeitgenössisches (Personen, Ereignisse, Modewörter etc.) oder Geschichtliches und die Anwendung formaler Gestaltungsmittel unterschiedlichster Textformen, wie sie oben aufgeführt sind (zum Beispiel in der Lyrik kanonisierte Gattungen wie die Ballade oder das Sonett) und deren Komisierung erwecken mitunter den Anschein einer direkten Kritik, so dass es nicht selten Schwierigkeiten bereitet, den modernen Nonsens von anderen komischen Gattungen wie der Satire oder der Parodie zu unterscheiden. Der moderne Nonsens kann tendenzhafte Komponenten in sich aufnehmen, aber sein übergeordnetes Ziel wird niemals die direkte Kritik sein. Sofern eine solche Kritik im Text nicht auszumachen ist, empfiehlt es sich, je nach Art des Textes, von einer Nonsens-Parodie[66] oder einer Nonsens-Satire[67] zu sprechen. Tendenzlos meint bei Köhler, dass der Nonsens zweckfrei ist, keine bestimmte Haltung oder Kritik vermitteln will. Er muss jedoch einräumen:
„Es fragt sich dabei, ob sich nicht doch eine kritische Komponente im heutigen Nonsens versteckt. Er spielt mit der Realität, wer aber mit etwas spielt, nimmt dieses etwas auch nicht ernst, und das ist auch eine Form der Kritik – nicht die der Satire, aber eben die des Nonsens.“[68]
So gesehen kann man mit einer gewissen Berechtigung den Nonsens als Fundamentalkritik gegen vorgegebene Denkweisen und Realitätsbilder sehen. Diesen setzt der Nonsensautor seine eigene Subjektivität entgegen und stellt seine eigenen Regeln auf, so irrational sie sein mögen. Er verweigert sich dem allgemein herrschenden und geforderten Sinn- und Zweckdenken und formuliert so den Vorrang des Subjekts vor vermeintlich objektiven Gegebenheiten. Dabei verfällt er jedoch nicht in eine schwermütige innere Immigration oder produziert realitätsfeindliche, romantisch-schwärmerische Gedankenlyrik, sondern setzt mithilfe der Komik und einer spielerischen, zweckentbundenen Fantasie vitale Ressourcen des Geistes frei. Oder wie es Köhler formuliert:
„Der Nonsens bricht die Brücke zur Realität nicht ab, um von ihr abzulenken und einen Augenblick trügerischer Idyllik herbeizuzaubern, sondern er beinhaltet eine letzte Möglichkeit subjektiven Widerstands gegen die Macht der äußeren Verhältnisse.“[69]
Die Realitätsverweigerung, die der Nonsens betreibt, kann damit weniger als ein passives Sich-Entziehen, denn als ein aktives Sich-Widersetzen verstanden werden. Freilich geschieht dies im literarischen Nonsens nur im Rahmen der Sprache. Der Nonsens hat kein Programm und vermittelt keine Botschaft, die zu einer konkreten Handlungsweise oder Haltung führen soll. Er genügt sich selbst und darin, auf unterhaltsame Weise Verwirrung zu stiften. Wenn er ein Programm hätte, würde er es unterlaufen, das heißt auch, es hinterfragen. Er betreibt moderne Sophisterei. Der Leser kann, wenn er sich auf das Spiel einlässt, Distanz zu eingefahrenen Betrachtungsweisen und Denkgewohnheiten gewinnen.
Der moderne Nonsens macht dabei auch vor sich selbst und seinen eigenen Techniken nicht Halt. Er verleugnet nicht, dass er „nur“ Dichtung ist und unterläuft immer wieder ironisch seine Aussagen. Die Selbstreflexivität, das Spiel mit den eigenen Nonsenstechniken ist ein weiteres wichtiges Charakteristikum des modernen Nonsens.
„Diese Selbstironisierung zeigt sich darin, dass Verfahren wie [...] die Vermenschlichung nicht bloß angewendet, sondern ihrerseits auch zum Gegenstand gemacht werden können. Der Nonsens nimmt somit seine eigenen Techniken nicht mehr ernst und treibt auf diese Weise letztendlich Spaß mit sich selbst, indem er sich über einen Wesenszug seiner selbst belustigt, die Realitätsverweigerung.“[70]
Um zu verdeutlichen, wie sich diese Selbstreflexivität in der schriftstellerischen Praxis darbietet, sei ein Vergleich angeführt. Morgensterns Gedicht Das Knie beschreibt grotesk-komisch den Verselbständigungsvorgang eines Körperteils:
„Das Knie
Ein Knie geht einsam durch die Welt.
Es ist ein Knie, sonst nichts!
Es ist kein Baum! Es ist kein Zelt!
Es ist ein Knie, sonst nichts.
Im Kriege ward einmal ein Mann
erschossen um und um.
Das Knie allein blieb unverletzt –
als wär´s ein Heiligtum.
Seitdem geht´s einsam durch die Welt.
Es ist ein Knie, sonst nichts.
Es ist kein Baum, es ist kein Zelt.
Es ist ein Knie, sonst nichts.“[71]
Es handelt sich bei diesem Gedicht, trotz seiner Nähe zum Grotesken[72], um Nonsens, da in einem komisch-distanzierten Tonfall von der empirischen Wirklichkeit abgewichen wird. Das Knie hat dabei aber auch keine symbolische Funktion, es steht für nichts als für sich selbst, worauf im Gedicht mehrfach insistiert wird. Morgenstern betreibt Realitätsverweigerung und kreiert stattdessen eine eigene fantastische Illusion. Bernstein greift genau diesen Wesenszug des Nonsens auf und macht ihn zum Gegenstand des folgenden Gedichts:
„Horch – ein Schrank
Horch – ein Schrank geht durch die Nacht,
voll mit nassen Hemden...
den hab ich mir ausgedacht,
um Euch zu befremden.“[73]
[...]
[1] Kerstin Hoffmann-Monderkamp: Komik und Nonsens im lyrischen Werk Robert Gernhardts. Annäherung an eine Theorie der literarischen Hochkomik, Tönisvorst 2001, S. 11, 26.
[2] Ebd., S. 211.
[3] Ebd., S. 11.
[4] Am Anfang seiner Dissertation Dialektik der Satire. Zur Komik von Robert Gernhardt und der „Neuen Frankfurter Schule“ weist Klaus Cäsar Zehrer ausführlich auf die Schwierigkeiten der wissenschaftlichen Behandlung komischer Phänomene hin. Die mir am wichtigsten erscheinenden Überlegungen werden in diesen Abschnitt mit aufgenommen, da sie meines Erachtens wichtige Vorbedingungen zur Betrachtung und Behandlung komischer Texte enthalten.
[5] Robert Gernhardt: Was gibt´s denn da zu lachen?, Zürich 2001, S. 544.
[6] Klaus Cäsar Zehrer: Dialektik der Satire. Zur Komik von Robert Gernhardt und der „Neuen Frankfurter Schule“, Osnabrück 2002, S. 31 f.
[7] Zehrer, S. 32.
[8] Sigmund Freud bezeichnet in seiner Untersuchung über den Witz das Wortspiel „famillionär“ als Witz, welcher „ausgezeichnet... und sehr lachkräftig“ sei. Die Vermutung liegt nahe, dass er es so ausgezeichnet und lachkräftig empfand, weil es so gut an den Anfang seiner Theorie passte. Sigmund Freud: Der Witz und seine Beziehung zum Unbewussten (1905), in: Gesammelte Werke, hrsg. von Anna Freud u. a., Bd. 6, Frankfurt am Main 1969, S. 10.
[9] Gernhardt, S. 14.
[10] Hofmann-Monderkamp, S. 21.
[11] Duden Deutsches Universalwörterbuch, Mannheim u. a. 1989.
[12] Vgl. Zehrer, S. 33.
[13] Aufschlussreich zur Erfassung des Komischen sind ebenfalls die Untersuchungen von Henri Bergson, Das Lachen, und von Sigmund Freud, Der Witz und seine Beziehung zum Unbewussten. Da diese jedoch in ihren Überlegungen von Form-, Bewegungs- und Charakterkomik ausgehen, würden ihre Theorien und Hypothesen hier zu weit führen. Ich werde in späteren Abschnitten auf wichtige Punkte aus diesen Arbeiten eingehen.
[14] Peter Köhler: Nonsens. Theorie und Geschichte der literarischen Gattung, Heidelberg 1989, S. 19.
[15] Ebd.
[16] Ich lehne mich hierbei an Hoffmann-Monderkamp an, welche ebenfalls für den genannten Sachverhalt die Bezeichnung „komische Diskrepanz“, anstelle von Köhlers „Kongruenz des Inkongruenten“ verwendet, wobei beide Begriffe die gleiche Bedeutung beinhalten, da sich auch Hoffmann-Monderkamp auf Köhler bezieht. Hoffmann-Monderkamp S. 44.
[17] Der literarische Unsinn stellt bei Köhler eine eigene Gattung dar. Köhler, S. 34 f.
[18] Köhler, S. 18.
[19] F. W. Bernstein: Die Gedichte, München 2003, S. 295 Im Folgenden zitiere ich Bernsteins Gedichte aus diesem Sammelband. Sollten sie darin nicht enthalten sein, greife ich auf den jeweiligen Einzelband zurück.
[20] Ebd., S. 537.
[21] Ergänzend zu Köhler sollte gesagt werden, dass bei der Tabuverletzung nicht nur die Wahrnehmung einer Diskrepanz, wie beispielsweise der zwischen Gebot und Verbot, für die komische Wirkung verantwortlich ist. Sigmund Freud, auf den sich Köhler in seiner Komikdefinition stark zu beziehen scheint, auch wenn er nicht explizit darauf verweist, schreibt in seinem Aufsatz über den Witz, dass „das Geheimnis der Lustwirkung des tendenziösen Witzes“, also beispielsweise von Zoten oder verspottenden Witzen, in der „Ersparung an Hemmungs- oder Unterdrückungsaufwand“ liegt. Freud, S. 133.
[22] Bernstein: Gedichte, S. 537.
[23] Henri Bergson: Das Lachen ( 1900), Meisenheim am Glan 1948, S. 9.
[24] Freud, S. 134 f.
[25] Köhler, S. 19.
[26] Jean Paul: Vorschule der Ästhetik, in: Sämtliche Werke, hrsg. von Norbert Miller, Bd. 5, Frankfurt am Main 1996, S. 110.
[27] Zehrer, S. 24.
[28] Ebd., S. 43.
[29] „Man hat bislang humoristische Äußerungen in der Literatur – wenn überhaupt – meist nur im Hinblick auf im weitesten Sinne politische oder soziale Anliegen der jeweiligen Autoren zu deuten gewußt (im Sinne der sozialen oder politischen Satire), jedoch ist meines Wissens noch nicht versucht worden, das Moment des Komischen selbst, sozusagen ‚an sich‘, im Rahmen einer historisch-kulturellen Zustandsbeschreibung, einzusetzen.“ Thomas Ringmeyer: Humor und Komik in der deutschen Gegenwartsliteratur: Arno Schmidt, Eckhard Henscheid und Robert Gernhardt, Washington 1994, S. 11.
[30] In seiner Untersuchung Der Witz und seine Beziehung zum Unbewussten spricht Freud zwar nur von tendenzhaften und tendenzlosen, harmlosen Witzen, jedoch kann man, unter Berücksichtigung des oben angeführten Definitionsversuchs der literarischen Komik, mit gewisser Berechtigung sagen, dass Freuds Untersuchung der Techniken und Wirkungsweisen des Witzes größtenteils nichts anderes ist, als eine Untersuchung der Techniken und Wirkungsweisen von Komik im Witz. (Interessanterweise fußt Köhlers Komikdefinition teilweise auf Erkenntnissen aus Freuds Witzanalysen, auch wenn dieser Witz und Komik voneinander abzugrenzen sucht. Freuds oft verwirrende Unterscheidung zwischen Witz und Komik wäre eine eigene Untersuchung wert.)Vgl. auch Zehrer, S. 38f.
[31] Beispiel bei Zehrer, S. 37.
[32] Zehrer, S. 44.
[33] Zehrer, S. 14.
[34] Beate Müller: Komische Intertextualität. Die literarische Parodie, Trier 1994, S. 36
[35] Ulrich Suerbaum: Ein anglistischer Grundkurs zur Einführung in das Studium der Literaturwissenschaft, in: Bernhard Fabian (Hg.): Text und Gattung, Königstein/Ts. 1981, S. 73, zit. nach: Müller, S. 39
[36] Zehrer, S. 33.
[37] Hoffmann-Monderkamp, S. 32.
[38] Köhler S. 18.
[39] Hoffmann-Monderkamp, S. 32.
[40] Kluge: Etymologisches Wörterbuch der deutschen Sprache, Berlin 1995, S. 705.
[41] Jürgen Brummack: Satire, in: Fischer Lexikon Literatur, Fankfurt/M. 1996, Bd. 3, S. 1723.
[42] Der Brockhaus Literatur. Schriftsteller, Werke, Epochen, Sachbegriffe, Mannheim, Leipzig 2004, S. 732.
[43] Zehrer, S. 71.
[44] Ebd., S. 173ff.
[45] Köhler, S. 29.
[46] Köhler unterscheidet zwischen Genre und Gattung: „Der Begriff Gattung ist vieldeutig und bezeichnet mit unterschiedlichen Methoden gewonnene Einheiten der Literatur. Ich verstehe darunter eine aufgrund rein systematischer Maßstäbe gebildete Gruppe literarischer Werke: die Texte einer Gattung müssen unabhängig von ihrer Entstehungszeit dieselben Kennzeichen aufweisen. [...] eine Gattung wird, nachdem sie sich im Gefüge der Nationalliteratur etabliert hat, zu einem Genre. Beispielsweise kann ein herausragendes Werk eine schon bestehende, aber bis dato nicht als eigenständig wahrgenommene oder in ihrem Charakter verkannte Gattung zum Genre erheben, jenes Opus steht dann nachfolgenden Werken Modell und wird von ihnen nachgeahmt.“ Köhler, S. 13. Köhlers Abgrenzung dieser beiden Begriffe entbehrt nicht einer gewissen Nachvollziehbarkeit, kann aber nicht als allgemein vorausgesetzt werden. Um daher einer grundsätzlichen Begriffsdefinition, die im übrigen für das Thema dieser Arbeit keine ausschlaggebende Relevanz hat, aus dem Wege zu gehen, halte ich mich im Folgenden an den neutraleren Begriff der Gattung.
[47] Ebd., S. 134.
[48] Christian Morgenstern: Die Galgenlieder(1905), Zürich 2000, S. 36.
[49] Köhler, S. 47.
[50] „Der Nonsens verschließt sich [...] einem textexternen Sinngefüge, aber das heißt nicht, daß er überhaupt keinen Sinn hat – es bedeutet vielmehr, daß er ihn offenbar [...] in sich selbst trägt.“ Ebd., S. 24.
[51] Ebd., S. 44.
[52] Ebd.
[53] Ebd., S. 46 ff.
[54] Morgenstern, S. 291 ff.
[55] Köhler, S. 39.
[56] Die Abkürzung ist parodistisch angelehnt an die allgemein bekannten Kürzel der Wochenzeitungen Welt am Sonntag und Bild am Sonntag: WamS und BamS.
[57] Die WimS unter Gernhardt, Bernstein und Waechter existierte von September 1964 bis Januar 1976, danach wurde die Rubrik von anderen Autoren und Zeichnern weitergeführt.
[58] Köhler, S. 61.
[59] Ebd., S. 137.
[60] Ebd., S. 90.
[61] Ebd.
[62] Ebd., S. 92.
[63] Ebd., S. 109.
[64] Ebd., S. 67. (Ohne Quellenangabe.)
[65] Ebd., S. 109.
[66] Ebd., S. 30.
[67] Zehrer, S. 194.
[68] Ebd., S. 92.
[69] Ebd., S. 55.
[70] Peter Köhler: Gab es Komik vor der Neuen Frankfurter Schule ?, in WP Fahrenberg (Hg.): Die schärfsten Kritiker der Elche waren früher selber welche!, Göttingen 1987, S. 39.
[71] Morgenstern, S. 33.
[72] Köhler unterscheidet zwischen Nonsens und dem Grotesken. Ähnlich wie der Nonsens verändere dieser die Wirklichkeit, dabei mangele es ihm aber im allgemeinen an Komik und Harmlosigkeit. Köhler S. 32 ff.
[73] Bernstein: S. 410.
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- Magister Artium Patrick Kollmer (Author), 2006, "Gedicht ab - Vers läuft" - Parodie, Metapoesie und Komik in der Lyrik F. W. Bernsteins, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/77838
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