Das kollektive Daumenhalten konnte die Niederlage in London nicht verhindern. Wenige Minuten nachdem der Reporter zur Bildung der gesamtdeutschen Gemeinschaft an den heimischen Radiogeräten aufrief, leitete der englische Stürmer Geoffrey Hurst mit dem berühmten ‚Wembleytor‘ die Niederlage der bundesdeutschen Fußballnationalmannschaft ein.
Zwölf Jahre zuvor und acht Jahre später konnte diese indes die jeweiligen Endspiele für sich entscheiden - mit höchst unterschiedlichen Vorzeichen und Folgen. Während dem Titel von 1974 stets eine allenfalls sportliche Bedeutung beigemessen wurde, wird der scheinbar sensationelle Sieg über die Auswahl Ungarns am 4. Juli 1954 als ein die noch junge Bundesrepublik nachhaltig konsolidierendes Ereignis angesehen. Die Kommunikation dieses Endspiels und seine Verankerung in der populären Erinnerungskultur führten in der Folge dazu, dass dem Spiel bzw. dem Spielort bisweilen tatsächlich der Charakter eines lieux de mémoire für die Bundesrepublik Deutschland zuerkannt wird.
1966 zählte der Kommentator des Endspiels zur Daumen drückenden Gemeinschaft auch die Bürger der DDR. Die seinerzeit nicht unübliche Betonung einer gesamtdeutschen Identität fand also sichtbar bzw. in diesem Falle hörbar auch im Kontext des Fußballs statt. Nicht wenige fühlen sich in diesem Zusammenhang immer wieder ermuntert, auf die scheinbar nahe liegende Symbolik des deutschen WM-Titels von 1990 als gewissermaßen emotionalen Vollzug der deutschen Einheit hinzuweisen. Doch die (symbolische) Bedeutung der Nationalelf für Zustand und Perspektive der Nation scheint sich darüber hinaus ungebrochen bis in unsere Gegenwart fortzusetzen, wie eine Beobachtung der Süddeutschen Zeitung ein Jahr vor der Fußballweltmeisterschaft 2006 in Deutschland glauben lässt:
[...]
Inhaltsverzeichnis:
1. Einleitung
1.1 Ziel und Konzeption der Arbeit
1.1 Forschungsstand
2. Nation und Fußball
2.1 Nation und Nationalismus
2.1.1 Nationalismus und Patriotismus: Kerngedanken und Definitionen
2.1.2 Nationalismus als ‚Politische Religion’
2.1.3 Nationalismus und Patriotismus in Deutschland
2.2 Fußball und (nationale) Identität
2.3 Fußball als quasi-religiöses und rituelles Ereignis
3. Fußball und Fußballkultur in Deutschland 1890-1980
3.1 Vom gentleman´s zum people´s game: Der Ursprung des modernen Fußballs in England
3.2 Vom Gesellschafts- zum Soldatenspiel: Fußball im Kaiserreich
3.3 Berufssport vs. Amateurprinzip: Fußball in der Weimarer Republik
3.4 Staatsamateure und Propagandaspiele: Fußball im Dritten Reich
3.5 Kontinuität und Diskontinuität: Fußball in der BRD bis 1974
4. Untersuchung der Fußballweltmeisterschaften 1954 und 1974
4.1 Art und Auswahl der Printmedien
4.1.1 Frankfurter Allgemeine Zeitung
4.1.2 Frankfurter Rundschau
4.1.3 Bild-Zeitung
4.2 Sport und Sportsprache in den Medien
4.3 Koordinaten der Untersuchung
4.4 Die WM 1954 in der Schweiz
4.4.1 Die WM 1954 und ihre Zeit
4.4.2 BRD - Türkei (17.6.1954)
4.4.3 Ungarn - BRD (20.6.1954)
4.4.4 BRD - Türkei (23.6.1954)
4.4.5 BRD - Jugoslawien (27.6.1954)
4.4.6 BRD - Österreich (30.6.1954)
4.4.7 BRD - Ungarn (4.7.1954)
4.4.8 Zwischenfazit
4.5 Die WM 1974 in der Bundesrepublik Deutschland
4.5.1 Die WM 1974 und ihre Zeit
4.5.2 BRD - Chile (14.6.1974)
4.5.3 Australien - BRD (18.6.1974)
4.5.4 DDR - BRD (22.6.1974)
4.5.5 Jugoslawien - BRD (26.6.1974)
4.5.6 BRD - Schweden (30.6.1974)
4.5.7 Polen - BRD (3.7.1974)
4.5.8 Niederlande - BRD (7.7.1974)
5. Fazit
6. Quellen- und Literaturverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Meine Damen und Herren in Deutschland, ob in München, ob in Hamburg, ob in Köln, ob in Berlin, ob in Dresden, in Leipzig oder in Stuttgart, Karlsruhe oder irgendwo auf dem flachen Land, wir alle bilden jetzt eine Gemeinschaft und wir alle halten unserer tüchtigen Mannschaft für die Verl Ängerung die Daumen.
Herbert Zimmermann, Rundfunkkommentator, vor der Verlängerung des WM-Finales England - BRD im Londoner Wembley Stadium am 30. Juli 19661
1. Einleitung
Das kollektive Daumenhalten konnte die Niederlage in London nicht verhindern. Weni- ge Minuten nachdem der Reporter zur Bildung der gesamtdeutschen Gemeinschaft an den heimischen Radiogeräten aufrief, leitete der englische Stürmer Geoffrey Hurst mit dem berühmten ‚Wembleytor‘ die Niederlage der bundesdeutschen Fußballnational- mannschaft ein.
Zwölf Jahre zuvor und acht Jahre später konnte diese indes die jeweiligen Endspiele für sich entscheiden - mit höchst unterschiedlichen Vorzeichen und Folgen. Während dem Titel von 1974 stets eine allenfalls sportliche Bedeutung beigemessen wurde, wird der scheinbar sensationelle Sieg über die Auswahl Ungarns am 4. Juli 1954 als ein die noch junge Bundesrepublik nachhaltig konsolidierendes Ereignis angesehen.2 Die Kommuni- kation dieses Endspiels und seine Verankerung in der populären Erinnerungskultur führten in der Folge dazu, dass dem Spiel bzw. dem Spielort bisweilen tatsächlich der Charakter eines lieux de m é moire für die Bundesrepublik Deutschland zuerkannt wird.3
1966 zählte der Kommentator des Endspiels zur Daumen drückenden Gemeinschaft auch die Bürger der DDR. Die seinerzeit nicht unübliche Betonung einer gesamtdeut- schen Identität fand also sichtbar bzw. in diesem Falle hörbar auch im Kontext des Fuß- balls statt. Nicht wenige fühlen sich in diesem Zusammenhang immer wieder ermuntert, auf die scheinbar nahe liegende Symbolik des deutschen WM-Titels von 1990 als ge- wissermaßen emotionalen Vollzug der deutschen Einheit hinzuweisen. Doch die (sym- bolische) Bedeutung der Nationalelf für Zustand und Perspektive der Nation scheint sich darüber hinaus ungebrochen bis in unsere Gegenwart fortzusetzen, wie eine Beo- bachtung der Süddeutschen Zeitung ein Jahr vor der Fußballweltmeisterschaft 2006 in Deutschland glauben lässt:
Es ist in der Tat ein heiliger Ernst um die Geschicke dieser Mannschaft [ … ], mitunter könnte man glauben, sie stünde unter der nationalen Mission, das Land aus der Lethargie [ … ] zu reißen und mit dem bloßen Gewinn einer unhandlichen Skulptur durch ein güldenes Portal in den Garten E- den zu führen. 4
So scheint es bisweilen, dass für die elf Männer in weißen Hemden und schwarzen Ho- sen seit 1954 ein gleichsam heilsgeschichtlich anmutender nationaler Auftrag bestünde. Jener klassisch konstruierte Mythos der ‚Helden von Bern‘ wurde gleichwohl nicht oh- ne bestimmte Zutaten möglich. 5 Nachträglich war zunächst die Beschreibung der deut- schen Nachkriegsgesellschaft als „ Millionen von Menschen […] beladen von Schuld, Unsicherheit und Selbstzweifel “6 notwendig, welcher unverkennbar die angenommene Außenseiterrolle der eigenen Mannschaft zu entsprechen hatte. Diese traf auf die schier unüberwindbare Übermacht des Gegners, die - per aspera ad astra - nur durch die in der Folge dann unablässig beschworenen ‚deutschen Tugenden‘ wie unermüdlichen Kampfgeist und Siegeswillen nebst kameradschaftlichen und redlichen Einsatz wettge- macht werden konnte. Helmut Rahn, der ‚aus dem Hintergrund schießen müsste‘, traute sich und schoss das ‚Tor für Deutschland‘7, das nach den gängigen Spielberichten über die Geschichte der Bundesrepublik diese und ihre Bewohner wieder in den gefühlten Vordergrund führte.8 Ab nun sollten sich alle wieder mehr zutrauen.
Die Identitätsmuster, die über die eigene ‚tüchtige‘ Mannschaft sinnfällig für das Selbstbild der gesamten Nation konstruiert bzw. bestätigt wurden, fanden und finden ihr (notwendiges) Pendant stets in der stereotypen Umschreibung anderer Nationen und ihrer (putativen) kulturellen Eigenarten. Dann messen sich jene ‚deutschen Tugen- den‘ mit der Leichtfüßigkeit der Brasilianer, der fairen Härte der Briten, der Schlitzoh- rigkeit der Südeuropäer oder der Verspieltheit der Afrikaner.9 Insofern stellen viele Fußballpartien offenbar nicht nur ein Spiel dar. Nicht nur zwei Mannschaften treten gegeneinander an, sondern zwei Nationen, zwei Systeme, zwei Kulturen.
Auf diese Weise prägt der Fußball für viele die Sicht der Welt. Alle zwei bzw. vier Jah- re verdichten sich diese Eindrücke in einer Kontinental- oder Weltmeisterschaft, die dem neutralen, nüchternen Betrachter (ein in jenen Wochen eher rares Wesen) als auf- fallend nationalistisches Kräftemessen erscheinen können.10 Und zuweilen wird erkenn- bar, mit welchen nationalen Emotionen und Aufladungen - oft als unüberhörbares Echo alter Feindseligkeiten - bestimmte Partien diese Ansicht stützen: Als der deutsche Tor- hüter Harald ‚Toni‘ Schumacher im Halbfinale der WM 1982 den französischen Spieler Patrick Battiston derart rüde foulte, dass dieser drei Zähne verlor und einen gebroche- nen Wirbel davontrug, schien es vielen, dass die mehr als dreißigjährigen Nachkriegs- bemühungen um die deutsch-französische Freundschaft verpufft waren. 11 Ein nationaler Stereotyp fand an der deutschen Strafraumgrenze seine Bestätigung.
Der moderne Fußball stellt - als gewichtiger Teilaspekt seiner zahllosen Ambivalenzen und trotz seiner oftmals kosmopolitischen Charakterisierung als „universalste Sache der Welt“12 - offenbar auch die „Schaubühne, wo […] der populäre Militarismus und Nati- onalismus sich so produzieren können, daß sowohl eine Selbstvergewisserung als auch eine symbolische Konfrontation mit dem Anderen und Fremden erfolgt“13.
1.1 Ziel und Konzeption der Arbeit
Für Fabian Brändle und Christian Koller ist jene Schaubühne der symbolischen Kon- frontation noch nicht ausreichend ausgeleuchtet, „die Verbindung von Nationalismus und Fußball ist eine weltweite Erfolgsstory, die erst ungenügend untersucht ist“14. In dieser Arbeit soll versucht werden, einer erfassbaren und zugleich erweiterten Dimensi- on dieser Verbindung in der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland nachzugehen. Anhand der Berichterstattung über die Spiele der bundesdeutschen Nationalmannschaft soll vergleichend aufgezeigt werden, ob, auf welche Weise und mit welchen Inhalten sich im Kontext der Fußballweltmeisterschaften von 1954 und 1974 westdeutscher Na- tionalismus und Patriotismus offenbarten. Wohlgemerkt: Es soll nicht ein weiterer Ver- such unternommen werden, die Auswirkungen dieser sportlichen Erfolge auf bestimmte mentale oder kollektivpsychologische Dispositionen der bundesdeutschen Öffentlich- keit zu ergründen.15 Die Frage lautet vielmehr, wie in der Bundesrepublik Deutschland der 1950er Jahre und Mitte der 1970er Jahre nationale Inhalte im Kontext des Fußballs produziert und kommuniziert wurden. Die Beschränkung auf den Begriff ‚Nationalis- mus‘ wird als unzureichend angesehen. Wenn nach der möglichen Existenz einer be- sonderen Form und den verschiedenen Folgen eines Nationalismus im Sport gefragt wird16, so wird vielfach auch ein grundlegender Mangel an Trennschärfe deutlich, der in der wissenschaftlichen Beschäftigung mit der Affinität von Sport und Nation auftritt: Die fehlende Differenzierung des Begriffes ‚Nationalismus‘. Zahlreiche mess- und er- kennbare Phänomene mit nationalen Inhalten werden unter dem jenem „Modewort mit einem völlig amorphen Bedeutungsfeld“17 vereinfachend subsumiert.
Die vorliegende Arbeit ist bemüht, eine derartige Nivellierung noch zu bestimmender Unterschiede zu vermeiden. Die Definition bzw. Separation der Begriffe ‚Patriotis- mus‘ und ‚Nationalismus‘ ist somit obligatorisch, erfolgt jedoch erst an späterer Stelle (Kap. 2.1.1), da sie erkennbar nicht a priori und ohne eine Reihe grundlegender Ausführungen vorgenommen werden kann.
Warum fällt die Wahl auf die Weltmeisterschaften 1954 und 1974? Auch der Autor ist sich darüber im Klaren, dass durch die Konzentration auf die Berichterstattung über insgesamt nur 13 Spiele in jeweils drei Wochen die Gefahr eines höchst fragmentari- schen und unzulässig verallgemeinernden Befundes sehr groß ist. Doch zunächst ist die Beschränkung auf Weltmeisterschaftsturniere eine nahezu zwingende Vorgehensweise. Allein in dem Zeitraum von 1950 bis 1980 absolvierte die bundesdeutsche National- mannschaft ca. 260 Spiele.18 Eine auch nur annähernd vollständige Erfassung wäre in- sofern utopisch.19 Darüber hinaus stehen Fußballweltmeisterschaften als turnusmäßige Höhepunkte des Sports seit jeher unvergleichlich deutlicher im Fokus einer breiten, auch eher mäßig bis nicht an Fußball interessierten Öffentlichkeit als der übrige Sport- und Spielbetrieb.20
Die Turniere von 1954 und 1974 bieten sich schließlich aus zwei Gründen an. Zum ei- nen konnte die deutsche Mannschaft beide Male ins Finale vordringen und diese gar gewinnen, was eine besondere Zuspitzung der ‚symbolischen Konfrontationen‘ bedeu- ten dürfte.21 Zum anderen - und diesem Umstand soll verstärkt Bedeutung beigemessen werden - fanden diese beiden Turniere in offenkundig grundsätzlich verschiedenen Phasen in der Geschichte der Bundesrepublik statt. Wenn man mit der modernen Natio- nalismusforschung von der beachtlichen Bedeutung des Nationalismus gerade für trans- formatorische Gesellschaften ausgeht, wird augenscheinlich, dass jene Auswahl sinn- voll ist. Während in der Gesellschaft der 1950er Jahre die junge Bundesrepublik zunächst kaum in den Köpfen etabliert war, hatte sich dies bis zu den 1970er Jahren zwar weitgehend gewandelt. Jedoch unterlag auch die Gesellschaft jener Zeit durch die prägenden politischen und gesellschaftlichen Umbrüche seit den 1960er Jahren zweifel- los markanten Veränderungen. Fraglich wäre insofern, ob und wie sich diese nationalen gesellschaftlichen ‚Aggregatzustände‘ und Entwicklungen im Kontext des Fußballs widerspiegelten.
Als ‚Quellenmaterial‘ drängt sich für diese Arbeit die WM-Berichterstattung verschie- dener Printmedien geradezu auf.22 Als sinnvoll wird eine Auswahl erachtet, die ein brei- tes Spektrum der überregionalen bundesdeutschen Berichterstattung repräsentiert. Im Einzelnen wird die Berichterstattung der Frankfurter Allgemeinen Zeitung, der Frank- furter Rundschau und der Bild-Zeitung zur Untersuchung herangezogen.23 Hierbei soll die Beschaffenheit der Berichterstattung auf bestimmte Merkmale wie der deutschen bzw. der jeweils gegnerischen Mannschaft zugeschriebene Stereotype und Attribute überprüft werden. Eine denkbare genaue statistische Erfassung quantitativ messbarer Kennzeichen (z.B. Nennung von Spielernamen, Spielereigenschaften, Regelwidrigkei- ten) kann nicht unternommen werden. Diese Arbeit kann zweifellos weder eine voll- ständige Inhaltsanalyse leisten, wie es in den Medienwissenschaften üblich ist, noch die Berichterstattung zu allen Mannschaften und Spielen der beiden Turniere berücksichti- gen, auch wenn dies wünschenswert erscheinen mag. Folgerichtig wird sich allein auf die Berichterstattung zu den deutschen Spielen konzentriert.24
Gegenstand des folgenden zweiten Kapitels ist zunächst die Bestimmung fundamentaler Inhalte, Ideen und Merkmale des Nationalismus, die nicht zuletzt für die erforderliche Abgrenzung zum Begriff des ‚Patriotismus‘ notwendig sind. Einem knappen Abriss über die Geschichte des Nationalismus und Patriotismus in Deutschland (Kap. 2.1.3) soll die Bestimmung der Affinität von Fußball und nationaler Identität bzw. Nationa- lismus folgen (Kap. 2.2, 2.3). Es soll dabei die Frage leitend sein, auf welche Weise es dem Fußball gelingt, bei breiten Massen vielfältige Emotionen hervorzurufen und dar- über hinaus insbesondere Identität zu stiften oder zu vertiefen. Die Beantwortung dieser Frage wird für den weiteren Verlauf dieser Arbeit von hoher Bedeutung sein, denn erst dadurch können die aufzuzeigenden Inhalte sowie ihre Bedeutung näher bestimmt wer- den.
Anschließend soll eine Dokumentation der Entwicklung des Fußballs und der Fußball- kultur in Deutschland erfolgen (Kap. 3). Das Augenmerk soll dabei - ohne einen allzu einengenden Blickwinkel zu erzeugen - auf den Kennzeichen liegen, die das Thema dieser Arbeit eo ipso vorgibt. Diese Entwicklung muss eingehend berücksichtigt werden, denn es ist davon auszugehen, dass sich aus diesem sozial- und kulturgeschichtlichen Entstehungszusammenhang in Deutschland langfristig wirkende Konsequenzen für die Fußballkultur in der Bundesrepublik Deutschland und damit für die Fragestellung dieser Arbeit ergaben.25
1.2 Forschungsstand
Die Berührungspunkte zwischen der Geschichtswissenschaft und dem Sport im Allge- meinen wie dem Fußball im Besonderen hielten sich lange Zeit in einem überschauba- ren Rahmen auf. Der moderne Sport, der sich seit dem Ende des 19. Jahrhunderts welt- weit verbreitete, konnte in jedem politischen System überleben, hielt mit verschiedensten Entwicklungen Schritt und war zugleich oftmals selbst Schrittmacher solcher. Er blieb, indem er sich stets neu erschuf, ein unvermindert modernes Phänomen, das seit Jahrzehnten allerorten präsent ist und als fester Bestandteil des jeweiligen All- tags wahrgenommen wird. Diese permanente Reaktualisierung suggeriert eine Zeitlo- sigkeit und fehlende Historizität, die die Fragen der Historiker nach Ursprüngen, Kon- sequenzen und langfristigen Entwicklungen auf den ersten Blick unangemessen erscheinen lassen. Dementsprechend sprang er als möglicher Untersuchungsgegenstand der historischen Forschung nicht gerade ins Auge.26
Nach dem Aufstieg der Sozialgeschichte und der historischen Soziologie seit den 1960er Jahren geriet jedoch auch mit etwas Verspätung gegenüber der angelsächsischen Forschung der Sport zunehmend ins Blickfeld der deutschsprachigen Geschichtswissen- schaft.27 Keine unbedeutende Rolle spielten dabei auch die Forschungen von Norbert Elias, der im Rahmen seiner ‚Figurationssoziologie‘ die Rolle des Sports im Zivilisati- onsprozess betonte.28 Heute wird einerseits die „methodische und thematische Offen- heit“29 des Gegenstandes begrüßt, während andere im Angesicht des zeitweiligen Vor- marsches der Kulturgeschichte das Primat einer „um kulturalistische Perspektiven erweiterten Sozial- und Gesellschaftsgeschichte“30 zu verteidigen suchen.31
Der Fußball liefert durchaus vielfältige Bedeutungsmuster, die sowohl ‚in seiner Welt‘ als auch außerhalb dieser im ‚wirklichen Leben‘ verstanden werden.32 Versteht man mit Clifford Geertz Kultur einmal knapp als „selbstgesponnenes Bedeutungsgewe- be“33, in welches der Mensch verstrickt ist, hat die Erklärung des Fußballs zum ‚Kultur- phänomen‘ insofern seine Berechtigung. Der ausgleichenden Ansicht von Brändle und Koller, sich „indessen nicht auf kulturhistorische Aspekte zu beschränken“34, sondern das Bewusstsein zu erhalten, dass die Geschichte des Fußballs auch „ein wichtiges Stück Sozial- und Wirtschaftsgeschichte“35 darstellt, kommt auch für diese Arbeit Be- deutung zu. Will man Phänomene wie Nationalismus im Kontext des Fußballs analysie- ren, scheint es kaum angebracht, die für den Untersuchungszeitraum und -ort spezifi- schen sozial- und gesellschaftsgeschichtlichen Fundamente dieses Sports auszublenden. Die Fähigkeit des Fußballs zur Bildung bestimmter kollektiver Identitäten ist ohne diese kaum verständlich.
Diese Fähigkeit wird im Zusammenspiel mit einer historisch ausgelegten Kultursozio- logie zumeist ausschließlich als Zugang zu der für die Forschung „zentralen Frage nach den Ursachen für den enormen Popularitätsgewinn des Fußballsports“36 genutzt. Dieser Zugang möchte sich dabei ausdrücklich nicht nur auf die Frühgeschichte des Fußballs beschränken, wie dies sozialhistorische Ansätze in einer Art Selbstbeschränkung bisher praktizierten.37 Vielmehr soll er gerade für die Bundesrepublik Deutschland aufgrund der „Zerfaserung und Aufweichung der Sozialstrukturen in der nivellierten Mit- telstandsgesellschaft“38 einen größeren Erkenntnisgewinn versprechen.
Dessen ungeachtet schien das Erkenntnisinteresse der historischen Forschung für die Entwicklung der Verbindungen von nationaler Identität, Nationalismus und Fußball in der Bundesrepublik Deutschland bisher eher gering und geht kaum über die Beschäftigung mit dem ‚Wunder von Bern‘ hinaus, für das Arthur Heinrich bilanziert:
Massenphänomen im öffentlichen Diskurs, in: Zentrum für Europa- und Nordamerika-Studien (Hrsg.): Fußballwelten. Zum Verhältnis von Sport, Politik, Ökonomie und Gesellschaft, Opladen 2002, S. 18-43, hier S. 18) freilich zuzustimmen.
Der 4. Juli ist das Symbol eines gesamtgesellschaftlichen Aufbruchs, der natürlich nicht erst im WM-Jahr begonnen hatte. Aber jener Endspielsonntag der Weltmeisterschaft bot zum ersten Mal die Gelegenheit, sich des seit Kriegsende und Grundgesetzlegung erwirtschafteten Erfolgs gemeinschaftlich zu vergewissern.39
Alfred Wahl stellt in seinem Beitrag „Fußball und Nation in Frankreich und Deutsch- land“40 anhand einiger Spiele und Ereignisse zwar verschiedene Aspekte der Problema- tik in beiden Ländern dar, eine wie auch immer geartete Entwicklung zeigt er nicht auf. Einen ähnlichen, aber bereits präziseren Versuch unternimmt Anna Maike Buß, die an- hand einer Analyse einiger Medien das deutsch-niederländische Verhältnis im Fußball seit 1974 untersucht und ein wechselhaftes, aus verschiedenen Quellen gespeistes und von nationalistischen Tönen nicht freies Verhältnis konstatiert.41 Damit steht sie nicht in einer Linie mit der wohl vorherrschenden Ansicht, dass die Affinität von Fußball und Nationalismus in der Bundesrepublik Deutschland grundsätzlich verebbt sei, die aus- führlich bei Habbo Knoch artikuliert wird.42 Nach Knoch ist Fußball mittlerweile zum „Katalysator transitorischer Zugehörigkeiten geworden“43, schafft Identifikationen und Gemeinschaften nur nach Wahl und „auf Zeit, die immer weniger an räumliche, soziale und nationale Ordnungen gebunden sind“44. Die „Entwicklung des Fußballs zu einem medial inszenierten Massenereignis [hat] dem Spiel ein Eigengewicht gegeben, das es von einer simplen Indienstnahme befreit hat“45 und es „nicht mehr als Motor eines poli- tisch umsetzbaren Nationalgefühls“46 taugt. Eine hohe Affinität zum Nationalen spricht Knoch allein den 1920er bis 1960er Jahren zu.47 Nach 1954 ist für ihn zumindest in der kritischen Öffentlichkeit die „postnationalistische Grenzziehung zwischen Unterhaltung und Nationalismus eindeutig“48. Ferner soll die traditionell enge Bindung der Fußball- anhänger an die Vereine auch von jeher in Konkurrenz zu nationalen Identifikations- möglichkeiten gestanden haben.49 Die Fähigkeit des Nationalismus, mit anderen Loyali- tätsbeständen oder Identitäten feste oder episodische Verbindungen eingehen zu können, wird hier nur in geringem Maße miteinbezogen. Gleichwohl betont Knoch, dass es sich um „Störungen, nicht Aufhebungen“ 50 nationaler Projektionen handeln soll. Unter einer solchen Störung wird in begrenztem Maße die ‚konservative Wende der 80er Jah- re‘ verstanden, die zumindest die bis dato vermeintlich vorherrschende Zurückhaltung der Öffentlichkeit in der Präsentation nationaler Symbole (Fahnen, Hymne) im Kontext des Fußballs beendete. 51 Eisenberg konstatiert diesem ‚neuen Nationalismus‘ hingegen eine Unverbindlichkeit, die (ähnlich Knoch) auf der Loslösung des deutschen Fußballs von der ihn umgebenden Gesellschaft und dem Transport der „inhaltsleere[n] Rationali- tät des Marktes“52 beruhen soll.53
2. Nation und Fußball
2.1. Nation und Nationalismus
„Das Studium der Nation wäre ein leichtes, wenn es wie die Ornithologie betrieben werden könnte“54, stellte Eric Hobsbawm einst mit einer gewissen Ernüchterung fest, die aber zugleich eine gewisse eigenständige Erkenntnis umschreibt. Denn für die Be- stimmung, welche Gemeinschaft unumstößlich als Nation bezeichnet werden kann, ist offensichtlich kein befriedigendes Kriterium bzw. eine genau determinierte Auswahl solcher auszumachen. Dieses Definitionsdilemma gilt entsprechend für das untrennbar mit der Nation verknüpfte Phänomen des Nationalismus. 55 Dass dies für die seit dem ausgehenden 18. Jahrhundert wohl einflussreichste politische Gestaltungskraft nicht möglich scheint, mag zunächst verwundern. Selbstverständlich hat es an Versuchen nicht gefehlt. Auch nur annähernd die Gesamtheit dieser erfassen zu wollen, wäre uto- pisch, ein roter Faden ist indessen erkennbar. Für diesen blieben einige frühe Beiträge wie die berühmte, 1882 an der Pariser Sorbonne gehaltene Rede „Qu’est ce que c’est une nation?“ von Ernest Renan, der in der Nation u.a. ein ‚geistiges Prinzip‘ und ‚tägli- ches Plebiszit‘ sah, stets bedeutsam. Für Max Weber wurde eine Nation erkennbar, wenn von „gewissen Menschengruppen ein spezifisches Solidaritätsempfinden anderen gegenüber“56 vorgebracht wird. Bereits bei Weber wurden somit Ansätze des Kon- struktcharakters der Nation sichtbar, den die spätere Forschung so sehr in den Mittel- punkt stellen sollte. Hugh Seton-Watson erkannte in den 1970er Jahren eine Nation, wenn „a significant number of people in a comminutiy consider themselves to form a nation, or behave as if they formed one“57.
Erkennbar rücken die Vorstellungen von einer solidarischen Gemeinschaft, deren spezi- fisches Bewusstsein als solcher sowie ihr Bestreben, eine Nation zu bilden, in den Vor- dergrund. Die seitens der historischen, soziologischen, anthropologischen und psycho- logischen Forschung angebotene Palette der Komponenten, die das ‚spezifische‘ jenes solidarischen Gemeinschaftsbewusstseins ausmachen können, ist derweil kaum zu ü- berblicken. Vielgestaltig und kombinatorisch werden u.a. Sprache, Kultur, historisches Bewusstsein, Kommunikation, Konfession oder politische Ziele hervorgehoben.58 Wie- wohl setzte sich eine grundsätzliche Erkenntnis durch: „Nationen werden geschaffen“59. Vor allem nach den bedeutenden Werken von Eric Hobsbawm und Benedict Anderson im Jahre 1983, dem ‚annus mirabilis‘ der Nationalismusforschung, wurde jenes Ver- ständnis noch einmal auf eine ausgesprochen kulturalistische Weise dahingehend modi- fiziert, dass eine Nation nicht allein eine konstruierte Gemeinschaft, sondern gar ‚nur‘ eine imagined community mit invented traditions sei.60 ‚Vorgestellt‘61 ist sie für Benedict Anderson deshalb, „weil die Mitglieder selbst der kleinsten Nation die meisten anderen niemals kennen, aber im Kopf eines jeden die Vorstellung ihrer Gemeinschaft existiert“62. Notabene hebt Benedict Anderson als anschauliches Bild für die ‚vorgestellte Gemeinschaft‘ in diesem Zusammenhang die Bedeutung von Zeitungen hervor, in denen die Gemeinschaft anschaulich wird und deren Lesen als ‚Zeremonie‘ von Tausenden gleichzeitig vollzogen und in festen Intervallen wiederholt wird.63 Grundsätzlich findet die Nation in einer beständigen ‚Erzählung‘ ihren Ausdruck, die in der gesamten (Alltags-)Kultur stattfindet und an der das einzelne Mitglied teilnimmt.64 Erst die Erzählung formt die gemeinsam geteilte Erinnerung des D iese Interpretationen unterliegen gleichwohl der Gefahr, die Bedeutung nicht vorge- stellter, realhistorischer Umstände wie Kriege, dynastische Interessen oder Diplomatie sowie Gemeinsamkeiten wie Sprache oder Sitten zu unterschätzen.65 Dieter Langewie- sche betont die zwingend erforderliche Beachtung des Reservoirs des historisch Vorge- gebenen treffend: „Die kulturelle Erfindung der Nation gelingt nur, wenn sie auffindet, was sie vorfindet“66.
Im Lichte des Konstrukt- und Vorstellungscharakters der Nation wird inzwischen somit auch übereinstimmend der Nationalismus als konstitutiv für diese betrachtet, denn „nicht die Nationen sind es, die die Staaten und Nationalismen hervorrufen, sondern umgekehrt“67.
2.1.1 Nationalismus und Patriotismus: Kerngedanken und Definitionen
Seit langem wird für den theoriearmen und ideengeschichtlich eher kargen Nationalismus zu Recht eine dennoch äußerst erfolgreiche faktische Integrationsfähigkeit betont, die dieser sowohl für den Einzelnen als auch für soziale Großgruppen ausübt.68 Nicht zuletzt mittels dieser Fähigkeit konnte er in den Modernisierungskrisen der frühmodernen westlichen Gesellschaften eine neue und breite Legitimationsbasis offerieren und obsolete Weltbilder und -ordnungen ersetzen. Erst der Nationalismus schuf das Fundament, auf dem die Nation zum erfolgreichsten, ja nahezu einzigen obersten politischen und gesellschaftlichen Ordnungsmodell wurde.69
Nach der einflussreichen Definition von Ernest Gellner ist Nationalismus „vor allem ein politisches Prinzip, dass besagt, politische und nationale Einheiten sollten deckungs- gleich sein“70. Gellner unterscheidet darüber hinaus einen ‚Nationalismus als Empfin- dung‘, der im Zorn über eine Verletzung oder in der Befriedigung durch die Erfüllung jenes Prinzips gründet. 71 Für Peter Alter liegt Nationalismus dann vor, „wenn die emo- tionale Bindung an die Nation und die Loyalität ihr gegenüber in der Skala der Bindun- gen und Loyalitäten oben steht“72. Die Konstruktion dieser hochrangigsten emotionalen Bindung und Loyalität, eines ‚Nationalbewusstseins‘, erfolgt für ihn durch Erziehung im weitesten Sinne, die besondere Betonung und Bewusstwerdung der spezifischen Gemeinsamkeiten der jeweiligen Gemeinschaft, sowie insbesondere durch die Konfron- tation mit dem Fremden, also durch negative Definition.73 Für die Identitätsbildung nach innen gelingt es dem Nationalismus dabei - wohl erfolgreicher als jedem anderen vergleichbaren Gesellschaftsentwurf -, die realen Ungleichheiten innerhalb einer (nati- onalen) Gemeinschaft zugunsten des Idealbildes eines nationalen, vorgeblich „kamerad- schaftliche[n] Bund[es] von Gleichen“74 zu nivellieren. Ursächlich hierfür ist auch die ihm implizite Überhöhung der Nation zur „allein verbindliche[n] Sinngebungs- und Rechtfertigungsinstanz“75, die im Extremfall aus dieser vermeintlichen moralischen Erhabenheit auch das Opfer der eigenen Existenz für die Nation verlangen kann.76
Hiernach liegt also mitnichten die Möglichkeit einer rationalen Entscheidung zwischen alternativen Mitgliedschaften vor, die zur Konstruktion von kollektiven Identitäten oft als grundlegend angesehen wird.77 Bernhard Giesen betont jedoch, dass diese auch dann erfolgen kann, wenn Rituale vollzogen werden, denen keine rationalen Überlegungen zugrunde liegen oder eben die Gemeinschaftszugehörigkeit gerade als nicht wählbar, sondern ‚naturgegeben‘ erscheint.78 Beide Phänomene sind unzweifelhaft Bestandteile des Ideenfundus und der konkreten und gegenständlichen Praktiken des Nationalismus. Ebenso charakteristisch für die vorgenannte ‚Erzählung‘ der Nation ist die Ambivalenz der Erzählform: Einerseits wird die Biographie der Nation „hinauf durch die Zeit“79 zu einem strahlenden, oft mythischen Ursprungsort in ferner Vergangenheit erzählt, ande- rerseits verspricht der Nationalismus immer eine quasi heilsgeschichtliche Vollendung der Nation in der Zukunft.
Die dem Nationalismus implizite höherrangige Einstufung des eigenen Gemeinschafts- verbandes gegenüber anderen fand und findet oftmals in einer intoleranten, pejorativen und aggressiven Form nationalen Denkens und Handelns Ausdruck. 80 Neben dem ‚neutralen‘ Wirken als einflussreichem Ideensystem ist der Nationalismus dergestalt in zwei Jahrhunderten unbestreitbar ein Hauptverantwortlicher für ein in der Menschheits- geschichte kaum gekanntes Blutvergießen gewesen. So waren die Mehrzahl der im 19. und 20. Jahrhundert entstandenen Staatengebilde letztendlich auch Kriegsgeburten. Für Eric Hobsbawm ist die tatsächliche, erfolgreiche Behauptung im Kampf um Territorien gegen Konkurrenten sogar eine notwendige Bedingung für Bewusstsein und Bildung einer Nation.81 Der Nationalismus als politisches Prinzip kann kaum ohne den ‚Nationalismus als Empfindung‘ und dessen erhebliche Auswirkungen gedacht werden. Wenn für diese Arbeit eine Trennlinie zwischen den Begriffen ‚Nationalismus‘ und ‚Patriotismus‘ gefunden werden soll, erfordert dies zunächst einmal überhaupt einen Unterschied. Denn wie erwähnt lässt sich mit dem Begriff ‚Nationalismus‘ ein vielgestaltiges Ideensystem erfassen und die internationale Forschung nutzt den Begriff in dieser umfassenden Weise und freilich wertneutral.
Der Begriff ‚Patriotismus‘ ist älter als der des ‚Nationalismus‘, wurde zeitweilig aber zum mehr oder weniger gebrauchten Synonym. Eine eigenständige, offensive politische Kraft entfaltete er hingegen nie.82 Hans Kohn beschrieb ihn insofern zutreffend als „rein vegetatives Gruppengefühl“83. Darüber hinaus ist auch für den Begriff ‚Patriotis- mus‘ keine inhärente Definition vorhanden. Wenn ein nationaler Patriotismus beschrie- ben werden soll, kennzeichnet mancher diesen durch eine emotionale Bindung an die Nation (oftmals als ‚Vaterlands- oder Heimatliebe‘ tituliert) und durch ein Engagement für diese, wobei jedoch jederzeit die Existenz und die Gleichwertigkeit anderer Natio- nen anerkannt wird.84 Insofern liegt es nahe, in Abgrenzung von diesen Punkt und als Ergänzung der treffenden Formulierung Peter Alters85 Nationalismus auch als ein „Ver- halten, das nicht von der Überzeugung einer Gleichwertigkeit aller Menschen und Nati- onen getragen ist, das fremde Völker und Nationen als minderwertig einschätzt und behandelt“86 zu beschreiben.
Übereinstimmend mit den aufgezeigten Gesichtspunkten wird in dieser Arbeit zuvor- derst die evidente Abwertung einer anderen Nation (Nationalität) oder Überhöhung der eigenen Nation (Nationalität) als Nationalismus verstanden werden. Als abwertend bzw. überhöhend in diesem Sinne muss gewiss auch die Beurteilung analoger Ereignisse und Sachlagen nach unterschiedlichen, die eigene Nation bevorteilenden Maßstäben ver- standen werden. Diese Auffassung schließt fraglos auch die aggressive Verherrlichung des Kampfes der eigenen Nationen gegen andere mit ein. Als Patriotismus sollen hinge- gen Inhalte, Zuschreibungen und Begriffe nationaler Façon verstanden werden, die ein- deutig nur integrative und gemeinschaftsbildende Funktion besitzen und keine solchen abwertenden oder überhöhenden Momente aufweisen.
2.1.2 Nationalismus als ‚Politische Religion‘
Der Nationalismus ist zweifelsfrei ein Produkt des Okzidents, und eines seiner funda- mentalen Erfolgsgeheimnisse ist in dem Rückgriff auf dessen jüdisch-christlichen Tra- ditionsbestand zu sehen.87 Nationalismus weist also nicht nur Bezugsgesellschaften, sondern auch Bezugsreligionen auf. Die Assimilation jener Traditionen für die eigenen Bedürfnisse war äußerst erfolgreich. Der nahezu ausnahmslose Konnex zwischen Nati- onalismus und religiösen Elementen wurde von der Forschung früh erkannt.88 Thomas Nipperdey stellte für die Wirkung des im frühen 19. Jahrhundert aufkommenden natio- nalen Gedankens auf zuvor primär religiös definierte Weltbilder gleichsam formelhaft fest: „Das Religiöse wird im Nationalen säkularisiert, das Säkulare sakralisiert“89. Aus dieser Säkularisierung erwuchsen offenkundig wichtige und extrem dauerhafte Lang- zeitelemente des Nationalismus. Hans-Ulrich Wehler wendet insofern für den Nationa- lismus die Bezeichnung ‚politische Religion‘ an, die im Gegensatz zum Ideologiebegriff, der dem eigenen Anspruch nach zwischen Wahrem und Falschen unterscheiden kann, die Verkörperung eines umfassenden kulturellen Systems - eben ähnlich einer Religion - besser verkörpern können soll.90
Die Selektionen des Nationalismus aus dem jüdisch-christlichen Traditionsbestand sind tatsächlich zahlreich. Die alttestamentarische Vorstellung vom ‚auserwählten Volk‘ als Heilsgemeinschaft findet sich ebenso wieder wie die Überhöhung eines vermeintlich angestammten Territoriums im Sinne von ‚Gottes oder Heiliges Land‘.91 Aus dieser höchsten Erhabenheit folgt zwangsläufig die Erhebung eines jeden, der jenes Prinzip infrage stellt oder gar seine Integrität verletzt, in den Rang eines Todfeindes, dessen gewaltsame Bekämpfung hochgradig legitimiert ist. Die Affinitäten zum neutestamenta- rischen Brüderlichkeitsgedanken und Messianismus werden in der egalitären, brüderli- chen Nationalgemeinschaft und dem Sendungsbewusstsein aufgrund der angeblich glo- balen Vorbildfunktion der Nation augenfällig. Der dem Messianismus innewohnende Erlösergedanke lässt sich mühelos in der Vorstellung vom Gründer bzw. Retter der Na- tion wieder finden, und die altisraelitische Legende um Moses gerät im Ahnen- und Abstammungsmythos der modernen Generation wieder ans Tageslicht. All dies dient dazu, in einer transformatorischen Welt die Gemeinschaft zu stabilisieren und Desorien- tierung zu vermeiden. 92 In diesem Zusammenhang besitzt auch die Glorifizierung von Ahnen und Vergangenheit mithilfe der Heroisierung vergangener Taten eine wichtige Vorbildfunktion.
Wehler zeigt die Gemeinsamkeiten zwischen Nationalismus und Religion systematisch auf, indem er letztere als kulturelles Deutungssystems bestimmt. 93 Daraus ergeben sich Elemente der Deckungsgleichheit wie das Sinndeutungsbemühen der menschlichen E- xistenz, die Sinnstiftung im Rang einer unfehlbaren Weltdeutung und das Beharren auf dem Deutungsmonopol. Ferner wird ein umfassendes Weltbild mit entsprechenden Verhaltensnormen entworfen, welche jedoch eine hinreichende Flexibilität gegenüber aktualen Umständen aufweisen. Die Vergemeinschaftung zum Solidarverband ist durch eine hochgradige Stabilisierung der in-group gegenüber der Ablehnung der out-groups gekennzeichnet. Gestärkt wird dies durch Rituale, die dies und die Kontinuität dessen erfahrbar machen. Schließlich werden neben der Überbrückung der Generationenkluft durch die gemeinsame Lehre auch die Utopie eines Endzustandes sowie ein Bezug auf eine Transzendenz geschaffen, die einen verpflichtenden Sinn im Jenseitigen sichtbar macht.
2.1.3 Nationalismus und Patriotismus in Deutschland
Der Nationalismus in Deutschland hat eine anders geartete Tradition als in Ländern wie Frankreich, England oder Russland. Weder wurde im 19. Jahrhundert der deutsche Na- tionalstaat revolutionär als Selbstkonstitution des Volkes noch evolutionär als Demokra- tisierung eines dynastischen und etablierten Territorialstaates durchgesetzt. Fielen die Ereignisse der französischen Revolution in der aufgeklärten deutschen Bildungsgesell- schaft noch auf fruchtbaren Boden, führte der französische innenpolitische Terror und Einmarsch in deutsche Staaten anschließend zu einer nationalpolitischen Krise in Deutschland.94 Als Reaktion auf die napoleonische Herrschaft entstand unter preußi- scher Führung eine deutsche Patriotismus- und Nationalbewegung, die allerdings durch die Beschlüsse des Wiener Kongresses und die Gründung des Deutschen Bundes 1815 eher enttäuscht wurde.95 Nationale gingen mit liberalen Bewegungen bis zur deutschen Revolution 1848/49 einher, jedoch konnte diese den Ruf nach einem geeinten deutschen Staat und einer Verfassung nicht erfüllen. Gemeinhin können zwar nicht allgemeingül- tige Trägerschichten des Nationalismus bestimmt werden, dennoch erfasste er bis 1870 nahezu durchweg Männer der gebildeten und ökonomischen Lebenswelt, zu der sich nur allmählich kleinbürgerliche Bereiche und die junge deutsche Arbeiterbewegung gesell- ten, die das Ziel eines konstitutionellen Nationalstaates mit freien gleichberechtigten Bürgern teilten. Nach der Etablierung des Nationalstaates 1870/71 durch die Gründung des Kaiserreiches entwickelten sich nahezu ausschließlich rechtsliberale oder konserva- tive bürgerliche Sozialformationen zu den eigentlichen Trägerschichten des Nationalis- mus. Die herrschenden Eliten nutzten den Nationalgedanken zur Rechtfertigung konser- vativer und demokratiefeindlicher Interessen.96 Der Nationalismus wuchs zur alleinigen Glaubenslehre an, die sämtliche Sozialisierungsinstitutionen wie das Bildungs- oder Militärsystem durchdrang. Er ließ alle universalistischen Züge hinter sich und entwi- ckelte sich rasch zu einem übersteigerten, intoleranten Nationalegoismus, der während außenpolitischer Krisen seine Integrationsfähigkeit zumindest auf Teile aller sozialen Klassen ausdehnen konnte und zum Ausbruch des Ersten Weltkrieges sowie in diesem einen Höhepunkt fand.97
Die deutsche Niederlage bedeutete zwar zunächst den endgültigen Absturz des überstei- gerten Kriegsnationalismus. Doch die durchgängige Ächtung des als unzumutbares Dik- tat empfundenen Friedens von Versailles bildete das Fundament für einen Nationalis- mus, der diese vermeintliche Demütigung kontinuierlich kultivierte. Die zumeist katastrophalen wirtschaftlichen Bedingungen, unter denen die Weimarer Republik in ihrer Entfaltung schwer zu leiden hatte, boten dieser Kultivierung einen idealen Nähr- boden, auf dem die radikalnationalistische Massenbewegung des Nationalsozialismus gedieh. Dieser propagierte ebenso die Wiederherstellung der vermeintlichen Ehre und Macht der deutschen Nation wie die Ausnahmestellung der auserwählten nationalen ‚Volksgemeinschaft‘, aus der es sämtliche ‚nicht arischen Elemente‘ auszusortieren galt, um zu einer unüberwindbaren unvergänglichen Größe zu gelangen. Klassen- und Kon- fessionszugehörigkeiten spielten für diesen Nationalismus keine ernstzunehmende Rolle mehr.98
Der Untergang des Dritten Reiches stellt nach übereinstimmender Ansicht eine ein- schneidende Zäsur in der Geschichte des deutschen Nationalismus dar. In den beiden Nachfolgestaaten stellte nach dieser der Nationalismus keine Legitimationsbasis mehr dar und verlor jede massenwirksame Anziehung- und Integrationskraft.99 An seine Stel- le rückte eine postnationale Gesellschaft, deren „Legitimationsfundament die Funktionstüchtigkeit des Verfassungs-, des Rechts- und des Sozialstaates im Verein mit den Leistungen der Wachstumsmaschine“100 bildete. Mit den traditionellen Bedeutungen der Begriffe ‚Staat‘ und ‚Nation‘, ihren Deckungsgleichheiten und Unterschieden, hatte die westdeutsche Gesellschaft schon nach wenigen Jahrzehnten ihre Schwierigkeiten. Der bundesrepublikanischen Gesellschaft wird als Reaktion auf die beispiellosen Katastrophen der jüngeren deutschen Geschichte ein ‚antinationaler Affekt‘ attestiert, „[d]ie Teilung der Nation kompensierte sie mit der entschlossenen Hinwendung zu Europa als einer Art Ersatznation, an die Stelle der nationalen Ideologie setzte sie die Idee der europäischen Einigung“101. Diese Feststellungen überdauerten trotz zeitweiliger Ansichten von einem ‚neuen deutschen Nationalismus‘ auch die Wiedervereinigung bis zur Gegenwart.102 Bis heute wird in der öffentlichen Diskussion oftmals ein toleranter, notwendiger und ‚gesunder Patriotismus‘, der sich z.B. als ‚Verfassungspatriotismus‘ eher an konkret erfassbaren, übereinstimmenden Wertvorstellungen denn ethnischen Kriterien orientiert, von einem abzulehnenden, G enerell wird die Ansicht vertreten, dass der Nationalismus zunehmend seine Stellung als Haupttriebkraft historischer Entwicklung eingebüßt hat, was sich nicht zuletzt im Verlust der Herstellung einer territorial definierten Volkswirtschaft durch eben die Na- tion zugunsten globaler Dynamiken ausdrücken soll.103 Für Benedict Anderson hinge- gen war seinerzeit das „Ende des Zeitalters des Nationalismus […] nicht im Entferntes- ten in Sicht“104, da für ihn noch immer „Nation-Sein […] der am universellsten legitimierte Wert im politischen Leben unserer Zeit“105 sei.
2.2. Fußball und (nationale) Identität
Ein Fußballspiel ist ein ephemeres Ereignis. Insofern bedarf es einer permanenten Erin- nerungsleistung. Diese reicht weit über das simple Festhalten des Ergebnisses und seine Übertragung in eine Tabelle hinaus. Über das im Stadion Erlebte oder am Fernseher Gesehene wird in der Gaststätte, an Arbeitsplätzen, in der Schule, der Familie geredet. Freude und Trauer, Entsetzen und Erstaunen, Häme und Mitleid werden ausgedrückt oder geteilt. Die Medien setzen die Kommunikation und Konservierung des flüchtigen Ereignisses im Bewusstsein so lange fort, bis das nächste Spiel näher rückt. Ist dies ein besonderes, werden die Erinnerungen an vergangene ähnliche Partien, dazugehörige Fotos, Zeitlupen und Interviews herausgeholt, ja die besondere Bedeutung eines Spiels erschließt sich oft mehr aus der Vergangenheit als aus dem gerade aktuellen Tabellen- stand. ‚Weißt du noch?‘, fängt dann vielfach ein Gespräch über dieses Spiel oder jenen Spieler an.
So wirkt der Fußball bedeutungsvoll in den Alltag seiner Anhänger hinein und veran- kert sich durch Kommunikation im Bewusstsein. Er wird zum Gegenstand einer Gene- rationen übergreifenden kollektiven Erinnerung. Diese setzt die Annahme von Identität voraus, denn die Verbindung zwischen Gegenwart und Vergangenheit wird durch die Kontinuität der eigenen Person oder Gruppe erfahren.106 Der französische Anthropologe Marc Augé sieht im Fußball augenscheinlich einen ausgezeichneten Mittler zwischen Vergangenheit und Gegenwart:
Mehr als jeder andere Sport schleicht sich der Fußball in unsere Erinnerung ein: Er besitzt die höchste Macht über das Gedächtnis und reaktualisiert sich zugleich permanent selbst. Sein spezielles Bouquet ruft Rauschzustände hervor, in denen sich Vergangenheit und Gegenwart vermengen, Mythos und Ritual zusammenfallen.107
Der Fußball schafft entsprechend der modernen Kulturtheorie „Sinnbildung über Zeit, in der sich die Beteiligten der Vergangenheit vergewissern, um sich die Gegenwart zu erklären und die Zukunft orientierend in den Blick zu nehmen“108. Bedeutsam ist, dass zwischen Beteiligten und Unbeteiligten unterschieden wird. Denn mithilfe der geteilten Erinnerung erfolgen auch die Selbstvergewisserung der Gemeinschaft und ihre Abgren- zung von Außenstehenden. Die nach gängigen sozial-, psychologie- und kulturwissen- schaftlichen Ansichten für die Bildung kollektiver Identität und Stabilisierung konstitu- tive Abgrenzung (und Aufwertung) der so genannten in-group gegenüber entsprechenden out-groups 109 ist im Fußball mühelos sicht- und erfahrbar. Der Gegner trägt zunächst einmal andere Trikots und andere Farben. Das gilt für den Spieler auf dem Platz wie für den partizipierenden Zuschauer auf den Rängen des Stadions. In die- sem wird die symbolische Konfrontation fortgesetzt, die gegnerischen ‚Fan- Blöcke‘ stehen sich traditionell vis-à-vis gegenüber (jedenfalls bis zur Generation der modernen Multifunktionsarenen). Dort können gesellschaftliche Tabus (z.B. die derb artikulierte Abneigung gegen den Anderen) gebrochen und kollektive Gefühle expressiv ausgelebt werden. Zudem ist es einer jener selten gewordenen Orte, an denen - da nicht nur untereilt in Kreise und Vierecke, sondern auch unterschiedliche Tribünen - eine Gesellschaft sich eine genaue Vorstellung ihrer selbst machen kann.110
Das Spiel selbst erfordert kooperative Zusammenarbeit - ‚ E pluribus unum ‘ ist der Wahlspruch des Clubs Benfica Lissabon, ‚ You ’ ll never walk alone ‘ heißt es beim FC Liverpool. In diese Obhut spendende Gemeinschaft kann nahezu jeder integriert werden. Die Identifikationsfiguren auf dem Rasen können darüber hinaus aus einem breiten Spektrum an unterschiedlichen Spielercharakteren gewählt werden, in denen sich nahezu jedes Mitglied der Gesellschaft - ob Künstler, Geschäftsführer oder Arbeiter - wieder erkennen kann.111 Das Spiel selbst ist insofern Abbild der arbeitsteiligen Gesellschaft. Bei aller Betonung der kollektiven Leistung wird jedoch zugleich stets der individuellen Performance Raum und Bedeutung beigemessen.
Die Existenz eines ‚natürlichen‘ Gegners ist die fundamentale Grundlage des Spiels. Daher erfolgt, seitdem mit dem modernen Sport der Wettkampfgedanke Einzug gehalten hat, die Mobilisierung von Loyalitäten, die Reduktion des Ereignisses auf eine ‚Wir gegen sie‘-Interpretation besonders mühelos.
Grundsätzlich wirkt Fußball jedoch weniger als Verursacher, sondern vielmehr als Ka- talysator bzw. Verdichter bestehender Verhältnisse. Eine Mannschaft und ihr als charak- teristisch empfundenes Spiel werden als Ausdruck einer spezifischen gemeinschaftli- chen Existenz, die sich bereits außerhalb der ‚Fußballwelt‘ manifestiert hat, und nicht als willkürliches Zeichen eines gemeinsamen Bewusstseins angesehen.112 Sowohl die umgebende gesellschaftliche Realität als auch dieser zugehörige kollektive Bewusst- seinsformen und Utopien werden mannigfaltig in das Spiel und seinen Kontext trans- plantiert, wodurch die Gemeinschaft sich ihrer selbst vergewissert und ihre eigene Iden- tität bestätigt, aktualisiert und bestärkt wird.113 Diese Fähigkeit der Gemeinschaftsver- anstaltung Fußball zur Identitätsstiftung ist nahezu Raum und Zeit übergreifend sichtbar. Ob mittels des FC Barcelona die katalanische Eigenständigkeit mit Inbrunst demonst- riert wird oder die Anhänger von Celtic Glasgow eine selbstbewusste, katholische I- rishness bekunden - mithilfe des Fußballs werden seit Jahrzehnten zahlreiche vorhan- dene oder vorgestellte Gemeinschaftszugehörigkeiten im öffentlichen Raum ausgedrückt und bestätigt.114 Die Repräsentationsleistung, die sowohl die eigene als auch die fremde Mannschaft verrichtet, erweist sich dabei überaus mächtig: „Confir- ming territorial allegiances and particularly national and nationalistic loyalties in a more or less aggressive mode, football goes beyond classification of belonging and identity by verbalising their imagined ideological substance”115, lautet die pointierte Diagnose von Christian Bromberger. Eric Hobsbawm weiß, dass die symbolische Repräsentation sich keinesfalls auf die Spieler beschränkt: „Die vorgestellte Gemeinschaft von Millio- nen scheint sich zu verwirklichen als eine Mannschaft aus elf Spielern, die alle einen Namen tragen. Der einzelne, und wenn er nur die Spieler anfeuert, wird selbst zu einem Symbol seiner Nation“116. Erniedrigung oder Auszeichnung der Nation, der ‚Nationa- lismus als Empfindung‘, kann mit jedem Torschuss erfolgen.
Es ist sicher kein Zufall, dass Hobsbawm eine ‚Mannschaft aus elf Spielern‘ nennt und damit explizit die Rolle des Fußballs in der Affinität von Sport und Nationalismus her- vorhebt. Das Massenphänomen Fußball eignet sich offenkundig bestens zur Aufrechter- haltung und Bestätigung nationaler Stereotype. Während allerorten die Existenz neuer, hybrider Identitäten betont wird, wurde und wird insbesondere dem Sportjournalismus trotz der medial inszenierten ‚Hyperrealität‘, von und mit der der Sport lebt, vorgewor- fen, an diesen nationalen Stereotypen über vermeintlich fragwürdige Herleitungen fest- zuhalten.117 Sind aber nicht jene Stereotype vielmehr obligat, um zum einen die erforderliche Erinnerungsleistung zu erleichtern und zum anderen die für den Fußball so offenkundig notwendige und möglichst simple Mobilisierung von Loyalitäten erst zu ermöglichen? Um ein Fußballspiel als interessant oder gar packend zu empfinden, bedarf es letztlich immer einer - im geringsten Fall auf Sympathieungleichheit beruhenden - Parteinahme, ja rigorose Neutralität ist kaum denkbar.
Sicherlich gelten die bisherigen Feststellungen primär nur für Fußballanhänger im enge- ren Sinne und der mutmaßlich desinteressierte große Rest der Gesellschaft scheint da- von offenbar nur selten betroffen zu sein. Müssen diese Erkenntnisse damit eher als belanglos für ein signifikantes Maß an nationaler Identitätsbildung innerhalb einer Ge- sellschaft angesehen werden? Dem könnte entgegengehalten werden, dass z.B. Nationa- lismus als primär politisches Prinzip womöglich nur für einen jeweils politisch aktivier- ten oder zumindest interessierten Teil der Gesellschaft Geltung besitzen könnte. Hobsbawm behält dies im Blick, aber deshalb attestiert er gerade dem Massenphäno- men Sport eine gesteigerte Bedeutung über den politischen Raum hinaus für eben auch die Individuen, die nicht über diesen eine nationale Identität ausbilden:
Was den Sport als Medium der Vermittlung einer nationalen Gesinnung zumindest bei Männern so unerhört wirksam machte, ist die Mühelosigkeit, mit der sich selbst die politisch oder öffentlich uninteressiertesten Individuen mit der Nation identifizieren können, sobald diese durch erfolgreiche Sportler symbolisiert wird […].118
Des Weiteren stellt der Sport augenscheinlich auch für staatliche Autoritäten seit langem ein kostengünstiges und wirksames Mittel dar, um nationale Gefühle zu bestärken und über die Identifikation mit einer Mannschaft innerstaatlichen zentrifugalen Kräften entgegenzuwirken. So dient er auch insbesondere in Deutschland seit langem zur Schaffung nationaler Reputation und Repräsentation nach außen und innen. Denn nicht von ungefähr unterlag der Sport in einer stringenten Linie vom Kaiserreich über die Weimarer Republik und das Dritte Reich bis in unsere Gegenwart der Zuständigkeit oder doch zumindest der Förderung der jeweiligen Innenministerien.119
In unserer Gegenwart scheint es zuweilen, dass die drei klassischen Definitionsmerkma- le des Staatsbegriffes: ‚Staatvolk‘, ‚Staatsgebiet‘ und ‚Regierung‘ um ein viertes, näm- lich: ‚Fußballnationalmannschaft‘ ergänzt werden müssen. Tatsächlich gehört vorwiegend das Beitrittsgesuch zur FIFA zu den ersten Amtshandlungen gerade unabhängig gewordener Staaten und scheint offenbar ebenso notwendig wie der Beitritt zur UNO.120 Dessen ungeachtet wird die Bedeutung des Fußballs für nationale Konflikte bzw. Konfliktlösungen oftmals sichtlich überbewertet. Weder kann er reale und gewaltsame Konflikte allein lösen, wie das manche Funktionäre bisweilen gerne kundtun121, noch löst er solche Konflikte alleinverantwortlich aus122.
2.3 Fußball als quasi-religiöses und rituelles Ereignis
Auch in der kritischen Öffentlichkeit wird Fußball nicht selten als moderne Ersatzreli- gion bezeichnet.123 Die offensichtliche Leidenschaft und Leidensfähigkeit, die viele seiner Anhänger an den Tag legen, können diese Vermutung zunächst ebenso nahe le- gen wie manche der Fußballsprache eigentümliche Wortschöpfung. So kennt der Fuß- ball u.a. den ‚heiligen Rasen‘, das ‚erlösende Tor‘ oder auch den ‚Fußballgott‘. Vergan- gene Zeiten sind zumeist glorreiche Zeichen, ein ‚Traditionsverein‘ etwas Besonderes und manch neuer Star wird als rettender ‚Messias‘ empfangen. ‚Schalke ist wie eine Religion‘, hört man vielfach Anhänger kundtun (der Verein ist natürlich austauschbar). Ähnlich einer sakralen Liturgie strukturiert der Fußball zudem den Alltag und den Jah- reskalender (mit periodischen Höhepunkten) vieler. Insofern findet also scheinbar ähn- lich dem Nationalismus (siehe Kap. 2.1.2) ein Rückgriff auf religiöse Traditionen und Begriffe statt. In diesem Zusammenhang wird des Öfteren auch vom Stadion als „Fest- platz der Weltausgrenzung“124 gesprochen, um zu verdeutlichen, dass das Ereignis ‚Fußball‘ um eine festlich-rituelle Ausklammerung der übrigen Welt bemüht ist. Dass diese Auffassung eher irreführend ist, wurde schon im vorangegangenen Kapitel deut- lich. Fußball als kulturelles Ereignis ist mitnichten Weltausgrenzung. Richtiger ist wie beschrieben die Auffassung, ihn als einen Konstrukteur idealer Bilder der jeweiligen Gesellschaft zu sehen, die diese von sich selbst produziert, da sie ihrer zur Legitimation und Integration der sozialen Ordnung bedarf. Dies entspräche im Anschluss an Émile Durkheim125 einem funktionalen Religionsbegriff, demzufolge auch Fußball zuweilen als Religion bezeichnet wird.126 Zweifellos birgt dieser Ansatz jedoch die Gefahr, den Religionsbegriff inflationär auszuweiten. Christian Bromberger, der wie wohl kaum ein Zweiter Kenntnis über die Affinitäten von Fußball und Religion hat, spricht sich dage- gen in einer (mindestens heuristisch) sinnvollen Weise für die Verwendung eines sub- stantiellen Religionsbegriffs aus, der den Transzendenzbezug von Religion besonders hervorhebt. Die enge Verbindung mit transzendentalen Prozessen und Wesenheiten ist für jede Religion substantiell, für andere Kulturbereiche, die affine Merkmale wie Per- sonenkult oder Reliquienverehrung aufweisen können, augenscheinlich nicht. 127 Dem- zufolge praktiziert Bromberger dahingehend eine Unterscheidung von Fußball und Re- ligion, dass er eine Trennung religiöser und säkularer Praktiken und Riten vornimmt und dem Fußball nur letztere attestiert.128
Der Fußball enthält eine evidente Fülle an Ritualen, die in vielerlei Hinsicht quasi- religiöse Merkmale aufweisen und hier kurz skizziert werden sollen.129 Zunächst wären die spezielle örtliche Konfiguration des Stadions, die bedeutungsvolle Einordnung der Zuschauer in diesem (nach sozialen oder den Grad der Unterstützung anzeigenden Ge- sichtspunkten), der zyklischen Gesetzmäßigkeiten unterliegende Spielbetrieb und auch die über allem wachende Hierarchie sowie die kodifizierten Regeln untergeordnete Ge- samt-Fußballwelt zu nennen. Die ‚Heiligkeit‘ von Pokalen ist dem Fußball ebenso im- manent wie die Jagd der Anhänger nach ‚Reliquien‘ (Autogramme, Trikots, Rasenstü- cke etc.). Darüber hinaus weist das Spiel und seine Begleitung durch das Publikum sichtbar rituelle Züge auf: Gesänge, Gesten, Reaktionen wie Jubel und Empörung auf bestimmte Ereignisse sowie die zur Schau gestellten Accessoires (Kleidung, Fahnen etc.) sind ebenso kodifizierte und nach bestimmten Mustern wiederkehrende Bestandteile wie der sequenzartige Aufbau des Spiels (Warmlaufen, Begrüßung und Auflaufen der Mannschaften, Hymnen, Unterteilung in Halbzeiten etc.) Während des Spiels verflachen die normalen Hierarchien bis zur nahezu völligen Auflösung: Gesten und Gebärden gleichen sich, Gespräche und gar Umarmungen unter eigentlich ‚Ungleichen‘ sind für die Dauer des Spiels möglich. Bromberger spricht von der Kreation eines „Communi- tas-Sinns“130. Darüber hinaus besteht auch zwischen Spielern und Publikum ein hohes Maß an Vertrautheit über die kodierten Verhaltensweisen, Gebärden und Gesten bis hin zu Wechselwirkungen.131
Eine Verwandtschaft des Fußballs mit heiligen Zeremonien bzw. Ritualen ist also durchaus gegeben. Es handelt sich jedoch mehr um ein „Patchwork aus dem großen und weiten magisch-religiösen Universum“132 als um ein kohärentes Ganzes. Statt des nicht gegebenen transzendentalen Zweckes muss es sich aber doch um einen Zeck handeln, der den Beteiligten tief genug erscheint, um sie mit den Attributen dieser Rituale auszu- schmücken. Für Bromberger besteht dieser primär darin, die „Kontinuität kollektiven Bewusstseins zu sichern“133. Nicht durch den Austausch von Worten als vielmehr durch gemeinsame Taten gewinnt die Gemeinschaft ein Bewusstsein ihrer selbst und nimmt einen gemeinsamen Standpunkt ein. Körperlichkeit und Anwesenheit sind für diese Ri- tuale zwar wichtig, aber nicht immer unentbehrlich. Entscheidender ist das Bewusstsein der Gleichförmigkeit des Handelns und Empfindens.134 Nicht unmittelbar anwesenden Individuen (z.B. Fernsehzuschauern und Zeitungslesern) ist das Zugehörigkeitsempfin- den zur Gemeinschaft daher zumindest bedingt möglich.135
Das Spiel selbst tut auf oft widersprüchliche Art und Weise das seinige, um einige - ebenso oft widersprüchliche - Aspekte der modernen Welt widerzuspiegeln und gleich- zeitig eine Vision des alltäglichen Lebens zu schaffen: Es basiert auf einem verständli- chen Regelkodex, prinzipieller Chancengleichheit und Konkurrenz, will den Besten belohnen und zelebriert individuelle wie kollektive Verdienste. Die Bestrafung von Verstößen erfolgt umgehend durch den Richter in Schwarz. Und doch bleibt genügend Raum für die kleinen Täuschungen und die Größen ‚Zufall‘ und ‚Schicksal‘, um die gewichtigen Diskurse über den Grad der Gültigkeit des offenbar nicht vollkommenen Gerechtigkeitssystems zuzulassen. In einer erfolgsorientierten Gesellschaft erscheint Misserfolg individuell wie kollektiv nur dann akzeptabel, wenn jenen Größen von dritter Seite ein Einfluss zugesprochen wird. Dabei bleiben die Kausalitäten des Alltags bestehen: In einer mit materiellen und symbolischen Gütern nur begrenzt ausgestatteten Welt ist der Vorteil des einen immer der Nachteil des anderen.
3. Fußball und Fußballkultur in Deutschland 1890-1980
3.1 Vom gentlemen’s zum people’s game: Der Ursprung des modernen Fußballs in England
Die Wurzeln des modernen Sports und damit auch des modernen Fußballs liegen im England des 19. Jahrhunderts. Dort überdauerten die früheren Formen weitgehend un- reglementierter und gewalttätiger fußballähnlicher Volksspiele an den elitären Public Schools. 136 An diesen wurde mithilfe des Fußballs bzw. Rugbys in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts ein pädagogischer Zweck verfolgt. Als Abbild des gesellschaftli- chen Wettkampfes wurden die zunehmend reglementierten spielerischen Wettkämpfe als förderlich für die Charakterbildung der Heranwachsenden angesehen.137
Die größte Herausforderung für einen Wettbewerb zwischen den Schulen und für ehe- malige Schüler, die maßgeblich an der Gründung der ersten Vereine beteiligt waren138, stellte das von Schule zu Schule unterschiedliche Regelwerk dar. Verschiedene Vereine taten sich mit dem Ziel einer Vereinheitlichung zu verschiedenen Verbänden zusammen. Die Gründung der Football Association (F.A.) durch elf Londoner Vereine im Gasthaus Freemason ’ s Tavern am 29.10.1863 gilt gemeinhin als die Geburtsstunde des modernen Fußballs.139 Kurz darauf traten die Verfechter des Rugbys aus der F.A. aus. Mit diesem Schritt war die Trennung in die zwei Sportarten Association Football (Soccer) und Rugby Union Football (Rugger) besiegelt. Die Umtriebigkeit der F.A., die in den Folge- jahren früh attraktive Wettbewerbe organisierte, führte dazu, dass dieser zum einen nicht nur immer mehr Soccer -Vereine und -verbände, sondern auch zahlreiche Rugby- clubs beitraten.140 Der Fußball gewann somit gegenüber dem Rugby einen entscheiden- den Vorsprung.
Entsprechend der Träger des Sports, durchweg Gentlemen aus den Mittel- und Ober- schichten, galten für das Spiel die Regeln des Fair Play: Vernunft, Charakterfestigkeit, Affektkontrolle und ein strikter Amateurismus stellten die obersten Gebote des sportli- chen Miteinander dar.141 Den Amateurismus - nicht zuletzt auch ein Mittel, um die Un- terschichten von sportlichen Aktivitäten auszuschließen - konnte und wollte die F.A. gleichwohl nicht dauerhaft aufrechterhalten. Verschiedene Faktoren, insbesondere aber der Zugewinn an Freizeit für Industriearbeiter seit ca. 1850 führten vielmehr zu einer zunehmenden Durchdringung des Fußballs durch Angehörige der Arbeiterschicht.142 Nicht zuletzt deren Interesse, Talente nicht zu verschenken, trieb die Professionalisie- rung unaufhaltsam voran.143 Findige Gastwirte sowie mittlere und kleine Unternehmer erkannten, dass sich mit Fußball Geld verdienen ließ. Die besten Spieler wurden ausge- liehen und für die Präsidenten der Vereine (ebenso zumeist Gastwirte und kleinere shopkeepers) zu einer Frage des Geldes. Der Profispieler wurde allmählich Usus, die professionelle Football League zwangsläufige Folge.144 Dementsprechend stand den Mitgliedern der unteren Gesellschaftsschichten nicht nur der Weg auf die Tribünen, sondern den talentiertesten unter ihnen auch der auf das Spielfeld frei. Die auf gesell- schaftliche Distinktion beharrenden Gentlemen hingegen zogen sich zurück und wand- ten sich anderen (möglichst teuren oder komplizierten) Sportarten zu. Fußball hingegen war innerhalb weniger Jahre elementarer Bestandteil des populären Geschmacks der Arbeiterklasse, zum people ’ s game geworden.145
3.2 Vom Gesellschafts- zum Soldatenspiel: Fußball im Kaiserreich
Bis zum Ersten Weltkrieg fasste der Fußball auch in weiten Teilen des europäischen Kontinents Fuß. Dabei spielte Großbritanniens Position und Anziehungskraft als füh- rende Industrienation am Ende des 19. Jahrhunderts eine tragende Rolle. Insbesondere in den fortgeschritteneren Industrienationen des Kontinents verbreitete sich das Spiel schnell.146 Eine Art Brückenkopf stellte aufgrund ihrer elitären Privatschulen die Schweiz dar. Söhne britischer Industrieller übten das Spiel auch dort aus, frühe Ver- einsgründungen waren die Folge.147
Für Brändle und Koller lief die Verbreitung des Fußballs nach den gleichen Mustern ab, die die Forschung für den britisch-deutschen Kulturtransfer im 19. Jahrhundert ausge- macht hat.148 An dieser Stelle genügt es darauf hinzuweisen, dass Unternehmer, kauf- männische Angestellte, Techniker und Studenten in den seit dem 18. Jahrhundert in Handelszentren, Residenzstädten und Modebädern existierenden ‚Engländerkolo- nien‘ für einen ersten Kontakt sorgten.149 In den zwei Jahrzehnten nach der Reichsgrün- dung konnte das Spiel nur äußerst geringfügig an Popularität gewinnen. Erst seit Beginn der 1890er Jahre setzte eine spürbare Vereins-Gründungswelle ein. Gleichwohl spricht Christiane Eisenberg von einem „gebremsten Aufstieg des deutschen Fußballs vor 1914“150. Ursächlich für diesen waren verschiedene fördernde wie hemmende Rahmen- bedingungen.
[...]
1 Zitiert nach: Schwarz, Martin M.: 5 Jahrzehnte Fußball im Originalton, 5 CDs, Hamburg 2000 (zit. Schwarz: Fußball im Originalton) CD 2, Track 13, 5:28min.
2 Diese Auffassung hielt bisher auch einer nüchternen Prüfung stand. Vgl. dafür z.B. Brändle, Fabi- an/Koller, Christian: Goal! Kultur- und Sozialgeschichte des modernen Fußballs, Zürich 2002 (zit. Bränd- le/Koller: Goal!), S. 159; Eisenberg, Christiane: Deutschland, in: Dies. (Hrsg.): Fußball, soccer, calcio. Ein englischer Sport auf seinem Weg um die Welt, München 1997, S. 94-129 (zit. Eisenberg: Deutsch- land), S. 121; Pyta, Wolfram: Einleitung: Der Beitrag des Fußballsports zur kulturellen Identitätsstiftung in Deutschland, in: Ders. (Hrsg.): Der lange Weg zur Bundesliga. Zum Siegeszug des Fußballs in Deutschland, Münster 2004, S. 1-30 (zit. Pyta: Einleitung), S. 29. Nicht nur in der Öffentlichkeit ist dar- über hinaus auch vom ‚eigentlichen Gründungsdatum‘ der Bundesrepublik die Rede (vgl. z.B. Heinrich, Arthur: Tooor! Toor! Tor! 40 Jahre 3:2, Berlin 1994 [zit. Heinrich; 40 Jahre 3:2], S. 136ff.).
3 Vgl. Brändle/Koller: Goal!, S. 16; Borsdorf, Ulrich/Grütter, Heinrich Th.: Spielweisen der Erinnerung. Fußball und Gedächtnis, in: Brüggemeier, Franz-Josef/Borsdorf, Ulrich/Steiner, Jürg (Hrsg.): Der Ball ist rund. Katalog zur Fußballausstellung im Gasometer Oberhausen im CentrO anlässlich des 100-jährigen Bestehens des Deutschen Fußballbundes, 12. Mai bis 15. Oktober 2000, Essen 2000, S. 48-52, (zit. Bors- dorf/Grütter: Fußball und Gedächtnis), S. 48, 49. Zum Konzept der Erinnerungsorte vgl. Nora, Pierre (Hrsg.): Les lieux de mémoire, 7 Bde., Paris 1984-1992; ders.: Das Abenteuer der Lieux de mémoire, in: François, Etienne/Siegrist, Hannes/Vogel, Jakob (Hrsg.): Nation und Emotion: Deutschland und Frank- reich im Vergleich; 19. und 20. Jahrhundert (=Kritische Studien zur Geschichtswissenschaft, Bd. 110), Göttingen 1995, S. 83-92. Kurz hingewiesen sei in diesem Zusammenhang auch auf den bezeichnenden Akt der Einpflanzung eines Rasenstückes aus dem (inzwischen abgerissenen) Berner Wankdorfstadion im deutschen Kanzleramt im Dezember 2001 (vgl. 11Freunde, Magazin für Fußball-Kultur, Nr. 11 (2002), S. 6).
4 Süddeutsche Zeitung, 18./19.6.2005, S. 37.
5 Zur Geschichte und Konstruktion des Mythos siehe z.B. Blumenberg, Hans: Arbeit am Mythos, Frankfurt a.M. 1996, S. 38ff.; Helmes, Marion M./Weiher, Gabriele C. (Hrsg.): Mythen in Moderne und Postmoderne: Weltdeutung und Sinnvermittlung, Berlin 1995, S. 1ff.
6 Braun, Egidius: Grußwort des Präsidenten, in: Brüggemeier u.a.: Der Ball ist rund (wie Anm. 3), S. 5.
7 Vgl. Schwarz: Fußball im Originalton, CD 1, Track 8, 1:52min.
8 Vgl. z.B. Schildt, Axel: Ankunft im Westen. Ein Essay zur Erfolgsgeschichte der Bundesrepublik, Frankfurt a.M. 1999 (zitiert Schildt: Ankunft im Westen), S. 93.
9 Diese Zuordnungen sind freilich international feststellbar. Vgl. z.B. Blain, Neil/Boyle, Raymond/O’Donnell, Hugh: Sport and national identity in the European media, Leicester - London - New York, 1993 (zit. Blain u.a.: Sport and national identity), S. 64ff.
10 Der US-amerikanische Schriftsteller Paul Auster konnte sich 1998 in Paris beim Anblick der hundert- tausenden, den Titelgewinn feiernden Franzosen nicht des Eindrucks erwehren, dass es „ dieselbe Freude und derselbe Ausbruch des Nationalstolzes [war] , der Charles de Gaulle […] vor 54 Jahren entgegengeschlagen war “ und dass mittlerweile „ die L Änder ihre Schlachten mit Stellvertreterarmeen in kurzen Hosen auf dem Spielfeld aus [tragen]“ (Auster, Paul: Der perfekte Kriegsersatz, in: Zeitschrift für Kulturaustausch, 1/2000, S. 62). Seltsamerweise stellt er diese Beobachtung jedoch nur für einen europäischen Zusammenhang auf.
11 Das Maß an Empörung überstieg alle sportlichen Dimensionen. So stigmatisierte z.B. die französische Zeitung L’Equipe Schumacher mittels des Ausdrucks brute é paisse (finstere Bestie), der die Erinnerung an die Brutalitäten der deutschen Besatzung während des Zweiten Weltkriegs wachrief (vgl. Wahl, Alfred: Fußball und Nation in Frankreich und Deutschland, in: François u.a.: Nation und Emotion [wie Anm. 3], S. 342-352 [zit. Wahl: Fußball und Nation], S. 346).
12 Boniface, Pascal: Viele Füße für den Frieden, in: Le monde diplomatique, 12.6.1998, S. 9 (zit. Boniface: Viele Füße für den Frieden).
13 Eisenberg, Christiane: Sportgeschichte. Eine Dimension der modernen Kulturgeschichte, in: Geschichte und Gesellschaft 23 (1997), S. 295-310 (zit. Eisenberg: Sportgeschichte), S. 296.
14 Brändle/Koller: Goal!, S. 15.
15 Diesen Zweck würde z.B. die viel gestellte Frage „Inwiefern war das ‚Wunder von Bern‘ das eigentliche Gründungsdatum der Bundesrepublik?“ verfolgen.
16 Vgl. z.B. Boniface: Viele Füße für den Frieden; Havemann, Nils: Der DFB im Dritten Reich - die Fragwürdigkeit der widerstreitenden Positionen, in: Pyta: Der lange Weg zur Bundesliga (wie Anm. 2), S. 111-125 (zit. Havemann: Der DFB im Dritten Reich), S. 116, 117.
17 Wehler, Hans-Ulrich: Nationalismus: Geschichte - Formen - Folgen, München 2001 (zit. Wehler: Nationalismus), S. 12.
18 Vgl. http://www.weltfussball.de/teams.php?m_id=11&modus=21 (Stand: 20.10.2005).
19 Dies wird noch deutlicher, wenn man sich im Bemühen um eine vollständige Erfassung internationaler Fußballbegegnungen auch noch die mögliche Einbeziehung sämtlicher Europapokalspiele der Vereinsmannschaften vor Augen hält.
20 Dies wird in Deutschland insbesondere an den Fernseheinschaltquoten sichtbar, die über einen langen Zeitraum jedes andere Ereignis übertreffen (vgl. Krüger, Arnd: Cui Bono? Die Rolle des Sports in den Massenmedien, in: Ders./Scharenberg, Swantje (Hrsg.): Wie die Medien den Sport aufbereiten - Ausgewählte Aspekte der Sportpublizistik, Berlin 1993, S. 24-63, hier S. 24. Bemerkt sei an dieser Stelle noch, dass Europameisterschaften im Fußball erst seit 1960 ausgerichtet werden und eine bundesdeutsche Mannschaft erst 1972 erstmals teilnahm.
21 Nicht unbedeutend sind in diesem Zusammenhang ferner die gegensätzlichen sportlichen Vorzeichen, da die bundesdeutsche Auswahl 1954 als Außenseiter und 1974 als Favorit galt.
22 Aus ersichtlichen Gründen wäre ferner ein Vergleich der TV- sowie insbesondere der Hörfunkübertragungen sicherlich von großem Wert gewesen. Eine Anfrage bei der Stiftung Deutsches Rundfunkarchiv in Wiesbaden ergab zudem, dass auch für die WM 1954 Hörfunkübertragungen in relevantem Umfang archiviert sind. Allerdings finden sich die Übertragungen der deutschen Spiele verteilt in den Archiven verschiedenster Rundfunkanstalten. Ein Zugriff auf diese war schon aus Kostengründen nicht möglich. Eine Anfrage an das ZDF ergab, dass zwar sämtliche TV-Übertragungen für die WM 1974 verfügbar sind, von den bundesdeutschen Spielen der WM 1954 jedoch nur noch ca. zwei- bis zehnminütige Ausschnitte existieren, was einen auch nur annähernd aussagekräftigen Vergleich verhindert.
23 Darüber hinaus war zunächst die Heranziehung zusätzlicher, andersartiger Printmedien in Form von Zeitschriften angedacht. Aufgrund ihrer jeweils hohen Bedeutung erschienen das politische Magazin Der Spiegel sowie als reine Sportzeitschrift das Kicker-Sportmagazin geeignet. Bereits eine erste Sichtung ergab jedoch, dass der Spiegel während der WM 1954 keinen, sondern erst drei Tage nach dem Endspiel, am 7.7.1954 einen umfassenden Artikel zum deutschen WM-Erfolg veröffentlichte. Diese Situation stellt sich zwar für die WM 1974 verändert dar, jedoch fehlt es an einer unmittelbaren und Spiel bezogenen Berichterstattung, die für die Untersuchung als relevant angesehen wird. Dennoch soll, wo es sich anbie- tet, der zeitgenössische Blick dieses Magazins auf die Ereignisse Erwähnung finden (zit. Spiegel, Jahres- zahlen werden nur für Jahrgänge abseits von 1954 und 1974 angegeben). Der Kicker bzw. das Sportma- gazin, 1968 zum Kicker-Sportmagazin fusioniert, konnten entgegen anders lautender Dateninformationen für die entsprechenden Zeiträume nicht durchgängig vorgefunden werden.
24 Auswahl und Art der Untersuchungsmedien werden zu Beginn des zentralen Untersuchungsabschnittes (Kap. 4) noch näher erläutert (siehe Kap. 4.1).
25 Ähnlich Eisenberg: Eisenberg, Christiane: Fußball in Deutschland 1890-1914. Ein Gesellschaftsspiel für bürgerliche Mittelschichten, in Geschichte und Gesellschaft 20 (1994), S. 181-210 (zit. Eisenberg: Fußball 1890-1914), S. 182. Darüber hinaus wird Ideenhaushalt wohl jeder Form von Nationalismus keineswegs nur aus der jeweiligen Gegenwart gespeist. Schließlich sei hier darauf verwiesen, dass mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit die große Mehrzahl derjenigen, die in den Untersuchungszeit- räumen die Fußballberichterstattung ausübten, in der Zeit zwischen 1890 und 1945, insbesondere aber während der Weimarer Republik, mit dem Sport in Kontakt geraten sind, gewissermaßen ihre „fußballeri- sche Sozialisation“ erhielten. In diesem Zusammenhang ist auch auf den fehlenden personellen Bruch im Sportjournalismus nach 1945 hinzuweisen. Vgl. dazu z.B. von Hoffman, Alexander: Zwischen Faszinati- on und Langeweile - Sport in den Massenmedien, in: Lindner, Rudolf (Edit.): Der Satz „Der Ball ist rund“ hat eine gewisse philosophische Tiefe. Sport, Kultur, Zivilisation, Berlin 1983, S.104-112, hier S. 104, 105.
26 Dies scheint mir jedenfalls ein überzeugenderes Argument zu sein als jener angeblich dem Sport entge- gengebrachte akademische, ‚naserümpfende‘ Dünkel, der oftmals angeführt wird, um das lange vorherr- schende Desinteresse zu erklären. Derart argumentieren gleichwohl z.B. noch Brändle/Koller: Goal!, S. 14; Pyta: Einleitung, S. 1; Zimmermann, Moshe: Die Religion des 20. Jahrhunderts: Der Sport, in: Dipper, Christoph/Klinkhammer, Lutz/Nützenadel, Alexander (Hrsg.): Europäische Sozialgeschichte. Festschrift für Wolfgang Schieder (= Historische Forschungen, Bd. 68) , Berlin 2000, S. 331-350, hier S. 331. Zur hier vertretenen Ansicht vgl. auch Eisenberg, Christiane: Die Entdeckung des Sports durch die moderne Geschichtswissenschaft, in: Historical Research, Vol. 27 (2002), S. 4-21 (zit. Eisenberg: Die Entdeckung des Sports), S. 4-6. Eisenberg bemerkt darüber hinaus, dass die Zunft sich für unzuständig hielt und das Feld den Journalisten überlassen habe, die dazu beitrugen, dass Zeitungsleser und Fernsehzuschauer ein beachtliches Wissen über die Vergangenheit des Sports sammeln konnten (S.6).
27 Als grundlegende Einführung sei auf Eisenberg: Die Entdeckung des Sports hingewiesen.
28 Für Elias manifestiert sich in der Entwicklung des Sports der Zivilisationsprozess der abendländischen Gesellschaften, für den er seit dem ausgehenden Mittelalter u.a. eine Zurückdrängung des Affktiven, die Bildung zweckrationaler Handlungsmuster und die Verlagerung von sozialen Kontrollmechanismen ins ‚Innere‘ des Menschen ausmacht. Vgl. für den Fußball z.B. Elias, Norbert/Dunning, Eric: Folk football in medieval and early modern Britan, in: Dunning, Eric (Hrsg.): The sociology of sport. A selection of readings, London - Tonbridge 1971, S. 116-132.
29 Pyta: Einleitung, S. 3.
30 Eisenberg: Sportgeschichte, S. 309.
31 Beispielhaft für die Entwicklung sei hier auf den typischen Wesensunterschied des Zugriffs auf den Fußball zwischen dem ersten deutschsprachigen wissenschaftlichen Sammelband, nämlich Hopf, Wil- helm (Hrsg): Fußball: Soziologie und Sozialgeschichte einer populären Sportart, Bensheim 1979 (im folgenden zitiert: 3. Aufl., Münster 1998) und mit Herzog, Markwart: Fußball als Kulturphänomen: Kunst
- Kult - Kommerz, Stuttgart 2002 als einem der jüngsten hingewiesen. Stets stehen jedoch Erklärungsversuche für den beispiellosen weltweiten Erfolg des Fußballs im Vordergrund. Die bisher umfangreichste und ambitionierteste deutschsprachige historisch-philosophische Monographie zu dieser Thematik stellt Bausenwein, Christoph: Geheimnis Fußball. Auf den Spuren eines Phänomens, Göttingen 1995 dar, in deren Zentrum die Übertragung Hegelscher Dialektik auf den Fußball steht.
32 Gleichwohl bleibt der Facettenreichtum bei der stetig wachsenden Vereinnahmung des Sports durch Wirtschaft und Politik allzu oft auf der Strecke. Für die z.B. seit Jahren zunehmende (Un-)Sitte politi- scher Kreise, sich bevorzugt der Fußballsprache zu bedienen oder auf andere Weise die Nähe zum - wohlgemerkt erfolgreichen - Sport zu suchen, bedarf es keiner Belege. Norbert Seitz hat in seinem essay- istisch angelegten Buch Bananenrepublik und Gurkentruppe - Die nahtlose Übereinstimmung von Fuß- ball und Politik 1954-1987, Frankfurt a.M. 1987 einst den Versuch unternommen, der Verbindung von Fußball und Politik in Deutschland nachzuspüren. Dessen ungeachtet ist der Feststellung von Klaus Stolz, dass der Fußball „seit seinen frühesten Tagen kaum je »sich selbst überlassen« war“ (Stolz, Klaus: Ein
33 Geertz, Clifford: Dichte Beschreibung: Beiträge zum Verstehen kultureller Systeme, Frankfurt a.M. 1997, S. 9.
34 Brändle/Koller: Goal!, S. 17.
35 Ebd.
36 Pyta: Einleitung, S. 9. Als Beispiel für die historische Kultursoziologie werden zumeist die Arbeiten von Bernhard Giesen genannt (vgl. z.B. Giesen, Bernhard: Kollektive Identität. Die Intellektuellen und die Nation 2, Frankfurt a.M. 1999 (zit Giesen: Kollektive Identität).
37 Beispielhaft seien hierfür einige Veröffentlichungen von Christiane Eisenberg, der wohl in diesem Bereich führenden Repräsentantin genannt: Eisenberg, Christiane: „English sports“ und deutsche Bürger: Eine Gesellschaftsgeschichte 1800-1939, Paderborn u.a. 1999 (zugl. Hamburg, Univ., Diss., 1996; zit. Eisenberg: „English sports“); dies.: Vom „Arbeiter-“ zum „Angestelltenfußball“? Zur Sozialstruktur des deutschen Fußballsports 1890-1950, in: Sozial- und Zeitgeschichte des Sports 4 (1990), H. 3, S. 20-46 (zit. Eisenberg: Vom „Arbeiter-“ zum „Angestelltenfußball“?); siehe auch Anm. 25.
38 Pyta: Einleitung, S. 5. Zur fragwürdigen, wenn nicht überholten Vorstellung von der ‚nivellierten Mittelstandsgesellschaft‘ vgl. z.B. Schildt: Ankunft im Westen, S. 53, 54.
39 Heinrich: 40 Jahre 3:2, S. 18. Vgl. auch Brändle/Koller: Goal!, S. 153ff. Beispielhaft für den Vorsprung der britischen Forschung zur Thematik seien genannt: Giulianotti, Richard; Williams, John (Hrsg.): Game without Frontiers. Football, Identity and Modernity, Aldershot 1994; King, Anthony: Football Fandom and Post-National Identity in the New Europe, in: The British Journal of Sociology, Vol. 51, Nr. 3 (2000),
S. 419-442; Moorhouse, Herbert: One State, Several Countries: Soccer and Nationality in a “United” Kingdom, in: The International Journal of the History of Sport, Vol. 12, Nr. 2 (1995), S. 55-74; Veitch, Colin: „Play up! Play up! And Win the War!“: Football, the Nation and the First World War 1914-15, in: Journal of Contemporary History, Vol. 20 (1985), S. 363-377.
40 Siehe Anm. 11.
41 Vgl. Buß, Anna Maike: „Den Deutschen zujubeln, das tut man einfach nicht!“ Überlegungen zum deutsch-niederländischen Fußballverhältnis in den Medien 1974-2002, in: Pyta: Der lange Weg zur Bundesliga, S. 215-240.
42 Knoch, Habbo: Gemeinschaft auf Zeit. Fußball und die Transformation des Nationalen in Deutschland und England, in: Zentrum für Europa- und Nordamerika-Studien (Hrsg.): Fußballwelten. Zum Verhältnis von Sport, Politik, Ökonomie und Gesellschaft, Opladen 2002, S. 117-153 (zit. Knoch: Gemeinschaft auf Zeit). In den Ergebnissen ähnlich: Dolic, Dubravko: Die Fußballnationalmannschaft als „Trägerin interna- tionaler Würde“? Zum Verhältnis von Fußball und nationaler Identität in Kroatien und Bosnien- Herzogowina, in: Zentrum für Europa- und Nordamerika-Studien: Fußballwelten, S. 155-174.
43 Knoch: Gemeinschaft auf Zeit, S. 119.
44 Ebd.
45 Ebd., S. 146.
46 Ebd.
47 Vgl. ebd., S. 120, 146.
48 Ebd., S. 144. Die ‚kritische Öffentlichkeit‘ findet hier für Knoch im Übrigen allein in den herrschenden Ansichten der überregionalen Tagezeitungen Ausdruck und Begleitung.
49 Vgl. ebd., S. 145.
50 Ebd., S. 144. So könnte sich die von ihm aufgezeigte Entwicklung, nach der der im Fußball offenbarte Nationalismus eher in „ungefestigte Folklore“ umgewandelt wurde, auch wieder umkehren, da dies in der Natur der transitorischen Zugehörigkeiten liege (vgl. ebd., S. 147).
51 Vgl. Eisenberg: Deutschland, S. 122,123. Ähnlich Knoch: Gemeinschaft auf Zeit, S. 120.
52 Eisenberg: Deutschland, S. 123.
53 Es wird nicht immer hinreichend deutlich, auf welcher Basis diese Erkenntnisse beruhen. Knoch führt für den Zeitraum der 1940er bis 1960er Jahre zumindest noch die zeitgenössischen Untersuchungen Buchloh, Paul G./Freese, Peter: Nationale Tendenzen in der englischen und deutschen Presseberichterstattung zur Fußballweltmeisterschaft 1966, in: Sprache im technischen Zeitalter 6 (1967), S. 335-346 (zit Buchloh/Freese: WM 1966) und Liebhardt, Ernst H.: Nationalismus in der Tagespresse 1949-1966. Studien zur Anwendung quantifizierender Inhaltsanalyse (= Kölner Beiträge zur Sozialforschung und angewandten Soziologie, Bd. 12), Meisenheim am Glan 1971 (zit.: Liebhardt: Nationalismus 1949-1966) sowie für die Weltmeisterschaft 1994 die Untersuchung Daalmann, Angela: Fußball und Nationalismus. Erscheinungsformen in Presse und Fernsehberichten in der Bundesrepublik Deutschland und den Vereinigten Staaten von Amerika am Beispiel der Fußball-Weltmeisterschaft 1994, Berlin 1999 (zugl. Göttingen, Univ., Diss., 1999, zit. Daalmann: Fußball und Nationalismus) an. Daalmann konnte jedoch zuletzt zeigen, dass bei dem Turnier in den USA nationale Identitätsstiftung und auch Formen des Nationalismus im Kontext des Fußballs nicht vollends von der Bildfläche verschwunden sind, sondern eher spezifisch in bestimmten Medien ans Licht treten (vgl. ebd., S. 95ff.). Ähnliche Feststellungen traf zuvor bereits die Kommunikationswissenschaft: vgl. z.B. vom Stein, Arthur: Massemedien und Spitzensport. Theoretische Konkretisierung und ausgewählte empirische Analyse von Wirkungen der Mediensportrealität auf den Spitzensport in Deutschland, Frankfurt a.M. u.a. 1988, S. 89ff. Eine veränderte Entwicklung innerhalb der 1980er Jahre wird hier im Übrigen nicht angemerkt, da vom Stein die Nichtexistenz von Nationalismen in der Mediensportrealität als Regel erkennt (vgl. ebd., S. 91, 92). Entsprechende, aber weniger umfassende Beobachtungen liegen für die EM 1996 in England vor (vgl. z.B. Garland, Jon; Rowe, Michael: War Minus the Shooting? Jingoism, the English Press and Euro 96, in: Journal of Sport & Social Issues, Vol 23, Nr. 1 1999, S. 80-95; Maguire, Joseph; Poulton, Emma; Possamai; Catherine: Weltkrieg III? Media Coverage of England versus Germany in Euro 96, in: Journal of Sport & Social Issues, Vol. 23, Nr. 4 1999, S. 439-454).
54 Hobsbawm, Eric J.: Nationen und Nationalismus. Mythos und Realität seit 1780, erw. Aufl., Frankfurt a.M. - New York 2004 (engl. Orig.: Nations and nationalism since 1780. Programme, myth, reality, Cambridge - New York - Melbourne 1990, zit. Hobsbawm: Nationen und Nationalismus), S. 15.
55 Vgl. z.B. Alter, Peter: Nationalismus, Frankfurt a.M. 1985 (zit Alter: Nationalismus), S. 13, Hobsbawm: Nationen und Nationalismus, S. 15.
56 Vgl. Weber, Max: Wirtschaft und Gesellschaft. Grundriß der verstehenden Soziologie, 5. rev. Aufl., Tübingen 2002.
57 Seton-Watson, Hugh: Nations and States. An Enquiry into the Origins of nations and the Politics of Nationalism, London 1977, S. 5.
58 Vgl. ebd., S. 17.
59 Alter: Nationalismus, S. 23, 27.
60 Vgl. dazu grundlegend Anderson, Benedict: Die Erfindung der Nation. Zur Karriere eines folgenreichen Konzepts, 2. Aufl., Franfurt a.M. - New York 1996 (engl. Orig.: Imagined Communities. Reflections on the Origin and Spread of Nationalism, London 1983, zit. Anderson: Erfindung der Nation); Hobsbawm, Eric/Roger, Terence (Edit.): The Invention of Tradition, Cambridge 1983.
61 Diese Übersetzung des Begriffes ist nicht unumstritten.
62 Anderson: Erfindung der Nation, S. 15. Anderson lässt dies wohlgemerkt für alle Gemeinschaften gelten, die über den dörflichen ‚Face-to-Face-Kontakt‘ hinausgehen (vgl. ebd., S. 16).
63 Vgl. ebd., S. 39ff.
64 Vgl. ebd., S. 18ff.
65 Vgl. Alter: Nationalismus, S. 21, 22. In diesem Sinne bliebe auch Renans freiwilliges Bekenntnis zur Nation gehaltlos, wenn es sich nicht auf bestimmte, grundlegende Gemeinsamkeiten beziehen kann.
66 Langewiesche, Dieter: Nachwort zur Neuauflage, in: Hobsbawm: Nationen und Nationalismus, S. 225- 241, hier S. 235.
67 Hobsbawm: Nationen und Nationalismus, S. 21. Vgl. z.B. auch Gellner, Ernest: Nationalismus und Moderne, Hamburg 1995 (engl. Orig.: Nations and Nationalism, Oxford 1983, zit. Gellner: Nationalismus und Moderne), S. 77; Wehler: Nationalismus, S. 13.
68 Vgl. für die etwas ältere Forschung z.B. Lemberg, Eugen: Nationalismus, Bd. 2, Reinbek 1964 (zit. Lemberg: Nationalismus), S. 16, 17.
69 An dieser Stelle wäre die Floskel von der unüberschaubaren Flut an Literatur zu Geschichte, Aufstieg und Arten des Nationalismus obligatorisch. Stattdessen soll der Hinweis auf die in dieser Arbeit genannten und bibliographierten Werke genügen, die m.E. einen geeigneten und weiterführenden Einblick in die zahlreichen Aspekte geben.
70 Gellner: Nationalismus und Moderne, S. 8. Vgl. auch Breuilly, John: Nationalism and the State, Manchester 1982, S. 3; ähnlich auch Wehler: Nationalismus, S. 13.
71 Vgl. Gellner: Nationalismus und Moderne, S. 8.
72 Alter: Nationalismus, S. 14.
73 Vgl. ebd., S. 24, 25 (vgl. auch Hobsbawm: Nationen und Nationalismus, S. 50ff. Ähnlich bereits z.B. Lemberg: Nationalismus, S. 17). Die Definition Alters kann m.E. zwar überzeugen, erweist sich aber isoliert betrachtet für die dem Fußballsport immanente ‚bipolare‘ Konfrontation wenig griffig. Denn hier kann kaum ein Abgleich mit der Skala der Bindungen und Loyalitäten erfolgen, die der einzelnen beo- bachteten Gemeinschaft womöglich zueigen sind. Es stehen dem Prinzip nach nur zwei Alternativen zur Auswahl. Konkurriende Bindungen und Loyalitäten müssen zwangsläufig dahinter zurücktreten.
74 Anderson: Erfindung der Nation, S. 15.
75 Alter: Nationalismus, S. 15.
76 Vgl. Anderson: Erfindung der Nation, S. 145.
77 Vgl. Giesen: Kollektive Identität, S. 11ff.
78 Vgl. ebd., S. 14.
79 Anderson: Erfindung der Nation, S. 207.
80 Vgl. Alter: Nationalismus, S. 23
81 Als weitere Notwendigkeiten für den Umstand, dass ein Volk sich zusammengehörig fühlen bzw. zur Nationen werden kann, sieht er die Verbindung mit einem Staat und die Existenz einer kulturellen Elite als Trägerin einer nationalen Literatur- und Amtssprache an (vgl. Hobsbawm: Nationen und Nationalis- mus, S. 50ff.).
82 Vgl. Alter: Nationalismus, S. 12.
83 Kohn, Hans: Die Idee des Nationalismus. Ursprung und Geschichte bis zur französischen Revolution, Frankfurt a.M. 1962, S. 176.
84 Vgl. Dann, Otto: Nation und Nationalismus in Deutschland: 1770-1990, München 1993 (zit. Dann: Nation und Nationalismus, S. 16. Zur Kritik an Dann vgl. Wehler: Nationalismus, S. 118, 119.
85 Zu dieser Notwendigkeit siehe auch Anm. 73.
86 Ebd., S. 17.
87 Vgl. Wehler: Nationalismus, S. 15ff.
88 Vgl. z.B. Hayes, Carlton J.H.: Nationalismus, Leipzig 1929 (engl. Orig.: Essays on Nationalism, New York 1926), S. 85-114.
89 Nipperdey, Thomas: Deutsche Geschichte 1800-1866. Bürgerwelt und starker Staat, München 1994, S. 300.
90 Vgl. Wehler: Nationalismus, S. 32.
91 Vgl. ebd., S. 27ff.
92 Vgl. ebd., S. 29.
93 Vgl. hierfür und zum folgenden Wehler: Nationalismus, S. 32, 33.
94 Vgl. Dann: Nation und Nationalismus, S. 51ff.
95 Vgl. ebd., S. 78ff.
96 Vgl. Wehler: Nationalismus, S. 42, 43.
97 Vgl. Dann: Nation und Nationalismus, S. 157ff., 208ff.
98 Vgl. ebd., Seite 261ff.
99 Vgl. z.B. Hobsbawm: Nationen und Nationalismus, S. 202, 203; Wehler: Nationalismus, S. 88.
100 Wehler: Nationalismus, S. 88. Vgl. auch Alter: Nationalismus, S. 130, 131.
101 Alter: Nationalismus, S. 133.
102 Vgl. Wehler: Nationalismus, S. 88, 89.
103 Vgl. ebd., S. 130; Hobsbawm: Nationen und Nationalismus, S. 194, 208ff., 215.
104 Anderson: Erfindung der Nation, S. 12.
105 Ebd., S. 12, 13.
106 Vgl. Giesen: Kollektive Identität, S. 24, 43.
107 Augé, Marc: Ein Ethnologe bei der Fußball-WM, in: Le Monde diplomatique, 14.8.1998, S. 2.
108 Borsdorf/Grütter: Fußball und Gedächtnis, S. 48.
109 Vgl. z.B. Mummendey, Amélie/Simon, Bernd: Nationale Identifikation und die Abwertung von Fremdgruppen, in: dies. (Hrsg.): Identität und Verschiedenheit: Zur Sozialpsychologie der Identität in komplexen Gesellschaften, Bern u.a. 1997, S. 175-193, hier S. 176. Vgl. auch Giesen: Kollektive Identität, S. 24.
110 Bromberger, Christian: Fußball als Weltsicht und Ritual, in: Belliger; Andreá/Krieger, David. J. (Hrsg.): Ritualtheorien. Ein einführendes Handbuch, Wiesbaden 1998, S. 285-302 (zit. Bromberger: Fußball als Weltsicht und Ritual), S. 287.
111 Vgl. ebd., S. 288.
112 Vgl. ebd., S. 292ff.
113 Christian Bromberger konnte dies z.B. bei Zusammensetzung und Verhalten der Zuschauer und der personellen Gestaltung der Mannschaften nachweisen, vgl. ebd., S. 293ff. Zugrunde liegt seine in Mar- seille, Turin und Neapel durchgeführte Untersuchung (Bromberger, Christian: Le Match de Football. Ethnologie d’une Passion Partisane á Marseille, Naples et Turin, Paris 1995 [zit. Bromberger: Le Match de Football]).
114 Vgl. hierzu z.B. Brändle/Koller: Goal!, S. 136ff. Vielfältige europäische Beispiele finden sich in: Gehrmann, Siegfried (Edit.): Football and Regional Identity in Europe, Münster 1997.
115 Bromberger, Christian: Football Passion and the World Cup: Why so much Sound an Fury?, in: Sugden, John/Tomlinson, Alan (Edit.): Hosts and Champions: Soccer Cultures, National Identities and the USA Worldcup, Aldershot 1994, S. 281-290, hier S. 288.
116 Hobsbawm: Nationen und Nationalismus, S. 168. Vgl. hierzu auch die unzweideutige Schilderung des Fußballvereins als Stellvertreter der Fangemeinschaft bei Hornby: Fever Pitch, S. 253, 254.
117 Vgl. Daalmann: Fußball und Nationalismus, S. 7. Kritische Stimmen in der Öffentlichkeit, die wie Herbert Riehl-Heyse eher resigniert feststellen: „Muß man noch hervorheben wie blöd das alles ist? Muß man wohl.“ (Süddeutsche Zeitung, 29./30.6.1996, S. 3) stellen die Eignung des Fußballs dafür in Abrede, weil sie sich an Fakten orientieren, die besagen, dass Spieler wie „Andreas (»Weichei«) Möller […] mit Panzern ungefähr so viel zu tun [haben] wie Stuttgarts Rommel mit dem Lieblingsgefährt seines Vaters“ (ebd.), verkennen dabei jedoch die dauerhaft wirkmächtigen Zuschreibungen.
118 Ebd., S. 168.
119 Vgl. Krüger, Arnd: Sport und Gesellschaft, Berlin 1981, S. 32.
120 Vgl. Boniface: Viele Füße für den Frieden.
121 So war der ehemalige FIFA-Präsident João Havelange in den 1990er Jahren mitunter von dem Gedan- ken beseelt, mithilfe des Fußballs dem Frieden zwischen Palästina und Israel zum Durchbruch zu verhel- fen oder die Annäherung zwischen Süd- und Nordkorea voranzutreiben (vgl. Boniface: Viele Füße für den Frieden).
122 Als Beispiel für eine solche Ansicht wird immer wieder gerne der so genannte ‚Fußballkrieg‘ zwischen El Salvador und Honduras bemüht (vgl. z.B. Daalmann: Fußball und Nationalismus, S. 36), der 1969 nach einem WM-Qualifikationsspiel zwischen beiden Ländern vier Tage andauerte und mindestens 2000 Todesopfer forderte. Freilich wird hier zumeist das auslösende Moment gegenüber den gewichtigeren historischen, politischen und sozialen Ursachen unzulässig überbewertet.
123 Vgl. z.B. die Diskussion bei Herzog, Markwart: Von der ‚Fußlümmelei‘ zur ‚Kunst am Ball‘. Über die kulturgeschichtliche Karriere des Fußballsports, in: Ders.: Fußball als Kulturphänomen (wie Anm. 31), S. 11-43, hier S. 21ff.
124 Prosser, Michael: ‚Fußballverzückung‘ beim Stadionbesuch. Zum rituell-festiven Charakter von Fuß- ballveranstaltungen in Deutschland, in: Herzog: Fußball als Kulturphänomen (wie Anm. 31), S. 269-292, hier S. 271.
125 Vgl. Durkheim, Émile: Die elementaren Formen des religiösen Lebens, Frankfurt a.M. 1981 (zit. Durkheim: Formen des religiösen Lebens).
126 Vgl. z.B. Gebauer, Gunter: Fernseh- und Stadionfußball als religiöses Phänomen. Idole, Heilige und Ikonen am ‚Himmel‘ von Fangemeinden, in: Herzog: Fußball als Kulturphänomen (wie Anm. 31), S. 305-314 (zit. Gebauer: Fußball als religiöses Phänomen).
127 Vgl. dazu z.B. Kehrer, Günter: Außerreligiöser Personenkult in ‚religionistischer‘ Terminologie, in: Hasenfratz, Hans-Peter/Kerber, Walter (Hrsg.): Personenkult und Heiligenverehrung, München 1997, S. 193-201.
128 Vgl. Bromberger: Le Match de Football, S. 316ff. Bromberger schildert hier völlig zurecht, dass z.B. die Fußballanhänger weder ihr Leben in der Hoffnung auf einen übernatürlichen Beistand ihrer ‚Fußball- götter‘ im Sinne von Schutz und Hilfe ausrichten, noch dass eine wesentliche Orientierung über den Spieltag, das Turnier oder die Saison hinaus stattfindet, die Fragen nach Herkunft und Zukunft der Exis- tenz beantworten soll. Zudem ist eine humorvolle, spielerische Distanz zu der durch ihre ‚Glaubensinhal- te‘ und Rituale erzeugten Semantik gegeben - das Feierliche geht Hand in Hand mit dem Komischen.
129 Vgl. zum folgenden Bromberger: Fußball als Weltsicht und Ritual, S. 296ff.
130 Ebd., S. 298. Vgl. dazu auch Giesen: Kollektive Identität, S. 15.
131 Missachtung kann Ächtung erfolgen: Forciert z.B. ein Spieler den Ball trotz eines verletzten Gegenspieler nicht eine Spielunterbrechung, zieht dies umgehend eine ‚Bestrafung‘ durch das Publikum in Form eines empörten Pfeifkonzertes nach sich.
132 Bromberger: Fußball als Weltsicht und Ritual, S. 299.
133 Ebd., S. 295 (in Anlehnung an Durkheim: Formen des religiösen Lebens).
134 Vgl. Giesen: Kollektive Identität, S. 16.
135 Vgl. z.B. Gebauer: Fußball als religiöses Phänomen, S. 305ff. sowie die obigen Bemerkungen zur Bedeutung des Zeitungslesens für das Gemeinschaftsempfinden (siehe Kap. 2.1).
136 Zu den Vorläufern des modernen Fußballs in verschiedenen Kulturkreisen siehe z.B.: Müller, Rainer A. Fußballspiel in der frühen Neuzeit. Soziokulturelle Voraussetzungen und sportliche Spezifika, in: Herzog: Fußball als Kulturphänomen (wie Anm. 31), S. 47-66; Plüer, Sebastian: Frühe Faszination: Ball-Kulte der Welt, in: Brüggemeier u.a.: Der Ball ist rund (wie Anm. 3), S. 54-66. Zu den Wurzeln des modernen Sports siehe z.B.: Bourdieu, Pierre: Historische und soziale Voraussetzungen des modernen Sports, in: Caysa, Volker (Hrsg.): Sportphilosophie, Leipzig 1997, S. 101-127.
137 Vgl. dazu Holt, Richard: Sport and the British: A Modern History, Oxford 1989 (zit. Holt: Sport and the British), S. 86ff. Noch gegen Ende des 19. Jahrhunderts wurde der Fußball als „a moral agent“ bezeichnet (vgl. Brändle/Koller: Goal!, S. 25).
138 Als weltweit erster Fußballverein gilt der 1857 gegründete Sheffield FC.
139 Vgl. Plüer, Sebastian: Englischer Sport, in: Brüggemeier u.a.: Der Ball ist rund (wie Anm. 3), S. 78-85, hier S. 78.
140 Bereits in der Saison 1871/1872 wurde zum ersten Mal der F.A. Cup ausgespielt. Hatte die F.A. im Jahre 1867 noch zehn Mitgliedsvereine, so waren es 1888 bereits 1000 und 1905 10000 (vgl. SchulzeMarmeling, Dietrich: Fußball: Zur Geschichte eines globalen Sports, Göttingen 2000 (zit. SchulzeMarmeling: Fußball, S. 26).
141 Vgl. Holt: Sport and the British, S. 98.
142 Vgl. Walvin, James: The People’s Game. A Social History of British Football, London 1975, S. 50ff.
143 Vgl. dazu Brändle/Koller: Goal!, S. 31-33, 47ff.; Holt: Sport and the British, S. 103; SchulzeMarmeling: Fußball, S. 30ff.
144 Bei den Gründungsmitgliedern im Jahre 1888 handelte es sich um die Clubs Accrington F.C., Aston Villa F.C., Blackburn Rovers F.C., Bolton Wanderers F.C., Burnley F.C., Derby County F.C., Everton F.C., Notts County F.C., Preston North End F.C., Stoke City F.C., West Bromwich Albion F.C. und Wolverhampton Wanderers F.C.
145 Vgl. zur Vertiefung auch Dunning, Eric: Die Entstehung des Fußballsports, in: Hopf: Fußball (wie Anm. 31), S. 42-53; Mason, Tony: Association Football an English Society, 1863-1918, Brighton 1980; ders.: Großbritannien, in: Eisenberg: Fußball, soccer, calcio (wie Anm. 2), S. 22-40 (zit. Mason: Großbritannien).
146 Vgl. Lafranchi, Pierre: Football et modernité: La Suisse et la pénétration du football sur le continent, in: Traverse 5 (1998), S. 76-88, hier S. 84.
147 Diese Entwicklung ist noch heute an englischen Vereinsnamen wie z.B. Grashoppers Zürich (gegründet 1886) oder Young Boys Bern (gegründet 1898) erkennbar.
148 Vgl. Brändle/Koller: Goal!, S. 34. Zum Kulturtransfer vgl. z.B.: Muhs, Rudolf u.a.: Brücken über den Kanal? Interkultureller Transfer zwischen Deutschland und Großbritannien im 19. Jahrhundert, in: Dies. (Hrsg.): Aneignung und Abwehr: Interkultureller Transfer zwischen Deutschland und Großbritannien im 19. Jahrhundert, Bodenheim 1998, S. 7-20.
149 Als deutscher Pionier wird der Braunschweiger Gymnasialprofessor Konrad Koch angesehen, der das Spiel (nach den Rugby-Regeln) bereits 1874 am Martino-Katharineum-Gymnasium Braunschweig spie- len ließ. Für die ‚Engländerkolonien‘ vgl. Maurer, Michael: Aufklärung und Anglophilie in Deutschland, Göttingen 1987, S. 41ff.
150 Eisenberg: Fußball 1890-1914, S. 184.
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- Lars Plantholt (Author), 2005, „Tor für Deutschland!“ Westdeutscher Nationalismus und Patriotismus im Kontext der Fußballweltmeisterschaften 1954 und 1974, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/77224
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