Thematische Inhaltsangabe der NS-Pädagogik unter besonderer Berücksichtigung außerschulischer Erziehungsinstanzen
In scharfer Abgrenzung zur Pädagogik der Weimarer Republik entstand unter dem nationalsozialistischen Regime von 1933 bis 1945 ein Erziehungssystem, in dem die Schule, die Reichsjugendführung und das Elternhaus in Gemeinschaft miteinander zur Aufgabe hatten den nationalsozialistischen Menschen heranzuziehen (vgl. Gamm, 1984, S.309). Unter der Abwertung von Intellekt zugunsten von „Charakter, Tat und Leben“ ist die NS-Pädagogik als drastische Zuspitzung des reformpädagogischen Programms zu verstehen (vgl. Baumgart, 2001, S.176). Diese Erziehung sollte weder formal-ästhetisch sein noch „abstrakte Vernunftgestaltung“ zum Ziel haben, sondern die Charakterbildung und die Typenzucht der „nordischen Rasse“ (vgl. Gamm, 1984, S.70) sowie auf den „realen, unausweichlichen Kampf" vorbereiten, auf den alle pädagogischen Maßnahmen der NS-Zeit zuliefen (vgl. Gamm, 1984, S.20).
Thematische Inhaltsangabe der NS-Pädagogik unter besonderer Berücksichtigung außerschulischer Erziehungsinstanzen
In scharfer Abgrenzung zur Pädagogik der Weimarer Republik entstand unter dem nationalsozialistischen Regime von 1933 bis 1945 ein Erziehungssystem, in dem die Schule, die Reichsjugendführung und das Elternhaus in Gemeinschaft miteinander zur Aufgabe hatten den nationalsozialistischen Menschen heranzuziehen (vgl. Gamm, 1984, S.309). Unter der Abwertung von Intellekt zugunsten von „Charakter, Tat und Leben“ ist die NS-Pädagogik als drastische Zuspitzung des reformpädagogischen Programms zu verstehen (vgl. Baumgart, 2001, S.176). Diese Erziehung sollte weder formal-ästhetisch sein noch „abstrakte Vernunftgestaltung“ zum Ziel haben, sondern die Charakterbildung und die Typenzucht der „nordischen Rasse“ (vgl. Gamm, 1984, S.70) sowie auf den „realen, unausweichlichen Kampf“ vorbereiten, auf den alle pädagogischen Maßnahmen der NS-Zeit zuliefen (vgl. Gamm, 1984, S.20). Allgemein wurden unter Erziehung „[...] die Auslese, Ausrichtung und Entfaltung der mitgebrachten rassischen und persönlichen Anlagen“ und „die von der Gemeinschaft auf den Nachwuchs ausstrahlenden Einwirkungen [...]“ verstanden (Baumgart, 2001, S.190). Es sollte vor allem ein neues Rassebewusstsein entstehen. Nach Auffassung der NS-Pädagogen war Erbe für die Entwicklung des Menschen maßgeblich und nicht die Umwelt. Nach dieser Vererbungslehre sollte die biologische Substanz des deutsches Volkes verbessert werden, was eine „Manipulation der Erbmasse“ zur Folge hatte, wenn immer diese als negativ erschien (vgl. Gamm, 1984, S.16). Im Klartext heißt dies, dass geistig oder körperlich behinderte Kinder in den Heimen systematisch getötet werden sollten. Die Erziehung sollte „biologischer“ werden und somit dem deutschen Wesen und den inneren Gesetzen der deutschen, „nordischen“ Rasse entsprechen (vgl. Baumgart, 2001, S.117). Neben den rein biologischen Aspekten der Vererbungslehre sei die Grundlage nationalsozialistischer Erziehung „[...] die Formung der Persönlichkeit im Sinne der Aktivierung derjenigen Kräfte, die den Gemeinschaftsorganismus erhalten und in der Nation zur Vollendung führen“ (Gamm, 1984, S.105). Zu diesem Zweck wurden die Lehrpläne der Schulen drastisch gekürzt, denn wissenschaftliche Bildung war unerwünscht, das System war gekennzeichnet von Misstrauen gegen die unberechenbaren geistigen Erkenntnisse (vgl. Gamm, 1984, S.16). Demnach sollte sich die pädagogische Arbeit zunächst auf das „Heranzüchten“ gesunder Körper, denn auf Charakterbildung und letztlich auf die Ausbildung geistiger Fähigkeiten konzentrieren (vgl. Gamm, 1984, S.46). An die Stelle wissenschaftlicher Fächer traten die „musische Erziehung“ sowie Sportunterricht, der die körperliche Gesundheit und Stärke gewährleisten sollte. Grundziel der nationalsozialistischen Erziehung war die Eingliederung des Menschen in die völkische Gemeinschaft. Dies sei als Vorbedingung zu verstehen, überhaupt auch zu einer persönlichen Reife und Erfüllung zu gelangen (vgl. Baumgart, 2001, S.191). Zudem gewährleiste diese unmittelbare Eingliederung und Charakterformung natürlich das Fortbestehen des nationalsozialistischen Gedanken.
Um alle Menschen zu erreichen und so früh wie möglich in die völkische Lebensgemeinschaft einzugliedern und im Sinne des Nationalsozialismus zu erziehen, gab es zahlreiche Organisationen die zwangsläufig jedes Kind erfassen mussten. Im Vordergrund stand hier die außerschulische Erziehung durch die Hitlerjugend, durch die sogenannte Lager- und Heimerziehung sowie zahlreiche Freizeit-, Gemeinschafts- und Erziehungslager für Kinder, Schüler, Jugendliche und letztlich die Ausleselager zur Selektion einer schulischen Elite (vgl. Otto/Sünker, 1991, S.169-189). Bevor die Mitgliedschaft in der Hitlerjugend 1936 für alle deutschen Jugendlichen zur Pflicht wurde, sicherte eine groß angelegte Werbekampagne den Zulauf zu diesen Erziehungsorganisationen (vgl. Otto/Sünker, 1991, S.174). Die Lager, in denen die Kinder und Jugendlichen erzogen werden sollten, galten als realisierte Volksgemeinschaft und spiegelten die Auffassung der Nationalsozialisten vom Leben als chronischer Kampfsituation (vgl. Otto/Sünker, 1991, S.169). Kampfspiele waren an der Tagesordnung (vgl. Gamm, 1984, S.20). Die Kinder sollten vorallem lernen, sich in die Gemeinschaft einzufügen, Befehlen von oben zu gehorchen und nach unten selbst zu befehlen. Die Gemeinschaft sollte erlebt werden, nicht zuletzt durch die Uniformierung, die dieses Gemeinschaftsgefühl vermittelte und über die weiterhin bestehenden sozialen Unterschiede erfolgreich hinwegtäuschte, sowie dem sogenannten „kameradschaftlichen Du“, das als Umgangsform in den Lager vorherrschte (vgl. Otto/Sünker, 1991, S.172). Für Kinder gab es Freizeitlager, die vor allem dadurch an Attraktivität gewinnen konnten, dass die Teilnahme die Kinder von einigen Schulstunden befreite (vgl. Otto/Sünker, 1991, S174). Stattdessen lagen dort die Schwerpunkte auf Freizeitgestaltung, Wandern und Naturerlebnissen (vgl. Otto/Sünker, 1991, S.174) sowie sportlicher Ertüchtigung und weltanschaulicher Schulung (vgl. Otto/Sünker, 1991, S.175). IN den Gemeinschaftslagern für Schüler sollte nationalsozialistisches Gedankengut nähergebracht werden, indem man die Schüler direkt in das Erleben stellte, anstatt dieses durch unterrichtliche Unterweisungen oder Schulbücher zu vermitteln (vgl. Otto/Sünker, 1991, S.176). Erziehungslager für Jugendliche zeichneten sich vor allem durch ihre disziplinierende Funktion und ihre Haupterziehungsmethode, der Arbeit, aus /vgl. Otto/Sünker, 1991, S.179). Selbst für die jüngsten Kinder im Alter von 6 bis 10 Jahren hab es die sogenannten Kindergruppen der NS_Frauenschaft, in denen ebenfalls Kameradschaft und Einordnung gelehrt wurde, noch bevor die Kinder verstandesmäßig in der Lage waren, diese Begriffe zu erfassen (vgl. Gamm, 1984, S.324). Auch hier trugen die Kinder „Uniformen“ in Form einheitlicher Spielkleidung (vgl. Gamm, 1984, S.324). Zielpunkte der Lagererziehung lagen auch in der „Begabtenauslese“. In diesen Ausleselagern ging es darum, eine Elite zu schaffen, die den rassepolitischen und weltanschaulichen Vorstellungen des Regimes entsprach (vgl. Otto/Sünker, 1991, S.177). Daher wurden die Jugedlichen nach weltanschaulicher Haltung und charakterlichen Eigenschaften ausgewählt um in das NS-Regime „nachzuwachsen“. Neben Betonung der Gemeinschaft gab es aber eine sorgfältige Trennung zwischen Jungen- und Mädchenerziehung, die sich nicht nur in den Lehrplänen niederschlug. Die Mädchen wurden von klein auf auf ihre Aufgaben als Mütter vorbereitet und wurden so programmatisch aus dem öffentlichen Leben, höheren Bildungsgängen und der Arbeitswelt ausgeschlossen (vgl. Baumgart, 2001, S.179). Wenn überhaupt war ihre berufliche Tätigkeit pflegerisch-sozial ausgerichtet. Dem deutschen Volke den nötigen Nachwuchs und damit die Zukunft zu schenken, das galt als nützliches Gesetz der Frau und so wurde die Frau zwar ideologisch aufgewertet, implizit jedoch abgewertet (vgl. Baumgart, 2001, S.179).
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- Arbeit zitieren
- Vanessa Specht (Autor:in), 2007, Thematische Inhaltsangabe der NS-Pädagogik unter besonderer Berücksichtigung außerschulischer Erziehungsinstanzen, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/76947
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