Die Frage nach der Professionalisierung ist eine unendliche Diskussion der Sozialpädagogik. Was willst du denn damit mal machen? Ist so ein Studium denn sinnvoll?, aber auch die Frage: Wirst Du dann Lehrer? - nicht, und was sonst? sind alltägliche Themen für Pädagogen in Ausbildung und Beruf, denen sie sich stellen müssen, vor Eltern und anderen Personen, vor allem aber vor sich selbst. Die Frage nach dem Stellenwert der Disziplin im Gefüge anderer akademischer Disziplinen bzw. Berufssparten auf dem Arbeitsmarkt verlangen gleichermaßen nach einer Antwort, zumal die Soziale Arbeit nichts produziert, sondern der ständigen Unterstützung durch Finanzierung aus staatlichen Geldern bedarf. Was nun aber tut Soziale Arbeit? OLK spricht von Sozialer Arbeit als Normalisierungsarbeit, das heißt Sozialarbeit ist betraut „[...] mit der vorsorglichen Vermeidung und kurativen Beseitigung von Normverletzungen“ (Olk 1986, S. 12). Wenn sie so betrachtet wird, wie kann dann ihr Stellenwert als akademische Disziplin bestimmt werden? Die Frage wirft sich unter anderem auf vor dem Hintergrund eines Artikels der Wochenzeitung DIE ZEIT über die Zunahme von ehrenamtlicher Tätigkeit in sozialen Problemfällen aus privater Hand. Hier ist die Rede von „[...] Aufgaben, die Staat und Familie nicht mehr bewältigen können“ (Faller 2007, S. 15). Was hat die Sozialpädagogik solch einem Entwicklungstrend entgegenzusetzen? Auf diese Frage eine Antwort zu finden, ist Inhalt der vorliegenden Arbeit.
Inhalt
Einleitung
1. Professionalisierung als zentrales Thema der Sozialarbeit
2. Der Sozialarbeiter im Beruf
2.1. Die Entwicklung des Berufsbildes
2.2. Einführung in die Studie „Der steinige Weg zur Fachlichkeit“
2.3. Betrachtung der Selbstdeutungen von Sozialarbeitern im Jugendamt
2.3.1. Motivation
2.3.2. Umgang mit Verwaltung
2.3.3. Berufliches Selbstverständnis
2.3.4. Theorie-Praxis-Bezug
2.4. Umgang mit Widersprüchen als zentrales Thema der sozialen Arbeit
3. Ausblick in eine mögliche Zukunft der sozialen Arbeit
Schluss
Literatur
Einleitung
Die Frage nach der Professionalisierung ist eine unendliche Diskussion der Sozialpädagogik. Was willst du denn damit mal machen? Ist so ein Studium denn sinnvoll?, aber auch die Frage: Wirst Du dann Lehrer? - nicht, und was sonst? sind alltägliche Themen für Pädagogen in Ausbildung und Beruf, denen sie sich stellen müssen, vor Eltern und anderen Personen, vor allem aber vor sich selbst. Die Frage nach dem Stellenwert der Disziplin im Gefüge anderer akademischer Disziplinen bzw. Berufssparten auf dem Arbeitsmarkt verlangen gleichermaßen nach einer Antwort, zumal die Soziale Arbeit nichts produziert, sondern der ständigen Unterstützung durch Finanzierung aus staatlichen Geldern bedarf. Was nun aber tut Soziale Arbeit? OLK spricht von Sozialer Arbeit als Normalisierungsarbeit, das heißt Sozialarbeit ist betraut „[...] mit der vorsorglichen Vermeidung und kurativen Beseitigung von Normverletzungen“ (Olk 1986, S. 12). Wenn sie so betrachtet wird, wie kann dann ihr Stellenwert als akademische Disziplin bestimmt werden? Die Frage wirft sich unter anderem auf vor dem Hintergrund eines Artikels über die Zunahme von ehrenamtlicher Tätigkeit in sozialen Problemfällen aus privater Hand. Hier ist die Rede von „[...] Aufgaben, die Staat und Familie nicht mehr bewältigen können“ (Faller 2007, S. 15). Was hat die Sozialpädagogik solch einem Entwicklungstrend entgegenzusetzen? Um darauf eine Antwort zu finden ist es notwendig in die Diskussion um die Professionalisierung, wie sie seit Jahrzehnten geführt wird, einzusteigen. Dies soll im ersten Teil dieser Arbeit geschehen. Notwendig ist gleichermaßen die Entwicklung nachzuzeichnen, die die Soziale Arbeit genommen hat, um da zu stehen wo sie sich gegenwärtig befindet und von wo aus diese Professionalisierungsdiskussion im Grunde geführt werden muss. Von der theoretischen über die historische Einführung beginnt sodann der größte Teil der Arbeit, die sich vor allem auf die Studie „Der steinige Weg zur Fachlichkeit“ von Friedhelm ACKERMANN und Dietmar SEECK bezieht. Anhand des Teils über die Berufstätigen werden einige Aspekte, die wiederholt genannten Professionalisierungskriterien entsprechen, näher beleuchtet. Ein eigener Teil zum Umgang mit Widersprüchen steht noch einmal gesondert für die Vielfalt spezifischer Anforderungen an den Sozialarbeiter. Abschließend werden die Ergebnisse aus den voran gegangenen Teilen zusammengefasst, um von dort aus einen möglichen Ausblick in eine Zukunft der sozialen Arbeit zu werfen.
1. Professionalisierung als zentrales Thema der Sozialarbeit
Widmet man sich der Sozialpädagogik als Disziplin im Studium oder nur aus Interesse für das was ein anderer da so macht, so trifft man schnell auf die Frage, wo denn in dieser Disziplin der Kern liegt, was da eigentlich gemacht wird, ist eine der Fragen, denen sich die Professionalisierungsdiskussion widmet. Um in dieser Arbeit in einem kleinen Rahmen zu beleuchten, wie Sozialpädagogen diese Anforderung der Professionalität erfüllen und welche Kriterien dafür überhaupt zu nennen wären, muss in einem ersten Teil ein Überblick über die bestehenden Ansätze dieser Professionalisierungsdiskussion erstellt werden. Aus der Fülle von Literatur zeigt es sich als komplizierte Aufgabe Konzepte auszuwählen, die die Problematik dieser Diskussion auf den Punkt bringen. Als einer der häufig zitierten Vertreter ist da Ulrich OEVERMANN zu nennen, der die Professionalisierungsdiskussion aus einer ihr innewohnenden Dialektik heraus angeht, „[...] weil professionalisiertes Handeln wesentlich in der Vermittlung von Theorie und Praxis und in der Respektierung und Wiederherstellung beschädigter Autonomie der Praxis im Namen von Wissenschaft in der Art besteht, dass dabei diese Autonomie durch eine bevormundende Wissenschaftspraxis nicht auf anderer Ebene Schaden leidet“ (Oevermann 1996, S. 80) OEVERMANN spricht hier von einem spezifischen Zusammenhang der Sozialpädagogik, es wird davon ausgegangen, dass die Vermittlung von Theorie und Praxis eines der zentralen Besonderheiten von Professionen ist, das heißt, es wird beständig darum gerungen, Probleme der Praxis auszuleuchten und zu hinterfragen. Die Praxis soll dabei ein Höchstmaß an Autonomie bewahren und dennoch an der Wissenschaft orientiert sein ohne sich davon gänzlich bestimmen zu lassen. Die Wissenschaftspraxis muss dabei ihrerseits ihre Autonomie bewahren, zugleich aber auch der Praxis ihre Autonomie zugestehen. Den Prozess der wissenschaftlichen Reflexion unterscheidet OEVERMANN in zwei Etappen, die Entscheidung als „[...] Primärform gesellschaftlicher Praxis [...]“ (Oevermann 1996, S. 84) und der Rekonstruktion als Überprüfung des Entschiedenen und „[...] problematisierende Bearbeitung von Geltungsfragen“ (ebd.). Es wird daran deutlich, dass das Besondere einer Profession sich daran zeigt, dass auf der einen Seite eine möglichst vollständige Entlastung von der Praxis besteht und der wissenschaftliche Diskurs hier geführt wird; daraus ergibt sich die Notwendigkeit der akademischen Ausbildung, in der der zukünftig Professionelle an diesen wissenschaftlichen Diskurs herangeführt wird. Auf der anderen Seite muss klar sein, dass „[...] die Fundierung in dieser Praxis letztlich auch für das unpraktische Operieren im wissenschaftlichen Diskurs konstitutiv ist [...]“ (Oevermann 1996, S. 135) Von Oevermanns differenziertem und grundlegendem Ansatz ausgehend kann ein weiterführender Blick auf Ansätze genommen werden, die zum Kern dieser Arbeit hinführen sollen. Da wäre die Studie „Abschied vom Experten“ von Thomas OLK zu nennen, der annimmt, dass die Sozialarbeit sich zu einer anderen, einer alternativen Form von Profession entwickelt, die mit den klassischen Berufen wie der des Arztes oder Rechtsanwaltes einfach nicht zu vergleichen ist (vgl. Olk 1986, S. 17). Dies würde der These des aktuellen Artikels von Heike FALLER insoweit entsprechen, als hier auch die Rede ist von einer neuen Form von ehrenamtlicher Arbeit, die von ihr als eine neue Entwicklung innerhalb sozialer Tätigkeit dargestellt wird und so die Sozialarbeit teilweise ersetzen könnte (vgl. Faller 2007, S. 15). FALLER benennt diesen Umstand der Ablösung der Sozialarbeit nicht konkret, jedoch führt sie als Teil der Bedenken professioneller Helfer auf, dass das ehrenamtliche Engagement der Privatleute „[...] erst die Sozialarbeit und dann den Sozialstaat ersetzen solle [...]“ (a.a.O., S. 16). In diesem Zitat lässt sich einerseits die Sorge der Sozialarbeiter um ihre Existenz erkennen, andererseits aber auch die Gefahr der Trivialisierung struktureller Probleme der Gesellschaft, die sich durch persönliche unterstützende Beziehungen nicht lösen lassen und der professionellen Vermittlung bedürfen. Interessant sind auch aus diesem Zusammenhang heraus die von OLK im folgenden aufgestellten Kriterien für eine gelungene Professionalisierung. Er nennt das wissenschaftliche Referenzsystem, anhand dessen Professionen bewertet werden, die „Orientierung an (wissenschaftlicher) Rationalität“ (Olk 1986, S. 20). Der Sozialpädagogik wird hier meist eine nicht vollständige Professionalisierung unterstellt, die Rede ist vom semi-professionellen Status (vgl. a.a.O., S. 16). ACKERMANN und SEECK äußern sich in diesem Zusammenhang dahingehend, dass eine „[...] mangelnde fachliche Eigenständigkeit“ (Ackermann, Seeck 1999, S. 12) benannt wird, die sich in einer unvollständigen wissenschaftlichen Fundierung im Bereich von Lehre und Forschung zeigt, sowie in der Tatsache, dass Absolventen eines Studiums der Sozialpädagogik die „[...] Integration in eine berufliche Identität Sozialer Arbeit misslingt“ (s. ebd.). Doch OLK geht es hier wohl auch um das sachliche Umgehen mit sozialpädagogischen Handlungsaufgaben, denn er erläutert diesen Punkt an dem Übergehen von institutionalisierten normativen Mustern in die Handlungsorientierung des Sozialpädagogen (vgl. Olk 1986, S. 20). Daraus ergibt ich für ihn das zweite Kriterium der Beschränkung der Fachautorität des Professionellen auf den Bereich, in dem er durch sein Fachwissen etabliert ist. Hieraus wiederum ermöglicht sich die professionelle Beziehung, da sich der Sozialarbeiter nicht „[...] auf die gesamte Person bezieht, sondern „ausschnitthaft“[...]“ (s. ebd.) auf die Bereiche, die seinem Zuständigkeitsbereich entsprechen bzw. seinem Fachwissen. Dieses Kriterium steht im Kontrast zu der ebenfalls von OLK an anderer Stelle, nämlich gleich einleitend zu seiner Arbeit angeführten These, dass immer stärker „[...] neben dem Fachwissen [...] allenthalben wieder die Persönlichkeit des professionellen Helfers“ (Olk 1986, S. 5) im Mittelpunkt steht. Einerseits also soll der Helfer sich auf sein Gebiet beschränken, andererseits aber jederzeit ganzheitlich, mit seiner ganzen Person in Kontakt mit der Person stehen, der geholfen werden soll. Daran lässt sich deutlich ein sich in der Diskussion der Professionalisierung wiederholender Widerspruch der Sozialarbeit beschreiben. Sowohl HAMBURGER nimmt ihn auf, indem er als das Kriterium zu Erfüllung von Professionalität den „[...] Umgang mit gegensätzlichen Anforderungen, Paradoxien, Handlungslogiken, Wissensformen oder Ambivalenzen auszeichnet“ (Hamburger 2003, S. 194) und damit verdeutlicht, wie hoch die Anforderungen einerseits sind und andererseits die Notwendigkeit einen vermittelnden Umgang zwischen widersprüchlichen Anforderungen zu finden. Dies findet sich auch in der Auswertung einer Interviewpassage von ACKERMANN und SEECK wieder, die die Arbeit des Sozialpädagogen als die eines Übersetzers darstellen, der „[...] unterschiedlichen Handlungslogiken von Verwaltung und Sozialarbeit[...]“ Rechnung trägt, insofern er wissenschaftlich ausgebildet sich beispielsweise mit rechtlichen Zusammenhängen eigenständig auseinandersetzt und von daher „[...] den Anspruch eines Klienten fachlich zu begründen“ (Ackermann, Seeck 1999, S. 173) weiß. Aus so einer Herangehensweise an den beruflichen Habitus, wie er von BOURDIEU genannt wird und u.a. auch von Ulrike NAGEL als Ausgangspunkt ihrer Studie angenommen wird (vgl. Nagel 1997, S. 149) lassen sich auch die weiteren Kriterien OLKs einschließen, so wie Universalismus als Haltung des Professionellen, dass „[...] nicht die Person des Klienten interessiert, sondern das Problem, das es zu lösen gilt“ (Olk 1986, S. 20), woraus sich auch der Anspruch erschließt, dass dem Klienten ohne Ansehen der Person, d.h. voraussetzungslos und unabhängig von bestimmten Eigenschaften geholfen wird (vgl. ebd.). Als spezifisch sozialpädagogisches Kriterium, das sich von den Grundeigenschaften anderer Professionen auszeichnet wird das der Gemeinnützigkeit professionellen Handelns genannt. Damit soll die Motivation eines Menschen bezeichnet werden, der sich einem Beruf verschreibt, der weder materiell noch statusbezogen eine besonders aufsteigende Entwicklung verspricht (vgl. ebd.) Diesen Aspekt nimmt auch NAGEL auf, die beschreibt, dass „[...] nur dort, wo dieser Zusammenhang von Expertentum und Karriereverzicht eingesehen und akzeptiert wird, [...] es zu professioneller und engagierter Berufsarbeit kommen“ (Nagel 1997, S. 164) kann. In diesem Kriterium für professionelles Handeln hält sie einen weiteren Widerspruch fest bezüglich der Anforderungen an Sozialarbeiter, der wiederum wiederholt die These von HAMBURGER bekräftigt. Abschließend dazu soll an dieser Stelle noch eine Definition des Begriffs der Profession angeführt werden, die – um dem im Weiteren gelegten Schwerpunkt der Studie von ACKERMANN und SEECK zu entsprechen - ihrer Arbeit entnommen ist:
Als Professionen werden hierbei jene Berufe verstanden, die mit der Wahrung zentraler gesellschaftlicher Werte – Gesundheit, Gerechtigkeit und Sinnfindung (Religion) – befasst sind und denen eine ihrem jeweiligen Gegenstandsbereich spezifische Handlungskompetenz eigen ist, deren zentrale Normen und Werte innerhalb der Profession selbst entwickelt werden und sich als Professionsethik manifestieren; als paradigmatisch für solche Professionen ist der Beruf des Arztes anzusehen.“ (Ackermann, Seeck 1999, S. 11)
In dieser Definition kommt deutlich zum Ausdruck, dass es die Medizin ist, die diesen Kriterien entspricht, indem sie als lang etablierte Disziplin ihren Vertretern einen eigenen Verhaltenskatalog zur Verfügung stellt, sowie spezielle Insignien des Handelns (vgl. auch Nagel 1979, S. 150) und dass sich die Vertreter der Sozialen Arbeit bewusst sein müssen, dass es solch ein Berufsbild gibt, an dem die Sozialarbeit, wenn sie sich als Profession etablieren möchte, gleichermaßen gemessen wird.
2. Der Sozialarbeiter im Beruf
2.1. Die Entwicklung des Berufsbildes
Um einen Einblick zu geben in den Beruf des Sozialarbeiters soll eine knappe Hinführung unternommen werden, durch die sich zeigt, wie sich das Berufsbild des Sozialarbeiters, so wie es heute bekannt ist, entwickelt hat. Hierzu gibt OLK einen sehr guten Überblick. Bekannt ist, dass der Beruf ein recht neuartiger ist und dass er aus den Veränderungen hervor gegangen ist, die sich um die Epoche der Industrialisierung ragen, da mit den Prozessen der Effizienzsteigerung und immer stärker werdenden Technisierung und Mechanisierung die soziale Frage zum zentralen Thema wurde. Dies beschreibt HAMBURGER, indem er über die Sozialpädagogik im Allgemeinen sagt, dass sie „[...] einen Teilbereich der gesellschaftlichen Wirklichkeit als objektivierte und objektivierbare Wirklichkeit zum Gegenstand [...]“ hat und dieser Teilbereich „[...] mit der Institutionalisierung von Hilfe und Erziehung im 19. und 20. Jahrhundert untrennbar verbunden“ (Hamburger 2003, S. 106) ist. Auch bei RAUSCHENBACH ist dies nachzulesen, er verortet den Beginn der Sozialpädagogik dort, wo „[...] die entscheidenden Impulse für den Auf- und Ausbau sozialpädagogischer Ausbildungen [...]“ (Rauschenbach 1994, S. 266) stattgefunden haben und dies liegt auch nach seiner Meinung am Anfang des 20. Jahrhunderts. Es lässt sich hierin ablesen, dass die Entstehung des Berufes des Sozialpädagogen in diesem Zeitraum der Jahrhundertwende verortet wird, der mit den Prozessen von Industrialisierung und ihren sozialen Folgeproblemen der politischen Sorge um Sozialintegration der Gesellschaft einhergeht (vgl. Olk 1986, S. 17). Den Beginn sieht er in der Entstehung der Wohlfahrtsverbände im 19. Jahrhundert, beschreibt dann die Einflüsse der bürgerlichen Frauenbewegung, die sich für die Durchsetzung eines beruflichen Deutungsmusters einsetzten, das „[...] auf die Verberuflichung ihrer sozialen Hilfeleistungen“ (a.a.O., S. 14) abzielte und darüber hinaus vor allen Dingen die Gleichstellung der Frau in politischer und gesellschaftlicher Hinsicht forderte. In diese Zusammenhang muss Alice Salomon genannt sein, deren Werk jedoch nicht weiter berücksichtigt wird. Interessant ist der Einfluss der Kriegswirren des ersten Weltkrieges, die OLK als Anstoß für die Weiterentwicklung der sozialpädagogischen Aufgabenbereiche interpretiert. „Durch die Kriegs- und Nachkriegswirren entsteht hier eine Klientel, die sich nicht nur aus Armutsbevölkerung rekrutiert und die entsprechend auch nicht disziplinarischer Maßnahmen bedarf, sondern Maßnahmen der menschlichen Betreuung und der Hilfe [...]“ (a.a.O., S. 17f.). Es entsteht ein Markt für neuartige Formen von Beratungs- und Betreuungsangeboten. Dies geht einher mit der Neugestaltung des Armen- und Jugendwohlfahrtsgesetzes, sowie mit der Einführung von Jugendämtern im Zusammenhang mit dem Reichsjugendwohlfahrtsgesetz von 1924, das die Verantwortungsübernahme des Staates für Erziehungs- und Hilfemaßnahmen einläutet (vgl. Olk 1986, S. 18). Als Zerstörung einer bis dahin bereits gewachsenen Identität der sozialen Arbeit beschreibt RAUSCHENBACH den Nationalsozialismus, der für die Abschaffung bzw. Reduzierung des Curriculums in erzieherischen Ausbildungen sorgte, „[...] Sozialpolitik, Soziologie und Psychologie verschwanden ebenso aus den Lehrplänen wie allgemeinbildende, theoretische und historische Anteile“ (Rauschenbach 1994, S. 267). In dieser Verkürzung der Ausbildungsinhalte wird ein nicht geringer Rückschlag für die Entwicklung, vor allem auch in Hinsicht auf die eigene Statuszuschreibung gesehen. Die Tatsache, dass sich Sozialpädagogik als Disziplin kontinuierlich rechtfertigen muss wird nicht zuletzt in diesen Entwicklungen sichtbar. Der Ruf nach einer eigenständigen Disziplin kam dann wieder in den 1970er Jahren. Bis dahin hat sich die Soziologie den Fragen der Sozialpädagogik angenommen (vgl. a.a.O., S. 269), erst in der Zeit von Umwälzungen und einer neuen Dimension der Gesellschaftskritik wie sie sich zum Beispiel in der Heimerziehungskampagne niederschlug, wurde auch die universitäre Ausbildung zum Sozialpädagogen durchgängig etabliert. Die Entwicklungen des Berufs des Sozialpädagogen ist ein Phänomen des Arbeitsmarktes, denn es ist ein Fakt, dass dieses Feld sich über „[...] gesellschaftliche Epochen und politische wie ökonomische Krisen hinweg in diesem Jahrhundert in Deutschland kontinuierlich ausgeweitet hat“ (a.a.O., S. 272). Das heißt, es ist ein immenser Anstieg von Erwerbstätigen zu verzeichnen, der sich von 1970 bis 1992 allein vervierfacht hat und weiterhin kontinuierlich steigt (vgl. a.a.O., S. 275). Die immer differenzierteren Anforderungen der Gesellschaft an den einzelnen, die eher schlechter werdenden ökonomischen Bedingungen vieler Familien und die Diversifizierung von Nationen in engen Lebensräumen u.a. korrespondieren mit dieser Expandierung, sowie mit der Differenzierung der Angebote entsprechend der verschiedenen Bedarfe. Es ist dabei Fakt, dass sich die Vertreter dieser Berufsgruppe einerseits der hohen Abhängigkeit von staatlich-politischen Vorgaben stellen müssen, sowie dem relativ schlechten Image und der im Verhältnis zur teilweise aufreibenden Tätigkeit sehr geringen Bezahlung, dennoch kann angenommen werden, dass es auf dem Arbeitsmarkt ein krisensicherer Beruf ist und bleibt (vgl. Rauschenbach 1994, S. 280).
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- Quote paper
- Margarete Bollmann (Author), 2007, Wie kann sich soziale Arbeit heute und in Zukunft als Profession behaupten?, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/76939
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