In dieser Arbeit wird der Investiturstreit mit speziellen Schwerpunkt auf Papst Gregor VII. beleuchtet.
In einem ersten Kapitel wird kurz Gregors Leben und Wirken als päpstlicher Legat und Anhänger der cluniazensischen Ideen bis ins Jahr 1073 dargestellt, in dem er gegen seinen Willen zum Papst gewählt wurde.
Im weiteren Verlauf folgt ein Abriss über die Ereignisse des Investiturstreites, die den Papst Gregor VII. betrafen: die Bannung Heinrichs, dessen Gang nach Canossa, Gregors Bestätigung eines Gegenkönigs, das Ultimatum Heinrichs an Gregor und der Zug Heinrichs nach Rom, wo er einen Gegenpapst inthronisierte und sich selbst zum Papst weihen ließ und schließlich die Flucht Gregors nach Salerno, wo er starb.
Desweiteren beschäftigt sich die Arbeit mit dem Selbstverständnis Gregors als Reformpapst und "religösen Überzeugungstäter". Das Dictatus Papae- die Grundsatzerklärung Gregors ist ein eindeutiges Zeugnis seines Selbstverständnis' als höchste geistige und weltliche Macht.
Im letzten Abschnitt befasst sich der Text damit ob und wie Gregor VII. scheiterte. Seine Politik gab der Kirchenreform eine neue Richtung und die Investiturfrage blieb zentrale Fragestellung bis zum Wormser Konkordat. Persönlich scheiterte Gregor allerdings an seinem Unwillen militärische Mittel einzusetzen. Im Fazit wird dargelegt, dass es sich bei dem beleuchteten historischen Abschnitt des sog. "Investiturstreits" nicht um einen Streit über die Laieninvestitur sondern um einen über die Vormachtstellung im deutschen Reich zwischen Papst und König handelte.
Inhaltsverzeichnis
I Einleitung
II Hildebrands Leben bis zur Papstwahl
1. Herkunft und frühes Wirken
2. Papstwahl
III Verhalten und Vorgehensweise im Streit mit Heinrich IV
1. Der Anfang Gregors VII. Regierungszeit und die Mailänder Ereignisse
2. Gegenseitige Absetzung
3. Buße und Absolution
4. Ein Gegenkönig mit Folgen
5. Ein Gegenpapst mit Folgen
6. Ein Papst im Exil
IV Gregors Selbstverständnis
1. Was trieb Gregor VII. an?
2. Das Diktat des Papstes
3. Woran Gregor scheiterte
V Fazit
1. Ein Streit in zwei Akten
2. War das wirklich der Investiturstreit?
VI Quellen und Literatur
1. Quellen
2. Literatur
I Einleitung
Jesus sprach: „Ich bin der Weg und die Wahrheit...“[1]
Papst Gregor VII. war einer der Männer in der Geschichte des Mittelalters, die die Bibel nicht nur als Grundlage ihrer Religion verstanden, sondern als Beschreibung ihrer ganz persönlichen Situation. Und als Nachfolger Petri fühlte er sich ganz persönlich vom Auftrag Jesu an Petrus, seine Kirche zu führen, betroffen. Ihm war auch klar, dass, wer den Auftrag des Sohn Gottes hatte, in einer christlichen Welt natürlich den Vorrang vor allen anderen hatte.
Aber vielen seiner Mitmenschen war das nicht klar. Sie hielten Gregor für einen radikalen, ja für einen gefährlichen Menschen, dem man in seinem religiösen Eifer Einhalt gebieten müsse. Man müsse ihn von seinem Wahn abbringen, sogar Könige abzusetzen- etwas, was Gregor als erster Papst je getan hat.
Aber Gregor argumentierte, dass Christus ja sagte, er sei die Wahrheit, nicht die Gewohnheit[2] - und damit war für ihn die Sache erledigt.
Leider war für diejenigen, welche die Überzeugungen Gregors nicht teilten, die Sache gerade am Anfang und er zog sich nach und nach ihren Hass zu. Und dieser Hass gipfelte in einen Konflikt, den die Historiker früherer Jahrhunderte mit dem Namen „Investiturstreit“ belegt haben.
In meiner Arbeit möchte ich den Verlauf des so genannten Investiturstreits soweit schildern, wie Papst Gregor VII. darin involviert war. Außerdem möchte ich seine Motive und Überzeugungen näher beleuchten, aber auch die Reaktionen der Gegenpartei aufzeigen.
Letztendlich möchte ich mich noch der Frage widmen, ob Gregor mit seiner Politik scheiterte und ob die Bezeichnung „Investiturstreit“ für den von mir betrachteten Zeitabschnitt wirklich treffend ist.
II Hildebrands Leben bis zur Papstwahl
1. Herkunft und frühes Wirken
Hildebrand, der spätere Papst Gregor VII., stammte aus der kleinen Stadt Soana in der Toskana. Sein Geburtsdatum kann nicht genau festgelegt werden, vermutlich war es um das Jahr 1020 herum. Sein Vater war nichtadliger Herkunft. Er ging schon früh nach Rom, und hielt sich in dem cluniazensisch beeinflußten Marienkloster auf dem Aventin auf, wo sein Onkel Abt war, dort legte er auch sein Ordensgelübde ab. Er wurde im Lateran unter anderen durch Erzbischof Laurentius von Amalfi ausgebildet. Bis zu diesem Zeitpunkt sind die Lebensdaten Gregors leider nicht nachweisbar. Das erste gesicherte Datum ist das Jahr 1047, in dem er den Papst Gregor VI in die Verbannung nach Deutschland, eventuell nach Köln, begleitete. Bereits im Jahre 1049 kehrte er auf Wunsch Leo IX zurück nach Rom, wo er ein Jahr später mit der Leitung eines Klosters betraut wurde. Nachdem er päpstlicher Legat in Frankreich und Deutschland war, gelangte er spätestens 1059 in die Stellung eines Archidiakons und war für die Finanzverwaltung der römischen Kirche verantwortlich. In dieser Position gewann er immer mehr Einfluss auf den Kurs des Reformpapsttums und entwickelte sich zur zentralen Figur des päpstlichen Hofes. Sein Einfluss nahm unter Papst Nikolaus II dermaßen zu, dass der Spruch umlief, Hildebrand fütterte „seinen Nikolaus im Lateran wie einen Esel im Stall“.[3] Allerdings gibt U.-R. Blumenthal zu bedenken, dass man nicht so weit gehen dürfe, die Päpste als Hildebrands Marionetten zu bezeichnen.[4]
2. Papstwahl
Als im Jahre 1073 Papst Alexander II starb, war der Archidiakon Hildebrand verantwortlich für die Beisetzungsfeierlichkeiten. Als der Trauerzug am 22. April 1073 an der Kirche S. Pietro in Vincoli vorbeikam, kam es unter der Regie von Kardinal Hugo Candidus zu einem Tumult, in dem Hildebrand als Papst gefordert wurde. Hildebrand versicherte später in seinen Briefen glaubhaft, dass er sich diesen Rufen entziehen wollte, es ihm aber nicht gelang, denn: „ ..., nil dicendi, nil consulendi facultatis aut spatii reliquentes violentis manibus me in locum apostolici regiminis, cui longe impar sum, rapuerunt.“[5] Da die Wahl nicht im Einklang mit dem Papstwahldekrets Nikolaus’ II von 1056 stand, wurde eine gültige Wahl durch die Kardinäle noch vor Ort vollzogen. „Diesen letzten Akt mag man eine kardinalizische Fiktion oder eine nachträgliche Wahrung der Rechtsformen oder sonst wie nennen.“[6] Hildebrand wurde sofort inthronisiert und nahm den Namen Gregor VII. an. Die Namenswahl war eine bewusste Anknüpfung an sein Vorbild, den Mönchspapst Gregor I. Die Ordnungszahl VII. bedeutet, dass Gregor den seit 1046 aus der Reihe der rechtmäßigen Päpste gestrichenen Gregor VI anerkannte.[7]
Allerdings gibt E. Casper zu bedenken, dass es naiv wäre zu glauben, dass das Ereignis Hildebrand wirklich völlig überrascht hätte. „Zumindest unterbewusst muss es das Ziel gewesen sein, dem sein Genius zustrebte. Es war die natürliche Krönung seines Aufstiegs in der Leitung der päpstlichen Politik während seines Archidiakonats.“[8]
III Verhalten und Vorgehensweise im Streit mit Heinrich IV
Als Hildebrand in Rom den Stuhl Petri bestieg, war es mit den Beziehungen zum deutschen Königshaus nicht ums Beste bestellt. So wurde dem salischen Königshof der Papstwechsel nicht angezeigt. Jedenfalls kann man das Nicht-Vorhandensein einer solchen Benachrichti-gung im Briefregister des neuen Papstes so deuten.[9]
1. Der Anfang Gregors VII. Regierungszeit und die Mailänder Ereignisse
Grund für die Spannungen zwischen Gregor VII. und dem salischen Königshaus zu Beginn des Pontifikats war der Bürgerkrieg in Mailand zwischen der Pataria und dem Adel, der über die Besetzung des Mailänder Metropolitenstuhls ausgebrochen war.
Die Pataria war eine Bewegung der Mailänder niederen Adels, die in der Bevölkerung Anhänger fand. Sie wollte die Vorherrschaft des hohen Adels brechen, aus dem der gesamte Klerus hervorgegangen war. Außerdem versuchten sie durch Anwendung von Gewalt und Boykotten gegen die Priesterehe und Simonie vorzugehen.
Nachdem sich die Gegensätze zwischen den Patarenern und dem Erzbischof Wido verschärften, resignierte dieser, indem er König Heinrich IV seinen Bischofsstab übersandte. Heinrich investierte darauf hin Gottfried, einen ihm nahe stehenden, eher farblosen Kleriker aus dem Mailänder Adel.
Der Vorgänger Gregors VII. vertrat allerdings den Standpunkt, dass der Rücktritt eines Metropoliten eine gewichtige Sache sei, über die allein er zu entscheiden hätte und betrachtete Wido trotz dessen Rücktritt weiterhin als amtierenden Erzbischof von Mailand.
Nachdem Wido dann 1071 starb, erhob die Pataria Atto, einen Geistlichen niederer Herkunft, zum neuen Metropoliten, der von Papst Alexander anerkannt wurde. Weil jedoch Heinrich an Gottfried festhielt, erfolgte die Exkommunikation seiner Ratgeber im Jahre 1073. Heinrich aber hielt an seinen Räten fest und pflegte weiter Umgang mit ihnen. Damit verstieß er gegen bestehendes kirchliches Recht und riskierte seine eigene Exkommunikation. Außerdem kam es von päpstlicher Seite zu einem Abbruch aller diplomatischer Beziehungen.[10]
In dieser Situation richtete Heinrich im Spätsommer 1073 einen demütig klingenden Versöhnungsbrief an den Papst und versprach, dass sich seine simonistischen[11] Vergehen nicht wiederholen sollten und dass er, was die Mailänder Sache anginge, nach Gregors Rat handeln würde. Es ist allerdings zu bezweifeln, ob dieser Brief aufrichtig gemeint war, denn Heinrich hatte zum Zeitpunkt des Verfassens die Sorge, dass sich ihm feindliche Parteien mit dem Apostolischen Stuhl verbinden würden.[12]
Tatsächlich ergab sich ein solches Bündnis nicht. Gregor VII. zeigte sich Heinrich IV gegenüber versöhnlich und akzeptierte dessen Versprechen. In einem Brief spricht der Papst über Heinrich als den zukünftigen Kaiser und erster unter den Laien. Und es wird auch erkennbar, dass Gregor Heinrich das gestörte Verhältnis zwischen apostolischen Stuhl und salischen Königshof nicht persönlich zur Last legte. Im Frühjahr 1074 wurde Heinrich die Absolution erteilt und auch seine Räte wurden vom Bann gelöst.[13]
[...]
[1] Joh 14,6
[2] R. Schieffer: „Gregor VII..“ S. 98
[3] Vgl. H. Fuhrmann: „Deutsche Geschichte im Mittelalter“ S. 67 u. 73-74; R. Schieffer, Art: „Gregor VII.“, LThK Band 4, Frieburg i.B. 1995; Tilman Struve, Art: „Gregor VII.“, LexMA Band 4, München, 1989
[4] U.-R. Blumenthal: „Investiturstreit“, S. 127
[5] „...ohne mir Gelegenheit oder Raum zu lassen, etwas zu sagen, etwas zu raten, zerrten sie mich gewaltsam auf den Platz der apostolischen Herrschaft, der ich bei weitem nicht gewachsen bin.“, AQzDG Band XIIa, 2
[6] E. Caspar: „Gregor VII.. in seinen Briefen“, in: HZ 130, 1924, S. 1-30; Zitat S. 5
[7] H. Fuhrmann: „Deutsche Geschichte im Mittelalter“, S. 73; W. Hartmann, „Investiturstreit“, S. 22, R. Schieffer: Art „Gregor VII.“, Sp. 1016
[8] E. Caspar: „Gregor VII..“ S. 6
[9] W. Goez weißt darauf hin, dass das umfangreiche Briefregister Gregors VII. wie alle mittelalterlichen Verwaltungstexte lückenhaft ist. Er geht aber dennoch davon aus, dass es in diesem Punkt vollständig ist und damit bezeugt, dass an den Hof Heinrichs IV keine Anzeige der Papstwahl geschickt wurde. W. Goez, : „Kirchenreform“, S. 120
[10] Vgl.: U- R. Blumenthal: „Investiturstreit“, S. 124-25; H. Fuhrmann: „Deutsche Geschichte im Mittelalter“, 69-80; W. Goez: „Kirchenreform“, S. 120-121; W. Hartmann: „Investiturstreit“, S. 19-20
[11] Die Mitwirkung eines Laien an der Besetzung eines geistlichen Amtes galt als Simonie. Vgl: T. Struve: „Investiturstreit, -problem“; und W. Hartmann bezeichnet jeden, der unkanonisch in ein kirchliches Amt gekommen ist als Simonisten.
[12] Vgl.: W. Goez: „Kirchenreform“, S. 120-121; W.Hartmann: „Investiturstreit“, S. 22-23
[13] U- R. Blumenthal: „Investiturstreit“, S. 126
- Citar trabajo
- Regine Hoffmann (Autor), 2006, Papst Gregor VII. und seine Rolle im “Investiturstreit”, Múnich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/76803
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