Dem Forschungsgebiet der internationalen Politik scheint seit dem Ende des 20. Jahrhunderts langsam aber unaufhaltsam ein zentraler Forschungsgegenstand abhanden zu kommen. Der Nationalstaat als Ordnungseinheit des Systems der globalen Politik ist extremem, externen Druck ausgesetzt, der die Prinzipien der Souveränität und der Autonomie auf das Äußerste gefährdet.
Zu diesen externen Faktoren, die den Nationalstaat herausfordern, gehören zum einen die Entwicklungen des zunehmend globalisierten Wirtschaftssystems. Märkte haben sich zu globalen Weltmärkten herausgebildet, Firmen operieren mehr und mehr auf transnationaler Ebene und Kapital überschreitet innerhalb weniger Sekunden die Grenzen der Nationalstaaten (Heywood 2002: 122). Die Nationalstaaten haben diesbezüglich große Schwierigkeiten, ihre wirtschaftlichen Politiken autonom zu gestalten. Ein weiterer Aspekt, der zum abnehmenden Handlungsspielraum der Nationalstaaten beiträgt, ist, vor allem in Europa, die gestiegene Tendenz, ehemals nationale Kompetenzen auf supranationale Entscheidungsstrukturen zu transferieren. Schließlich tragen auch grenzüberschreitende Entwicklungen im Bereich der Kriegsführung (Bedrohungen atomarer, biologischer und chemischer Waffen) und der Zustand des „Ökosystems Erde“ dazu bei, dass Problemlösungskapazitäten nicht mehr allein im nationalen Rahmen geschaffen werden können, sondern eine supranationale und internationale Ebene der Steuerung bedürfen.
Neben dieser Entwicklung, die den Nationalstaat aufgrund externer Einflüsse in seiner Entscheidungsautonomie schwächt, ist aber auch das Wiederaufleben nationaler Ideen zu konstatieren. So machen sich „sowohl in Ost- als auch in Westeuropa starke Tendenzen einer Nationalisierung und Bestätigung der Staaten bemerkbar“ (Hassner 2000: 103). Dies scheint umso erstaunlicher, da im Westen Europas der Nationalismus durch den Aufbau und die Etablierung eines wirtschaftlichen und teilweise auch politischen Systems der europäischen Integration bereits ein Relikt der Vorkriegszeit zu sein schien.
Aufgabe dieser Arbeit wird es sein, auf die Bedeutungen, Erscheinungsformen und Gründe dieser neuen Nationalismen einzugehen, die sich westlich und östlich des ehemaligen Eisernen Vorhangs herausbilden.
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
2. Der Nationalstaat: Eine begriffliche Annäherung
3. Neue Nationalismen
3.1. Osteuropas Nationalismus
3.2. Westeuropas Nationalismus
4. Bedeutung des Selbstbestimmungsrecht der Völker
5. Das Konzept des Global Governance
6. Schlussfolgerungen
7. Literaturverzeichnis
1. Einleitung
Dem Forschungsgebiet der internationalen Politik scheint seit dem Ende des 20. Jahrhunderts langsam aber unaufhaltsam ein zentraler Forschungsgegenstand abhanden zu kommen. Der Nationalstaat als Ordnungseinheit des Systems der globalen Politik ist extremem, externen Druck ausgesetzt, der die Prinzipien der Souveränität und der Autonomie auf das Äußerste gefährdet.
Zu diesen externen Faktoren, die den Nationalstaat herausfordern, gehören zum einen die Entwicklungen des zunehmend globalisierten Wirtschaftssystems. Märkte haben sich zu globalen Weltmärkten herausgebildet, Firmen operieren mehr und mehr auf transnationaler Ebene und Kapital überschreitet innerhalb weniger Sekunden die Grenzen der Nationalstaaten (Heywood 2002: 122). Die Nationalstaaten haben diesbezüglich große Schwierigkeiten, ihre wirtschaftlichen Politiken autonom zu gestalten. Ein weiterer Aspekt, der zum abnehmenden Handlungsspielraum der Nationalstaaten beiträgt, ist, vor allem in Europa, die gestiegene Tendenz, ehemals nationale Kompetenzen auf supranationale Entscheidungsstrukturen zu transferieren. Schließlich tragen auch grenzüberschreitende Entwicklungen im Bereich der Kriegsführung (Bedrohungen atomarer, biologischer und chemischer Waffen) und der Zustand des „Ökosystems Erde“ dazu bei, dass Problemlösungskapazitäten nicht mehr allein im nationalen Rahmen geschaffen werden können, sondern eine supranationale und internationale Ebene der Steuerung bedürfen.
Neben dieser Entwicklung, die den Nationalstaat aufgrund externer Einflüsse in seiner Entscheidungsautonomie schwächt, ist aber auch das Wiederaufleben nationaler Ideen zu konstatieren. So machen sich „sowohl in Ost- als auch in Westeuropa starke Tendenzen einer Nationalisierung und Bestätigung der Staaten bemerkbar“ (Hassner 2000: 103). Dies scheint umso erstaunlicher, da im Westen Europas der Nationalismus durch den Aufbau und die Etablierung eines wirtschaftlichen und teilweise auch politischen Systems der europäischen Integration bereits ein Relikt der Vorkriegszeit zu sein schien.
Aufgabe dieser Arbeit wird es sein, auf die Bedeutungen, Erscheinungsformen und Gründe dieser neuen Nationalismen einzugehen, die sich westlich und östlich des ehemaligen Eisernen Vorhangs herausbilden. Zu Beginn wird daher versucht, eine begrifflich Annäherung an die Idee des Nationalstaates vorzunehmen. Auch wird in dieser Arbeit das Prinzip des Selbstbestimmungsrechts der Völker untersucht, dass eng mit dem Konzept des Nationalstaats verknüpft ist. In einem weiteren Kapitel wird untersucht, welche Rolle Nationalstaaten in einem System des Global Governance einnehmen können und welche Grundlagen solch ein System benötigt, um globale Politiken und Probleme effektiv gestalten und lösen zu können. Schließlich werden im letzten Teil der Arbeit, Schlussfolgerungen zu den bis dahin erörterten Aspekten gezogen.
2. Der Nationalstaat: Eine begriffliche Annäherung
In den Internationalen Beziehungen werden klassischerweise die Nationalstaaten als die bestimmenden Ordnungseinheiten betrachtet. Die internationale Gemeinschaft besteht aus souveränen, unabhängigen Staaten, die sich gegenseitig anerkennen und damit einhergehend, sich ihre politische Souveränität und territoriale Integrität zuerkennen (Mayall 2000: 41).
Der Versuch die Idee des Nationalstaates begrifflich zu zerlegen und die ihm zugrunde liegenden Determinanten zu definieren, führt zwangsläufig über die Bestimmung der Begrifflichkeiten von „Nation“ einerseits und „Staat“ andererseits.
Beginnend mit der Frage, was man unter einer Nation versteht, wird hierbei auf eine rein deskriptive Definition zurückgegriffen, die unter einer Nation „eine Gruppe von Individuen, die ein gemeinsames kulturelles Erbe teilen und sich als politische Einheit begreifen“ versteht. Dies äußert sich „im Verlangen der Individuen, organisierte staatliche Institutionen zu erschaffen oder aufrechtzuerhalten“ (Heywood 2002: 106). Nationen werde hiernach also zu allererst subjektiv durch ihre Mitglieder definiert, d.h. diese verstehen sich, auf einer kognitiven Ebene, als Nation. Dem zugrunde liegen wiederum diverse Faktoren, die als die Identität fördernd angesehen werden können. Gemeinsame Sprache, Religion und Geschichte können hier als die am häufigsten genannten Faktoren angeführt werden. Essentiell für den Begriff der Nation ist aber, z.B. in Abgrenzung zur ethnischen Gruppe, die politische Aspiration ihrer Akteure, die sich im Verlangen äußert, sich in einem politischen Ordnungsrahmen zu organisieren (Heywood 2002: 106).
Bei der Frage, nach einer allgemein anerkannten begrifflichen Deutung des Staatsbegriffes, lässt sich auf Max Webers Ansatz zurückgreifen, der einen Staat als „Herrschaftsverband, der eine als rechtliche Gemeinschaft definierte Gruppe von Menschen in einem klar abgegrenzten Territorium unter einem Gewaltmonopol organisiert“ herausarbeitet (Weber 1895: 30).
Das oben angesprochene Verlangen einer Nation, sich in einem politisch verfassten Ordnungsrahmen zu organisieren, findet also im Konzept des Staates seine Lösung. Dies führt somit zu einer Synthese von „Nation“ und „Staat“, die einen souveränen politischen Herrschaftsverband begründen, in dem sich Staatszugehörigkeit und Nationalität überschneiden. In einem Nationalstaat lebt damit eine Nation innerhalb eines Staates. Das Konzept des Nationalstaates verspricht daher sowohl kulturelle Homogenität als auch politische Einheit. Diesem Ansatz ist nun die Idee eines Idealtypus inhärent, der einem Vergleich mit den realen Begebenheiten in der modernen Staatenwelt nicht standhält. Die Identität von Nation und Staat ist in keinem modernen Staat vollständig verwirklicht. Man muss dieses Konzept wohl eher als Kontinuum verstehen, an dessen Ende ein optimaler Zustand steht, der das Zusammenfallen von Nation und politischer Verfasstheit darstellt. Somit kann man festhalten, dass, legt man den Idealtypus des Nationalstaates zugrunde, es Staaten gibt, die sich näher am optimalen Zustand eines Nationalstaates befinden als andere, ohne aber über einen gewissen sub-optimalen Charakter hinauszukommen. Die meisten Staaten Afrikas finden sich ebenso weit vom Idealtypus entfernt wie Russland, wohingegen beispielsweise die Bundesrepublik Deutschland durchaus (trotz diversen Minderheiten wie den Sorben und den Dänen) als dem Idealtypus nahe eingestuft werden kann.
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