Am 4. September 1974 nahmen die USA als 110. Staat und als letzte der drei Westmächte diplomatische Beziehungen zur Deutschen Demokratischen Republik auf. Die bis dahin dominierende Nichtanerkennungspolitik gegenüber der DDR durch die Vereinigten Staaten machte die Etablierung diplomatischer Beziehungen zum alles bestimmenden Ziel der ostdeutschen USA-Politik. Doch als stärkste Macht des Westens, mit großer kultureller Ausstrahlung, waren die USA auch gleichzeitig der negative Bezugspunkt ostdeutscher Politik und die Verkörperung des Klassenfeindes. Zu den USA bestand nach der offiziellen Haltung des Politbüros vordergründig ein durch einen unversöhnlichen, antagonistischen Widerspruch gekennzeichnetes Verhältnis. 1
Für die USA war die DDR eher ein bedauerlicher Betriebsunfall der Geschichte. Den USA erschien der zweite deutsche Staat stets als ein gefügiger Satellit Moskaus, mit eng begrenztem Handlungsspielraum, und permanentes Ärgernis für den Bonner Verbündeten, das weder durch Konfrontation noch durch Kooperation zu beseitigen war.
Schließlich sahen sich die USA als Verkörperung der Freiheit, von Demokratie und Marktwirtschaft, während die DDR auf den Aufbau des Sozialismus stolz war.2
In dieser Arbeit soll die Frage geklärt werden: Inwiefern trotz dieser höchst asymmetrischen Ausgangslage, von „normalen“ diplomatischen Beziehungen gesprochen werden kann und welche Hindernisse überwunden werden mussten.
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
1.1. Untersuchungsgegenstand und Problemstellung
1.2.Forschungsstand
1.3. Aufbau
2. Ausgangslage der DDR-Außenpolitik
2.1. DDR-Außenpolitik und Ideologische Voraussetzungen
2.2. DDR-Außenpolitik unter der Prämisse der Hallstein-Doktrin
3. Phasen diplomatischer Beziehungen nach der diplomatischen Anerkennung: politische Probleme und Hindernisse
3.1. Der Weg zur Anerkennung
3.2. Anerkennung und die diplomatische Aufwertung
3.3. „Eiszeit“ zu Beginn der 80er Jahre
3.4. Neue Entspannungspolitik
4. Schlussbetrachtung
5. Literaturnachweis
1. Einleitung
1.1. Untersuchungsgegenstand und Problemstellung
Am 4. September 1974 nahmen die USA als 110. Staat und als letzte der drei Westmächte diplomatische Beziehungen zur Deutschen Demokratischen Republik auf. Die bis dahin dominierende Nichtanerkennungspolitik gegenüber der DDR durch die Vereinigten Staaten machte die Etablierung diplomatischer Beziehungen zum alles bestimmenden Ziel der ostdeutschen USA-Politik. Doch als stärkste Macht des Westens, mit großer kultureller Ausstrahlung, waren die USA auch gleichzeitig der negative Bezugspunkt ostdeutscher Politik und die Verkörperung des Klassenfeindes. Zu den USA bestand nach der offiziellen Haltung des Politbüros vordergründig ein durch einen unversöhnlichen, antagonistischen Widerspruch gekennzeichnetes Verhältnis.[1]
Für die USA war die DDR eher ein bedauerlicher Betriebsunfall der Geschichte. Den USA erschien der zweite deutsche Staat stets als ein gefügiger Satellit Moskaus, mit eng begrenztem Handlungsspielraum, und permanentes Ärgernis für den Bonner Verbündeten, das weder durch Konfrontation noch durch Kooperation zu beseitigen war.
Schließlich sahen sich die USA als Verkörperung der Freiheit, von Demokratie und Marktwirtschaft, während die DDR auf den Aufbau des Sozialismus stolz war.[2]
In dieser Arbeit soll die Frage geklärt werden: Inwiefern trotz dieser höchst asymmetrischen Ausgangslage, von „normalen“ diplomatischen Beziehungen gesprochen werden kann und welche Hindernisse überwunden werden mussten.
1.2.Forschungsstand
Neuere Forschungen haben gezeigt, dass internationale Beziehungen nicht nur in den klassischen Bahnen der Diplomatie Ergebnisse bringen. Es wird zunehmend der Blick für kulturelle Beziehungen, als fester Bestandteil diplomatischer Anerkennung, geschärft. Zu dieser Form der Culture Diplomacy gehört auch die gezielte Einflussnahme auf unterschiedliche politische, wirtschaftliche und gesellschaftliche Lobbygruppen in den USA durch die DDR.[3]
Die Quellenlage im Bereich der DDR-Außenpolitik ist alles andere als optimal. Für die Zeit bis 1973 verfügen Historiker über keinerlei offizielle Dokumente mit bilateralem Charakter. Sie müssen sich zumeist mit Absichtserklärungen und Lageeinschätzungen auf DDR-Seite sowie Beobachtungen seitens der westlichen Länder begnügen. Für die Phase nach der diplomatischen Anerkennung erschwert die 30jährige Sperrfrist für die Akten des Ministeriums für Auswärtige Angelegenheiten (MfAA), welche nun zum Archiv des Auswärtigen Amtes gehören, die Arbeit des Forschers. Dies wird jedoch zum Teil durch den Aktenbestand im Zentralen Parteiarchiv der SED kompensiert.
Die Beziehungen zwischen DDR und USA sind 1989 für den Zeitraum von der Aufnahme diplomatischer Beziehungen 1974 bis 1985 von Burton C. Gaida untersucht worden. Der Schwerpunkt seiner Arbeit lag dabei auf den Wirtschaftsbeziehungen. Bernd Daniel Hamilton (1991) sowie Arthur Hanhardt jr. (1989) gaben einen knappen Überblick über die bilateralen Beziehungen zwischen der DDR und den USA. Heinrich Bortfeldt und Philip Zelikow zusammen mit Condolezza Rice beleuchteten die Rolle der USA im Prozess der deutschen Wiedervereinigung.[4]
1.3. Aufbau
Zunächst wird die ideologische und außenpolitische Ausgangslage der DDR-Diplomatie vor der diplomatischen Anerkennung betrachtet. Hierfür ist es notwendig einen Blick auf das außenpolitische Selbstportrait des SED-Regimes und die Entwicklungen der Außenpolitik nach der Staatsgründung zu werfen.
Anschließend wird analysiert welche Hindernisse in den einzelnen Phasen nach der diplomatischen Anerkennung zu bewältigen waren. Hierbei wird insbesondere auf die „Claims“, also die Wiedergutmachungsansprüche gegen die DDR, eingegangen. Um schließlich die Frage, nach „normalen“ diplomatischen Beziehungen zwischen der DDR und den USA, beantworten zu können.
2. Ausgangslage der DDR-Außenpolitik
2.1. DDR-Außenpolitik und Ideologische Voraussetzungen
Der langjährige UNO- Botschafter der DDR und spätere stellvertretende Außenminister, Peter Florin, definierte 1970 Außenpolitik folgendermaßen: „Die Außenpolitik umfaßt die Gesamtheit der politisch- diplomatischen, ökonomischen, militärischen, kulturellen und rechtlichen Beziehungen zwischen Staaten. Ihr Inhalt, ihr Charakter und ihre Methoden werden durch die sozial- ökonomische Ordnung des betreffenden Staates, durch die Interessen der jeweiligen herrschenden Klasse bestimmt. Für einen sozialistischen Staat, also auch für die DDR, sind die sozialistischen Produktionsverhältnisse und die darauf beruhenden sozialistische Staats- und Gesellschaftsordnung die bestimmenden Elemente.“[5] Wichtigster Bestimmungsfaktor der DDR- Außenpolitik ist somit die sozialistische Gesellschaftsordnung, die Inhalt, Charakter und Methoden der Außenpolitik prägt.
Nach außen hin präsentierte sich die DDR als „ein leistungsfähiger, zuverlässiger und stabiler Bündnispartner im Warschauer Vertrag [und] im RGW[6]. Sie wird von den Staaten der dritten Welt als Weggenosse im antiimperialistischen Kampf für nationale und soziale Befreiung geschätzt. Westliche Staaten suchen Zusammenarbeit und Dialog mit [ihr].“ Alle Aspekte der bilateralen Beziehungen zu westlichen Staaten wurden dem Hauptziel der „völkerrechtlichen Anerkennung“ untergeordnet, die die DDR mit aller Konsequenz anstrebte. Die DDR-Außenpolitik entspricht demnach einer klassischen Interessenpolitik.[7]
2.2. DDR-Außenpolitik unter der Prämisse der Hallstein-Doktrin
Die Gründung der DDR im Oktober 1949 kam für die amerikanische Regierung unter Präsident Harry S. Truman alles andere als überraschend, unklar war jedoch in welche Richtung sich das neue Staatsgebilde entwickeln würde.[8]
Aufgrund der undemokratischen Bildung und kommunistischen Ausrichtung der Regierung unter Otto Grotewohl (SED), sowie der Verschiebung der Wahlen zur Volkskammer fiel es der amerikanischen Regierung nicht schwer, dem DDR-Regime internationale Legitimität und den von ihm erhobenen gesamtdeutschen Anspruch abzusprechen. Wenige Tage nach Konstituierung der DDR erklärte die alliierte Hohe Kommission, dass „the so-called gouvenment of the German Democratic Republic is the artificial creation of a ‘popular assembly’ which has no mandate for this purpose… [It is] devoid of any legal basis and has determined to evade an appeal to the electorate, [it] has no title to present Eastern Germany. It has an even smaller claim to speak in the name of Germany as a whole.”[9] Die amerikanische Regierung weigerte sich, den ostdeutschen Staat völkerrechtlich anzuerkennen. Mit der politischen Nichtanerkennung der DDR ging auch der wirtschaftliche Boykott des SED- Regimes durch die USA einher. Im Gegensatz zur Truman-Administration und der im Wahlkampf 1952 proklamierten „Befreiungspolitik“ beurteilte man innerhalb der neuen Republikanischen Regierung unter Präsident Dwight D. Eisenhower Anfang 1953 die Aussichten für eine Destabilisierung der DDR eher pessimistisch.
Die DDR-Außenpolitik war zunächst auf einige wenige kommunistische Staaten beschränkt. Die DDR war weder im UNO-System noch auf internationalen Konferenzen gleichberechtigt mit der Bundesrepublik vertreten. Doch schon bald zeichnete sich ab, dass die DDR ein Faktum war, und viele westliche Staaten sahen nicht ein, warum sie dieses Faktum nicht anerkennen und mit ihm politische Beziehungen aufnehmen sollten.
Mit der in den 60er Jahren der bipolaren Welt einsetzenden Détente[10] sah die ostdeutsche Führung die Zeit gekommen, das Kernziel ihrer Außenpolitik nicht mehr auf konfrontativem, sondern vielmehr auf kooperativem Wege zu erreichen. In der Folge bemühten sich die verantwortlichen Organe des MfAA und des SED- Apparates, Kräfte in der amerikanischen Politik für die These der „Unbestreitbarkeit der Existenz“ der DDR zu gewinnen.
Im Hinblick auf die DDR richtete sich die Politik der amerikanischen Regierung darauf, den passiven Widerstand gegen die kommunistische Ideologie, die sowjetische Propaganda und die Konsolidierung totalitärer Herrschaft aufrechtzuerhalten. Dies sollte zum Verfall der sowjetischen Machtposition in Deutschland beitragen und eine Sowjetisierung Ostdeutschland hinauszögern. Weiterhin versuchte man durch Ausnutzung nationalistischer Tendenzen in einzelnen osteuropäischen Ländern und mit Hilfe eines differenzierten Abbaus von Handelsbeschränkungen in „einigen dieser Länder Wandel durch Annäherung, also ein Aufweichen der sozialistischen Ordnung herbeizuführen und deren enge Zusammenarbeit mit anderen sozialistischen Staaten, besonders der UdSSR, zu untergraben“. Unter den Warschauer-Pakt-Staaten zeigte jedoch einzig die DDR keine Anzeichen interner Liberalisierung. Das „Ulbricht- Regime“, so konstatierte die US- Mission in Berlin Anfang 1964, „continues unprogressive, even Stalinist, and remains subservient to Moscow to a very high degree“.[11]
[...]
[1] Vgl. Balbier, Uta A. /Christiane Rösch: Mehr als eine Fußnote. Das Verhältnis der DDR und den Vereinigten Staaten von Amerika, in: Balbier, Uta A./ Christiane Rösch (Hrsg.): Umworbener Klassenfeind. Das Verhältnis der DDR zu den USA, Berlin 2006, S. 11-13.
[2] Vgl. Jarausch, Konrad H.: Die USA und die DDR. Vorüberlegungen zu einer asymmetrischen Beziehungsgeschichte, in: Balbier, Uta A./ Christiane Rösch (Hrsg.): Umworbener Klassenfeind. Das Verhältnis der DDR zu den USA, Berlin 2006, S. 27.
[3] Vgl. Balbier, Uta A. /Christiane Rösch: Mehr als eine Fußnote. Das Verhältnis der DDR und den Vereinigten Staaten von Amerika, in: Balbier, Uta A./ Christiane Rösch (Hrsg.): Umworbener Klassenfeind. Das Verhältnis der DDR zu den USA, Berlin 2006, S. 14.
[4] Vgl. Große, Jürgen: Amerikapolitik und Amerikabild der DDR. 1974 – 1989, Bonn 1999, S. 9-16.
[5] Bruns, Wilhelm: Außenpolitik der DDR, Berlin 1985, S. 16.
[6] RGW: Rat für gegenseitige Wirtschaftshilfe
[7] Vgl. Howarth, Marianne: Die Westpolitik der DDR zwischen internationaler Aufwertung und ideologischer Offensive, in: Pfeil, Ulrich (Hrsg.): Die DDR und der Westen. Transnationale Beziehungen 1949-1989, Berlin 2001, S. 83.
[8] Vgl. Ostermann, Christian M.: Die USA und die DDR (1949-1989), in: Pfeil, Ulrich (Hrsg.): DDR und der Westen. Transnationale Beziehungen 1949-1989, Berlin 2001, S. 165.
[9] Ebd., S. 165-166.
[10] Entspannung.
[11] Ostermann, Christian M.: Die USA und die DDR (1949-1989), in: Pfeil, Ulrich (Hrsg.): DDR und der Westen. Transnationale Beziehungen 1949-1989, Berlin 2001, S. 175.
- Arbeit zitieren
- Bianca Hühnerfuß (Autor:in), 2007, Diplomatische Beziehungen zwischen der DDR und den USA, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/76518
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