„Den allmächtigen Medien […] [ist] das atomisierte Massenpublikum […] schutz- und hilflos ausgeliefert“ (Renckstorf, 1977, S. 99).
Dies war bis Mitte der vierziger Jahre die vorherrschende Ansicht zum Einfluss der Massenmedien auf die Meinungsbildung. Die Entwicklung der Medienwirkungsforschung lässt sich in die Phase der wirkungsstarken Medien, die Phase der wirkungsschwachen Medien und die Phase der neuen Konzepte gliedern. Der Hauptgegenstand dieser Arbeit liegt in der Ausarbeitung des Einflussfaktors, der hauptsächlich für den Paradigmenwechsel von der Allmacht zur Ohnmacht der Massenmedien verantwortlich war (vgl. Bonfadelli, 2004, S. 28ff.).
Angesichts der Einflussverschiebung von der Massenkommunikation zur interpersonalen Kommunikation beginnt diese Arbeit mit einer Differenzierung dieser zwei Kommunikationsarten. Im Anschluss daran wird der Begriff des Meinungsführers eingeführt und die Hypothese des Zwei-Stufen-Flusses der Kommunikation erläutert. Danach erfolgt die Beschreibung und Analyse der People`s Choice-Studie sowie der nachfolgenden Untersuchungen der Columbia Universität zur Meinungsführerschaft. Darüber hinaus wird ein alternatives Konzept zur Identifikation von Persönlichkeitsstarken erklärt, das bis heute vom Institut für Demoskopie Allensbach verwendet wird. Anschließend zeigt diese Arbeit Kritikpunkte und Weiterentwicklungen des Zwei-Stufen-Fluss-Modells auf.
Inhaltsverzeichnis
Abbildungs- und Tabellenverzeichnis
1. Einleitung
2. Begriffe und Konzepte
2.1 Massenkommunikation und interpersonale Kommunikation
2.2 Der Begriff des Meinungsführers
2.3 Der Zwei-Stufen-Fluss der Kommunikation
3. Die Columbia-Studien
3.1 Gegenstände der einzelnen Studien
3.1.1 Die People`s Choice-Studie
3.1.2 Die Rovere-Studie
3.1.3 Die Decatur-Studie
3.1.4 Die Drug-Studie
3.2 Methoden zur Identifikation von Meinungsführern
3.2.1 Selbsteinschätzung
3.2.2 Fremdeinschätzung
3.2.3 Kombination aus Selbst- und Fremdeinschätzung
3.2.4 Soziometrische Verfahren
3.3 Typologien von Meinungsführern
3.3.1 Polymorphe und monomorphe Meinungsführerschaft
3.3.2 Horizontale und vertikale Meinungsführerschaft
3.4 Eigenschaften von Meinungsführern
4. Das Konzept der Persönlichkeitsstärke
4.1 Der Begriff der Persönlichkeitsstärke
4.2 Die Skala zur Messung der Persönlichkeitsstärke
4.3 Eigenschaften von Persönlichkeitsstarken
5. Weiterentwicklung des Zwei-Stufen-Fluss-Modells
5.1 Kritik am Zwei-Stufen-Fluss-Modell
5.2 Alternative Modelle des Kommunikationsflusses
5.2.1 Modifiziertes Modell des Zwei-Stufen-Flusses nach Renckstorf
5.2.2 Das Two-Cycle-Flow-Modell von Troldahl
6. Zusammenfassung und Fazit
Literaturverzeichnis
Anhang
Abbildungs- und Tabellenverzeichnis
Abbildungen und Tabellen im Anhang
Abbildungen:
Abbildung A-1: Die Phasen der Medienwirkungsforschung und relevante Veröffentlichungen der Meinungsführerforschung
Abbildung A-2: Das Modell des Zwei-Stufen-Flusses der Massenkommunikation
Abbildung A-3: Soziogramm zur Identifikation von Meinungsführern
Abbildung A-4: Modifiziertes Modell des Zwei-Stufen-Flusses nach Renckstorf
Abbildung A-5: Das Two-Cycle-Flow-Modell
Tabellen:
Tabelle A-1: Merkmale von persönlicher Kommunikation und
Massenkommunikation
Tabelle A-2: Aufbau der People`s Choice-Studie
Tabelle A-3: Variablen der Skala der Persönlichkeitsstärke und ihre Gewichtung
1. Einleitung
„Den allmächtigen Medien […] [ist] das atomisierte Massenpublikum […] schutz- und hilflos ausgeliefert“ (Renckstorf, 1977, S. 99).
Dies war bis Mitte der vierziger Jahre die vorherrschende Ansicht zum Einfluss der Massenmedien auf die Meinungsbildung. Die Entwicklung der Medienwirkungs-forschung lässt sich in die Phase der wirkungsstarken Medien, die Phase der wirkungs-schwachen Medien und die Phase der neuen Konzepte gliedern. Der Hauptgegenstand dieser Arbeit liegt in der Ausarbeitung des Einflussfaktors, der hauptsächlich für den Paradigmenwechsel von der Allmacht zur Ohnmacht der Massenmedien verantwortlich war (vgl. Bonfadelli, 2004, S. 28ff.).[1]
Die Entdeckung des Phänomens der Meinungsführerschaft und des Zwei-Stufen-Flusses der Kommunikation erfolgte zufällig. In der bis heute anerkannten Wahlstudie „The People`s Choice“ wollten die Forscher Lazarsfeld, Berelson und Gaudet auf Basis der traditionellen Sichtweise der Medienwirkungsforschung, die vom Stimulus-Response-Modell geprägt war, die Einflussfaktoren auf das politische Wahlverhalten bestimmen (vgl. Jäckel, 2002, S. 111f.). Die hierfür zu betrachtenden Einflussfaktoren waren die Massenmedien Radio, Presse und Wahlkampfveranstaltungen. Es folgte jedoch eine entscheidende Erkenntnis:
„Wenn immer die Befragten aufgefordert wurden, alle möglichen Informations-quellen über den Wahlkampf zu nennen, denen sie in letzter Zeit ausgesetzt waren, wurden politische Diskussionen häufiger genannt als Rundfunk oder Presse“ (Kunczik, Zipfel, 2005, S. 344). Daraufhin befasste man sich mit den Personen, die während des Wahlkampfes ihre Meinung geändert hatten. „Fragte man sie, was ihren Entschluss veranlasst habe, antworteten sie: andere Leute“ (Katz, Lazarsfeld, 1962, S. 39).
Angesichts der Einflussverschiebung von der Massenkommunikation zur interper-sonalen Kommunikation beginnt diese Arbeit mit einer Differenzierung dieser zwei Kommunikationsarten. Im Anschluss daran wird der Begriff des Meinungsführers eingeführt und die Hypothese des Zwei-Stufen-Flusses der Kommunikation erläutert. Danach erfolgt die Beschreibung und Analyse der People`s Choice-Studie sowie der nachfolgenden Untersuchungen der Columbia Universität zur Meinungsführerschaft. Darüber hinaus wird ein alternatives Konzept zur Identifikation von Persönlich-keitsstarken erklärt, das bis heute vom Institut für Demoskopie Allensbach verwendet wird. Anschließend zeigt diese Arbeit Kritikpunkte und Weiterentwicklungen des Zwei-Stufen-Fluss-Modells auf.
2. Begriffe und Konzepte
2.1 Massenkommunikation und interpersonale Kommunikation
Aufgrund der starken Auswirkungen der People`s Choice-Studie auf die Bedeutung der Massenmedien in der Medienwirkungsforschung ist es wichtig, zunächst die Charak-teristika von Massenkommunikation und interpersonaler Kommunikation darzulegen.
Mit interpersonaler oder auch persönlicher Kommunikation ist die direkt von Person zu Person gerichtete Kommunikation gemeint. Durch die Möglichkeit von Interaktionen zwischen Kommunikator und Kommunikant handelt es sich bei der persönlichen Kommunikation um eine zweiseitige Kommunikation. Im Gegensatz dazu richtet sich Massenkommunikation an einen großen Empfängerkreis und erfolgt hauptsächlich über Massenmedien. Der Kommunikator empfängt keine oder lediglich indirekte Infor-mationen über Reaktionen des Adressaten auf die von ihm vermittelte Botschaft. Daher handelt es sich hierbei um eine Einwegkommunikation (vgl. Kröber-Riel, Weinberg, 2003, S. 502f.).[2]
Laut Lazarsfeld, Berelson, Gaudet (1969, S. 190) sind persönliche Beziehungen aus folgenden Gründen der Massenkommunikation überlegen: „Der Bereich, den sie erfas-sen, ist größer, und sie haben gegenüber den Massenmedien gewisse psychologische Vorteile.“ Präziser ausgedrückt liegen die Vorteile der persönlichen Kommunikation in der größeren Glaubwürdigkeit durch stärkere soziale Kontrolle des Kommunikators, der besseren selektiven Informationsaufnahme der Kommunikanten und der größeren Flexibilität durch gegenseitigen Informationsaustausch (vgl. Kaas, 1973, S.54ff.). Ein bedeutender Vorteil der Massenkommunikation ist dagegen der Umfang des Empfängerkreises, der mit persönlicher Kommunikation nicht erreicht werden kann.
2.2 Der Begriff des Meinungsführers
Meinungsführer üben einen überproportionalen Einfluss auf Entscheidungen ihrer Mitmenschen aus. Sie existieren in allen Berufsgruppen, sozialen und ökonomischen Schichten. Meinungsführer sind keine Randgruppe und Meinungsführerschaft ist keine Charaktereigenschaft, die nur bestimmte Personen besitzen, sondern vielmehr ein Bestandteil von täglichen zwischenmenschlichen Beziehungen (vgl. Katz, Lazarsfeld, 1962, S. 39ff.). Ihre Hauptfunktion zeigt sich in der Rolle des Vermittlers zwischen Massenmedien und ihrer sozialen Gruppe (vgl. Lazarsfeld, Berelson, Gaudet, 1969, S. 28). Darüber hinaus nehmen Meinungsführer Schlüsselstellungen in ihren Bezugs-gruppen ein. Sie werden von Gruppenmitgliedern nach ihrer Meinung gefragt, geben Ratschläge und Informationen. Allerdings fragen auch Meinungsführer im Rahmen von persönlicher Kommunikation nach Rat und informieren sich über Massenmedien (vgl. Kroebel-Riel, Weinberg, 2003, S. 518).
2.3 Der Zwei-Stufen-Fluss der Kommunikation
Die vorherrschende Meinung, dass Personen ihre Informationen direkt aus Massen-medien erhalten, der Hypothese des One-Step-Flow der Kommunikation, konnte von den Wissenschaftlern Lazarsfeld, Berelson, Gaudet (1969, S.28) nicht bestätigt werden. Aufgrund ihrer Entdeckung des Phänomens der Meinungsführerschaft formulierten sie eine neue Hypothese für die Verbreitung von Informationen.
„Ideas often flow from radio and print to opinion leaders and from these to the less active sections of the population” (Lazarsfeld, Berelson, Gaudet, 1944, S. 151). Rezi-pienten erhalten Botschaften aus den Massenmedien nicht direkt, sondern werden erst über Meinungsführer von diesen erreicht. Durch diese Hypothese wird der interper-sonalen Kommunikation ein besonderer Stellenwert eingeräumt. Persönliche Kontakte gewinnen gegenüber wahrgenommenen Informationen aus Massenmedien an Bedeutung für die Meinungsbildung. Meinungsführern wird eine besondere Stellung im Massenkommunikationsfluss zugesprochen, da sie, wie in Abbildung A-2 erkenntlich, an der Schnittstelle von Massenkommunikation und interpersonaler Kommunikation stehen (vgl. Jäckel, 2002, S. 114f.). In diesem Modell besitzen Meinungsführer zwei Funktionen, die zunächst nicht voneinander differenziert wurden: Die Informations-übertragungs- oder „Relaisfunktion“ und die Beeinflussungs- oder Verstärker-funktion. Informationen gelangen in einem ersten Schritt von Massenmedien zu den Meinungsführern einer Gruppe und werden im zweiten Schritt an die jeweiligen Gruppenmitglieder verbreitet.
Meinungsführer agieren jedoch nicht als neutrale Vermittler der erhaltenen Infor-mationen, sondern leiten nur diejenigen weiter, die den aktuellen Meinungen ihrer Gruppe nicht widersprechen. Sie entscheiden, ob Informationen in ihrer Gruppe verbreitet werden oder nicht (vgl. Katz, Lazarsfeld, 1962, S. 154). Diese Gatekeeper-funktion hat durch die Verfestigung der vorhandenen Einstellungen einen Verstärker-effekt zur Folge (vgl. Kunczik, Zipfel, 2005, S.323f.).
[...]
[1] Eine zeitliche Übersicht über die Phasen der Medienwirkungsforschung und die für diese Arbeit relevanten Veröffentlichungen befindet sich in Abbildung A-1.
[2] Eine Gegenüberstellung der Merkmale von persönlicher und Massenkommunikation nach Kroeber-Riel und Weinberg befindet sich in Tabelle A-1 im Anhang.
- Citar trabajo
- Sören Köcher (Autor), 2007, Meinungsführer und der Zwei-Stufen-Fluss der Kommunikation, Múnich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/76039
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