Das Klassisches Altertum hat auch heute, nach zwei Jahrtausenden christlicher Kultur in Europa, nichts von seiner Kraft und Faszination verloren.
Ohne Frage war das antike Griechenland eine Nation der Dichter und Denker.
Die geheimnisvolle Welt der Mythologie gilt als unvergleichlicher Kunstschatz, als faszinierendes Zeugnis menschlicher Vorstellungskraft und Erzählkunst. Die Ruinen der einstigen griechischen Kultstätten, archetektonische Meisterwerke wie Tempel, locken jährlich Millionen von Touristen an. Pioniere der Naturwissenschaften, wie die Mathematiker Euklid, Archimedes und Pythagoras oder die Philosophen Aristoteles, Sokrates und Platon prägen das Bild, das wir heute von der griechischen Antike vor Augen haben.
Enormer wissenschaftlicher Fortschritt und ein sehr ausgeprägter, die ganze Gesellschaft durchdringender polytheistischer Glaube scheinen im antiken Griechenland Hand in Hand gegangen zu sein.
Diese faszinierende Koexistenz finden wir auch in der Medizin der Antike. Auf der einen Seite existierte der religiöse Asklepioskult, eine weit verbreitete Tempelmedizin. Auf der anderen Seite wirkten Hippokrates, der als Begründer der wissenschaftlichen Medizin gilt, und seine Kollegen zu dieser Zeit.
In dieser Ausarbeitung sollen diese beiden scheinbar sehr gegensätzlichen Medizinformen untersucht werden. Besondere Aufmerksamkeit will ich dabei auch möglichen Berührungspunkten schenken. Denn vielleicht sind die beiden durch Hippokrates und Asklepios personifizierten Medizinformen gar nicht so widersprüchlich, wie sie uns heute auf den ersten Blick erscheinen..?
Gliederung
1 Einführung
2 Medizin der Wissenschaft
2.1 Hippokrates
2.2 Der hippokratische Arzt
3 Medizin der Religion
3.1 Der Asklepioskult
3.2 Der Äskulapstab
4 „Hippokrates trifft Asklepios“ – Gegenüberstellung am Beispiel
5 Fazit
6. Literaturverzeichnis
Elektronische Quellen:
1 Einführung
Das Klassisches Altertum hat auch heute, nach zwei Jahrtausenden christlicher Kultur in Europa, nichts von seiner Kraft und Faszination verloren. Ohne Frage war das antike Griechenland eine Nation der Dichter und Denker. Die geheimnisvolle Welt der Mythologie gilt als unvergleichlicher Kunstschatz, als faszinierendes Zeugnis menschlicher Vorstellungskraft und Erzählkunst. Die Ruinen der einstigen griechischen Kultstätten, archetektonische Meisterwerke wie Tempel, locken jährlich Millionen von Touristen an. Pioniere der Naturwissenschaften, wie die Mathematiker Euklid, Archimedes und Pythagoras oder die Philosophen Aristoteles, Sokrates und Platon prägen das Bild, das wir heute von der griechischen Antike vor Augen haben.
Enormer wissenschaftlicher Fortschritt und ein sehr ausgeprägter, die ganze Gesellschaft durchdringender polytheistischer Glaube scheinen im antiken Griechenland Hand in Hand gegangen zu sein.
Diese faszinierende Koexistenz finden wir auch in der Medizin der Antike. Auf der einen Seite existierte der religiöse Asklepioskult, eine weit verbreitete Tempelmedizin. Auf der anderen Seite wirkten Hippokrates, der als Begründer der wissenschaftlichen Medizin gilt, und seine Kollegen zu dieser Zeit.
In dieser Ausarbeitung sollen diese beiden scheinbar sehr gegensätzlichen Medizinformen untersucht werden. Besondere Aufmerksamkeit will ich dabei auch möglichen Berührungspunkten schenken. Denn vielleicht sind die beiden durch Hippokrates und Asklepios personifizierten Medizinformen gar nicht so widersprüchlich, wie sie uns heute auf den ersten Blick erscheinen..?
2 Medizin der Wissenschaft
Auch im alten Griechenland beruhte die Medizin anfangs zunächst auf Magie und Zauberei. Schon in der Ilias (8. Jahrhundert v. Chr.), Homers Großepos, kann man aber erkennen, dass die Griechen bereits über beträchtliche Kenntnisse in der chirurgischen Behandlung von Wunden und anderen Verletzungen verfügten.
Ab dem 6. Jahrhundert v. Chr. setzte sich diese Tendenz stetig fort. Immer stärker legte man das Schwergewicht in der Medizin auf klinische Beobachtung und Erfahrung. Die Medizin war zu einer weltlichen Disziplin geworden.
Großen Anteil daran hatten die beiden berühmten Medizinerschulen in Kos und Knidos. Ihre Blütezeit erlebten sie im 5. Jahrhundert v. Chr. Der bekannteste Lehrer der antiken Medizin ist Hippokrates.
2.1 Hippokrates
Hippokrates (460-370 v. Chr.)[1], gilt als berühmtester Arzt der Antike und wird als Vater der Medizin angesehen. Durch seine genausten Beobachtungen und sorgfältigen Beschreibungen von Krankheitssymptome und rationalen Erklärungsversuchen trug er wesentlich dazu bei, die Medizin vom Aberglauben zu befreien. Einen großen Teil seines Lebens verbrachte Hippokrates auf der griechischen Insel Kos, wo er als Lehrer in der berühmten Ärzteschule tätig war.
Seine Lehre ist als Hippokratische Schriftensammlung – Corpus Hippocraticum zusammengefasst und besteht aus 73 Büchern. Von keiner dieser Werke steht jedoch 100%ig fest, dass sie von Hippokrates selbst verfasst ist, von sechs Büchern wird es zumindest vermutet[2]. Sicher ist jedoch, dass Sinn und Gehalt der Abhandlung ganz klar Hippokrates’ Lehre wiederspiegeln. Diese basierte auf einem vernunftgemäßen Naturverständnis und einer auf den Patienten ausgerichteten ärztlichen Haltung.
In diesem Sinne spricht man auch allgemein vom hippokratischen Arzt und der hippokratischen Medizin in der griechischen Antike.
Heute ist uns vor allem der Hippokratische Eid ein Begriff. Dieser enthält die ethischen Grundsätze, die der Arzt bei Ausübung seines Berufs einhalten sollte. Er ist heute zwar durch das Arztgelöbnis ersetzt, dieses beruht aber weitgehend auf ihm.
2.2 Der hippokratische Arzt
Der hippokratische Arzt vertrat die Kernauffassung, dass Krankheiten gesetzmäßig verlaufende Naturprozesse sind. Davon ausgehend wird die Medizin ganz klar als Naturwissenschaft betrachtet. Hippokrates beschreibt dies so: „Jede (Krankheiten) hat ihren natürlichen Ursprung und ihre spezielle Dynamik, und gegen keine sind wir rat- oder machtlos.“[3]
Dies bedeutet, dass nicht Götter sich einzelne Menschen greifen und sie – zum Beispiel zur Strafe – mit einer Krankheit zeichnen. Dennoch leugnet der hippokratische Arzt die Existenz der Götter nicht. Sie sind es, die die Gesetzmäßigkeiten des Kosmos regieren, also auch den menschlichen Organismus. Nicht die Krankheiten werden durch die Götter bestimmt, sondern äußere Umstände, die Einfluss auf Gesundheit oder Krankheit des Körpers haben, beispielsweise das Klima.
Wie können wir uns heute also die ärztliche Tätigkeit in der Antike vorstellen? Die Aufgaben des Mediziners fasst Hippokrates folgendermaßen zusammen: „Was vorausgegangen ist, erklären, das Gegenwärtige erkennen, das Kommende voraussagen. Darin sich üben.“[4] Hier finden wir eine Besonderheit. Die hippokratischen Ärzte gingen nämlich in ihrer Arbeit darüber hinaus, die Symptome aufzudecken und eine Diagnose zu stellen. Sie wollten dem Patienten den Ausgang des Leidens vorhersagen. Diese Prognose sollte dazu beitragen, ein Vertrauensverhältnis zum Patienten aufzubauen.
Hippokrates führt fort: „Die Heilkunst umfasst dreierlei: die Erkrankung, den Kranken, den Arzt. Der Arzt ist der Diener der Kunst. Der Kranke muss zusammen mit dem Arzt gegen die Krankheit sich wehren.“[5]
Diese Aussage beschreibt einen Sachverhalt, der ungemein bedeutend für die medizinische Behandlung war. Der Patient sollte eine aktive Rolle bei der Heilung einnehmen. Es wurde nicht einfach etwas mit ihm „gemacht“. Der Erfolg der Behandlung hing auch entscheidend von seiner Einstellung und seinem Verhalten ab. Aus heutiger Sicht können wir das nur bestätigen, denn mitunter können die besten Medikamente nicht richtig anschlagen, wenn der Kranke der Behandlung abweisend gegenüber steht und nicht an den Heilungserfolg glaubt. Diese Erkenntnis, die durchaus fortschrittlich für die Antike ist, finden wir auch in Beschreibungen der frühen arabischen Medizin, welche bereits die Wichtigkeit der Mitarbeit durch den Erkrankten kannte.
Wie zeigt sich dies nun in der Praxis der Antike?
Am Anfang stand natürlich die genaue Untersuchung des Patienten durch den Arzt mit dem Ziel, die Diagnose zu stellen. Dabei war das Gesamtbild des Kranken von entscheidender Bedeutung. Wie genau der Arzt bei der Betrachtung vorging, lässt uns eine Beschreibung von Hippokrates über die Untersuchung des Gesichtes erahnen: „Folgendes muß man in den akuten Krankheiten beachten: erstens das Gesicht des Kranken, ob es dem der Gesunden ähnlich ist, vor allem aber, ob es sich selbst ähnlich geblieben ist. So wäre es nämlich am besten; am schlimmsten aber ist das, was der Ähnlichkeit am stärksten entgegengesetzt ist. Das sieht folgendermaßen aus: die Nase ist spitz, die Augen sind hohl, die Schläfen eingefallen, die Ohren kalt und zusammengeschrumpft, die Ohrläppchen zurückgebogen, die Gesichtshaut ist hart, gespannt und schrumpelig und die Farbe des ganzen Gesichts blaß oder schwärzlich.“[6]
Von der bloßen Betrachtung des Patienten kann der hippokratische Arzt aber noch nicht auf eine Diagnose schließen. Unerlässlich ist eine gezielte Befragung des Patienten: „Wenn das Gesicht zu Beginn der Behandlung so aussieht und es noch nicht möglich ist, die Prognose durch die anderen Zeichen zu bestätigen, so muß man den Kranken fragen, ob er schlecht geschlafen hat, ob sein Stuhl übermäßig flüssig war oder ob ihn hungert, und wenn er eine der Fragen bejaht, kann man die Zeichen für weniger schlimm ansehen.“[7] Auch hier wird wieder die Annahme des hippokratischen Arztes deutlich, dass Symptome immer natürlich Ursachen haben, die es herauszufinden gilt.
[...]
[1] Siehe Abb. 1, S. 17
[2] Vgl. Huldrych 1977 S. 65
[3] In: Huldrych 1977 S.71
[4] In: Huldrych 1977 S. 100
[5] In: Huldrych 1977 S. 100
[6] In: Huldrych 1977 S. 82
[7] In: Huldrych 1977 S. 82
- Quote paper
- Mandy Busse (Author), 2006, Kunst und Kultur des Heilens in der griechischen Antike - zwischen Asklepios und Hippokrates, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/75887
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