„Was ist Sprachpolitik?“ „Wer beschäftigt sich wie mit ihr?“ und: „Wie sehen konkrete nationalstaatliche oder supranationale Sprachpolitiken aus?“
Vorliegende Arbeit hat sich zum Ziel gesetzt, das beinah undurchdringliche Dickicht im Bereich der Sprachpolitik(-forschung) etwas zu lichten und die eben aufgeworfenen Fragen zu beantworten. Dabei bleibt der Fokus der Arbeit auf Europa im Allgemeinen und der EU im Speziellen. Die Arbeit gliedert sich in zwei Teile. Während sich der erste Teil der Arbeit (I), mit den beiden ersten Fragen nach einer Definition von Sprachpolitik und dem aktuellen Forschungsstand/-diskurs beschäftigt, beleuchtet der zweite Teil (II) praxisnäher nationalstaatliche und europaweite Sprachpolitiken.
Die im ersten Kapitel (1.) vorgestellte „Sonderstellung Europas in der globalen Sprachenvielfalt“ (Ahrens 2003: 145) begründet schon erwähnten Fokus auf Europa. Das zweite Kapitel (2.) zeigt danach, wie die Teilelemente von Sprachpolitik – namentlich Sprache und Politik – untrennbar miteinander verwoben sind, bevor dann im dritten Kapitel (3.) eine theoretische Diskussion über Definition, Akteure, Ebenen (3.1.) und Ziele (3.2.) von Sprachpolitik eröffnet wird. Im selben Kapitel wird zudem ein Forschungsüberblick, der Aufschluss über Theorieschulen (3.3.) Methoden (3.4.) und Inhalte (3.6.) sprachpolitischer Forschung gibt, erarbeitet.
Der praktische Teil der Arbeit (II) beschäftigt sich zum einen mit einer Kategorisierung der nationalen Sprachpolitiken Europas (Kapitel 4) zum anderen mit der internen sowie externen Sprachpolitik der Europäischen Union (Kapitel 5).
Da der Fokus der Arbeit auf einer theoretischen Diskussion über „die Sprachpolitik(-forschung)“ liegt, will und wird sich die Arbeit – abgesehen der Fallbeispiele im zweiten Teil – nicht mit dem Diskussionsstand innerhalb einzelner vorgestellter Untersuchungsgebiete (wie z.B. Sprache und Identität) beschäftigen. Hier sei auf die ausführlichen Literaturangaben (v.a. in 3.6.) verwiesen.
Inhaltsverzeichnis
Einleitung
I. Sprachpolitikforschung
1. Ausgangssituation
2. Sprache als Politikum
3. Sprachpolitik
3.1. Definition, Akteure Ebenen
3.2. Ziele von Sprachpolitik
3.3. Theorieschulen
3.3.1.Die Kritische Methode
3.3.2. Sprachpolitik und Postmoderne
3.3.3. Sprachpolitik und Ökonomie
3.3.4. Sprachpolitik und Politische Theorie
3.3.5. Sprachpolitik und Sprachkultur
3.4. Methodologie
3.4.1. Die historische Methode
3.4.2. Die ethnographische Methode
3.4.3. Die Sprach/ Diskursanalyse
3.4.4. Die geolinguistische Methode
3.4.5. Die psycho-soziologische Methode
3.5. Zwischenfazit
3.6. Inhalte von sprachpolitischer Forschung
II. (supra-)nationale Sprachpolitiken
4. Die nationalen Sprachpolitiken Europas – eine Kategorisierung
4.1. Einsprachigkeit
4.2. Schutz/ Toleranz der sprachlichen Minderheiten (entspricht I)
4.3. sprachliche Autonomie (entspricht II)
4.4. sprachlicher Föderalismus (entspricht III)
4.5. institutionalisierte Mehrsprachigkeit
4.6. weitere Gesetzgebung
5. Die Sprachpolitik der EU – eine Differenzierung
5.1. interne Sprachpolitik
5.1.1. Sprachregelungen
5.1.2. vertragliche Grundlagen
5.1.3. Amts-, Relais- und Arbeitssprache
5.1.4. Probleme und Kritik
5.1.6. de jure vs. de facto EU Sprachenregelungen
5.1.7. Fazit
5.2. externe Sprachpolitik
5.2.1. Grundlagen
5.2.2. Förderung von Sprachen(-lernen)
5.2.3. Minderheitensprachenprogramme
5.2.4. Kritik
Schluss
Literatur
Anhang (Abbildungsverzeichnis)
Einleitung
„Was ist Sprachpolitik?“ „Wer beschäftigt sich wie mit ihr?“ und: „Wie sehen konkrete nationalstaatliche oder supranationale Sprachpolitiken aus?“
Vorliegende Arbeit hat sich zum Ziel gesetzt, das beinah undurchdringliche Dickicht im Bereich der Sprachpolitik(-forschung) etwas zu lichten und die eben aufgeworfenen Fragen zu beantworten. Dabei bleibt der Fokus der Arbeit auf Europa im Allgemeinen und der EU im Speziellen. Die Arbeit gliedert sich in zwei Teile. Während sich der erste Teil der Arbeit (I), mit den beiden ersten Fragen nach einer Definition von Sprachpolitik und dem aktuellen Forschungsstand/-diskurs beschäftigt, beleuchtet der zweite Teil (II) praxisnäher nationalstaatliche und europaweite Sprachpolitiken.
Die im ersten Kapitel (1.) vorgestellte „Sonderstellung Europas in der globalen Sprachenvielfalt“ (Ahrens 2003: 145) begründet schon erwähnten Fokus auf Europa. Das zweite Kapitel (2.) zeigt danach, wie die Teilelemente von Sprachpolitik – namentlich Sprache und Politik – untrennbar miteinander verwoben sind, bevor dann im dritten Kapitel (3.) eine theoretische Diskussion über Definition, Akteure, Ebenen (3.1.) und Ziele (3.2.) von Sprachpolitik eröffnet wird. Im selben Kapitel wird zudem ein Forschungsüberblick, der Aufschluss über Theorieschulen (3.3.) Methoden (3.4.) und Inhalte (3.6.) sprachpolitischer Forschung gibt, erarbeitet.
Der praktische Teil der Arbeit (II) beschäftigt sich zum einen mit einer Kategorisierung der nationalen Sprachpolitiken Europas (Kapitel 4) zum anderen mit der internen sowie externen Sprachpolitik der Europäischen Union (Kapitel 5).
Da der Fokus der Arbeit auf einer theoretischen Diskussion über „die Sprachpolitik(-forschung)“ liegt, will und wird sich die Arbeit – abgesehen der Fallbeispiele im zweiten Teil – nicht mit dem Diskussionsstand innerhalb einzelner vorgestellter Untersuchungsgebiete (wie z.B. Sprache und Identität) beschäftigen. Hier sei auf die ausführlichen Literaturangaben (v.a. in 3.6.) verwiesen.
I. Sprachpolitikforschung
„Das Babel unserer Zeit heißt Europa“ (nach: Beierwahes 1998: 3)
„Europa weist eine relativ homogene Sprachsituation auf“ (nach: Ehlich 2002: 33)
1. Ausgangssituation
Bezogen auf die Sprachenlandschaft/ -vielfalt in Europa spiegeln diese beiden Zitate die konträren Positionen wider. Ehlich begründet seine „Homogenitätsthese“ dadurch, dass er darauf hinweist, dass die Sprachen Europas „zu 96,86% ein und der selben Großgruppe, nämlich der indoeuropäischen Sprachgruppe“ (Ehlich 2002: 35) angehören. Weniger als 4% würden zu der finno-ugrischen Sprachfamilie (Finnisch, Estnisch, Ungarisch) gezählt oder nicht genau zuordenbar sein (Maltesisch) (ebd.). Phillipson (Phillipson 2003) bestätigt diese These indirekt bei seiner Aufzählung der europäischen Sprachfamilien[1] (ebd.: 31f.). Zur „Homogenitätsthese“ von Ehlich gehört sicherlich auch seine Argumentation bezüglich der Anzahl und der Sprecher der einzelnen europäischen Sprachen: Mit Verweis auf Haarmann identifiziert er maximal 67 genuin gesprochene Sprachen, was „gerade einmal 1%“ der Weltsprachen ausmachen würde (Ehlich 2002: 34f.). Auch wenn andere Quellen bis zu 143 bzw. 225 europäische Sprachen identifizieren (vgl. etwa Ahrens 2003: 145; Kraus 2004: 111) wird diese Tendenz der relativ geringen Anzahl an Sprachen auf dem europäischen Kontinent im Allgemeinen bestätigt. Vor allem Vergleiche mit anderen Kontinenten wie Asien (1.906 Sprachen) bzw. Afrika (1.821) oder gar einzelnen Ländern wie dem Sudan (142), China (206) oder Indien (418) und Papua-Neuguinea (826) relativieren eindrücklich die Sprachenvielfalt Europas (ebd.).
Mit einem Anteil der Sprachen von über 30% , die von mehr als 1 Million Menschen gesprochen wird Ehlichs’ These zudem unterstrichen. Kein Kontinent beherbergt so wenige „Zwergsprachen (>1000 Sprecher) – insgesamt 15 wie Liwisch, Inari-Saamisch etc.) – wie Europa. (ebd.)
Auch die Tatsache, dass „fast alle einheimischen Sprachen Europas als Nationalsprachen anerkannt“ und „die Hälfe der Sprachen Europas […] amtlichen Status [besitzen]“ (ebd.: 146f.) trägt zum „Sprachenidyll“ (Ehlich 2002: 34) Europas bei.
Folgende Argumente sprechen aber gegen eine „europäische Sprachenhomogenitätsthese“:
Ehlich selbst identifiziert mehrere methodische Mängel bei Spracherhebungen. Zum einen differieren die Zahlen deutlich (s.o.) je nachdem mit welcher Definition von Sprache[2] gearbeitet wird, zum anderen muss man die politische und historische Situation zum Zeitpunkt der Befragung berücksichtigen. Entscheidend ist, wer sich zum Zeitpunkt einer Befragung „zu einer Sprache bekennt“ oder dies aus unterschiedlichen Gründen (wie z.B. die Elsässer zu unterschiedlichsten Zeiten ihrer Geschichte) nicht tun kann (Konsequenzen) oder will (Vorurteile/ Sprachprestige) (ebd.: 36).
Dreht man oben aufgeworfene Zahl um, bedeutet es zudem, dass 70% der Sprachen nur von „Wenigen“ (<1 Million Sprecher) gesprochen werden. Finkenstadt u.a. (Finkenstadt 1990) bezeichnet Europa in diesem Zusammenhang als „eine Region von Minoritäten, denen keine Majorität gegenübersteht.“ (ebd.: 35)
Gegen eine Einheitlichkeit spricht sich auch Kraus (in Kraus 2004) aus: Mit seinem Bild einer Reise durch die Kontinente verdeutlicht er, dass es für die Durchquerung Amerikas (1.013 Sprachen) von Norden nach Süden nur zwei (Englisch und Spanisch) bis maximal drei (Portugiesisch/Französisch) Sprachen bedarf, man in Europa aber unzählige mehr benötige (ebd.: 111). Auch in Afrika kommt man sicherlich mit Arabisch, Englisch und Französisch gut zurecht. „ Der springende Punkt im europäischen Kontext ist nicht die Sprachvielfalt [sondern] der hohe Institutionalisierungsgrad“ (ebd.: 112) Interessanterweise benutzt Ehlich dieses Argument der homogenen durch Sprachpolitik „gemachten“ und institutionalisierten Sprachen Europas FÜR seine „Homogenitätsthese“. (Ehlich 2002: 39)
Zwei weitere Kritikpunkte an Ehlich werden im Folgenden nur angeschnitten werden. Ehlichs’ Verweis auf den größtenteils gemeinsamen Ursprung der europäischen Sprachen ist reichlich arbiträr: Phillipson (Phillipson 2003) argumentiert beispielsweise mit einem anderen, weiter gespannten historischen Referenzrahmen, dass alle europäischen Sprachen mit den asiatischen Sprachen verwandt sind , da sie historisch (nur viel weiter als Ehlich gedacht) einen gemeinsamen Ursprung besitzen (Phillipson 2003: 33-35).
Obwohl in der Literatur nur ungenügend beachtet, muss zudem darauf hingewiesen werden, dass sich die sprachliche Situation in Europa zudem durch die vielen Immigrantensprachen weiter differenziert.
Abseits der Diskussion über die sprachliche Homogenität oder Vielfalt Europas lassen sich weitere Merkmale ausmachen, die die „Sonderstellung Europas in der globalen Sprachenvielfalt“ (Ahrens 2003: 145) konstituieren:
Europa besitzt das wohl „dichteste Netz von Weltsprachen“ (neben Englisch auch Deutsch, Russisch, Spanisch und Französisch).
Die EU – als die wohl wichtigste internationale Organisation (IO) Europas – ist mit ihren 21 Amtssprachen (20 Amtssprachen und Irish im Europäischen Gerichtshof) diejenige IO mit der größten Sprachenvielfalt (siehe Kapitel 5)
Kein anderer Kontinent besitzt einen solch hohen Institutionalisierungsgrad, was den Schutz von Minderheitensprachen angeht ([Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten] Europarat, EU)
(vgl. ebd.: 148f.)
2. Sprache als Politikum
Sprache ist zu keiner Zeit lediglich ein Mittel der Kommunikation gewesen, sondern sie hat auch immer politische Bedeutung gehabt“ (Haarmann 1993: 80)
Die Schwierigkeit, die politische Dimension von Sprache darzustellen, besteht in der Unmöglichkeit, den Themenkomplex „Sprache als Politikum“ von Feldern wie „Sprachpolitik“ ([Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten]) oder „Sprache und Identität“ genau zu trennen[3].
Das Eingangszitat verweist auf den historisch wie aktuellen Zusammenhang von Sprache und Politik. Ein paar Beispiele werden dies näher erläutern:
Die These „politische Konflikte unserer Zeit sind auch Sprachkonflikte, oder sie sind politische Konflikte, weil sie Sprachkonflikte sind“ (Finkenstadt 1990: 19) lässt sich mit einem Blick auf die (teilweise schon historischen) Konflikte im Baskenland, in Belgien, in Katalonien (v.a. zu Zeiten der Franco-Diktatur), außerhalb Europas mit dem Anti-Apartheidskampf des African National Congress in Südafrika, der sich an einer Sprachenfrage (Afrikaans an allen Schulen) entzündete, aber auch am Balkan leicht bestätigen. Ehlich fasst diese Erkenntnis zusammen, indem er sagt:
„Überall, wo im vergangenen halben Jahrhundert Bomben in Europa explodierten, sehen wir die Frage der jeweiligen Nationalsprache beteiligt […]“ (Ehlich 2002: 43)
Abseits der zumeist bewaffneten Konflikte sind Sprachenfragen, wie z.B. die Rechtschreibreform in Deutschland, die Debatte um Sprachkenntnisse/-tests im Hinblick auf die Integration von Migranten, das Rangeln um Amtssprachen in den Internationalen Organisationen (UNO, EU, etc.) ([Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten] ) oder die (Völker-)Rechte von Minderheiten immer auch politische Fragen.
„Das Sagen haben, bedeutet Macht haben“ (Ehlich 2002: 208)
Sprachen sind ein „Medium politischer Macht“ (Haarmann 1993: 80). Haarmann gibt (ebd.: 80- 89) hierzu einen historischen Überblick von den Römern bis in die Moderne und konstatiert dabei die untrennbare Verbindung von Herrschaft/Macht und Politik mit Fragen der Sprachregelung. Kraus (Kraus 2004) argumentiert in diesem Zusammenhang sinngemäß, dass Sprache immer einer Öffentlichkeit bedarf und sie schon deshalb nicht als Privatsache, sondern als Politikum zu betrachten sei (ebd.: 9). Zum anderen stelle aber die „Politisierung von Sprache“ (ebd.: 98) – und dies ist ein Unterschied zu der Argumentationsweise Haarmanns – ein relativ neues Phänomen dar. Seit Sprache und nationale Identität eng miteinander verwoben sind, werden die zentralen „Funktionsbedingungen von Gesellschaften an die Herstellung einheitlicher kultureller Standards“ (ebd.) durch Sprache erfüllt. Hier wird zum ersten Mal eine Argumentation auf der Mikroebene deutlich. „Sprache als Politikum“ lässt sich folglich nicht nur auf einer Makroebene (Sprachpolitik, Konflikt etc.) betrachten, vielmehr gilt: „Immer ist das Bekenntnis zur Sprache zugleich ein Bekenntnis zur politischen Konzeption“ (Ehlich 2002: 36) Dies wird besonders deutlich, wenn man sich die historische oder aktuelle Situation auf dem Balkan (serbisch, kroatisch, serbo-kroatisch, jugoslawisch?) ansieht.
Neben oben erwähnter funktionellen Komponente identifiziert Kraus aber auch noch eine expressive sowie instrumentelle Seite. Erste bezeichnet die sprachliche Identität als Quelle von expressiver Authentizität bei der Konstituierung einer politischen Öffentlichkeit; letztere zielt auf die neueren „Sprachfunktionsveränderungen“ seit der Moderne an: Industrialisierung, Urbanisierung oder Säkularisierung wären – so Kraus – ohne eine starke kommunikative Komponente undenkbar. (Kraus 2004: 98f.) So gab es wohl „zwischen bäuerlichen Produzenten und urbanen Eliten“ in der Vormoderne kaum Kommunikation. Erst durch den Wandel seit der Moderne (v.a. bezüglich des politischen Systems, der Arbeitsteilung, der postindustriellen Dienstleistungsgesellschaft) bedurfte es einer von politischen Eliten (Ricento 2006: 19) gesteuerten Sprachpolitik; Sprache wurde somit zu einem potentiellen „Kerngegenstand einer Politik“ (Kraus 2004: 102)
Überleitend lässt sich konstatieren,
„que siempre le lengua fue compaňera del imperio
(daß die Sprache stets die Gefährtin von Herrschaft und Reich war)“
- Antoio de Nebrija, 1492 (Finkenstadt 1990: 9).
Eine Erkenntnis, die offensichtlich schon im 15. Jahrhundert Gültigkeit besaß.
3. Sprachpolitik
3.1. Definition, Akteure Ebenen
Da sowohl eine klare/unstrittige oder allumfassende Definition von Sprache, wie auch Politik nicht existiert, werden im Folgenden nur einige wenige Definitionsvorschläge für Sprachpolitik[4] vorgestellt und zu einem eigenen Konzept verbunden werden.
Breit angelegt, kann Sprachpolitik als
„die Summe jener politischen Initiativen…, die durch eine bestimmte Sprache oder bestimmte Sprachen in ihrer öffentlichen Geltung, in ihrer Funktionstüchtigkeit und in ihrer Verbreitung gestützt werden.“ (nach Gellert-Novak 1992: 15)
verstanden werden.
Die meisten Definitionen verwenden für o.g. Sachverhalt, den Begriff Sprachplanung, der sich in die Unterbegriffe Sprachstatusplanung und Sprachkorpusplanung aufteilt. Erstere bezeichnet die Regelung der „sozialen Anwendungsbereiche“ einer bestimmten Sprache (z.B. Amtssprachenregelung), letzterer die Planungen bezüglich der „grammatischen und lexikalischen Strukturen“ (Haarmann 1993: 294). Haarmann ergänzt diese in seiner ‚Idealtypik der Sprachplanung’ (ebd.: 292-315) noch um den Unterbegriff des Sprachprestiges, der die „Wertungen über Sprache und gefühlsmäßige Einstellung zum Sprachgebrauch“[5] bezeichnet (ebd.: 294). Die Literatur unterscheidet teilweise auch die nach innen (z.B. auf Minderheitensprecher) – Sprachpolitik – und die nach außen gerichteten – Sprachverbreitungspolitik – sprachplanerischen Maßnahmen. (Gellert-Novak 1992: 14f.)
Grundsätzlich wird dabei von der These ausgegangen, dass Sprache „planbar“ ist. Sprachpolitik schafft also die „Voraussetzungen dafür, dass Sprachplanung in sinnvoller Weise stattfinden kann.“ (Arntz 1998: 17)
Weiterhin muss, bei einer Definition von Sprachpolitik zwischen den verschiedenen Akteuren (Anbieter und Zielgruppe) unterschieden werden. (vgl. Gellert-Novak 1992: 14): Haarmann identifiziert in seiner Idealtypik sprachplanerische Maßnahmen von Einzelpersonen, durch Interessensverbände, Institutionen oder durch den Staat (amtliche Förderung). (Haarmann 1993: 294, detailliert ebd.: 292-303)
([Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten] Abbildung I: Anhang)
Um die Definition von Sprachpolitik noch genauer zu differenzieren empfiehlt sich eine Aufteilung in nationale, internationale und supranationale Sprachenpolitik. (Gellert-Novak 1992: 15) Haarmanns’ Modell geht mehrheitlich auf die nationale Ebene ein. Zu dieser Ebene gehören neben oben erwähnten auch Fragen zur Bildungspolitik (Zweit,- und Fremdsprachen an den Schulen), zur Kulturpolitik (national Filmindustrie, Kulturerbe), der Wirtschaftspolitik (ökonomischer Nutzen/Verbreitung der Sprache), der Außenpolitik (Förderprogramme) oder der „Wissenschaftsspolitik“ (Sprachprestige in der Wissenschaft). Fragen, die die internationale Sprachpolitik angehen, beziehen sich mehrheitlich auf Sprachvereinbarungen bezüglich des grenzübergreifenden Minderheitenschutzes, Diplomatie oder Förderung des Fremdsprachenunterrichts in anderen Ländern. Auf der supranationalen Ebene geht es um die internen Sprachregelungen sowie die Sprachpolitik Internationaler Organisationen (wie EU, UNO aber auch INGOs).
Sprachpolitik ist für die Mehrzahl der Geistes- und Sozialwissenschaften relevant. (Ricento 2006: 10) Man denke nur an die Politikwissenschaft, die Geschichte, die Linguistik (Sozio-, Psycho- Ethno-), an Jura (rechtliche Grundlagen) oder die Pädagogik (Sprachdidaktik).
Eine letzte Aufteilung von Sprachpolitik rundet die Definition ab. Es muss zwischen Sprachpolitik (policy – grundlegende, meist institutionalisierte Regelungen) und Sprachpolitik (politics – aktuelle Entscheidungen, Sprachpolitikprozess) unterschieden werden (vgl. etwa Phillipson 2003: 17f).
3.2. Ziele von Sprachpolitik
Die Ziele von Sprachpolitik sind je nach Akteur und Ebene weder einheitlich noch widerspruchslos. So widersprechen sich teilweise die supranationalen Regelungen (EU-Minderheitensprachenschutz) mit nationalen Sprachpolitiken (Einsprachigkeitsziel Frankreich). Ziele können von einer Förderung von Sprachen (Irisch in Irland) bis hin zum Ziel der „Auslöschung“ einer Sprache auf einem bestimmten Hoheitsgebiet (repressive Systeme oder teilweise auch Immigrationspolitiken heute) reichen. Dies ist wohl auch der Grund, warum sich kaum ein theoretisches Modell mit den Fragen der Zielsetzung von Sprachpolitik finden lässt (vgl. Ricento 2006: 24-27; 32f.). Hornberger kann mit ihrem „integrative framework“ in dem sie Sprachpolitik mit Zielen von Sprachplanung sowie verschiedene Forschungsansätze kombiniert als eine der Pionierinnen auf diesem Gebiet gelten. Ähnlich wie Haarmann geht sie von einer Trennung von Sprachstatus- und Sprachkorpusplanung aus, erweitert diese Grundannahmen aber durch den Typus des „acquisition planning“ (Spracherwerbsplanung[6]) (y-Achse) und teilt diese drei Grundkategorien nicht wie Haarmann in Akteure, sondern etwas breiter in einen „policy planning“ (Rahmenpolitikplanung, Makroebene) und einen „cultivation planning“ (Sprachkultivierung, Mikroebene) Ansatz auf (x-Achse) (Ricento 2006: 28f.). Begnügt sich Haarmann in seinen weiteren Ausführungen (vgl. Haarmann 1993: 292-315) meist mit Beispielen für die verschiedenen Ebenen, fügt Hornberger die Ziele der Sprachpolitiken „integrativ“ in den jeweiligen Überschneidungsbereich ein.
[...]
[1] hier sind auch die einzelnen Sprachen Europas aufgezählt; genauere Zahlen bei Ehlich 2002: 38.
[2] wann ist eine Sprache ein Dialekt, eine Varietät oder eigenständig.
[3] Phillipson (Phillipson 2003) spricht davon, dass Sprache dann als „berichtenswert“, also als Politikum, empfunden wird, wenn ein „Sprachkonflikt“ vorherrscht. (ebd.: 19).
[4] Im Folgenden wird Sprach/ und Sprachenpolitik synonym verwendet.
[5] Kraus spricht von der „Verteidigung des Status und der Ehre der Angehörigen von Sprachgemeinschaften und […]die Überwindung von Ressentiments in kulturell heterogenen politisch-institutionellen Kontexten (Kraus 2004: 98).
[6] diese „acquisition planning“ kann wohl am Besten mit der Sprachverbreitungspolitik gleichgesetzt werden.
- Arbeit zitieren
- Christoph Koch (Autor:in), 2006, Sprach(en)politik - Definition, Forschungsstand und Analyse (supra-)nationaler Sprachpolitiken im europäischen Raum, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/75810
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