Der Roman Berlin Alexanderplatz - Die Geschichte vom Franz Biberkopf ist der Großstadtdichtung zugehörig und eine Ausnahmeerscheinung seiner Zeit und seines Genres. Inspiriert durch das ihn umgebende Milieu, sowie durch den Futurismus und seine Künstler, schuf der Autor Alfred Döblin Ende der 1920er Jahre ein Werk, welches er selber dem Döblinismus zuschrieb und zwischen Großstadtepos und Verbrechermoritat verortete. Neuartig war die von Döblin verwendete Montagetechnik, was ihm gleichsam Lob und Unverständnis von Seiten der Leser und Kritiker einbrachte. Kurz nach seinem Erscheinen begründete der Roman aber Döblins Ruhm, einer der bedeutendsten und innovativsten Autoren seiner Generation zu sein. Auf Grund der verwendeten Technik und der daraus folgenden Struktur und Erzählsituation des Romans gilt Berlin Alexanderplatz heute als ein Klassiker der Moderne. Im Folgenden wird die Struktur des Romans, die Technik und die Konzeption erläutert. Es werden die strukturellen Besonderheiten der Erzählung und damit „das Prinzip der prologischen Vorabinformation“ gezeigt und analysiert. Des Weiteren wird die Erzähltechnik exemplarisch am ersten Buch des Romans untersucht, und kurz das Verhältnis von Erzähler und Autor sowie die Einflussnahme des Autors auf den Rezipienten erläutert.
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
2. Die Romanstruktur
2.1 Die Montagetechnik
2.2 Das Prinzip der prologischen Vorabinformation
2.2.1 Der Prolog
2.2.2 Die neun Bücher
3. Erzähltechnik im 1. Buch
3.1 Erzähler und Erzählerfigur
3.2 Autor und Leser
4. Zusammenfassung
Literaturverzeichnis
1. Einleitung
Der Roman Berlin Alexanderplatz - Die Geschichte vom Franz Biberkopf[1] ist der Großstadtdichtung[2] zugehörig und eine Ausnahmeerscheinung seiner Zeit und seines Genres. Inspiriert durch das ihn umgebende Milieu, sowie durch den Futurismus und seine Künstler, schuf der Autor Alfred Döblin Ende der 1920er Jahre ein Werk, welches er selber dem Döblinismus[3] zuschrieb und zwischen Großstadtepos und Verbrechermoritat[4] verortete. Neuartig war die von Döblin verwendete Montagetechnik[5], was ihm gleichsam Lob und Unverständnis von Seiten der Leser und Kritiker einbrachte. Kurz nach seinem Erscheinen begründete der Roman aber Döblins Ruhm, einer der bedeutendsten und innovativsten Autoren seiner Generation zu sein. Auf Grund der verwendeten Technik und der daraus folgenden Struktur und Erzählsituation des Romans gilt Berlin Alexanderplatz heute als ein Klassiker der Moderne[6].
Im Folgenden wird die Struktur des Romans, die Technik und die Konzeption erläutert. Es werden die strukturellen Besonderheiten der Erzählung und damit „das Prinzip der prologischen Vorabinformation“[7] gezeigt und analysiert. Des Weiteren wird die Erzähltechnik exemplarisch am ersten Buch des Romans untersucht, und kurz das Verhältnis von Erzähler und Autor sowie die Einflussnahme des Autors auf den Rezipienten erläutert.
2. Die Romanstruktur
Der Roman Berlin Alexanderplatz beginnt mit einem nicht betitelten Prolog und ist weiter in neun Kapitel unterteilt, welche als Bücher bezeichnet werden. Den neun Büchern ist jeweils eine Einleitung voran gestellt. Die einzelnen Bücher sind in sich noch einmal in Abschnitte gegliedert, vor welche die Überschriften im Sinne der Montagetechnik eingefügt bzw. montiert sind.[8]
2.1 Die Montagetechnik
Der Begriff der Montage ist aus dem Bereich der Filmtechnik in die Literatur übernommen worden. Sprachlich, stilistisch, inhaltlich unterschiedliche Texte heterogener Herkunft werden vom Autor zerschnitten, vermischt und in einen anderen Kontext gesetzt, sodass durch das neue Zusammenfügen eine Textcollage mit einer neuen, anderen Intention entsteht. Die Funktionen der Montage sind vielfältig[9] genauso wie die in der Montage verwendeten Texte.
Die Collage Berlin Alexanderplatz setzt sich unter anderem aus Börsenberichten, amtlichen Publikationen, Zeitungsannoncen, Reklametafeln, Schlagern, medizinischen Abhandlungen und Bibelzitaten[10] zusammen. Durch die Montage zeichnet Alfred Döblin das Bild der Großstadt Berlin. „Die Technik der Montage ermöglicht den Simultanstil“[11]. Die Simultanität[12] erweckt die Stadt und lässt Sie pulsieren. „Nichts durfte isoliert dargestellt werden, in den Splittern der Wirklichkeit sollten sich die räumliche und zeitliche Totalität des Weltgeschehens spiegeln. [...] Die unermüdliche Brandung des Lebens hatte alles zu umspülen und man verstand darunter vor allem Straßenlärm, Maschinengesurr, die Menschenflut der Boulevards, die Trieb- und Erinnerungsreflexe der [...] Menschen.“[13] Die Chronologie der Erzählung wird durch die Simultanität durchbrochen, die Erlebnisse des Protagonisten, also die Geschichte vom Franz Biberkopf treten völlig in den Hintergrund.
„Der Rosenthaler Platz unterhält sich.
Wechselndes, mehr freundliches Wetter, ein Grad unter Null. Für Deutschland breitet sich ein Tiefdruckgebiet aus, das in seinem ganzen Bereich dem bisherigen Wetter ein Ende bereitet hat. Die geringen vor sich hingehenden Druckveränderungen sprechen für langsame Ausbreitung des Tiefdruckes nach Süden [...].
Die Elektrische Nr.68 fährt über den Rosenthaler Platz, Wittenau, Nordbahnhof, Heilanstalt, Weddingplatz, [...], Bahnhof Frankfurter Allee, Lichtenberg [...]. Die drei Berliner Verkehrsunternehmen, Straßenbahn, Hoch- und Untergrundbahn, Omnibus bilden eine Tarifgemeinschaft.
[...]Mitten auf dem Rosenthaler Platz springt ein Mann mit zwei gelben Paketen von der 41 ab, eine leere Autodroschke rutscht gerade an ihm vorbei, der Schupo sieht ihm nach, ein Straßenbahnkontrolleur taucht auf, Schupo und Kontrolleur geben sich die Hand: Der hat aber mal Schwein gehabt mit seine Pakete.“[14]
Der Simultanstil erzeugt einen räumlichen und zeitlichen Querschnitt für den Leser. Die Simultanität in Berlin Alexanderplatz bezeichnet Döblin selber als Döblinismus[15]. Der Leser ist mit einer Vielzahl von Informationen konfrontiert. Die auktoriale und kommentierende Erzählperspektive erzeugt eine Stimmung, als würde der Leser sich selbst in der Metropole aufhalten und das Treiben um sich herum betrachten. Alles geschieht gleichzeitig und existiert nebeneinander mit der gleichen Wichtigkeit. Ein Erzähler wird in dieser Textpassage erkennbar, der allwissend ist und eine Fülle von Informationsmaterial für die Montage bereithält.
2.2 Das Prinzip der prologischen Vorabinformation
Die Erlebnisse „von einem ehemaligen Zement- und Transportarbeiter Franz Biberkopf in Berlin“[16] werden im Roman Berlin Alexanderplatz von einem auktorialen Erzähler vermittelt.[17] Der Erzähler kommentiert, mischt sich ein und beeinflusst so die Leserperspektive. Dies geschieht durch kommentierende Einschübe:
„Es ist ein großes Glück, in diesen Mauern zu wohnen, man weiß, wie der Tag anfängt und wie er weiter geht. (Franz, du möchtest dich doch nicht verstecken, du hast dich schon die vier Jahre versteckt, hab Mut, blick um dich, einmal hat das verstecken doch ein Ende.) Alles Singen, Pfeiffen, Lärmen ist verboten.“[18]
und vor allem durch die Vorabinformationen.
Dem Roman ist ein Prolog[19] vorangestellt, in dem der Erzähler den Leser in die Geschichte einführt. Dieses Prinzip wird durch den gesamten Roman beibehalten, in dem jedem Buch eine Vorabinformation vorangestellt wird. Ironisch-distanziert kommentiert der Erzähler so das Geschehen im Stil eines Moritaten vortragenden Bänkelsängers des 19.Jahrhunderts.[20]
[...]
[1] Der Arbeit zu Grunde liegende Ausgabe: Döblin, A.: Berlin Alexanderplatz – Die Geschichte vom Franz Biberkopf, München: Deutscher Taschenbuch Verlag GmbH & Co. KG 45. Auflage 2006.
[2] Definition: Steinhoff, H.-H.: Großstadtdichtung: Metzler Literatur Lexikon (1990) S.185-186.
[3] vgl.: Žmegač, V.: Alfred Döblins Poetik des Romans, in: Deutsche Romantheorien, Band II, hg. v. Grimm, R., Frankfurt a. Main: Athenäum Fischer Taschenbuch Verlag GmbH & Co. 1974, S. 343.
[4] vgl.: Sander, G.: Alfred Döblin, Stuttgart: Philipp Reclam jun. GmbH & Co. 2001., S.176.
[5] Definition: Döhl, R.: Montage: Metzler Literatur Lexikon (1990) S.310.
[6] vgl.: Sander, G.: Alfred Döblin,S.179-180.
[7] ebd.: S.176.
[8] Beispiel: Döblin, A.: Berlin Alexanderplatz, S.31
[9] vgl.: Döhl, R.: S.310.
[10] vgl.: Muschg, W.: Alfred Döblins Roman „Berlin Alexanderplatz“. Die Geschichte vom Franz Biberkopf, in: Der deutsche Roman im 20.Jahrhundert, Band I, hg. v. Brauneck, M., Bamberg: C.C. Buchners Verlag 1976, S. 171. Und Sander, G.: Alfred Döblin – Berlin Alexanderplatz, Stuttgart: Philipp Reclam jun.GmbH & Co. 2006, S.5-73.
[11] Muschg, W.: Alfred Döblins Roman S. 171.
[12] vgl.: Schweikle, G.: Simultantechnik: Metzler Literatur Lexikon (1990) S.429.
[13] Muschg, W.: Alfred Döblins Roman S. 169.
[14] Döblin, A.: Berlin Alexanderplatz, S.51-52.
[15] vgl.: Žmegač, V.: Alfred Döblins Poetik des Romans, S. 343.
[16] Döblin, A.: Berlin Alexanderplatz, S.11.
[17] Definition: Schäfer, G.: Auktoriales Erzählen: Metzler Literatur Lexikon (1990) S.32-33.
[18] Döblin, A.: Berlin Alexanderplatz, S.19.
[19] Definition: Ackermann, I.: Prolog: Metzler Literatur Lexikon (1990) S.364.
[20] Definition: Schäfer-Maulbetsch, R.: Bänkelsang: Metzler Literatur Lexikon (1990) S.38-39.
- Quote paper
- Mareike Jänsch (Author), 2007, Erzähltechnik in 'Berlin Alexanderplatz' - Analyse einiger ausgewählter Textpassagen, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/75694
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