„… der heilt zu Tod.“
Fußend auf dem grundsätzlichen Problem der Ordnung, nämlich dass Ordnungen nicht ohne ein letztes Element Unordnung bestehen können, entstand ein Bild wie es obiges Zitat des Pater Foelix perfekt auszudrücken vermag. Es stellt ein prinzipielles Problem jeder Macht dar. Denn es bedeutet, mindestens den letzten Grund für den Verlust eigener Autorität nicht aufheben zu können. So dass nach der Herstellung einer „perfekten“, nicht zu durchbrechenden Ordnung ein kompletter Stillstand dieses Systems die Folge wäre. Die mögliche Bedeutung eines solchen Stillstandes abzuschätzen, hieße aufzuzeigen, wie bewegungslos das System überhaupt sein kann. Mindestens wäre eine solche Macht auf geradezu philosophische Art und Weise langweilig für den letzten Menschen, der sie verwaltet.
Der Annahme, die Aktivitäten der „geordneten“ Umwelt abschätzen zu können, steht jedoch der Ausschluss zweier indiskutabler Voraussetzungen voran. Zum einen, inwiefern man überhaupt in der Lage sein kann, den Stillstand eines Systems festzustellen, in dem man sich selbst befindet und zum anderen, ob eine solche Ordnung in irgendeiner Weise im Rahmen des Möglichen läge.
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betrachtenden Gegenstand der Hausarbeit. Nämlich der Frage, welches das geeignete Mittel ist, die Stagnation einer allzu perfekten Ordnung zu verhindern. Und das gerade, weil die Zersetzung der Ordnung nur von zwei möglichen Seiten ausgehen kann: Der Ordnung selbst in ihrer extremsten Ausprägung (ein Stillstand der Ordnung) und der Einführung nicht zu händelnder „Unwägbarkeiten.“
Eine solche Einführung einer Neuerung, die vom System vorher noch nicht betrachtet wurde, also auch nicht berechenbar gewesen sein konnte, wird im Folgenden als Integration bezeichnet. Integration von „Unwägbarkeiten“, die zukünftig vom auf „Perfektion“ zusteuernden System in die (Problem-) Prognosen miteinbezogen werden müssen.
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drei großen Problemen. Es kann nämlich eine bestandssichernde Unordnung im abgeschlossenen, „ordentlichen“ System nicht existieren, da es ja ordentlich ist. Und damit kann auch kein von außen geschlossenes System bestehen. Weiterhin führt die permanente Einführung von Neuerungen zu einer Verminderung der Wahrscheinlichkeit der Einführung von Neuerungen. Und endlich kann mit Abnahme der Integrationswahrscheinlichkeit von einer Vergrößerung der Berechenbarkeit von zukünftigen Ereignissen, die das System nicht kennen sollte, ausgegangen werden.
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
2. Zur Problemdefinition
2.1 Spontaneität wird geplant
2.2 Eine grundsätzliche Dichotomie?
2.2.1 Gute Ordnung, schlechte Ordnung?
2.3 Wohin also?
3. Übertrag
4. Konsequenzen für die Praxis
4.1 Territorialstaat vs. Massenintegration
4.2 Einfachheit als Erfolgsprinzip?
Literatur
Internetquellen
1. Einleitung
„… der heilt zu Tod.“[1]
Fußend auf dem grundsätzlichen Problem der Ordnung, nämlich dass Ordnungen nicht ohne ein letztes Element Unordnung bestehen können[2], entstand ein Bild wie es obiges Zitat des Pater Foelix perfekt auszudrücken vermag. Es stellt ein prinzipielles Problem jeder Macht dar. Denn es bedeutet, mindestens den letzten Grund für den Verlust eigener Autorität nicht aufheben zu können. So dass nach der Herstellung einer „perfekten“, nicht zu durchbrechenden Ordnung ein kompletter Stillstand dieses Systems die Folge wäre. Die mögliche Bedeutung eines solchen Stillstandes abzuschätzen, hieße aufzuzeigen, wie bewegungslos das System überhaupt sein kann. Mindestens wäre eine solche Macht auf geradezu philosophische Art und Weise langweilig für den letzten Menschen, der sie verwaltet.
Der Annahme, die Aktivitäten der „geordneten“ Umwelt abschätzen zu können, steht jedoch der Ausschluss zweier indiskutabler Voraussetzungen voran. Zum einen, inwiefern man überhaupt in der Lage sein kann, den Stillstand eines Systems festzustellen, in dem man sich selbst befindet und zum anderen, ob eine solche Ordnung in irgendeiner Weise im Rahmen des Möglichen läge.
Damit aber ein System zum Stillstand kommen könnte, und das betrifft eine umfassende Anzahl von möglichen Systemen, ist ein wichtiges Merkmal erforderlich. Das System müsste dafür abgeschlossen sein. Abgeschlossene Systeme sind nach innen aber in jedem Fall ordentlich, denn alle Bestandteile des als abgeschlossen definierten Systems sind bekannt. Wird mit diesen Voraussetzungen ein berechenbares, soll heißen ein absolut vorhersehbares System als „ordentlich“ definiert, ist jede eventuelle Neuerung von außen in das System eingebracht. Denn käme sie aus dem System, hätte sie vorhergesehen sein müssen und hätte, der Ordnung entsprechend, kein Problem darstellen können. Diese Neuerungen werden im Folgenden als „Unwägbarkeiten“, also als unbekannte Faktoren, die neu auf das System wirken, bezeichnet.
Dies führt zum zu betrachtenden Gegenstand der Hausarbeit. Nämlich der Frage, welches das geeignete Mittel ist, die Stagnation einer allzu perfekten Ordnung zu verhindern. Und das gerade, weil die Zersetzung der Ordnung nur von zwei möglichen Seiten ausgehen kann: Der Ordnung selbst in ihrer extremsten Ausprägung (ein Stillstand der Ordnung) und der Einführung nicht zu händelnder „Unwägbarkeiten.“
Eine solche Einführung einer Neuerung, die vom System vorher noch nicht betrachtet wurde, also auch nicht berechenbar gewesen sein konnte, wird im Folgenden als Integration bezeichnet. Integration von „Unwägbarkeiten“, die zukünftig vom auf „Perfektion“ zusteuernden System in die (Problem-) Prognosen miteinbezogen werden müssen.
Ein Beispiel dafür bietet Dieter Fuchs, indem er als eine operationale Definition von „sozialer“ Integration vorschlägt: „Je stärker die Tolerierung der Anderen in den Interaktionen der Mitglieder einer gesellschaftlichen Gemeinschaft, desto größer ist die soziale Integration dieser Gemeinschaft.“[3] Ist man in einer Gemeinschaft also „tolerant“ gegenüber den Verhaltensweisen neuer, vorher unbekannter Mitglieder, führt man deren Verhaltensweisen in die Zukunftsbetrachtung der möglichen zu bedenkenden Ereignisse mit ein. Nicht der Fakt, ob ein eventuell nicht akzeptiertes Verhalten antizipiert wird, sondern der Fakt, dass man das Verhalten hätte voraussehen können, ist dabei Integration wie oben definiert. Als Beispiel dafür soll im späteren Verlauf ein Verbrecher, der erst dann echt integriert in die Ordnung ist, wenn er im Gefängnis sitzt, besprochen werden. Denn er wird vom Rest der Gesellschaft an diesem Ort „akzeptiert“, weil sein „deviantes“ Verhalten vorhersehbar und unter Kontrolle ist.
Dieser Gedanke der Einbeziehung von für ein System neuen Sachverhalten zur Stärkung der Vorhersehbarkeitssicherheit soll hier in etwa dem Evolutionsschema nach Spencer entsprechen.[4] Also ohne absichtsvoll auf eine Verdichtung der Ordnung hinauszulaufen, entsteht eine umfassende Berechenbarkeit auf Grund von umfangreicher werdendem Wissen über abzuwendende mögliche Zukunftsereignisse. Dieses Wissen ist dabei „prozessproduziert“. Das bedeutet, dass durch bloßes Wahrnehmen eines Sachverhaltes dieser in die Entwicklungsprognose miteinbezogen wird.
2. Zur Problemdefinition
Die Betrachtung führt bis hierher schon zu drei großen Problemen. Es kann nämlich eine bestandssichernde Unordnung im abgeschlossenen, „ordentlichen“ System nicht existieren, da es ja ordentlich ist. Und damit kann auch kein von außen geschlossenes System bestehen. Weiterhin führt die permanente Einführung von Neuerungen zu einer Verminderung der Wahrscheinlichkeit der Einführung von Neuerungen. Und endlich kann mit Abnahme der Integrationswahrscheinlichkeit von einer Vergrößerung der Berechenbarkeit von zukünftigen Ereignissen, die das System nicht kennen sollte, ausgegangen werden.
Dazu ein einfaches Beispiel:
Die Menge an Spielzeug eines Kindes beschränkt sich über einen bestimmten Zeitraum auf 100 Spielzeuge. Um zu vermeiden, dass das nicht unmittelbar verwendete Spielzeug verloren geht, geben ihm seine Eltern eine Kiste. Nun verteilen sich die Spielzeuge in deren Wohnung jedoch wie folgt: Zehn Stück liegen an Plätzen außerhalb des Kinderzimmers, 30 im Kinderzimmer verteilt und der Rest von 60 in eben dieser Spielzeugkiste. Die Eltern sind naturgemäß sehr aufgebracht über die Menge an Spielzeug, die sich „unordentlich“ in der gesamten Wohnung verteilt. Dennoch erklärt ihnen ihr Kind, es müsse sich ein gewisses Kontingent an Spielzeug außerhalb der Kiste befinden. Denn es ließe sich nur so die Möglichkeit erhalten, etwas in die Kiste zu packen. Mindestens aber soviel, dass in der Kiste Platz für mehr Spielzeug herrscht. Da für das Kind unüberschaubar wäre, wie viel Spielzeug es jemals haben würde, ließe es aus dem gleichen Grund auch eine gewisse Menge seiner Spielzeuge eben auch nicht in unmittelbarer Umgebung dieser Kiste. Unordnung, so das Kind, herrsche jedoch nicht im Zimmer oder in der Wohnung sondern nur außerhalb. Dort, wo nicht vorhersehbar ist, wie viele Spielzeuge in die Kiste geordnet werden müssten.
Wäre die Kiste voll, schließt das Kind, bedeutete dies eine wesentlich umfassendere Unordnung in Kinderzimmer und der gesamten Wohnung, da das einzige Mittel zum Erhalt der Ordnung, das ihm zur Verfügung stünde, dann nicht mehr funktionstüchtig ist.
Um die Probleme mit dem eventuellen Stillstand des Systems zu lösen, könnte man also gewisse Elemente der Ordnung entziehen. Ein absichtsvolles Aufbewahren bestimmter zu ordnender Faktoren außerhalb der eigenen Grenzen sicherte so den Erhalt einer Ordnung. Das stetige Einordnen hingegen erzeugt in diesem Fall eine sichere Voraussage, mit dem „Ausfüllen“ des Ordnungsraumes im Wortsinne keinen Platz mehr für Neuerungen zu haben.
Integration entspricht dann aber nicht mehr der ursprünglichen Definition, da sie schon vor der jetzt zweiten „Verwendung“ der Neuerung ihr wichtigstes Funktionsmerkmal verloren hat.
[...]
[1] Jünger, Ernst; Heliopolis; Tübingen; 1949; S.250
[2] vgl. Anter, Andreas; Die Macht der Ordnung, Aspekte einer Grundkategorie des Politischen; Tübingen; 2004; 115, 120
[3] Fuchs, Dieter; Soziale Integration und politische Institutionen in modernen Gesellschaften; in: (Hsrg.) Friedrichs, Jürgen; Jagodzinski, Wolfgang; Soziale Integration; Wiesbaden; 1999; S.170
[4] Spencer, Herbert; Grundsätze einer synthetischen Auffassung der Dinge; Stuttgart; 1900 vgl. S. 168 vgl. auch http://omnibus.uni-freiburg.de/~simms/sozdif/Spencer/Spencerindex2.html letzter Zugriff 31.08.2004
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- Roland Quiatkowski (Author), 2007, „Wer bis zum Grunde heilen will, …“ Integration, Akzeptanz und Ausgleich, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/75655
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