In Bosnien-Herzegowina sind am 1. Oktober 2006 rund 2,7 Millionen Bürger aufgerufen, ihre Stimme abzugeben. Experten gehen davon aus, dass diese Wahlen auch zu einer Weichenstellung für das Land werden. Denn „[n]ach den Wahlen müsse eine Konstellation zwischen den Parteien gefunden werden, die vor allem die Verfassungsreform voranbringt. Vieles hänge davon ab, dass wichtige Reformen wie die Polizeireform und die Verfassungsreform tatsächlich umgesetzt würden, um einen funktionsfähigen Staat zu erhalten.“ (Sestic 2006) Die Probleme des Landes und demnach auch der kommenden Wahl liegen in der ethnischen Geteiltheit und der Schwäche des Staates. (Vgl. Sestic 2006)
Wie kann nun der Prozess des externen Nationbuildings in Bosnien-Herzegowina eingeordnet werden? Haben die externen Akteure gute oder schlechte Arbeit geleistet? Diese Arbeit soll versuchen, das Nationbuilding in Bosnien-Herzegowina einzuordnen und besonderen Bezug darauf nehmen, wie die Leistungen der internationalen Gemeinschaft zu bewerten sind. Wie ist das externe Nationbuilding in Bosnien-Herzegowina (im Folgenden abgekürzt: BiH) einzuordnen?
Inhaltsverzeichnis
1 Einleitung
2 Die Problematik des Nationbuilding Begriffs
2.1 Das Nationbuilding
2.2 Das externe Nationbuilding
2.3 Die Elemente des Nationbuilding
2.3.1 Die integrative Ideologie
2.3.2 Die Integration der Gesellschaft
2.3.3 Das Statebuilding
3 Nationbuilding in Bosnien-Herzegowina
3.1 Die Integration der Gesellschaft
3.2 Das Statebuilding
3.3 Die integrative Ideologie
4 Erkenntnislese und Perspektiven
5 Literaturverzeichnis
1 Einleitung
In Bosnien-Herzegowina sind am 1. Oktober 2006 rund 2,7 Millionen Bürger aufgerufen, ihre Stimme abzugeben. Experten gehen davon aus, dass diese Wahlen auch zu einer Weichenstellung für das Land werden. Denn „[n]ach den Wahlen müsse eine Konstellation zwischen den Parteien gefunden werden, die vor allem die Verfassungsreform voranbringt. Vieles hänge davon ab, dass wichtige Reformen wie die Polizeireform und die Verfassungsreform tatsächlich umgesetzt würden, um einen funktionsfähigen Staat zu erhalten.“ (Sestic 2006) Die Probleme des Landes und demnach auch der kommenden Wahl liegen in der ethnischen Geteiltheit und der Schwäche des Staates. (Vgl. Sestic 2006)
Wie kann nun der Prozess des externen Nationbuildings in Bosnien-Herzegowina eingeordnet werden? Haben die externen Akteure gute oder schlechte Arbeit geleistet? Diese Arbeit soll versuchen, das Nationbuilding in Bosnien-Herzegowina einzuordnen und besonderen Bezug darauf nehmen, wie die Leistungen der internationalen Gemeinschaft zu bewerten sind. Wie ist das externe Nationbuilding in Bosnien-Herzegowina (im Folgenden abgekürzt: BiH) einzuordnen?
In der Literatur war es insbesondere schwierig eine gute Definition des Nationbuildingbegriffes zu finden. Es gibt zwar eine große Anzahl von Arbeiten zu diesem Thema, dennoch war nur ein Aufsatz von entscheidender Bedeutung für die weitere Arbeit am konkreten Beispiel BiH. Der Aufsatz von Jochen Hippler, „Nation-Building. Ein Schlüsselkonzept für friedliche Konfliktbearbeitung?“, war sehr hilfreich für den theoretischen Teil und demnach auch für die Behandlung des konkreten Beispiels. In der gesamten Arbeit konnte leider, aufgrund sprachlicher Defizite, nur auf deutsche oder englische Literatur verwendet werden. Problematisch war auch die Beschaffung empirischer Daten, da nur auf die Daten in schon bestehenden Werken zurückgegriffen werden konnte. Wobei auch teilweise zu untersuchende Auswirkungen und Abhängigkeiten nur an sehr punktuellen Beispielen festgemacht werden konnten, da diese komplexen Zusammenhänge fast nicht empirisch erfasst werden können. Hauptsächliche Informationsquelle war die anerkannte wissenschaftliche Literatur und Aufsätze aus Sammelbänden. Für den konkreten Fall BiH war das Protokoll einer Tagung der Heinrich Böll Stiftung zum Thema „Bosnien und Herzegowina – ein unvollendbarer Staat? Das Dilemma des externen Nation Building.“ sehr hilfreich und interessant, auch aufgrund der diversen Expertenaussagen.
Die Theorie zum Thema Nationbuilding ist ausbaufähig, doch nicht nur deshalb lohnt es sich, sich mit diesem Problem zu beschäftigen. Nationbuilding wird auch in Zukunft in der konkreten Politik eine große Rolle spielen, da erfolgreiches Nationbuilding auch positive Impulse für die Stabilität des Staates und auch der ganzen Region haben kann. Die Herausforderung für externe Akteure besteht demnach nicht darin militärisch zu intervenieren, aus welchen Gründen auch immer, sondern vordergründig sollten ein großes Interesse und auch eine große Kompetenz dem Thema Nationbuilding zukommen.
Diese Arbeit ist demnach so aufgebaut, dass zunächst einmal die theoretischen Grundlagen des Nationbuilding näher beleuchtet werden, um am Ende dann zu konkret überprüfbaren Hypothesen zu gelangen. Diese Hypothesen stützen sich auf den oben erwähnten Aufsatz von Jochen Hippler, ergänzt durch Einflussmöglichkeiten der externen Akteure. Genau hierauf liegt dann der Fokus im zweiten Teil, wobei konkret bearbeitet wird, welchen Einfluss die externen Akteure in BiH haben und inwieweit sich dieser Einfluss positiv oder auch negativ auf das Nationbuilding in BiH auswirken.
2 Die Problematik des Nationbuilding Begriffs
Nationbuilding wird heute vor allem als eine Art Allheilmittel für die Vermeidung von Staatszerfall oder als eine Art Nachkriegsaufgabe gesehen. Es soll Stabilität erreicht werden und dadurch, nach einer militärischen Intervention, ein entwicklungsfähiges Land hinterlassen werden. (Vgl. Hippler 2004: 15ff) Allerdings hatte der Begriff im laufe seiner Geschichte andere Bedeutungsebenen.
Das Konzept des Nationbuilding war in den Fünfziger und Sechziger Jahren des Neunzehnten Jahrhunderts sehr populär, da es mit der damalig vorherrschenden Modernisierungstheorie harmonierte. Demnach sollte die Lösung für diverse Probleme ein Nationalstaat nach westlichem Vorbild sein. Der Modernisierung, insbesondere der Staaten der Dritten Welt, sollte ein Nationbuilding zugrunde liegen und die Vorraussetzung für wirtschaftliche Entwicklung sein. Ebenfalls war Nationbuilding ein Konzept, welches im Kampf Ost gegen West zur Zeit des Kalten Krieges ein legitimes Mittel darstellte, um die Einflusszone des Gegners zu verkleinern. Allerdings kam der Begriff Nationbuilding genau durch diesen Zusammenhang, welcher auch oft mit militärischen Strategien verknüpft war, in Misskredit und wurde nicht mehr verwendet.
Nach dem Kalten Krieg, durch die Zunahme regionaler Konflikte und deren internationale Verwicklungen, kam der Begriff erneut auf. Er wurde dann zunehmend in eben diesem Zusammenhang gebraucht. Allerdings besteht hierbei ein Defizit in der wissenschaftlichen Bearbeitung der Begrifflichkeit. In der alltäglichen Politiksprache hat sich der Begriff Nationbuilding seit dem Ende der Neunziger Jahre durchgesetzt – als, sehr vernachlässigte, Nachkriegsaufgabe. (Vgl. Hippler 2004: 15ff)
2.1 Das Nationbuilding
Doch wie kann nun der Begriff Nationbuilding definiert werden? Hippler unterteilt zwei Bedeutungsebenen des Begriffs. Einerseits Nationbuilding als Prozess sozio-politischer Entwicklung, und andererseits als eine politische Zielvorstellung. Der Prozess sozio-politischer Entwicklung lässt aus einer Gemeinschaft eine Gesellschaft mit Nationalstaat entstehen. Dieser Prozess folgt in keinster Weise einem Schema und ist auch nicht per se erfolgreich. Seine Dimensionen sind von Fall zu Fall verschieden, sowie sein Verlauf, der friedlich oder gewaltsam sein kann. Demnach ist eine Steuerung dieses Prozesses auch kaum möglich. Die zweite Ebene, die der politischen Zielvorstellung, schlägt sich in dem Streben diverser Akteure nieder eine nationalstaatliche Entwicklung aus Eigeninteressen zu fördern. Hierbei trägt der Begriff Nationbuilding keine dynamische Bedeutung, sondern erhält einen konzeptionellen Charakter. Auch hier besteht keine eindeutige Definition, da die Ziele, Beweggründe und auch die Herkunft der Akteure verschieden sind. Einzig gemeinsam ist hierbei nur das Ziel der Akteure – Nationenbildung. (Vgl. Hippler 2004: 18ff)
Steffen Handrick unterteilt die Definition von Nationbuilding ebenfalls in zwei Aspekte. Bei ihm kommt nun noch, neben der Entwicklung einer Nation, die Entwicklung eines Staates (statebuilding) hinzu. Dies schließt die Begrifflichkeit Nationbuilding im modernen Sinne mit ein, denn eine Nation ist in der Moderne nur dann akzeptiert und auch konsolidiert, wenn sie einen Staat aufgebaut hat. (Vgl. Handrick 2005: 12ff) In dieser Arbeit wird Nationbuilding als Konsequenz aus den eben aufgeführten Definitionsversuchen als sozio-politische Entwicklung, welche zu einem Staat führt, definiert.
2.2 Das externe Nationbuilding
Nachdem nun versucht wurde den Begriff Nationbuilding an sich zu definieren, soll im Folgenden externes Nationbuilding behandelt werden. In den meisten Fällen von externem Nationbuilding des Westens ist das Ziel eines demokratischen Nationbuildings vorhanden. Auf das Thema demokratisches Nationbuilding wird hier allerdings nicht intensiver eingegangen werden, da dieser Aspekt unter den Punkt Statebuilding fällt.
Die Definition von externem Nationbuilding von James Dobbins, Direktor des International Security and Defense Policy Center in Washington, D. C., sieht wie folgt aus: „Wir definieren Nation Building als den Nutzen von militärischen Einsätzen in der Nachkriegsphase eines Konfliktes mit dem Ziel, einen Übergang zur Demokratie zu unterstützen. Nation Building ist nicht Democracy Building, dies ist zu tun in einer sicheren Situation, Nation Building ist zu tun in einer unsicheren Situation, in der zunächst Sicherheit hergestellt werden muss.“ (Heinrich-Böll-Stiftung 2004: 6).
Eine andere, aber dennoch ähnliche, Definition gibt Francis Fukuyama. Er sieht Nationbuilding als Prozess „(…) of helping to ‘create self-sustaining democratic political institutions and robust market-oriented economies…’.“ (zitiert nach Somit 2005: 35). Auch hier sieht man wieder die notwendige Vermischung von Nationbuilding mit Statebuilding und zwar mit demokratischem Statebuilding. Also demnach eine sehr eingeschränkte Definition. Allerdings unterscheidet auch Fukuyama zwischen Nation- und Statebuilding und definiert demnach Nationbuilding als, „(…)’creating or repairing all the cultural, social, and historical ties that bind people together as a nation.’“ (zitiert nach Somit 2005: 35). Allerdings sieht man auch hier, dass Nationbuilding als ein von Außen oder von Eliten angestoßener Prozess angesehen wird. Ebenso wie Statebuilding als: „(…)’creating or strengthening such government institutions as armies, police forces, judiciaries, central banks, tax-collection agencies, health and education systems, and the like.’“ (zitiert nach Somit 2005: 35).
Es gibt aber auch Stimmen, die anmahnen, dass externe Akteure nur sehr begrenzten Einfluss auf den Nationbuilding Prozess eines Landes nehmen können. So definiert Marcus Cox Nationbuilding als hauptsächlich langfristigen und, vor allem, innerstaatlichen Prozess, welcher sich in einer Gesellschaft abspielt. „’Die Dimensionen von Nation Building sind zu komplex und historisch zu lang, als dass dieser Begriff zur Beschreibung der internationalen Kurzzeitmissionen sinnvoll angewendet werden kann.’“ (zitiert nach Heinrich-Böll-Stiftung 2004: 7) Für ihn sollte demnach auch nur von Statebuilding anstatt von externem Nationbuilding gesprochen werden. (Vgl. Heinrich-Böll-Stiftung 2004: 7) In dieser Arbeit wird allerdings dieser Aufforderung nicht nachgekommen werden, da Statebuilding nie geschehen wird ohne zumindest zu einem Teil Nationbuilding zu betreiben.
Ein weiterer, sehr interessanter Ansatz wird von Joscha Schmierer vertreten. Für ihn ist nicht Nation- oder Statebuilding das entscheidende, sondern Societybuilding. Die Gesellschaft soll geformt werden und zu eben dieser Aufgabe sollte ein geeigneter Zugang gefunden werden. Es steht außer Frage, dass die Gesellschaft mit das wichtigste Element darstellt, denn die Gesellschaft schafft erst einen Grund für Nationbuilding und einen stabilen Staat wird es ohne eine ‚moderne Gesellschaft’ nicht geben. (Vgl. Heinrich-Böll-Stiftung 2004: 7f)
Externes Nationbuilding soll also als die Entwicklung einer Nation und eines Staates mit externem Einfluss definiert werden. Im Grunde liegen aber dieser Arbeit die im folgenden Punkt beschriebenen Elemente des Nationbuilding zugrunde, wobei besonderer Fokus auf die Einflussmöglichkeiten von Außen gelegt wird.
2.3 Die Elemente des Nationbuilding
Laut Hippler sind die drei Elemente von Nationbuilding eine Ideologie, die Integration der Gesellschaft und ein funktionierender Staatsapparat. Die Frage, welche sich nun stellt ist, wie diese Punkte von externen Akteuren vorangetrieben werden können, um somit nicht Nationbuilding zu betreiben, sondern zu unterstützen
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- Citation du texte
- Birgit Giemza (Auteur), 2006, Externes Nationbuilding in Bosnien-Herzegowina, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/75652
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