Das Ziel dieser Arbeit ist es, die ansonst relativ verallgemeinernden Konflikttheorien auf eine bestimmte Region anzuwenden, indem die bisherigen Erklärungsansätze in ein regionalspezifisches Modell übertragen
werden. Dabei werden die meisten Theorieansätze grob bestätigt: Die bisherigen Erklärungsvariablen - beispielsweise Demokratisierung und ethnische Zusammensetzung - scheinen auch in den postkommunistischen Staaten Einfluss auf das Eintreten eines Bürgerkrieges zu haben. Allerdings werden auch die Schwächen der Ansätze im Hinblick auf diese Region klar. So wurde das Hauptargument der Demokratisierungstheoretiker (z.B. Hegre et al. 2001, Mansfield&Snyder 1995) nicht bestätigt, dass anocracies anfälliger auf Konflikte sind, während Demokratien und Autokratien resistenter sein sollten. Trotzdem hat Demokratie starken Einfluss auf das Eintreten eines bewaffneten Konflikts - jedoch einen linearen: je demokratischer ein Staat, desto kleiner die Chance eines bewaffneten Konflikts. Die Stabilität von Autokratien kann aber nicht bestätigt werden. Wird diese Aussage noch mit der zusätzlichen Bedingung einer radikalen Demokratisierung ergänzt, kann gesagt werden, dass diese beiden Faktoren zusammen einen schnellen, friedlichen Übergang zu einem neuen, stabilen System ermöglichten. Diese Stabilität - oder Konsolidierung - führte dazu, dass die negativen Aspekte der Demokratisierung (beispielsweise die Ausweitung des politischen Spektrums, eine effiziente Entmachtung und Ersetzung der alten Elite sowie die Schwächung der zentralen Autorität) gröosstenteils durch neue Anreizsysteme - beispielsweise gleiche Rechte für alle oder Ausblick auf Teilhabe an ökonomischen Gewinnen - verhindert werden konnten. Auch die ethnischen Argumente der allgemeinen Konflikttheorie müssen in einigen wichtigen Aspekten modifiziert werden, um auf die postkommunistischen Fälle angewendet werden zu können.
Inhaltsverzeichnis
1 Einleitung
2 Theorie
2.1 Politisch-institutionelle Gründe
2.1.1 Demokratisierung
2.1.2 Power-sharing Institutions
2.2 Soziokulturelle Gründe
2.2.1 Ethnische Heterogenität
2.2.2 Starke von ethnischer Gruppen
2.3 Ökonomische Faktoren
2.4 „Nationalstaat-Kultur“
3 Operationalisierung und Datengrundlage
3.1 AV: Bewaffneter Konflikt
3.2 Politische-institutionelle Variablen
3.2.1 UV: Demokratisierungsgrad
3.2.2 UV: Radikalitat der Demokratisierung
3.2.3 UV: Power-sharing institutions
3.3 Soziokulturelle Variablen
3.3.1 UV: Ethnische Heterogenitat
3.3.2 UV: Stürke einer ethnischen Gruppierung
3.4 Ökonomische Variablen
3.4.1 UV: Wirtschaftliche Entwicklung
3.5 Nationalstaat-Kultur“-Variable
3.5.1 UV: Erstmalige Unabhangigkeit
4 Untersuchungsanordnung
4.1 Fallzahl und Messzeitpunkte
4.2 Modelle
5 Resultate
5.1 Allgemeine Modellguüte
5.2 Demokratisierung
5.2.1 Demokratisierungsgrad
5.2.2 Radikalitüat der Demokratisierung
5.3 Föderalismus
5.4 Soziokulturelle Gründe
5.4.1 Ethnische Heterogenitüat
5.4.2 Starke einer Ethnischen Gruppierung
5.4.3 Nationalstaat-Kultur
5.4.4 ökonomische Gründe
6 Fazit
1 Einleitung
Ende der 80er-Jahre des vergangenen Jahrhunderts leitete der damalige Ge- neralsekrater der Sowietunion, Michail Gorbatschow, unter den beiden Leitbegriffen Glasnost und Perestroika eine Phase der Reformation ein. Auf diese folgte eine Welle der Liberalisierung in der gesamten kommunistischen Welt. Beginnend mit den Staaten in Zentral- und Mitteleuropa wurden die kommunistischen Regime (meistens) durch demokratischere ersetzt und die Marktwirtschaft löste die Planwirtschaft ab. Kurz danach folgte der Zusammenbruch der Vielvölkerstaaten der Sowjetunion und Jugoslawiens. Dieser war begleitet von der Gröndung neuer Staaten sowie von weiteren gesellschaftlichen, politischen als auch wirtschaftlichen Liberalisierungen. Allerdings war diese Liberalisierung in den verschiedenen Staaten unterschiedlich starker Dynamik ausgesetzt: wöhrend in Ost- und Mitteleuropa rasch Reformen eingeleitet wurden, reformierten sich vor allem in Zentralasien neue Formen von autokratisch regierten Staaten. Ekiert et al. (2007) bemerken in einem Übersichtsartikel:
„The most obvious fact is that fifteen years after the collapse of communist regimes, there is a wide range of political systems in the region that can be grouped in three categories: democratic, semidemocratic, and autocratic.“
Ekiert et al. (2007:11)
Der Zusammenbruch und die unterschiedlichen Entwicklungen die darauf folgten, eroffneten Politikwissenschaftlern ein neues Forschungsfeld. So wurde beispielsweise die Demokratisierung unter dem Überbegriff der „3. Demokratisierungswelle (Huntington 1991) analysiert. Es wurde erforscht, welche Faktoren rasche Reformen und Demokratisierung beguönstigen. Daraus entwickelte sich eine neue Art von Demokratieforschung - die Transformationsforschung.
Die Transformation der postkommunistischen Staaten brachte aber nicht den erhofften „demokratischen Frieden“ (Breslauer 2001:2) mit sich. Der Zusammenbruch der autoritören Vielvölkerstaaten setzte auch Konfliktpotential frei. Die neu gewonnen Freiheiten resultierten teilweise in Konflikten. Somit wurde die postkommunistische Welt auch ein Forschungsfeld der Konfliktforscher. Deren allgemeine Hypothesen - primaör bestehend aus politischinstitutionellen, oökonomischen und soziokulturellen Faktoren - konnten regionsspezifisch getestet werden. Dabei wird oft auf eine Vielzahl von gleichzeitig eintretenden Faktoren hingewiesen. Ekiert et al. (2007) meinen im Hinblick auf diese Komplexitöt:
„There is, however, growing evidence that structural constraints; historical legacies; geographical location; and contingent events such as conflicts, wars, or natural disasters can greatly influence political outcomes.“ Ekiert et al. (2007:13)
Um die Ursachen von Konflikten in den postkommunistischen Staaten zu untersuchen, muss also ein eklektischer Ansatz gewählt werden. Nur so kann man der Komplexität der verschiedenen, gleichzeitig eintretenden Entwicklungen gerecht werden.
Die Untersuchungseinheiten bieten fär eine komparative Studie ideale Voraussetzungen. Zum einen bestehen gewisse Ähnlichkeiten:
- Alle untersuchten Fälle hatten vor der Wende ähnliche politische Voraussetzungen
- Die Zeitpunkte der Wenden liegen sehr nahe zusammen
- Die kommunistische Wirtschaftsordnung schaffte in allen Ländern ahn- liche soziale und gesellschaftliche Rahmenbedingungen
Diesen, durch die kommunistische Ordnung und deren Zusammenbruch definierten Gemeinsamkeiten, stehen Unterschiede gegenäber, welche vor allem in der vor-kommunistischen Zeit gruänden:
- Die ethnische Zusammensetzung der einzelnen Staaten
- Der oäkonomische Entwicklungsstand zur Zeit des Wandels
- Historische Gegebenheiten
Diese kännen herangezogen werden, um Erklärungen für die unterschiedliche Entwicklung der postkommunistischen Staaten zu finden.
Die Vorteile dieser Region als Untersuchungseinheit liegen also auf der Hand: Die Aä hnlichkeiten der unmittelbaren strukturellen Voraussetzungen der Faälle bieten einen Ausgangspunkt, wäahrend die unterschiedlichen Entwicklungen anhand gewissen Variablen erklaärt werden koännen. Somit bieten die postkommunistischen Länder die Möglichkeit, allgemeine Erklärungen aus der Politikwissenschaft zu äberpräfen und gegebenenfalls zu modifizieren.
In dieser Arbeit wird die Transformation aus dem Blickwinkel der Konflikttheorien betrachtet. Damit sollen Aussagen äber die Gältigkeit der allgemeinen Theorien gewonnen werden. Zudem soll versucht werden - falls traditionelle Erklaärungsansäatze zu kurz kommen - ergäanzende, regionenspezifische Grände heraus zu kristallisieren und zu präfen.
Das Vorgehen in dieser Arbeit gleicht generell stark der traditionellen Konfliktforschung: Es wird eine Vielzahl von Variablen in die Untersuchung mit einbezogen, um deren Einfluss auf das Eintreten eines bewaffneten Konflikts zu überprüfen. Danach sollen diese anhand eines empirischen Modells untersucht und interpretiert werden. Dadurch sollen Faktoren gefunden werden, welche die unterschiedlichen Entwicklungen der einzelnen Staaten erklüren. Meine Forschungsfrage lautet deshalb: Welche Faktoren begründen das Eintreten von bewaffneten Konflikten in den postkommunistischen Staaten?
2 Theorie
Wie in der Einleitung erwühnt, lassen sich in der Konfliktforschung grosse Unterschiede bezüglich der Konfliktursachen erkennen. Diese lassen sich grob in drei Aspekte aufteilen:
- Politisch-institutionelle Faktoren
- Soziokulturelle Faktoren
- Ökonomische Faktoren
Um die Ursachen von Bürgerkriegen in den postkommunistischen Lündern zu untersuchen, ist es nütig, sich mit all diesen Faktoren auseinanderzusetzen. Grund dafür liegt in der speziellen Ausgangslage: Durch den Zusammenbruch der kommunistischen Systeme veränderten sich die Voraussetzungen in der Region grundlegend, da die Wende alle Bereiche der Gesellschaft stark beeinflussten. Auf politischer Ebene wurden die autoritüaren Systeme (meist) durch demokratischere ersetzt. In ükonomischer Hinsicht loste die Marktwirtschaft die Planwirtschaft ab. Dies brachte umfassende soziale Veraünderungen mit sich. Zudem formierten sich nationale Gruppierungen, welche nach der Unterdruückung durch die autoritaüren kommunistischen Regmie die Moüglichkeit sahen, eigene Staaten oder zumindest weitgehende Autonomierechte zu erlangen. Die drei Bereiche, die sonst in der Konfliktforschung als relativ unabhaüngig voneinander betrachtet wurden, fallen im Falle der postkommunistischen Laünder also zusammen und sind in gewissem Masse von einander abhaüngig. Deswegen ist eine isolierte Betrachtung nur eines Aspektes nicht sinnvoll, sondern es müssen mehrere - in der bisherigen Konfliktforschung untersuchten - Aspekte zusammen betrachtet werden. Nur eine solch umfassende Analyse wird der Komplexität dieser Region gerecht und erlaubt es, Schlüsse zu ziehen.
Die theoretische Herleitung der Argumente geschieht durch die Erlüauterung der verschiedenen Faktoren im Kontext allgemeinguültiger Untersuchungen. Die daraus gewonnenen Erkenntnisse werden danach anhand spezifischer Literatur durch den Hintergrund der postkommunistischen Staaten ergünzt, was zu Hypothesen über den Einfluss des jeweiligen Faktors auf das Eintreten eines bewaffneten Konflikts führt. Zudem wird mit der „NationalstaatKultur“ ein weiterer Punkt aufgegriffen, der vor allem in der spezifischen Literatur zur Region erwüahnt wird.
2.1 Politisch-institutionelle Gründe
2.1.1 Demokratisierung
Viele der bisherigen Studien (z.B. Gurr 2001, Hegre et al. 2001, Mans- field&Snyder 1995), welche den Grad der Demokratisierung mit dem Eintreten eines bewaffneten Konflikts in Verbindung bringen, kommen grundsätzlich alle auf denselben Schluss: Semidemokratien - oder anocracies[1] - sind gefährdeter als Demokratien oder Autokratien. Hegre et al. (2001) fassen dabei diesen Punkt wie folgt zusammen:
„Semidemocracies are partly open yet somewhat repressive, a combination that invites protest, rebellion, and other forms of civil violence. Repression leads to grievances that induce groups to take action and openness allows for them to organize and engage in activities against the regime. Such institutional contradictions imply a level of political incoherence, which is linked to civil conflict.“
Hegre et al. (2001:33)
In ihrer Studie finden sie dementsprechend einen U-färmigen Zusammenhang zwischen dem Level der Demokratisierung und dem Eintreten eines Krieges heraus: zwischen den beiden konsolidierten Formen der Demokratie und der Autokratie, eröffnet die „stoned road“ des Wandels und die damit verbundenen anarchischen Zustande Mäglichkeiten fär ethnische oder nationalistische Strämungen, welche zu Konflikten fähren kännen. Auch Mans- field&Snyder (1995) finden einen Zusammenhang zwischen dem Grade der Demokratisierung und bewaffneten Konflikten. Sie verweisen dabei ebenfalls auf die Situation des sozialen Wandels, institutionelle Schwaächen sowie die Bedrohung von Interessen:
,,(...) it becomes difficult to form stable political coalitions with coherent policy platforms and sufficient support to stay in power.“
Mansfield&Snyder (1995:26)
Dies fähren sie besonders auf vier Grände zuräck (Mansfield&Snyder 1995:28):
- Ausweitung des politischen Spektrums: In demokratisierenden Landern kann der Wandel zu extrem weit gestreuten Interessensgruppen fähren, welche fär eine erfolgreiche und friedliche Demokratisierung in den
Entscheidungsprozess mit einbezogen werden müssen. So scheiterten beispielsweise Ante Markovics Ideen eines föderalistischen, wirtschaftlich reformierten und demokratischen Jugoslawiens nicht nur an den ethnischen Spannungen, sondern auch an den Auseinandersetzungen zwischen marktorientierten Wirtschaftsinteressen auf der einen, sowie den Parteiprüsidenten und Militars auf der anderen Seite.
- Unflexible Interessen und kurzfristige Horizonte der bedrohten Elite zur Erhaltung ihres Status. Diese Entwicklung war besonders in den Staaten Zentralasiens zu beobachten, wo die kommunistische Elite ihre Macht trotz des Zusammenbruchs des alten Systems durch das Errichten neuer Formen von Autokratien verteidigen konnte.
- Kompetitive Massenmobilisierung durch die Eliten anhand derer immer noch vorhandenen Mechanismen (z.B. Ideologie und Mediengewalt).
- Schwüchung der zentralen Autoritat: Die Dezentralisierung der Interessen sowie der Autoritaten durch die Demokratisierung ergibt für die neuen Eliten im Vergleich zum autoritüren Zustand wenig Macht. Dies war besonders in Russland unter Jelzin zu beobachten.
Aus diesen Überlegungen sollen zwei Hypothesen formuliert werden. Die erste basiert auf den Überlegungen von Mansfield&Snyder (1995), die zweite zielt auf den von Hegre et al. (2001) prognostizierte U-fürmigen Zusammenhang.
HI: Je demokratischer ein postkommunistischer Staat, desto kleiner die Möglichkeit des Eintretens eines bewaffneten Konflikts.
HII:Semidemokratische postkommunistische Staaten sind anfalliger auf bewaffnete Konflikte als demokratische und autokratische postkommunistische Staaten.
Die bisherigen theoretischen Überlegungen scheinen darauf hinzuweisen, dass semidemokratische (oder demokratisierende) Staaten anfülliger auf Konflikte sind als konsolidierte Demokratien bzw. Autokratien. In Bezug auf die postkommunistischen Staaten ist dies sicherlich von Bedeutung - jedoch hauptsaüchlich in einer laüngerfristigen Perspektive. Um den Einfluss der Demokratisierung auf diese Fülle analysieren zu können, muss noch ein weiterer Punkt beachtet werden: Da all diese Staaten einen Wandel erlebten, muss dieser speziell untersucht werden. Mansfield&Snyder (1995) finden heraus, dass Staaten besonders kurz nach einem Wechsel des politischen Systems anfaüllig auf Konflikte sind. Bezuüglich der postkommunistischen Staaten sind ihre Resultate jedoch kontrovers:
”(...)the experience of the former Communist states suggests that those that have gone farthest and fastest toward full democracy are less nationalistic and less involved in militarized quarrels.“
Mansfield&Snyder (1995:38)
Die Untersuchung der Radikalität einer Demokratisierung wird besonders in den Transformationstheorien äber die postkommunistischen Staaten hervorgehoben. Clark (2002:3-14) und Hanson (2001) analysieren diesen Faktor im Zusammenhang mit Bärgerkriegen. Dies tun sie unter dem Paradigma der democratic consolidation. Diese kristallisieren sie als eine Hauptvoraussetzung fär eine friedliche Transformation heraus. Wenn postkommunistische Staaten also radikale Reformen vollzogen - meistens mit der Unterstuätzung westlicher Demokratien - wurde mit den alten Strukturen gebrochen, was der ehemaligen Elite die Grundlage fär eine Konterrevolution entzog[2]. Aus diesen Uä berlegungen soll die folgende Hypothese formuliert werden:
H III: Eine radikale Demokratisierung verkleinert die Gefahr eines bewaffneten Konflikts.
2.1.2 Power-sharing Institutions
Neben dem Grad der Demokratisierung wurde in der bisherigen Konfliktforschung insbesondere der Einfluss dreier weiterer institutioneller Variablen diskutiert, die hier als power-sharing institutions zusammengefasst werden: Foäderalismus, Regierungs- und Wahlsysteme. Die letzten beiden Faktoren wurden zwar in der allgemeinen Konfliktliteratur (z.B. Cohen 1997 und Watts 1998) sowie teilweise in der Demokratisierungsforschung postkommunistischer Länder (Roeder 1999b) untersucht. Klare Aussagen äber den Einfluss konnten jedoch aufgrund fehlender Aussagekraft nicht gemacht werden. Zwar wurde hier versucht, Daten äber die verschiedenen Systeme zu finden. Allerdings hatten die meisten postsowjetischen Staaten sowie einige ex-jugoslawische Staaten bis Mitte der 90er-Jahre noch kommunistische Verfassungen. Aus diesen laässt sich die wirkliche Gestalt der Systeme nur schwer ableiten. Als weiterer Faktor ware der Index äber die Starke des Präsidentialismus vorhanden gewesen[3]. Allerdings fehlen auch hier die meisten Werte der neu gegruändeten Staaten in der zu untersuchenden Periode. Aufgrund fehlender Daten, respektive der nicht genau interpretierbaren kommunistischen Verfassungen, kann der Einfluss der Wahl- und Regierungssysteme also hier nicht äberpräft werden.
Anders sieht dies beim dritten Element der power-sharing institutions aus. Föderalismus wird von Cohen (1997) wie folgt charakterisiert:
Federalism, in contrast to unitary government, is the constitutional and practical division of political power between the national government and subnational units of government.“ Cohen (1997:610)
Dabei kann nach Cohen (1997:610) zwischen zwei Formen subnationaler Regierungen unterschieden werden: territoriale und non-territoriale (z.B. kulturelle) Subgruppen[4]. In den meisten Arbeiten über den Einfluss von Föderalismus auf Bürgerkriege (u.a. Watts 1998, Cohen 1997) wird argumentiert, dass foderale Strukturen Konflikte vorbeugen. Sie eröffnen ethnischen Gruppen die Möglichkeit, ihre Interessen auf friedliche Art auszudrücken, indem die Möglichkeit politischer Gewinne für Minoritaten ausgeweitet wird. Durch diese Gewöhrung von Selbstverwaltung werden die Anreize extremer und fundamentalistischer Mobilisation ethnischer Gruppen minimiert. Oder wie die Vertreter ökonomischer Ansötze zur Erklörung von Bürgerkriegen es ausdrücken: Opportunitötskosten steigen mit zunehmender Autonomie.
Auf der anderen Seite finden sich diejenigen Autoren, welche power-sharing institutions - also auch den Föderalismus - als konfliktfördernde Faktoren sehen. Als Gründe werden folgende aufgeführt[5]:
- Ethnisierung der Politik: Durch das Einführen föderaler Strukturen kann es dazu kommen, dass die ethnischen Unterschiede zur Hauptdimension der Politik verkommt. Somit wird eine Radikalisierung der unterschiedlichen Ethnien gefördert. Zudem lohnt es sich für Politiker, auf die „ethnische Karte“ zu setzen um Stimmen zu gewinnen.
- Polarisierung der Pröferenzen: Föderalismus ermoglicht es den einzelnen Regionen, sich in verschiedene Richtungen zu entwickeln. Dies kann dazu führen, dass Differenzen zwischen den Ethnien verscharft werden. Zudem erschwert eine solche Entwicklung die Konsensfindung auf nationaler Ebene.
- „Institutionelle Waffen“: Föderale Rechte können als Druckmittel gegen andere Regionen sowie die übergeordnete Ebene eingesetzt werden, um die Verfassung den eigenen Interessen anzupassen.
Diese Argumente gegen föderale Institutionen werden auch in Bezug auf die postkommunistischen Staaten ins Feld geführt. Dies höngt stark mit der Idee der Incomplete National Revolutions (Roeder 1999b)[6] zusammen. Da die ethnische Frage in der Zeit des Kommunismus aufgrund der stark autoritören Kontrolle durch die Regierungen nie zu Problemen führte, rückten die nationalistischen Tendenzen bei den Neuordnungen, respektive Neugründungen postkommunisitscher Staaten ins Zentrum. Durch die (teilweise) neu gewonnenen Freiheiten sowie den neuen föderalistischen Strukturen eroffnete
[...]
[1] Mansfield&Snyder (1995) definieren anocracy basierend auf Russet (1993:77) als ,,political systems in which democratic and autocratic features are mixed, or in which very little power is concentrated in the hands of public authorities“. Dieser Begriff wird von nun an Stelle von Semidemokratie verwendet.
[2] Weitere theoretische Erklärungen zu konsolidierten Demokratien werden im Zusammenhang mit der „Nationalstaat-Kultur“ im Kapitel 2.4 erlautert.
[3] Comparative Data Set for 28 Post-Communist Countries, 1989-2004
[4] Teilweise werden durch die Diskussion des Ethnoföderalismus gewissen Punkte des Kapitels 2.2 vorweggenommen. Dies ist aber aufgrund der engen Verknufpungen zwischen ethnischen Gruppen und föderalen Strukturen unausweichlich.
[5] Roeder (1999b)
[6] Dieses Konzept wird im Kapitel 2.2 genauer betrachtet
- Citar trabajo
- Lucius Taeschler (Autor), 2007, Konflikte in der postkommunistischen Welt, Múnich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/75617
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