Die Direktsubventionen an die polnische Landwirtschaft waren in den Beitrittsverhandlungen zwischen EU und Polen ein stark umstrittenes Thema. Fast drohte an dieser Frage der Beitritt zu scheitern. Unter dem Druck der Bauernschaft - die gut 30 % der Bevölkerung stellte und angesichts seit 1990 drastisch gesunkener Einkommen großes Interesse an direkten Transferzahlungen durch die EU hatte - verhandelte Polen wenig kompromissbereit in diesem Bereich. Aufgrund von Finanzierungsproblemen einerseits und der Gefahr von Einkommensverzerrungen und falscher Anreize andererseits stand die Europäische Kommission Direktsubventionen jedoch sehr skeptisch gegenüber . Neben dieser Haltung gegenüber eventuellen künftigen Subventionszahlungen an die polnische Landwirtschaft äußerte die Kommission zudem in ihren jährlichen Berichten auch Bedenken wegen der bisherigen Landwirtschaftspolitik Polens, die nicht zur vollständigen Wettbewerbsfähigkeit der Landwirtschaft geführt hatte. Es stellt sich die Frage, welcher Zusammenhang zwischen der Entwicklung von Wettbewerbsfähigkeit und der Landwirtschaftspolitik Polens bestand. Im Folgenden soll dieser Zusammenhang am Beispiel der Subventionspolitik untersucht werden. Untersuchungszeitraum wird die Zeit von 1994 bis 2004 – also die Phase vom Einreichen des Antrags auf EU-Beitritt bis zum tatsächlichen EU-Beitritt Polens - sein.
Hinsichtlich der Subventionspolitik soll herausgestellt werden, ob und in welchem Umfang „Fehlsteuerungen“ existierten. Unter der Annahme, dass Wettbewerbsfähigkeit sich auf eine positive qualitative und quantitative Produktionsentwicklung gründet, wird zum anderen untersucht, mit welcher Produktionsentwicklung die polnische Subventionspolitik einher ging.
Dadurch soll folgende Hypothese überprüft werden: Die Subventionspolitik in der polnischen Landwirtschaft verfolgte vor allem politische Ziele. Dadurch kam es zu erheblichen Fehlsteuerungen der Subventionen im ökonomischen Sinn, was wiederum in der nur unterdurchschnittlichen Entwicklung des BIP und qualitativ minderwertigen Produkten in diesem Sektor resultierte.
Inhaltsverzeichnis
Einleitung
I. Theorie
a) Was beinhaltet der Begriff „Subvention“ ?
b) Wann sind Subventionen in Transformationsgesellschaften ökonomisch sinnvoll?
c) Was sind demnach „Fehlsteuerungen“ in der Subventionspolitik ?
d) Welche Auswirkungen haben die genannten Subventionspolitiken theoretisch auf die qualitative und quantitative Produktionsentwicklung?
II. Empirie: Landwirtschaft in Polen
a) Erfüllung der Bedingung 1?
c) Erfüllung der Bedingung 2 ?
d) Erfüllung der Bedingung 3 ?
e) Erfüllung der Bedingung 4?
f) Zwischenfazit: Vorbedingungen und theoretisch angemessene Subventionspolitik
g) Reale Subventionspolitik und Produktionsentwicklung
III. FAZIT
Literatur
Einleitung
Die Direktsubventionen an die polnische Landwirtschaft waren in den Beitrittsverhandlungen zwi- schen EU und Polen ein stark umstrittenes Thema. Fast drohte an dieser Frage der Beitritt zu schei- tern. Unter dem Druck der Bauernschaft - die gut 30 % der Bevölkerung stellte und angesichts seit 1990 drastisch gesunkener Einkommen großes Interesse an direkten Transferzahlungen durch die EU hatte - verhandelte Polen wenig kompromissbereit in diesem Bereich. Aufgrund von Finanzie- rungsproblemen einerseits und der Gefahr von Einkommensverzerrungen und falscher Anreize an- dererseits stand die Europäische Kommission Direktsubventionen jedoch sehr skeptisch gegenüber1. Neben dieser Haltung gegenüber eventuellen künftigen Subventionszahlungen an die polnische Landwirtschaft äußerte die Kommission zudem in ihren jährlichen Berichten auch Bedenken wegen der bisherigen Landwirtschaftspolitik Polens, die nicht zur vollständigen Wettbewerbsfähigkeit der Landwirtschaft geführt hatte. Es stellt sich die Frage, welcher Zusammenhang zwischen der Ent- wicklung von Wettbewerbsfähigkeit und der Landwirtschaftspolitik Polens bestand. Im Folgenden soll dieser Zusammenhang am Beispiel der Subventionspolitik untersucht werden. Untersuchungs- zeitraum wird die Zeit von 1994 bis 2004 - also die Phase vom Einreichen des Antrags auf EU-Bei- tritt bis zum tatsächlichen EU-Beitritt Polens - sein.
Hinsichtlich der Subventionspolitik soll herausgestellt werden, ob und in welchem Umfang „Fehl- steuerungen“ existierten. Unter der Annahme, dass Wettbewerbsfähigkeit sich auf eine positive qualitative und quantitative Produktionsentwicklung gründet, wird zum anderen untersucht, mit welcher Produktionsentwicklung die polnische Subventionspolitik einher ging. Dazu werde ich zunächst definieren, was in dieser Arbeit unter dem Begriff „Fehlsteuerung von Subventionen“ verstanden wird. Die Indikatoren für diese Fehlsteuerung werde ich aus wirtschafts- theoretischen Erwägungen ableiten. Die sich aus dem theoretischen Teil ergebenden Indikatoren werden im folgenden empirischen Teil der Arbeit auf die Landwirtschaftspolitik Polens angewen- det. In diesem Teil werden die Fragen beantwortet, ob und in welchem Umfang es erstens Fehl- steuerungen in der Subventionspolitik gab und wie zweitens die damit einhergehende Entwicklung der landwirtschaftlichen Produktion aussah.
Dadurch soll folgende Hypothese überprüft werden: Die Subventionspolitik in der polnischen Land- wirtschaft verfolgte vor allem politische Ziele. Dadurch kam es zu erheblichen Fehlsteuerungen der Subventionen im ökonomischen Sinn, was wiederum in der nur unterdurchschnittlichen Entwicklung des BIP und qualitativ minderwertigen Produkten in diesem Sektor resultierte. Auf den empirischen Teil der Arbeit folgt ein abschließendes Fazit, in dem die Ergebnisse der Arbeit in kurzer Form zusammenhängend präsentiert werden.
I. Theorie
a) Was beinhaltet der Begriff „ Subvention “ ?
Der Begriff Subventionen wird in verschiedenen Zusammenhängen unterschiedlich weit gefasst. Da es keine allgemeine Definition des Begriffs gibt, die Subventionspolitik Polens jedoch in einer Phase untersucht werden soll, in der die EU wesentlichen Einfluss auf diese Politik hatte, lege ich dementsprechend den Subventionsbegriff der EU zugrunde. Diese bezeichnet das, was in dieser Arbeit unter dem Begriff Subventionen behandelt wird als „Beihilfen“2.
Diese Beihilfen umfassen neben direkten staatlichen Zahlungen an Unternehmen die Gewährung in- direkter Subventionen, wie die Reduzierung von Steuerschulden. Auch die Vergabe zinsgünstiger Darlehen und Bürgschaftsübernahmen des Staates gehören zum EU-Beihilfebegriff. Die sozialen Zahlungen an einzelne Privatpersonen gelten nicht als Beihilfen, sondern als Transfer. Für die ge- währten staatlichen Beihilfen wird keine marktmäßige Gegenleistung der Unternehmen erwartet, sondern es werden politische Ziele verfolgt - zu denen auch der Aufbau einer insgesamt funktio- nierenden Marktwirtschaft in den Transformationsstaaten gehört. Die konkreten politischen und ökonomischen Ziele der EU-Subventionspolitik werden unter II g) genauer vorgestellt.
b) Wann sind Subventionen in Transformationsgesellschaftenökonomisch sinnvoll?
Diverse Arbeiten zum ökonomischen Sinn von Subventionen sind im Wesentlichen von einer ge- meinsamen Grundannahme geprägt: Generell sind Subventionen staatliche Eingriffe in das Markt- geschehen, die meist mehr schaden als nutzen. Nur in Ausnahmefällen des Marktversagens können sie gerechtfertigt sein - und diese Ausnahmefälle treten in Transformationswirtschaften gehäuft auf, da sich ein funktionsfähiger Markt gerade erst entwickelt. Aufgrund dieser Ausnahmesituation des Marktes in Transformationsgesellschaften ist es sinnvoll, hier nur die wirtschaftstheoretischen Überlegungen zu präsentieren, die sich mit solchen außergewöhnlichen Marktsituationen beschäfti- gen. Ich werde mich dazu im Folgenden auf eine Zusammenfassung wirtschaftstheoretischer An- nahmen zu diesem Thema von Andreas Schwarz stützen3, die ich teilweise gekürzt und um eigene Überlegungen ergänzt habe, um sie als theoretisches Gerüst dieser Arbeit nutzen zu können. Es wird im Folgenden zwischen kurz-, mittel- und langfristigen Subventionen unterschieden. Diese de- finiere ich nach dem Muster der kurz- und mittelfristigen Prioritäten in der Beitrittspartnerschaft zwischen der EU und Polen4 wie folgt: kurzfristige Subventionen werden für ein Jahr gewährt, mit- telfristige Subventionen werden für mehr als ein aber weniger als sieben Jahre vergeben. Angelehnt an die durchschnittliche Dauer eines Konjunkturzyklus` in westlichen Marktwirtschaften von zwei bis elf Jahren - ausgeschlossen sind hier die so genannten „langen Wellen“ in der Konjunktur, die eine Dauer von bis zu 60 Jahren aufweisen - sind langfristige Subventionen die Subventionen, die die Dauer von sieben Jahren überschreiten (da der Mittelwert aus zwei bis elf sechseinhalb ist; die- ser wird zwecks besserem Handling auf sieben Jahre gerundet).
Ausgangspunkt vieler Überlegungen zur Sinnhaftigkeit von Subventionen in den mittel- und osteuropäischen Transformationswirtschaften ist die Annahme eines zu planwirtschaftlichen Zeiten existierenden „soft budget constraint“. Dieses zeichnet sich durch drei Faktoren aus: Erstens erhalten Unternehmen nicht-marktkonforme Vorteile durch den Staat, wie die Gewährung von Krediten, die sie sehr wahrscheinlich nicht zurückzahlen können (= soft credit). Zweitens erhalten Unternehmen auch direkte Zahlungen, die nicht nach Regeln der Effizienz oder Anreizsetzung zur Entstehung eines Marktgleichgewichtes vergeben werden. Die Zahlungen werden überhaupt nach keinem festen Regelsystem vergeben (= soft subsidies). Und drittens unterliegt auch die Vergabe indirekter Subventionen via Steuernachlässen keinem Regelsystem, sondern ist durch die Unternehmen beeinflussbar (= soft taxation)5. Wesentliches Merkmal des soft budget constraints in Planwirtschaften war zudem, dass sich die Unternehmen auf die Hilfe des Staats verlassen konnten, selbst wenn sie keinerlei Anstrengungen unternahmen, marktfähiger zu werden.
Dieses Subventionssystem wird als wenig sinnvoll erachtet, da keinerlei Anreize gesetzt wurden, langfristig auch ohne Subventionen marktfähig zu werden. Da das System des soft budget cons- traint sich in den Wirtschaften Mittel- und Osteuropas (MOE) jedoch über vier Jahrzehnte etablier- te, ist ein abrupter Abbau der Subventionen ökonomisch dennoch nicht sinnvoll. Da sich kaum marktfähige Unternehmen in einer derart anreizarmen Umgebung entwickelt haben, würde ein schneller Subventionsabbau nur zu einem Zusammenbruch der Volkswirtschaft führen, da Unter- nehmen ohne Subventionen massenhaft zum Marktaustritt gezwungen wären. Irreparable Schäden an der Volkswirtschaft durch den dauerhaften Verlust von Marktpositionen an ausländische Anbie- ter wären die Folge. Die Marktaustritte würden auch nicht - wie in funktionierenden Marktwirt- schaften - durch den Markteintritt neuer Unternehmen kompensiert werden, da sich zu planwirt- schaftlichen Zeiten weder Kapital noch know-how zum Aufbau neuer marktfähiger Unternehmen in der Bevölkerung angesammelt haben6.
Generell wird jedoch ein Abbau der Subventionen befürwortet, dieser muss nur über einen längeren Zeitraum und vor allem selektiv erfolgen. Der Grund hierfür liegt neben der nötigen Zeit für die Entstehung neuer Unternehmen auch darin, dass das bereits in den „alten“ Unternehmen vorhandene Sach- und Humankapital nicht sinnlos freigesetzt werden soll, da es möglich ist, dass sich aus den veralteten Unternehmen durch Reformen einige marktfähige Unternehmen entwickeln. Eine vorzeitige Freisetzung des Potenzials dieser Unternehmen bei gleichzeitigem Mangel an neuen Unternehmen, die dieses Potenzial aufnehmen könnten, wäre Verschwendung. Es ist in diesem Fall sinnvoll, die Subventionierung zunächst aufrecht zu erhalten.
Ein praktisch nicht lösbares Dilemma entsteht hier allerdings durch Informationsmängel: Werden Subventionen zukunftsfähigen, nur momentan noch hilfsbedürftigen, Unternehmen entzogen, hat dies wie beschrieben negative Folgen für den Markt. Ein Erhalt der Subventionen ist sinnvoll. Wer- den hingegen veraltete, nicht zukunftsfähige Unternehmen am Leben erhalten, bleiben erstens die zum Aufbau marktfähigerer Unternehmen notwendigen Produktionsfaktoren gebunden und zwei- tens steht der Subvention kein Nutzen, der sie aufwiegen würde, gegenüber. Ein Abbau ist also sinnvoll. Es ist es jedoch aufgrund der in Übergangsgesellschaften bestehenden Unsicherheiten bzgl. der weiteren Entwicklung kaum möglich, heraus zu filtern, welche Unternehmen so reformier- bar sind, dass sie marktfähig sein werden und bei welchen Unternehmen ein Subventionsentzug ge- rechtfertigt und nötig ist. Dennoch ist es, wie weiter unten noch erklärt wird, sinnvoller, die Sub- ventionen fortbestehen zu lassen, als sie abzubauen.
Zum Informationsmangel gehört auch die Informationsunsicherheit: Generell können subjekte nicht vorhersagen, ob sich ihre Intentionen beim Handeln am Markt erfüllen werden und handeln daher vorsichtig. In Transformationsgesellschaften ist die Informationsunsicherheit jedoch wesentlich größer, als in funktionierenden Marktwirtschaften, da hier noch keine verallgemeinerba- ren Marktregeln vorzufinden sind. Dies führt zu einem besonderen Vorsichtsverhalten der Wirt- schaftssubjekte, als „wait-and-see“ bezeichnet: Investitionen werden so lang zurückgehalten, bis ab- sehbar erscheint, ob der mögliche Nutzen einer Investition die Risiken übersteigt. Solang die Risi- ken aufgrund der Transformationssituation als nicht einschätzbar eingestuft werden, werden daher auch die Investitionen zurückgehalten. In dieser Situation ist eine staatliche Subvention in Form von Bürgschaftsübernahmen hilfreich, um einen Risikoausgleich für Investoren zu schaffen. Das Problem ist jedoch auch hier wieder, dass es kaum möglich ist, zu entscheiden, welche Investitionen zu langfristig erfolgreichen Unternehmen führen werden. Dem Aufwand des Staates kann realisti- scherweise kein antizipierter Nutzen gegenübergestellt werden und möglicherweise führt der Auf- wand zu überhaupt keinem Nutzen. Dennoch ist es ökonomisch sinnvoller, diese Risiken in Kauf zu nehmen und damit zumindest eine geringe Wahrscheinlichkeit der Entwicklung marktfähiger Unter- nehmen zu erhalten, als durch Untätigkeit zu riskieren, dass künftig erfolgreiche Unternehmen durch ausbleibende Investitionen von außen7 zum Marktaustritt gezwungen sind. Das Risiko für Marktschäden erscheint im Falle einer völligen Zurückhaltung des Staates höher als im Falle einer Förderpraxis, die u.U. auch nicht zukunftsfähige Unternehmen subventioniert. Es ist zudem davon auszugehen, dass über einen längeren Zeitraum ersichtlich sein wird, welche Unternehmen durch Reformen marktfähig geworden sind und welche Unternehmen veraltet bleiben. In beiden Fällen ist ein Abbau der Subventionen dann möglich und nötig: Zum einen ist es nicht mehr notwendig, die erfolgreichen Unternehmen zu fördern, da diese nun auch allein am Markt bestehen können. Eine weitere Subventionierung würde lediglich Mitnahmeeffekte fördern. Zum anderen ist auch die För- derung von Unternehmen wenig sinnvoll, die nicht so reformiert werden konnten, dass sie von selbst überlebensfähig sind. Wenn sie dies trotz Förderung über einen langen Zeitraum nicht ge- schafft haben, ist eine gegenteilige Entwicklung auch in Zukunft nicht zu erwarten. Einer weiteren Förderung stünde kein ökonomischer Nutzen gegenüber. Demnach sind langfristige Subventionen also in keinem ökonomisch Fall sinnvoll - wenngleich hier nicht ausgeschlossen werden soll, dass dies politisch durchaus notwendig sein kann, um den (sozialen) Frieden und die Unterstützung für das im Aufbau befindliche politische System nicht zu gefährden.
Ein weiteres Problem der Unsicherheit besteht in der Unsicherheit über die Bewertung von Unter- nehmen. So gibt es kein entwickeltes Evaluationssystem bzgl. der Kreditwürdigkeit von Unterneh- men, da die Kreditvergabe nach dem „soft credit“-System dies nicht erforderte. Eine umfassende Evaluation wäre daher sehr kostenintensiv. Dies führt dazu, dass Unternehmen Schwierigkeiten ha- ben, Kredite zu erhalten, da der Nutzen, den die Kreditgeber in Form von Zinsen hätten, durch die hohen Kosten der Evaluation im Vorfeld sehr gering ausfallen würde, im schlechtesten Fall würden die Evaluationskosten den Nutzen sogar übersteigen. Vor allem bei kleinen und mittleren Unterneh- men (KMU), die nur kleine Kredite benötigen, würde dieses schlechte Verhältnis von Kosten und Nutzen bestehen. Die Beseitigung dieser Form von Unsicherheit per staatlicher Darlehen ist ökono- misch sinnvoll, da sich ein Mittelstand sonst nicht entwickeln könnte, was wiederum zu Monopolen der großen Unternehmen (mit Kreditzugang) und damit zu Marktversagen führen könnte.
Während langfristige Subventionen generell nicht ökonomisch sinnvoll sind, können kurz- und mittelfristige Subventionen sinnvoll sein, wenn die oben herausgearbeiteten Bedingungen erfüllt sind, die ich hier noch einmal kurz zusammenfasse:
1.) Ein Übergang von einer Planwirtschaft zu einer liberalen Marktwirtschaft wird angestrebt. Vor diesem Übergang herrschte über einen langen Zeitraum eine Subventionspolitik des sog. „soft budget constraint“, in deren Folge ein rascher Abbau aller Subventionen zu mas- senhaften Markt aus tritten führen würde.
2.) Wegen geringem Eigenkapital im Land und einer wait-and-see-Haltung ausländischer Inves- toren finden auch kaum Markt ein tritte statt.
3.) Die Entwicklung von KMU ist von der Förderung des Staates abhängig.
4.) Die Subventionierung geht mit einer Reformierung der geförderten Unternehmen einher, die dadurch langfristig marktfähig und somit nicht mehr subventionsbedürftig sein werden.
c) Was sind demnach „ Fehlsteuerungen “ in der Subventionspolitik ?
Fehlsteuerungen in der Subventionspolitik sind dadurch gekennzeichnet, dass entweder Subventio- nen an Unternehmen oder Branchen fließen, in denen den vorgenannten Bedingungen konträr ge- genüberstehende Bedingungen herrschen oder dass Subventionszahlungen, die ökonomisch notwen- dig wären unterlassen werden.
D.h. wenn weder massenhafte Marktaustritte aufgrund einer durch ein „soft budget constraint“ ge- kennzeichneten vorhergehenden Phase drohen, noch aufgrund geringen Kapitals Markteintritte kaum vorhanden sind, aber dennoch Subventionen an den diesen Bedingungen unterliegenden Be- reich fließen, handelt es sich um eine Fehlsteuerung in der Subventionspolitik - umgekehrt ist eine nicht gewährte Subvention zur Behebung etwa von Problemen bei der Gründung oder Modernisie- rung von KMU auch eine Fehlsteuerung. Ebenso fällt langfristige Subventionierung generell sowie die Subventionierung veralteter, nicht selbständig überlebensfähiger Unternehmen im Besonderen unter den Begriff der (ökonomischen!) Fehlsteuerung - zumindest dann, wenn die Subventionie- rung nicht mit einer Restrukturierung verbunden ist. Allerdings liegt keine Fehlsteuerung vor, wenn veraltete Unternehmen in einem Übergangszeitraum zwar ohne die Auflage einer Restrukturierung gestützt werden, dies aber massenhafte Marktaustritte bei gleichzeitigem Mangel an Markteintritten bzw. Investitionen verhindert. Schließlich ist noch die Subventionierung von bereits selbständig überlebensfähigen Unternehmen, die zudem Zugang zu Krediten haben, als Fehlsteuerung in der Subventionspolitik einzustufen.
d) Welche Auswirkungen haben die genannten Subventionspolitiken theoretisch auf die qualitative und quantitative Produktionsentwick- lung?
Aus den vorhergehenden Überlegungen lässt sich ableiten, dass sich die Quantität der Produktion durch den Einsatz von kurz- und mittelfristigen Subventionen steigern lässt. Dies ist dann der Fall, wenn die geförderten Unternehmen die Möglichkeiten der Vergünstigungen nutzen (können), um sich zu reformieren und über eine Erhöhung ihrer Effizienz - qua Reorganisation der Arbeitsprozesse und technischer Innovation - einen höheren Output (BIP) erreichen. Durch die Modernisierung ist auch eine Steigerung der Produktqualität zu erwarten.
Die Förderung auch langfristig nicht umstrukturierter Unternehmen wird weder quantitativ (BIP) noch qualitativ zu einer positiven Produktionsentwicklung führen.
Eine BIP- oder Qualitätsverringerung durch eine bestimmte Subventionspolitik lässt sich nicht ab- leiten. Langfristige Subventionen führen jedoch mindestens ab der Überschreitung der Mittelfrist nicht mehr zu qualitativen und quantitativen Zuwächsen, sondern entweder zu Mitnahmeeffekten oder zu einer fehlenden Motivation bzgl. der Umstrukturierung zu selbständig überlebensfähigen Unternehmen. Es ist also für die Produktionsentwicklung entscheidend, welche Unternehmen sub- ventioniert werden und inwiefern die Subventionsform eine Umstrukturierung ermöglicht bzw. er- leichtert.
II. Empirie: Landwirtschaft in Polen
a) Erfüllung der Bedingung 1?
„ Ein Ü bergang von einer Planwirtschaft zu einer liberalen Marktwirtschaft wird ange strebt. Vor diesem Ü bergang herrschteüber einen langen Zeitraum eine Subventionspolitik des sog. „ soft budget constraint “ , in deren Folge ein rascher Abbau aller Subventionen zu massenhaften Marktaustritten führen würde. “
Ausgangslage: Übergang von der Plan- zur Marktwirtschaft In der einstimmig als katastrophal beschriebenen wirtschaftlichen Lage Polens Ende der 1980er Jahre sahen die damaligen Regierungsmitglieder keine Alternative zur Einführung einer Marktwirtschaft8. 1990 trat daher ein vom damaligen Finanzminister Balcerowicz eingebrachter Plan zur Wirtschaftstransformation mit diesem Ziel in Kraft. Zum Balcerowicz-Plan gehörte auch der radikale Umbau des etablierten Subventionssystems9. Anhand der vergleichsweise großzügigen Subventionsvergabe an nicht marktfähige Unternehmen10 und der auch in den späteren 90er Jahren noch existierenden Intransparenz von Vergabeentscheidungen11 wird deutlich, dass es sich bei diesem System um ein System des „soft budget constraint“ gehandelt hat.
Basis der Entscheidung zum Umbau des Subventionssystems war die Annahme, dass die Markt- wirtschaft nur erfolgreich sein konnte, wenn das Marktgeschehen nicht durch Preisverzerrungen ge- stört würde. Daher wurden bereits am 1.8.1989 die Stützungen für Lebensmittelpreise aufgehoben12. Damit gehörte die polnische Landwirtschaft zu den Bereichen, in denen am frühesten Marktmecha- nismen eingeführt wurden. Erfahrungen mit dem Kapitalismus hatten die Polen vor allem in diesem Sektor bereits zu planwirtschaftlichen Zeiten gesammelt: Eine private Besitzstruktur ermöglichte (kleinkapitalistische) Schwarzmarkt- und „Unter-Tisch“-Geschäfte. Der Existenz des landwirt- schaftlichen Privatbesitzes wurde und wird ein hoher ideeller Wert beigemessen, da das in kaum ei- nem anderen sozialistischen Land mögliche Überdauern privater landwirtschaftlicher Besitzstruktu- ren13 als erfolgreicher Widerstand gegen die Beeinflussung durch das sozialistische System gewertet wurde14. Trotzdem profitierten private Landwirte vom abgelehnten planwirtschaftlichen System des Sozialismus: ohne die immer wieder auftretenden Warenengpässe hätten die Privatbauern auf Ne- benverdienste aus Schwarzmarktgeschäften verzichten müssen. Der hohe Wert, der der Freiheit von staatlichen Eingriffen seitens der Privatbauern dennoch beigemessen wurde, erleichterte die frühe Einführung marktwirtschaftlicher Strukturen in der Landwirtschaft.
Die Umstellung vom plan- auf das marktwirtschaftliche System brachte jedoch die Offenbarung mit sich, dass die polnische Landwirtschaft zum größten Teil nicht marktfähig war: Als Folge der so- zialistischen Zeit war die Wettbewerbsfähigkeit polnischer Landwirtschaftsprodukte minimal. So- wohl die Produktivität als auch die Qualität der erzeugten Produkte waren im europäischen Ver- gleich unterdurchschnittlich. Eine Mischung aus im internationalen Vergleich veralteter Produkti- onsweise, Klein- und Kleinstproduktionsstätten und einer im europäischen Vergleich extremen Überbeschäftigung15 führte dazu, dass der polnische Markt binnen kürzester Zeit mit Produkten der kapitalistischen Nachbarn überschwemmt werden konnte, denen die polnischen Bauern sowohl preislich als auch qualitativ nichts entgegen zu setzen hatten16. Der Absatz brach ein, das Einkom- men der beim Staat angestellten Bauern reduzierte sich drastisch und staatliche Agrarproduktions- stätten vor allem in Nordpolen mussten geschlossen werden17. Auch auf die Privatbauern wirkte sich der freie Markt aus: Durch den Wegfall des zu sozialistischen Zeiten immer wieder auftreten- den Warenmangels18 einerseits und das große Angebot billiger Lebensmittel andererseits reduzierte sich ihr Gewinn aus den zusätzlich zum Eigenbedarf produzierten Waren.
[...]
1 Frank, Hans-Joachim (o.J.)
2 Vgl. EGV, Titel VI, Kapitel I, Abschnitt 2 (Art. 87-89), in: Läufer, Thomas (Hrsg.) (2002), S. 93f.
3 Vgl. Schwarz, Andreas (2001), S. 73-138
4 Europäische Kommission (1999)
5 Urheber dieses Konzeptes zur Darstellung planwirtschaftlicher Subventionspolitik war János Kornai., hier ist im Wesentlichen die Beschreibung Kornais durch Martin Krzywdzinski wiedergegeben; vgl. Ders. (2002), S. 43
6 Vgl. Puslecki, Zdzislaw W. (1996), S. 110ff. sowie S. 120 5
7 Diese Investitionen sind erforderlich, da wie beschrieben aus der Mitte der polnischen Gesellschaft allein nicht genügend Kapital aufgebracht werden konnte, um neue Unternehmen aufzubauen bzw. alte Unternehmen zu reformieren.
8 Vgl. Mazowiecki 1989, zit. nach: Macków, Jerzy (1998), S. 319
9 Vgl. Puslecki, Zdzislaw W. (1996), S. 107;Kees, Thomas (2002), S. 10
10 Allein die Summe aller direkten Subventionen entsprach 1989 17 % des BIP, wovon gut die Hälfte in den Unternehmenssektor floss. Zum Vergleich: Im Schnitt lagen diese Subventionen in den OECD-Ländern zur gleichen Zeit bei etwa 1,5% des jeweiligen BIP. Vgl. Schwarz, Andreas (2001), S. 22f.
11 Vgl. Europäische Kommission (2000), S. 49
12 Vgl. Macków, Jerzy (1998), S. 284; Vgl. auch: Europäische Kommission (1998), S. 20: „Im Agrarsektor wurden Marktmechanismen früher eingeführt, als in anderen Wirtschaftszweigen.“
13 Vgl. Kees, Thomas (2002), S.9
14 Vgl. Pacuszka, Robert (2005), S. 5
15 Waren in der BRD 1995 7,9 Menschen pro 100 ha LW-Nutzfläche beschäftigt, arbeiteten in Polen 28 Menschen auf derselben Fläche. Vgl: Sowoda, Christoph (1998), S. 152; vgl. hierzu auch Kees, Thomas (2002), S. 4
16 Vgl. Kees, Thomas (2002), S. 10; Europäische Kommission (1998), S. 23
17 Vgl. Europäische Kommission (2000), S. 51; Europäische Kommission (1998), S. 19
18 Vgl. Kees, Thomas (2002), S. 10
- Arbeit zitieren
- Stefanie Treutler (Autor:in), 2006, Subventionspolitik in Polen 1994 bis 2004 am Beispiel der Landwirtschaft, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/75480
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