Durch die Zusammenarbeit mit John Cage, Nam June Paik und Henning Christiansen wurde die Musik zum tragenden Bestandteil von Beuys bildnerischen Denkens und sollte zur Freisetzung jeglicher Kreativität beitragen.
Der Künstler John Cage hat auf Beuys und sein Kunstverständnis wohl am meisten Einfluß genommen. John Cage wollte die Gesellschaft und die Dingwelt objektivieren, wobei er sich der Geräuschkulisse der Umwelt bediente, um keine idealisierte Form von Musik zu schaffen. Dieses Prinzip der Suche eines neuen Auffassung entspricht dem anti-konventionellen Kunstbegriff von Joseph Beuys. Beide haben eine ähnliche Auffassung zur Klangorganisation, Stille, Wegfall von Harmonie in der Musik, wobei es die wirkliche Stille nicht gibt, da ständig Geräusche das Ohr flüchtig durchreisen.Cage öffnete die Musik in eine Universalität von Klang und Geräusch und schaffte somit jegliche harmonische Hierachie ab. Die Dauer (der zeitliche Rahmen) und nicht die Harmonie und der Zufall (Hintergrundgeräusche) werden zur Grundlage seiner musikalischen Komposition, da die Zeitlänge die „musikalische Wahrheit“ der vier Carakteristiken, Tonhöhe, Lautstärke, Farbe, Dauer) darstellt. Die Stille, die in Wirklichkeit nicht existiert, bekommt denselben Stellenwert wie der Ton. Seine Komposition 4`33 (1952) als bloßes Zeitstück, aber traditionell in drei Sätze gegliedert, und von David Tudor lediglich durch optisch durch pianistische Gesten dargestellt, lebte von den sie umgebenden Geräuschen. Jede Aufführung wurde somit unnachahmlich und unwiederbringlich und lehnt dabei an Robert Rauschenbergs „White Paintings“ (1951) an, bei denen lediglich das Licht- und Schattenbild, durch den Betrachter verursacht, das Werk bildete. Diese Beteiligung des Betrachters/Zuhörers zur Definition des Werks ist auch bei Beuys spürbar, der versuchte Cages „sichtbare Musik“ in „hörbare Plastik“ zu übertragen.
John Cage hat Beuys stark beeinflußt, indem er die Unterscheidung von Kunst und Nicht-Kunst, von Musik und Leben aufgehoben hat, was einer Idee von Demokratisierung entspricht. Dieser Entwicklungsprozess ist bei Beuys Worten wohl am deutlichsten in seinen „jeder Mensch ist ein Künstler“ wiederzufinden und läßt uns die Bedeutung und Erkennung von Kunst und unserem eigenen Leben in der Welt in einem ganz neuen Licht erscheinen.
Inhalt
A. Einleitung:
I. Biographische Informationen
B. Hauptteil:
I. Aktionsbeschreibung
II. Analyse
1. Standort in der Hirschjagd
2. Der Harlekin
3. Einbeziehen und Ausstrahlen – Die 2 Musikanten, die Hirschjagd und der Block Beuys
4. Klang und Skulptur
5. John Cage, Nam June Paik und Fluxus - Einflüsse auf Joseph Beuys
A. Einleitung:
I. Biographische Informationen
Die Skulptur „ 2 Musikanten“ ist Teil von Joseph Beuys (12.5.1921-23.1.1986) Environment „Sibirische Sinfonie 1. Satz und Komposition für 2 Musikanten“, die er in der Staatlichen Kunstakademie Düsseldorf als Beitrag zum „Festum Fluxorum - Musik und Antimusik – Das instrumentale Theater“ aufführte. Sie kehren später in der Berliner Aktion, einer Ausstellung in Eindhoven und auf dem Schallplattencover mit dem Titel „Beuys/Christiansen – Schottische Symphonie Requiem of Art 1973“ wieder, bevor sie endgültig der „Szene aus der Hirschjagd“ eingegliedert werden[1].
Das Konzert findet an zwei Abenden (2.2/3.2. 1963) als Colloquium statt, am ersten wird die „Sibirische Symphonie 1. Satz“ als Klavierkomposition mit einem Stück von Erik Satie und am zweiten Abend die „Komposition für 2 Musikanten“ aufgeführt[2].
B. Hauptteil:
I. Aktionsbeschreibung
Das Fluxus-Konzert „2 Musikanten/Sibirische Symphonie“ wurde an zwei Abenden 2./3.2.1963 in Düsseldorf aufgeführt, wobei jedoch streitig ist, welche Aktion an welchem Abend stattfand.
Nach einem Bericht Beuys wurde die 20 Sekunden dauernde „Komposition für 2 Musikanten“ bereits am ersten Abend und zwischen zwei Aktionen aufgeführt. Als Instrument diente ein kleines Blechspielzeug, welches auf den Deckel eines geschlossenen Steinway-Flügels gestellt wurde. Zwei sich gegenübersitzende Blechmusikanten, einen Blechtrommler und einer mit einem Konzertbecken wurden durch einen Schlüssel aufgezogen. Das Konzert dauerte dann solange bis der Federmechanismus abgelaufen war[3]. Der Resonanzkörper des Flügels verstärkte den Klang und wurde zugleich zur Bühne.
Das Spielzeug wurde anschließend noch in Berlin „ich versuche dich freizulassen“ (1969), im Stockholmer Katalog von 1971, auf einem Schallplattencover (1973) und später in die „Szene aus der Hirschjagd“ von 1961 wiederverwendet.
Mit der bereits verklungenen „Sibirischen Symphonie“ vom 2.2.1963, bei der Beuys ein Klavier mit Tonbergen präparierte, in die er jeweils einen Ast steckte und einen toten Hasen an eine beschriebene Schiefertafel hängte, dem er das Herz herausnahm und durch Draht mit dem Klavier verband, ließ Beuys eine sichtbare Sinfonie entstehen, die eine freie Komposition für Klavier mit Elementen von La Messe des pauvres und Harmonien des Stückes Sonnerie de la Rose + Croix von Erik Satie darstellte.
II. Analyse
1. Standort in der Hirschjagd
Die Musikanten sind auf den ersten Blick trotz ihrer Farbigkeit nicht leicht zu finden, da sie in der letzten Ecke des untersten Fachs in der Hirschjagd plaziert wurden. Man muß sie erst entdecken, doch dann hinterlasssen sie in dem sie umgebenden Grau und Chaos einen bleibenden und hervorstechenden Eindruck (Glanz). Eine Art von traditioneller Schönheit (Kunsthandwerk) in dem Gemenge von natürlichem Schmutz und Vergangenheitsprozess (fehlender Beckenteil) wird präsentiert, in welches sie auch einbezogen ist.
2. Der Harlekin
a) Die Form der Plastik „2 Musikanten“ besteht aus zwei sich gegenübersitzenden Figuren, jeweils einem bunt bemalten Harlekin.
aa) Der Harlekin, die Narrengestalt der italienischen Komödie ab 1670, steht für den Witz und schauspielerisches Talent, welches der „Schamane“ Beuys ebenfalls besaß.
Gleichzeitig ist er Symbol und einne Hauptfigur des Zirkus und beinhaltet für Beuys eine Verbindung zu den Märchen, da seine erste Zeichnung 1935 eine Märchenzeichnung auf seinem Notenheft war[4].
[...]
[1] Eva, Wenzel, Jessyka Beuys, Joseph Beuys. Block Beuys, München 1990, S. 312
[2] Götz Adriani/Winfried Kannert/Karin Thomas, Joseph Beuys, Köln 1994, S. 54
[3] Mario Kramer, Klang und Skulptur. Der musikalische Aspekt im Werk von J. Beuys, Darmstadt 1995, S. 35
[4] Mario Kramer, Klang und Skulptur. Der musikalische Aspekt im Werk von J. Beuys, Darmstadt 1995, S. 11
- Quote paper
- M.A. Martina Merten (Author), 1999, Zu: Joseph Beuys - Komposition für zwei Musikanten (1963), Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/75472
-
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X.