In dieser Arbeit soll die Bedeutung der Kunstförderung näher betrachtet werden. Zu diesem Zweck sollen vier Fragen aufgeworfen und im Verlauf der Betrachtung beantwortet werden. Erstens, welche ökonomischen Eigenschaften hat Kunst und welcher Güterklassifikation kann Kunst zugeordnet werden? Zweitens, welche ökonomische Begründung kann für Kunstförderung herangezogen werden? Drittens, wie effizient ist private und staatliche Kunstförderung? Und viertens, welche Maßnahmen sind am besten geeignet um ein soziales Optimum herbeizuführen? Diese vier Fragen werden im Weiteren den Verlauf der Untersuchung bestimmen.
Die folgende Untersuchung ist so aufgebaut, dass alle vier oben genannten Fragen nacheinander betrachtet werden. Im zweiten Kapitel sollen die ökonomischen Eigenschaften von Kunst und mögliche Begründungen für staatliche Eingriffe betrachtet werden. Im dritten Kapitel wird der Kunstmarkt und der Markt für Kunstförderung vorgestellt, um im vierten Kapitel eine komparative Analyse der Marktlösung, der staatlichen Lösungsansätze und der privaten Lösungsansätze für das Marktversagen zu untersuchen. Die Arbeit schließt mit einem Fazit in Kapitel 5.
INHALTSVERZEICHNIS
1. EINFÜHRUNG
2. KUNST UND KUNSTFÖRDERUNG IN DER ÖKONOMIE
2.1. Baumol und Bowen´s Cost Disease: Startpunkt der Kunstökonomie als Zweig der Wirtschaftswissenschaft
2.2. Kunst
2.2.1. Allgemeine Klassifikation von Kunst
2.2.1.1. Bildende Kunst
2.2.1.2. Darstellende Kunst
2.2.2. Ökonomische Klassifikation von Kunst
2.2.2.1. Privates Gut
2.2.2.2. Öffentliches Gut
2.2.2.3. Clubgüter
2.2.2.4. Allmendegut
2.2.2.5. Meritorische Güter und Externe Effekte
2.2.2.5.1. Meritorisches Gut
2.2.2.5.2. Privates Gut mit externen Effekten
2.2.2.5.2.1. Allgemeine Übersicht
2.2.2.5.2.2. Einzelne Darstellung
2.2.3. Kritische Betrachtung
2.3. Kunstförderung in der Ökonomie
2.3.1. Wege der Kunstförderung
2.3.1.1. Direkte Kunstförderung
2.3.1.2. Indirekte Kunstförderung
2.3.2. Träger der Kunstförderung
2.3.2.1. Private Kunstförderung
2.3.2.2. Staatliche Kunstförderung
3. MÄRKTE UND AKTEURE
3.1. Kunstmarkt
3.1.1. Angebot auf dem Kunstmarkt
3.1.1.1. Angebot der bildenden Kunst
3.1.1.2. Angebot der darstellenden Kunst
3.1.2. Nachfrage auf dem Kunstmarkt
3.2. Markt für Kunstförderung
3.2.1. Angebot auf dem Markt der Kunstförderung
3.2.1.1. Staatliches Angebot
3.2.1.2. Privates Angebot
3.2.2. Nachfrage auf dem Markt der Kunstförderung
3.3. Zwischenfazit
4. KOMPARATIVE ANALYSE PRIVATER UND STAATLICHER KUNSTFÖRDERUNG
4.1. Theoretische Grundlagen
4.1.1. Marktversagen aufgrund externer Effekte
4.1.2. Internalisierungsstrategien
4.1.2.1. Pigou-Subvention
4.1.2.2. Coase-Verhandlungen
4.1.3. Staatsversagen
4.1.3.1. Bedingungen für einen staatlichen Eingriff
4.1.3.2. Gründe für ein Staatsversagen
4.1.3.2.1. Informationsdefizite
4.1.3.2.2. Offenlegung von Präferenzen
4.1.3.2.3. Effizienzverluste
4.2. Marktversagen und Internalisierungsstrategien auf dem Kunstmarkt
4.2.1. Pigou-Subventionen
4.2.1.1. Staatliche Kunstförderung
4.2.1.2. Private Kunstförderung
4.2.2. Coase-Verhandlungen
4.3. Schlussfolgerungen
5. FAZIT
ABBILDUNGSVERZEICHNIS
ANHANG
LITERATURVERZEICHNIS
„Alle Kunst ist ganz und gar nutzlos!“ (Oscar Wilde, Das Bildnis des Dorian Gray)
1. Einführung
Helmut Schmidt (1986, S. 71) sagte einmal, „Auch die Kunst muss nach Brot gehen; auch sie braucht das Publikum, den Auftraggeber oder den Mäzen oder die Stadt oder den Staat - und sie braucht das Publikum.“ In dieser Aussage sind viele Fragen beinhaltet, welche die heutige Kunstökonomik beschäftigen. Wie agiert der Künstler als Produzent und Anbieter von Kunst auf einem Kunstmarkt und welche Reaktion empfängt er vom Publikum? Welche Motivation hat ein Künstler Kunst zu schaffen und welchen Nutzen hat das Publikum vom Kunstkonsum? Helmut Schmidt spricht in diesem Satz auch die Bedeutung der privaten und der öffentlichen Kunstförderung an. Aber er stellt durch die Wiederholung des Begriffs ‚Publikum’ klar, dass an erster Stelle das Publikum, also die Nachfrageseite des Kunstmarktes, für die Kunst entscheidend ist.
Die Kunstökonomik als Wissenschaftszweig ist relativ jung und sehr speziell. Trotzdem gibt es gute Überblickswerke, welche schnell einen Einblick in Kunstökonomik und der verwandten Kulturökonomik gewähren. Im englischsprachigen Raum kann, neben dem Gründungswerk der Kunstökonomik von Baumol und Bowen (1961), „Performing Arts - The Economic Dilemma“, eine breite Forschungsliteratur gefunden werden. Die Werke von Netzer (1978), Grampp (1989) oder auch Peacock (1993) sind gute Einführungs- und Überblickswerke. Im deutschsprachigen Raum ist die Kunstökonomik als Wissenschaftszweig nicht so verbreitet wie in Großbritannien oder den USA. Einführungen in die Kunstökonomik deutschsprachiger Ökonomen werden aber von Pommerehne und Frey (1993) und Frey (2000) angeboten. Neben den Überblickswerken gibt es eine Reihe von Monographien und Artikeln, welche sich mit speziellen Problemen der Kunstökonomik beschäftigen. Zu nennen ist hier nur das englischsprachige Journal of Cultural Economics, welches sich nur mit Kunst- und Kulturökonomik befasst.
In dieser Arbeit soll die Bedeutung der Kunstförderung näher betrachtet werden. Zu diesem Zweck sollen vier Fragen aufgeworfen und im Verlauf der Betrachtung beantwortet werden. Erstens, welche ökonomischen Eigenschaften hat Kunst und welcher Güterklassifikation kann Kunst zugeordnet werden? Zweitens, welche ökonomische Begründung kann für Kunstförderung herangezogen werden? Drittens, wie effizient ist private und staatliche Kunstförderung? Und viertens, welche Maßnahmen sind am besten geeignet um ein soziales Optimum herbeizuführen? Diese vier Fragen werden im Weiteren den Verlauf der Untersuchung bestimmen.
Die folgende Untersuchung ist so aufgebaut, dass alle vier oben genannten Fragen nacheinander betrachtet werden. Im zweiten Kapitel sollen die ökonomischen Eigenschaften von Kunst und mögliche Begründungen für staatliche Eingriffe betrachtet werden. Im dritten Kapitel wird der Kunstmarkt und der Markt für Kunstförderung vorgestellt, um im vierten Kapitel eine komparative Analyse der Marktlösung, der staatlichen Lösungsansätze und der privaten Lösungsansätze für das Marktversagen zu untersuchen. Die Arbeit schließt mit einem Fazit in Kapitel 5.
2. Kunst und Kunstförderung in der Ökonomie
2.1. Baumol und Bowen´s Cost Disease: Startpunkt der Kunstökonomie als Zweig der Wirtschaftswissenschaft
Kunstökonomie ist ein relativ junger Zweig der Volkswirtschaftslehre. Jedoch konnte schon früh das Interesse der Ökonomen für Kunst geweckt werden. Die Ökonomen interessierten sich privat für Kunst und waren oft selbst künstlerisch tätig. Adam Smith, als einer der wichtigsten Ökonomen des 18. Jahrhunderts, unterstützte Kunst durch die Finanzierung eines Theaters und eines Museums (Marchi/Greene 2005, S. 432). Obwohl Adam Smith sich sehr für Kunst interessierte, spielte diese keine Rolle in seinen wissenschaftlichen Forschungen. Er betrachtete Kunst nicht aus ökonomischer Perspektive (Throsby 1994, S. 2).
Auch John Maynard Keynes war ein sehr kunstinteressierter Ökonom. Er gehörte dem Bloomsbury Kreis an, eine Verbindung englischer Künstler Anfang und Mitte des 20. Jahrhunderts, er malte selbst und unterstützte andere Künstler. Als Mitbegründer des Arts Council of Great Britain war er einer der Schöpfer der britischen staatlichen Kunstförderung (Moggridge 2005, S. 536 ff.). Auch Keynes betrieb trotz seines Kunstinteresses keine Kunstökonomie (Throsby 1994, S. 2).
Als Startpunkt der Kunstökonomie als Zweig der Volkswirtschaftslehre wird von vielen Ökonomen das Werk von Baumol und Bowen, „Performing Arts - The Economic Dilemma“, angesehen (Hutter 1996, S. 263; Throsby 1994, S. 2). Frey (2000, S. 3) beschreibt die Geburtsstunde der Kunstökonomie, „The birth of art economics as a discipline of its own within modern economic science can be dated exactly: it occurred with Baumol and Bowen´s book on the Performing Arts - The Economic Dilemma, published in 1966.“
Seit dieser Geburtsstunde hat sich die Kunstökonomie als Teilbereich der Ökonomik sehr stark weiterentwickelt. So gibt es seit 1973 die Association of Cultural Economics, seit 1977 das Journal of Cultural Economics und seit 1979 eine regelmäßige Konferenz zum Thema Kunstökonomie (Throsby 1994, S. 3).
Der genannte Artikel wurde von Baumol und Bowen, im Auftrag der Stiftung ‚The Twentieth Century Fund’, verfasst, um der Forderung nach staatlicher Kunstförderung Nachdruck zu verleihen. Dieses Ziel wurde erreicht, denn dass in dem Artikel verfasste Argument der ‚Cost Disease’, wurde, entgegen dem Willen der Autoren, eines der wichtigsten Argumente zur Begründung staatlicher Förderung von darstellender Kunst. Die Autoren selbst sahen das Ereignis ‚Cost Disease’ nicht als hinreichenden Grund für staatliche Eingriffe an. (Besharov 2005, S. 416). Fraglich ist die Unabhängigkeit der wissenschaftlichen Forschung durch die Finanzierung durch Lobbygruppen. Die Stiftung ‚The Twentieth Century Fund’ war zu jener Zeit einer der größten Kunst- und Kulturförderer der USA und sie setzte sich für eine stärkere Förderung durch den Staat ein (Besharov 2005, S. 416).
Exemplarisch soll das Argument der Cost Disease hier kurz dargestellt und kritisch hinterfragt werden. Baumol und Bowen (1966, S. 160 ff.) stellen in ihrer Arbeit ein zwei Sektoren-Modell dar. Diese Sektoren umfassen zum einen, einen Bereich mit produzierendem Unternehmen und zum anderen einen Bereich mit Unternehmen, welche künstlerisch tätig sind. Im ersten Sektor, der Bereich mit produzierenden Unternehmen, gibt es aufgrund der Entwicklung von arbeitssparender Technologie, ein Produktivitätswachstum. Im zweiten Sektor, der Bereich mit Kunstunternehmen, gibt es kein Wachstum. Denn in diesem Sektor kann kein Produktivitätswachstum, aufgrund technologischen Fortschritts, entstehen, da in der darstellenden Kunst von bestimmten Produktionsfaktoren nicht abgewichen werden kann. So kann zum Beispiel ein Streicherquartett nur mit vier Musikern arbeiten. Aus diesem fehlenden Produktivitätswachstum in der Kunstindustrie entsteht dann Baumol´s Cost Disease. Da die Löhne der Arbeiter des größeren ersten Sektors aufgrund des Produktivitätswachstums steigen, steigen, um die Mitarbeiter nicht zu verlieren, auch die Löhne der Arbeiter des zweiten Sektors. Diese Lohnsteigerung ohne Produktivitätswachstum im zweiten Sektor, dem Kunstsektor, nennt man ‚Cost Disease’.1 Baumol und Bowen selbst erkennen aus diesem ‚Cost Disease’ keinen Grund für einen staatlichen Eingriff.
An diesem Konzept gibt es aber auch Kritik von anderen Ökonomen. So wirft Peacock (1992, S. 14) ein, dass die Kosten für Arbeit im Kunstsektor nicht äquivalent zu den Arbeitskosten anderer Sektoren gestiegen sind, sondern dass die Arbeitskosten des Kunstsektors langsamer steigen oder sogar stagnieren. Heilbrun (2003, S. 91) stellt fest, dass es auch im Bereich von Theatern die Möglichkeit eines technischen Fortschritts gibt, so zum Beispiel im Bereich der Bühnentechnik und der Nutzung moderner Technik für die Darstellung. Peacock (1994, S. 154) führt weiter aus, dass darstellende Kunst nicht mehr an einen Ort gebunden ist, sondern durch die Erfindung von Aufnahme- und Abspielgeräten direkt zu den Zuschauern gelangen kann. Cowen (1996, S. 209) stellt dar, dass es nicht nur einen Produktionsfortschritt durch die modernen Technologien, Video etc., sondern auch einen Produktionsfortschritt im Faktor Arbeit gibt. Im 18. Jahrhundert waren die Möglichkeiten der Musiker wesentlich geringer. So konnten sie damals zum Beispiel nur Mozart und Haydn interpretieren, wobei sie heute wesentlich mehr Musikstile und Komponisten darstellen können.
Heilbrun (2003, S. 100) stellt fest, dass Baumols ‚Cost Disease’ keinen staatlichen Eingriff erfordert, denn der Produktionsunterschied zwischen Kunstsektor und produzierenden Sektoren ist ein normales Marktgeschehen. Ein Unterschied im Produktivitätswachstum kann auf jedem Markt entstehen. Dies kann in dem Umstand erkannt werden, dass verschiedene Bereiche unterschiedliche Möglichkeiten haben technologischen Fortschritt und anderen Fortschritt zu nutzen. Außerdem würde, da dieses so genannte „Production Lag“ (Heilbrun 2003, S. 91) von dem fehlenden produktiven Fortschritt bei arbeitsintensiven Industrien ausgeht, Baumols ‚Cost Disease’ auf jede arbeitsintensive Dienstleistung mit wenigen technischen Geräten, wie zum Beispiel Pflege- oder Lehrberufe, zutreffen.
2.2. Kunst
In diesem Abschnitt soll Kunst im Allgemeinen und aus ökonomischer Perspektive betrachtet werden. Die allgemeine Klassifikation von Kunst soll darstellen, von welchen Kunstarten in diesem Text ausgegangen wird. Dazu wird im ersten Schritt eine Definition von Kunst gesucht und im zweiten Schritt Kunst in bildende und darstellende Kunst unterschieden.
Die ökonomische Klassifikation soll die Gütereigenschaften von Kunst an Hand der beiden Gütereigenschaften Ausschließbarkeit und Rivalität im Konsum, sowie den verschiedenen Güterarten, Privates Gut, Öffentliches Gut, Clubgut und Allmendegut, darstellen und Kunst einer dieser Güterarten zuordnen. Außerdem werden das Konzept der meritorischen Güter und die möglichen externen Effekte der Kunst betrachtet.
2.2.1. Allgemeine Klassifikation von Kunst
In dieser Darstellung soll nicht eine der verschiedenen ästethischen Unterscheidungen der Kunst dargestellt werden, sondern eine vereinfachte Sicht auf die Kunst. Diese Sicht soll zum einen darstellen, welche Definitionen von Kunst im Allgemeinen vorherrschen und zum anderen darstellende und bildende Kunst von der allgemeinen Kultur abgrenzen.
Im englischen Sprachraum wurde bis in die letzten Jahrzehnte des 19. Jahrhunderts das Wort ‚Culture’ als Synonym für die Kunst genutzt, erst seit der Wende vom 19. zum 20. Jahrhundert konnte sich das Wort ‚Arts’ als direktere Beschreibung der Kunst durchsetzten (Krieger 1996, S. 22). In der heutigen englischsprachigen Forschung werden die Wörter ‚Culture’ und ‚Arts’ als Synonym für Kunst ebenbürtig nebeneinander verwendet.
In der deutschen Forschung hingegen wird eine klare Abgrenzung zwischen Kultur und Kunst getroffen. Gemäß der Kulturdefinition der Vereinten Nationen (Smekal 1992, S. 72; Ebker 2000 S. 20) besteht Kultur aus wesentlich mehr als nur darstellender und bildender Kunst.2 Der Brockhaus hingegen stellt Kunst in einer weiten und in einer engeren Definition dar. Die engere Definition ordnet dem Oberbegriff Kunst, Literatur, Musik, darstellende und bildende Kunst, zu (Brockhaus 2006, S. 93).3
Was Kunst aber wirklich ist, kann nur subjektiv beurteilt werden, denn die Nachfrager entscheiden in individuellen Wahlhandlungen über Kunst als Objekt und den Nutzen der Kunst (Frey/Pommerehne 1985, S. 143). Trotz allem muss aber eine Eingrenzung des Kunstbegriffs gesucht werden. Um dies gewährleisten zu können werden hier einige Ansätze offener Definitionen vorgestellt.
Eine Möglichkeit Kunst und Kultur zu definieren bietet Throsby (2001, S. 4). Throsby stellt drei Wesensmerkmale für Kunst und Kultur in den Vordergrund, welche zur Feststellung von Kunst und Kultur benötigt werden. Zur Herstellung soll Kreativität benötigt werden, weiterhin muss mit dem Kunstwerk eine symbolische Bedeutung verbunden sein und außerdem muss das Kunstwerk geistiges Eigentum des Künstlers in sich tragen (Throsby 2001, S. 4).
Noch offener haben Matthew Arnold und Kenneth Clark Kunst definiert (Bennet 2005, S. 468; Goodwin 2005a, S. 559). Arnold definiert Kunst als jeden Gegenstand, welcher die Menschen interessiert und betrifft. Weiterhin ist auch das Beste des in der Geschichte der Welt Gedachten und Gesprochenen zur Kunst zu zählen (Bennet 2005, S. 468). Clark bezieht sich in seiner Definition schon stärker auf die Künstler und die Konsumenten der Kunst. Gemäß seiner Definition benötigt das Kunstwerk zum einen den direkten Ausdruck der Kreativität des Künstlers und zum anderen eine positive Wirkung auf den Konsumenten (Goodwin 2005a, S. 559).
Kunst ist aber auch ein Spiegelbild der Gesellschaft. Denn die Kunst ist nicht nur das Ergebnis gesellschaftlicher Strömungen und Entwicklungen, sondern Kunst beeinflusst auch die Gesellschaft (Ebker 2000, S. 21). Das Kunstwerk ist nach dem Erschaffen kein in sich abgeschlossenes Objekt, ein Kunstwerk kann in einem entwicklungsoffenen Prozess gesehen werden. Denn ein Kunstwerk bekommt zwar durch den Künstler ein bestimmtes Maß an Eigenschaften mit, der Konsument kann aber etwas vollkommen anderes in dem Kunstwerk erkennen. Somit sind der Wert und die Perzeption immer von den persönlichen Interessen und Erfahrungen des Einzelnen abhängig (Kirchhof 1984, S. 15 und 19).
Im Weiteren soll die Differenzierung der Kunst in die traditionelle Unterscheidung bildende und darstellende Kunst erfolgen (Frey/Pommerehne 1993, S. 3). Diese Unterscheidung wird in der Regel und so auch hier, aufgrund der Vereinfachung der Darstellung durchgeführt.
2.2.1.1. Bildende Kunst
In der Regel wird unter bildender Kunst jegliche Art von Kunst gesehen, welche Kunstwerke erstellt. Bildende Kunst wird, gemäß der Definition des Brockhaus, in Malerei und Bildhauerei, sowie Grafik und Kunsthandwerk unterteilt (Brockhaus 2006, S. 93).4 Unter Malerei wird nicht nur die zeitgenössische oder klassische Malerei verstanden, sondern jegliche Art von Malerei. Die Produktions- und die Materialkosten der Kunstwerke können stark variieren. Für die Einbeziehung der Kunst in die Kategorie bildende Kunst ist es nicht von Bedeutung wie hoch die Produktionskosten, Materialkosten oder der Preis des
Kunstwerks sind oder wie hoch das Prestige des Künstlers ist. Malerei und Bildhauerei sind Tätigkeiten, welche meist durch einzelne Künstler vollzogen werden. Betrachtet man Kunst aus ökonomischer Perspektive, so gleichen sich die oben genannten Tätigkeiten. Bei jedem dieser Tätigkeiten wird ein Produkt geschaffen, welches auf dem Kunstmarkt den gleichen Regeln unterliegt. Aus diesem Grund können diese Tätigkeiten äquivalent verwendet und untersucht werden (Heilbrun/Gray 2001, S. 4 und 5).
Im Folgenden wird aus der Kategorie der bildenden Künste die Literatur mit allen angehängten Tätigkeiten ausgeschlossen. Die Literatur wird in dieser Arbeit nicht weiter betrachtet, da sie wesentliche Unterschiede bei ihren ökonomischen Eigenschaften im Vergleich zu den übrigen bildenden Künsten aufweist. Ein weiterer Unterschied zwischen Literatur und Malerei und Bildhauerei sind die verschiedenen Produkte welche gehandelt werden. Die Literatur wird in der Regel für den Endkunden nur als Kopie konsumierbar. Das Original wird auf einem kleinen Markt zwischen Autor und Verlegern gehandelt. Malerei und Bildhauerei hingegen sind auch in Form von Originalen auf einem großen Markt für den Endkunden konsumierbar. Weiterhin gibt es innerhalb des Gebietes Literatur große Unterschiede zwischen wissenschaftlicher und künstlerischer Literatur. Durch diese Unterschiede würde es im Rahmen dieser Arbeit schwer möglich die bildende Kunst als ein Gesamtes zu betrachten und verwertbare Ergebnisse zu erhalten (Tietzel 1995, S. 7 ff.).
2.2.1.2. Darstellende Kunst
Unter dem Begriff Darstellende Künste werden Kunstformen gesehen, welche eine Aufführung vor einem Publikum beinhalten. Dazu werden in der Regel das Theater, die Oper, das Ballett und die Symphonieorchester gezählt. Diese werden unter dem Synonym ‚High Art’ zusammengefasst. Die weiteren Kunstformen der darstellenden Kunst, wie zum Beispiel Moderne Musik, Kinovorstellungen, Radio und Fernsehen werden unter den Synonymen ‚Popular Art’ oder ‚Mass Culture’ zusammengefasst (Heilbrun, Gray 2001 S. 4). Heilbrun und Gray schließen die moderne Musik, Kinovorstellungen, sowie Fernsehen und Radio aus ihrer weiteren Untersuchung aus. (Heilbrun/Gray 2001, S. 4 und 5). In dieser Arbeit soll die Kunstform der Modernen Musik zusammen mit den Formen der ‚High Art’ untersucht werden. Diese Kunstform weist ähnliche ökonomische Eigenschaften wie die Kunstformen der ‚High Art’ auf. Kinovorstellungen, Fernsehen und Radio werden hier nicht weiter betrachtet, da es sich bei diesen um Übertragungsmöglichkeiten, für Kopien der Live- aufgeführten Kunstvorstellungen handelt. Außerdem werden durch Kino und Fernsehen die Aufführungen in einer zweidimensionalen Sicht dargestellt. Erst durch die Live Aufführung wird eine dreidimensionale Sicht ermöglicht. Der ästhetische Charakter einer Aufführung kann durch eine Kopie auch nicht wiedergegeben werden. Aus diesem Grund können Kino, Fernsehen keine adäquaten Substitute für Theater, Ballett oder Konzerte sein (Heilbrun/Gray 2001, S. 17).
In dieser Arbeit sollen die ökonomischen Eigenschaften der Live-Aufführungen der darstellenden Kunst untersucht werden. Um die darstellende Kunst als Kunstart mit gleichen Eigenschaften zu betrachten und um auf verwertbare Ergebnisse zu kommen, werden Fernsehen und Radio in dieser Arbeit nicht weiter betrachtet.
2.2.2. Ökonomische Klassifikation von Kunst
Die ökonomische Klassifikation von Kunst soll anhand der Güterklassifizierung nach Musgrave (Blankart 2006, S. 59 ff.) vorgenommen werden. Diese Güterklassifizierung erfolgt anhand der Eigenschaften Ausschließbarkeit und Nichtausschließbarkeit, sowie der Eigenschaften Rivalität im Konsum und Nichtrivalität im Konsum. Anhand dieser Eigenschaften soll untersucht werden, in welche Güterkategorie Kunst fällt. Musgrave unterscheidet, je nach Ausschließbarkeit und Rivalität im Konsum, in Private und Öffentliche Güter, sowie in Club- oder Mautgüter und Allmendegüter (Blankart 2006, S. 59; Musgrave/Musgrave/Kullmer 1994, S. 69 ff.). Rivalität im Konsum bedeutet, dass ein Gut nur einmal konsumiert werden kann und für einen weiteren Konsumenten nicht zum Konsum bereit steht. Als Beispiel kann die Tafel Schokolade genommen werden, welche wenn sie von Person A verzehrt wurde, von Person B nicht mehr verzehrt werden kann (Blankart 2006, S. 59).
Ausschließbarkeit bedeutet, dass Nachfrager von der Nutzung oder dem Konsum eines Gutes ausgeschlossen werden können. Ein Beispiel ist wiederum die Tafel Schokolade, zahlungsunwillige Nachfrager können durch einen Preis vom Konsum dieses Gutes ausgeschlossen werden. Dies bedeutet nur, dass die Konsumenten von dem Konsum der Schokolade ausgeschlossen werden können, nicht aber, dass diese faktisch ausgeschlossen werden. Es besteht nur die Möglichkeit des Ausschlusses (Blankart 2006, S. 59).
Im Folgenden wird Kunst anhand der zwei Eigenschaften untersucht, um die für Kunst zutreffende Güterart zu bestimmen. Außerdem wird das Konzept der Meritorischen Güter nach der von Musgrave (1969 S. 14 ff.) aufgestellten Theorie betrachtet. In einem letzten Schritt werden mögliche Externe Effekte der Kunst betrachtet und dargestellt.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 1: Güterklassifikation nach Musgrave (Blankart 2006, S. 68)
2.2.2.1. Privates Gut
Private Güter sind an zwei bestimmten Merkmalen erkennbar. Erstens sind die Konsumenten ausschließbar und zweitens sind die Güter rivalisierend im Konsum. Um nun die Ausschließbarkeit eines privaten Gutes greifbar zu machen werden Besitzrechte, so genannte ‚Property Rights’, genutzt. Der Besitzer der Rechte an einem Gut kann dieses nutzen, aufbewahren oder verkaufen. Die Möglichkeit des Austausches der Besitzrechte ist somit die Vorbedingung für Handel und Wettbewerb (Brümmerhoff 2001, S. 74)
Auf dem Kunstmarkt kann bei Kunstwerken der bildenden Kunst und Aufführungen der darstellenden Kunst von privaten Gütern gesprochen werden. Diese erfüllen unter bestimmten Vorraussetzungen die Eigenschaften eines privaten Gutes. Sie sind ausschließbar, da der Konsument von der Nutzung dieser Kunstwerke durch Eintrittspreise zu Museen oder Theatern ausgeschlossen werden kann. Sie sind rivalisierend im Konsum, da eine Rivalität im Konsum in Form des verfügbaren Raumes von dem das Kunstwerk betrachtet werden kann besteht. Diese Eigenschaften der Kunstwerke ähneln den Eigenschaften der Club- oder Mautgüter, da bis zur Kapazitätsgrenze keine Rivalität im Konsum besteht (Blankart 2006, S. 62). Dies bedeutet, dass Kunst zwar in gewissen Maßen die Eigenschaften der privaten Güter besitzt, aufgrund der Nichtrivalität im Konsum unterhalb einer Kapazitätsgrenze, aber nicht als privates Gut gezählt werden kann.
2.2.2.2. Öffentliches Gut
Im letzten Abschnitt wurden private Güter untersucht, ebenso wie die privaten Güter werden auch öffentlichen Güter durch die beiden Merkmale Ausschließbarkeit und Rivalität im Konsum definiert. Die öffentlichen Güter besetzten aber den gegensätzlichen Extremfall. Reine öffentliche Güter zeichnen sich durch Nichtrivalität im Konsum und die Nichtausschließbarkeit aus (Blankart 2006, S. 59; Brümmerhoff 2001, S. 94).
Öffentliche Güter weisen keine Ausschließbarkeit auf, da die Konsumenten aufgrund der technischen Eigenschaften des Gutes nicht von der Nutzung ausgeschlossen werden können. Zum Beispiel können die Bewohner eines Staates vom Nutzen der Nationalen Verteidigung nicht ausgeschlossen werden (Mankiw 2004, S. 249).
Der Grenznutzen des Konsums der öffentlichen Güter hängt nicht von der Anzahl der Konsumenten oder der Nachfragehäufigkeit ab. Blankart stellt dies durch das Beispiel Denkmal dar. Der Nutzen für das Individuum durch das Denkmal verliert nicht durch weitere Nutzer oder durch mehrmaliges Anschauen (Blankart 2006, S. 59, 60).
Durch das Fehlen der Rivalität im Konsum und die Nichtanwendbarkeit der Ausschließbarkeit entsteht das ‚Free-Rider Problem’ oder auch ‚Trittbrettfahrer-Problem’ genannt. Als Free-Rider wird jemand bezeichnet, der den Nutzen eines Gutes gewinnt, ohne die Bereitstellung mitzufinanzieren. Je größer die Gruppe der Nachfrager nach einem öffentlichen Gut ist, desto einfacher ist es für den Einzelnen die Bereitstellung des öffentlichen Gutes nicht mitzufinanzieren. Dies hat für den einzelnen keine Folgen, solange das Gut weiterhin angeboten wird. Da keine Ausschließbarkeit vorliegt kann er weiterhin das Gut nutzen, ohne sich an den Kosten der Bereitstellung zu beteiligen. Dies würde eine individuelle Nutzenmaximierung bedeuten. Wenn aber alle Individuen diesen Weg beschreiten, wird das Gut nicht mehr angeboten, da niemand für die Bereitstellung bezahlt (Blankart 2006, S. 61; Mankiw 2004, S. 248). Dies bedeutet, dass der Markt bei der Bereitstellung der öffentliche Güter versagt. Kein Anbieter wird ein Gut anbieten, bei dem er keine Möglichkeit hat Konsumenten vom Gebrauch auszuschließen. Ohne die Ausschließbarkeit hat er keine Möglichkeit seine Kosten durch Einnahmen zu begleichen. Weiterhin ist auch kein Konsument bereit für ein Produkt zu bezahlen, welches er auch ohne eigene Kosten nutzen kann. Wenn aber alle zum Free-Rider werden, besteht zwar eine Nachfrage nach dem Gut, aber kein Angebot (Bechler 1993, S. 51; Blankart 2006, S. 61).
Da die Bereitstellung öffentlicher Güter durch den Markt, wie oben festgestellt, versagt, muss die Bereitstellung auf anderem Wege geschehen. Dies kann durch den Prozess politischer Willensbildung entschieden werden. Dieser Prozess kann eine Bereitstellung durch den Staat, eine Subvention oder Ausgleichszahlung für private Anbieter oder einen Verzicht zum Ergebnis haben. Nachteile dieses Prozess sind aber ein mögliches Informationsdefizit, sowie die Vergabe der Entscheidungskompetenzen (Musgrave, Musgrave, Kullmer 1994, S. 62).
Das Informationsdefizit und die Vergabe der Entscheidungskompetenzen kann ein Problem des Staates sein, da nicht alle Informationen diesen staatlichen Stellen, welche die Entscheidungskompetenz bekommen, zufließen. Hayek (1969, S. 84) schreibt, dass durch die stetige Veränderung der Umstände des Lebens kein Plan in der Lage ist zu bestehen, sondern eine stetige Veränderung der Entscheidungen benötigt wird. Das bedeutet, dass der einzelne schneller auf die Veränderung reagieren kann und so zu einem höheren Nutzen gelangt als der Staat.
Die Kunst wird in der ökonomischen Forschung oft als öffentliches Gut bezeichnet, ihre Eigenschaften weisen aber nicht alle Merkmale eines öffentlichen Gutes auf. Die bildende und darstellende Kunst ist in den meisten Fällen ausschließbar und nicht rivalisierend im Konsum. Frey (2003, S. 391) stellt dar, dass Veranstaltungen in Theatern und Opernhäusern oder die Ausstellungen in Museen nicht den Charakter eines öffentlichen Gutes aufweisen, da Konsumenten von dem Konsum ausgeschlossen werden können.
Wenn eine Aufführung aber zum ersten Mal dargestellt wurde oder ein Kunstwerk zum ersten Mal ausgestellt wurde, verliert das geistige Eigentum der Kunstwerke und Aufführungen ihren privaten Charakter. Denn Kunst hat vor der Veröffentlichung immer die Eigenschaft eines geistigen Gutes, da der Künstler meist entweder etwas Neues, also eine kreative Leistung, erschaffen hat oder eine Botschaft mit seinem Kunstwerk transportieren möchte. Ebker stellt dar, dass geistige Güter immateriell und aus diesem Grund nicht ausschließbar sind (2000, S. 90). Hutter (2003, S. 264) stellt klar, dass geistige Güter Informationsgüter sind, welche die Eigenschaften von öffentlichen Gütern haben. Diese Informationsgüter sind nicht Rival im Konsum, da sie in jedem Individuum erarbeitet und aufbewahrt werden können. Eine Ausschließbarkeit kann nur durch sehr hohen Aufwand erreicht werden. Die Ausschließbarkeit kann gemäß Hutter (2003, S. 264) durch Urheberschutz generiert werden. Ebker (2000, S. 91) hingegen schreibt weiter, dass durch das Urheberrecht nicht die Idee, sondern die Vervielfältigung des Originals geschützt wird. Dies bedeutet, dass das geistige Eigentum an Kunstwerken und Aufführungen den Charakter öffentlicher Güter haben (Kirchhof 1984, S. 21).
Dem Ergebnis, dass Kunstwerke in Form ihrer Idee, das heißt vor ihrer Veröffentlichung als geistiges Eigentum, den Charakter eines öffentlichen Gutes besitzen, wird in diesem Aufsatz nicht gefolgt. Da die Möglichkeit des Ausschlusses durch ein Copyright oder ein anderes Urheberrecht besteht, ist das Prinzip der Ausschließbarkeit anwendbar. Da weiterhin keine Rivalität in der Nutzung besteht, ist eher von den so genannten Club bzw. Mautgütern, als anzuwendende Klassifizierung für das geistige Eigentum des Kunstwerkes auszugehen.
2.2.2.3. Clubgüter
Club- oder Mautgüter werden ebenso, wie private und öffentliche Güter anhand der Merkmale Rivalität im Konsum und Ausschließbarkeit betrachtet. Bei Clubgütern liegt keine Rivalität im Konsum vor. Clubgüter besitzen aber das Merkmal Ausschließbarkeit, dies bedeutet, dass Nutzer von der Nutzung ausgeschlossen werden können. Im Fall der Clubgüter ist das Merkmal Nichtrivalität im Konsum auch gegeben, wenn oberhalb einer Kapazitätsgrenze eine Rivalität im Konsum entsteht. Als Beispiel kann hier eine Brücke dargestellt werden. Die Nutzung der Brücke ist durch Mautgebühren ausschließbar und bis zu einer bestimmten Kapazität herrscht keine Rivalität im Konsum. Wenn diese Kapazitätsgrenze jedoch überschritten wird, nimmt der Nutzen der Konsumenten durch jeden weiteren Nutzer ab (Blankart 2006, S. 62 ff.).
Die zu betrachtenden Güter der bildenden und darstellenden Kunst weisen die Merkmale der Club- bzw. Mautgüter auf. Der Besuch einer Veranstaltung eines Theaters, einer Oper oder eines Ballett verfügt über das Merkmal Ausschließbarkeit. Der Besucher kann vom Konsum ausgeschlossen werden, indem er keinen Einlass zum Gelände oder den Räumlichkeiten gewährt bekommt. Ebenso kann der Konsument vom Besuch einer Ausstellung oder eines Museums ausgeschlossen werden. Die Kunstwerke der bildenden und darstellenden Kunst weisen aber nicht das Merkmal der Rivalität im Konsum auf. Bis zu der Kapazitätsgrenze der Museen oder Theater nimmt der Nutzen der Konsumenten durch einen weiteren Nutzer nicht ab (Mühlenkamp 1994, S. 143; Blankart 2006, S. 62).
2.2.2.4. Allmendegut
Güter, welche rivalisierend im Konsum, aber nicht ausschließbar sind, werden auch Allmendegüter genannt (Musgrave, Musgrave, Kullmer 1994, S. 57). Ein Beispiel für ein Allmendegut sind Fische im Meer. Außerhalb der Hoheitsgebiete kann jeder Fischer diese Fische fangen. Da sehr viele Staaten Zugang zu den Meeren haben und die Meere sehr ausgedehnt sind, ist eine Ausschließbarkeit nicht möglich. Die Überwachung freiwilliger Kooperationen, welche schwierig zu gestalten sind, ist unmöglich (Mankiw 2004, S. 259).
Allmendegüter kommen in der Regel bei natürlichen Ressourcen, wie Luft und Wasser, vor, aber auch Gesundheitssysteme, Hochschulen oder öffentlichen Straßen sind Allmendegüter.
Diese werden überbeansprucht, da aus technischen (Luft) oder politischen Gründen (Gesundheit, Hochschule) kein Entgelt erhoben wird (Blankart 2006, S. 67).
Im Bereich der Kunst kann nicht von Allmendegütern gesprochen werden, da die Merkmale, Rivalität im Konsum und Nichtanwendbarkeit des Prinzips der Ausschließbarkeit, nicht auftreten. Blankart (2006, S. 67) führt zwar an, dass die Ausschließbarkeit aus politischen und technischen Gründen nicht angewendet wird und aus diesem Grund die ausschließbaren Güter zu Allmendegüter werden. Wenn dieser Argumentation aber gefolgt würde, wären jegliche Güter, welche zwar ausschließbar sind, aber aus politischen Gründen nicht ausgeschlossen werden, Allmendegüter. Dann wären auch Kunstwerke Allmendegüter, da der politische Wille einen freien Zugang für alle wünschen würde und die Museen und Theater nur begrenzte Kapazitäten haben. Dies widerspricht aber dem Prinzip der Ausschließbarkeit, denn dieses bedeutet, dass ein Gut ausgeschlossen werden kann, nicht muss.
2.2.2.5. Meritorische Güter und Externe Effekte
2.2.2.5.1. Meritorisches Gut
Im Gegensatz zu den oben beschriebenen vier Güterarten werden meritorische Güter nicht durch Ausschließbarkeit und Rivalität im Konsum bestimmt. Meritorische Güter haben keine Güterklassifikation, da sie die Eigenschaften der oben genannten vier Güterarten besitzen können. Sie werden erst durch die Entscheidung von Regierungen oder Politikern zu meritorischen Gütern (Musgrave/Musgrave/Kullmer 1994, S. 87 ff.).
Hierzu müssen zwei Annahmen eingeführt werden. Erstens ist das Individuum auf den eigenen Vorteil bedacht und wird aus diesem Grund ein nutzenmaximierendes Verhalten aufzeigen. Das heißt, dass jeder Einzelne Entscheidungen trifft, welche seinen Nutzen auf ein möglichst hohes Niveau heben (Blankart 2006, S. 12). Zweitens gibt es gegebene Präferenzen und veränderbare Beschränkungen. Gegebene Präferenzen sind nicht veränderbar, sie begründen sich auf die Sozialisation des einzelnen Menschen. Die veränderbaren Beschränkungen bedeuten, dass die äußeren Umstände einer Entscheidung sich verändern können. Dies bedeutet, dass die Veränderung der individuellen Nachfrage nicht auf eine Veränderung der Präferenzen, sondern auf eine Veränderung der Beschränkungen zurückfällt. Wenn die Nachfrage einer Person A für Schokolade in der ersten Periode eins und in der zweiten Periode zwei ist, dann haben sich nicht die Präferenzen der Person A verändert, sondern die Beschränkungen, zum Beispiel durch eine Preis- oder Qualitätsänderung. Die Möglichkeit der veränderbaren Präferenzen ist zwar existent, da die Präferenzen aber durch die Sozialisation der Individuen gebildet werden sind sie stabiler als die äußeren Verhältnisse (Blankart 2006, S. 13).
Head (1970, S. 46) führt an, dass es bei meritorischen Gütern auf dem privaten Gütermarkt nicht zu den von selbst ernannten Experten oder einer Regierung gewünschten Ergebnissen kommt. Der Markt kann die Nachfrage zwar bedienen, aber nicht in erwünschter Weise. Die Konsumenten fragen aus verschiedenen Gründen die wünschenswerte Menge nicht nach. Diese zwei verschiedenen Gründe sind zum einem verzerrte Präferenzen und zum anderen Irrationalität (Brümmerhoff 2001, S. 113).
Verzerrte Präferenzen entstehen durch zu geringe Wertschätzung des Gutes durch den Konsumenten. Um die erforderte Wertschätzung ausdrücken zu können, müssen Lernprozesse durchlaufen, sowie Erfahrung gewonnen, werden (Ebker 2000, S. 102). Irrationalität ist sehr schwer von einfacher Unkenntnis zu unterscheiden. Die Unkenntnis führt zu verzerrten Präferenzen. Die Irrationalität hingegen liegt vor, wenn trotz vollständiger Informationen eine ineffiziente Entscheidung getroffen wird (Head 1970, S. 48).
Duffy (1992, S. 40) legt dar, dass die Erkenntnis, dass bestimmte Gruppen ein meritorisches Gut nicht ausreichend nachfragen, nur durch eine besser informierte Gruppe oder einen Informationsvorsprung der Regierung erkannt werden kann. Die Regierung kann nun in die Konsumentensouveränität eingreifen, um die aus ihrer Sicht richtigen Konsumentenentscheidungen herbeizuführen (Brümmerhoff 2001, S. 113). Gemäß Ebker (2000, S. 103) wird dies durch die demokratische Wahl der Regierung legitimiert. Die Regierung kann nur dann die gewünschten Entscheidungen durch einen Eingriff herbeiführen, wenn wichtige öffentliche Bedürfnisse erreicht werden müssen (Head 1970, S. 46).
Fraglich sind an den meritorischen Gütern und der Entscheidungsfindung der Regierung im Besonderen, woher die Informationen über die Bedürfnisse und Erkenntnisse kommen. Aus welchem Grund eine Regierung oder eine informierte Gruppe diese Entscheidungen trifft und aus welchem Grund sollen die Informationen und Präferenzen der mit der Entscheidung beauftragten Menschen besser oder richtiger sind, als die der restlichen Bevölkerung, kann nicht begründet werden (Brümmerhoff 2001, S. 114).
Head (1970, S. 64) hingegen führt an, dass die meisten Menschen nicht langfristig genug planen, um den wahren Nutzen der Güter zu erkennen. So wird zu wenig Schulbildung nachgefragt, da besonders bildungsferne Schichten den langfristigen Nutzen einer guten Ausbildung nicht erkennen.
Das Konzept der meritorischen Güter wird in dieser Arbeit bei Kunstwerken nicht angewandt, da durch die politische Entscheidung jedes Gut zu einem meritorischen Gut werden könnte. Außerdem wird durch das Konzept der meritorischen Güter keine Möglichkeit der ökonomischen Grundierung eines staatlichen Eingriffs auf den Kunstmarkt verfolgt, sondern ein Eingriff, der aufgrund der Sichtweisen der Regierung oder anderer ‚informierter Gruppen’ durchgeführt wird. Diese Regierung oder die ‚informierten Gruppen’ werden aber zu keinem besseren Ergebnis als der Markt kommen. Denn der Markt nutzt mehr vereinzelt auftretendes Wissen und Informationen als der einzelne, also auch die Regierung besitzen, können (Hayek 1996, S. 7). Durch den Eingriff des Staates oder die Machtübertragung auf informierte Gruppen werden die Ordnungssysteme, welche den Markt regulieren und zu einem effizienten Ergebnis führen, gestört und unterbunden (Hayek 1996, S. 17).
2.2.2.5.2. Privates Gut mit externen Effekten
2.2.2.5.2.1. Allgemeine Übersicht
Private Güter mit externen Effekten stiften einen Nutzen für Dritte und Nichtkonsumenten. Ein privates Gut mit externen Effekten hat das Merkmal der Ausschließbarkeit, sowie das Merkmal der Rivalität im Konsum (Musgrave/Musgrave/Kullmer 1990, S. 63). Der Nutzen der durch dieses Gut entsteht fällt nicht nur auf den eigentlichen Konsumenten, sondern auch auf Personen, welche dieses Gut nicht nachfragen. Das bedeutet, dass der Nutzen dieses Gutes nicht vollkommen internalisiert wird. Positive externe Effekte haben, wie oben dargestellt, auch einen Nutzen auf Dritte, ebenso gibt es negative externe Effekte, welche Dritten Kosten verursachen. Der Nutzen und die Kosten können nicht vollkommen durch den Produzenten internalisiert werden (Musgrave/Musgrave/Kullmer 1994, S. 65). Die Wechselwirkungen zwischen den Wirtschaftssubjekten erfolgen nicht über das Preissystem, sondern direkt über ihren Nutzen. Die Verursacher der positiven externen Effekte werden nicht effizient entschädigt, dass heißt die Produzenten der Güter, als auch die Konsumenten zahlen für den Nutzen Dritter, welche dieses Gut nicht konsumieren. Die Produzenten der negativen Effekte werden nicht ausreichend für ihre produzierten Güter belastet (Brümmerhoff 2001, S. 73). Die Produktion dieser Güter auf dem Markt ist bei positiven Effekten schwierig, da die Produzenten nicht den gesamten Gewinn, der durch ihre Produkte entsteht, aufgrund in der Regel zu hoher Transaktionskosten, abschöpfen können. So entsteht eine Unterproduktion auf diesem Markt. Bei negativen Effekten kommt es zu einer Überproduktion, da die Produzenten nicht die gesamten Kosten tragen müssen (Krieger 1996, S. 90).
Beispiele für positive und negative externe Effekte sind zum einen allgemeine Schutzimpfungen und zum anderen Luftverschmutzung. Die Impfungen nützen auch ungeimpften Menschen, da die Gefahr der Infektion mit jedem geimpften Menschen geringer wird. Die Luftverschmutzung hingegen belastet Dritte mit den Kosten der Güterproduktion. Diese Kosten äußern sich in Luftverschmutzungen.
Die Lösung des Problems der positiven und negativen externen Effekte kann durch verschiedene Mittel geschaffen werden. Zum einen besteht die Möglichkeit der freiwilligen Bezahlung des größeren Nutzens oder der höheren Kosten. Weiterhin können die Konsumenten durch einen politischen Prozess zur Bezahlung des gewonnenen Nutzens durch pauschale Steuern gezwungen werden. Ebenso können die Produzenten zur Internalisierung der Kosten gezwungen werden. Dies kann durch Pigou- Steuern oder indirekt durch bestimmte Vorschriften geschehen. Als drittes Mittel steht die Verhandlung in kleinen Gruppen nach dem Coase-Theorem zur Verfügung. Dieses Mittel ist aber sehr theoretisch und nur schwierig zu erreichen, da das Coase-Theorem feste Eigentumsrechte, keine Transaktionskosten und kostenlose Koalitionsbildung benötigt, um zu effizienten Ergebnissen zu kommen (Brümmerhoff 2001, S. 81 ff).
Die externen Effekte der Kunstgüter sind in der Regel positiv (Heilbrun/Gray 2001, S. 223). Kunstwerke haben verschiedene externe Effekte, diese sollen im Weiteren kurz dargestellt werden. Die Kunstökonomen haben sich intensiv mit diesen externen Effekten beschäftigt. Um die Übersichtlichkeit dieses Abschnittes zu gewährleisten, werden nur einige wenige Autoren im Bereich der Kunstökonomie betrachtet. Weiterhin soll eine tabellarische Darstellung von Autoren und externen Effekten zur Vereinfachung beitragen.
Im weiteren Verlauf werden aus den möglichen externen Effekten die fünf wichtigsten vorgestellt. Diese sind der Options- oder Existenznutzen für Nichtkonsumenten, der Vermächtnisnutzen für zukünftige Generationen, der Bildungsnutzen für die Gesellschaft, der Prestige- oder Integrationsnutzen für den Einzelnen oder die gesamte Nation und den Wirtschaftsförderungsnutzen. Frey und Pommerehne (1993, S. 20 ff.) benennen diese verschiedenen Nutzen als Werte, da diese aber alle einen Nutzen beschreiben, werden diese fünf externen Effekte in dieser Arbeit auch Nutzen genannt werden. Die betrachteten Autoren sind im englisch- und deutschsprachigen Raum bedeutende Autoren zur Kunstökonomie. Die Darstellung kann aufgrund der vielfältigen Forschung in diesem Gebiet nicht umfassend sein.
2.2.2.5.2.2. Einzelne Darstellung
Options-, Existenznutzen: Frey und Pommerehne (1993, S. 20) gehen davon aus, dass die reine Existenz der Kunst und die Option diese Kunst nachfragen zu können, den Menschen einen Nutzen stiftet. Dieser Nutzen ist unabhängig von der tatsächlichen Nachfrage nach Kunst und wird, wenn kein Markt für diese Möglichkeit besteht, mit der Kunst ohne eine Gegenleistung bereitgestellt.
Throsby und Withers (1983, S. 184) haben das Vorhandensein des Options- und Existenznutzen durch eine Umfrage in Australien nachgeprüft. Ergebnis der Umfrage war eine klare Gegenwart dieses Nutzen. Fast zwei Drittel der befragten Australier gaben an, dass Kunst auch Nichtkonsumenten einen Nutzen stiftet. Außerdem bestätigten 97 % der Stichprobe den Existenznutzen (Throsby/Withers 1983, S. 184).
Vermächtnisnutzen: Hinter dem Vermächtnisnutzen verbirgt sich die Aufbewahrung der Kunst als kulturelles Erbe. Dies bedeutet, dass die Produktions- und Konsumfähigkeiten für zukünftige Generationen aufbewahrt werden. Hierbei wird von der Möglichkeit des totalen Verlustes dieser Fähigkeiten gesprochen (Duffy 2003, S. 45). Ob diese Möglichkeit wirklich, ähnlich wie im Umweltbereich durch das Aussterben von Tieren und Pflanzen, vorhanden ist, wird durch Peacock (1994, S. 157) kritisiert. Weiterhin wird davon ausgegangen, dass die Präferenzen der nachfolgenden Generationen ähnlich zu den heutigen Präferenzen liegen und diese Generationen auch Kunst nachfragen (Krieger 1996, S. 97). Der Verlust des Wissens der Darstellung, Bildung und des Konsums von Kunst kann auch ein Schritt der Evolution sein. Frey und Pommerehne (1993, S. 20) wenden ein, dass die nachfolgenden Generationen aber nicht auf dem heutigen Markt ihre Präferenzen darstellen können und aus diesem Grund ihre Nachfrage nicht aktiv wird. Aus diesem Grund muss das Verständnis der Kunst und die Fähigkeit zur Kunst bewahrt werden, um so den zukünftigen Generationen die Möglichkeit der Nachfrage offen zu halten. Peacock (1994, S. 157) erkennt die Möglichkeit eines Nutzens für die gegenwärtige Generation. Das Bewahren der Kunst für nachfolgende Generationen ist eine generationenübergreifende Subvention. Baumol und Bowen (1966, S. 382) bezweifeln aber die Grundvoraussetzung dieses externen Effektes. Sie stellen den unwiederbringlichen Verlust der Möglichkeiten Kunst zu schaffen und zu nutzen in Frage. Aus diesem Grund ist es auch fraglich, ob der Vermächtnisnutzen, obwohl er von jedem der hier betrachteten Autoren genannt wird, überhaupt vorkommt und ob dieser Nutzen eine hinreichende Begründung für einen staatlichen Eingriff ist.
Bildungsnutzen: Der Bildungsnutzen entsteht durch den Konsum von Kunst. Der externe Nutzen besteht in der Möglichkeit die erworbene Bildung weiterzugeben oder zum Wohle der Gesellschaft einzusetzen. Krieger (1996, S. 99) ist von der Weitergabe der gewonnen Informationen überzeugt, da ein Ausschluss nur durch sehr hohe Kosten erreichbar und deshalb fast unmöglich ist. Duffy (1992, S. 44) hingegen sagt, dass zwar ein hoher Bildungsnutzen durch den Konsum der Kunst entsteht, dieser aber stark internalisiert wird. Neben der Möglichkeit der direkten Weitergabe durch Gespräche besteht aber auch die Möglichkeit der indirekten Weitergabe. Heilbrun und Gray (2001, S. 228) haben herausgefunden, dass die Nachfrage nach und der Genuss von Kunst den Menschen zu einer größeren sozialen Fähigkeit verhilft. Sie können besser mit anderen Menschen interagieren und setzen sich stärker für andere Bedürfnisse und Belange ein. Dies würde bedeuten, dass die Kunstkonsumenten eine altruistische Sichtweise entwickeln, also dass der Nutzen anderer mit ihrem eigenen Nutzen positiv korreliert. Wenn unterstellt wird, so wie Heilbrun und Gray dies getan haben, dass der Kunstkonsument in einer Demokratie durch den Kunstgenuss besser informiert ist und dadurch eine für die Gesamtgesellschaft positive Wahlentscheidung trifft, kann dies als indirekte Weitergabe der gewonnen Informationen gesehen werden.
Baumol und Bowen (1966, S. 383) weisen daraufhin, dass ohne Theater oder Museen die Ausbildung junger Künstler, aber auch der Bevölkerung nicht möglich ist. Der Bildungswert gilt als ein wichtiger externer Effekt in der Begründung staatlicher Eingriffe auf dem Kunstmarkt (Heilbrun/Gray 2001, S. 228)
Prestige- oder Integrationsnutzen: Der Prestigenutzen hat Ähnlichkeit mit dem Options- und Existenzwert. Die Bevölkerung erhält einen Nutzen durch die pure Anwesenheit von Kunst in ihrer Nation. Sie sind stolz auf Künstler ihrer Nation und auf Kunstwerke welche in dieser Nation entstanden sind, obwohl sie niemals Kunst der Künstler durch Kauf, Museums- oder Theaterbesuch konsumiert haben, geschweige denn daran denken es zu tun (Baumol/Bowen 1966, S. 382). Als Beispiel kann man die Nobelpreise für Literatur sehen. Die meisten Einwohner Deutschlands sind stolz auf den Preisträger Günther Grass, ohne sich mit seinen Werken auseinandergesetzt zu haben.
Durch diesen Stolz auf eine gemeinsame Sache, kann die Kunst Identität stiften. Die Bevölkerung einer Nation findet durch die gemeinsame Erfahrung der Kunst zu einer eigenen Identität. Dazu muss die Kunst nicht direkt konsumiert werden, es muss nur bekannt sein, dass diese Kunst existiert (Frey/Pommerehne 1993, S. 20). Beispiele Prestige- und Identitätsstiftender Institutionen sind die Nationalen Museen, Staatsopern, Staatsballette oder Staatstheater. Obwohl nur ein kleiner Bevölkerungsteil aufgrund der räumlichen Entfernung diese Institutionen besuchen kann, stiften sie trotzdem ein nationales Prestige. Peacock (1994, S. 157) hingegen fragt, ob die gleiche Höhe an Prestige nicht auch durch andere Aktivitäten, wie zum Beispiel Sport oder Raumfahrtforschung erreicht werden kann.
Der Prestigewert ist aber nicht nur zwischen Nationen zu finden, sondern auch innerhalb einer Gesellschaft. Die verschiedenen Einkommensschichten versuchen sich durch bestimmte Verhaltensweisen und durch bestimmten Geschmack von einander abzugrenzen. Dies führt zu einer starken Abschottung zwischen den verschiedenen Schichten. Kunst ist ein Gut durch den Menschen die Zugehörigkeit zu einer bestimmten Gruppe darstellen oder vortäuschen. Da Kunstkonsum sehr stark mit dem Bildungsstand und stark mit dem Wohlstand des Konsumenten positiv korreliert, wird Kunst genutzt, um sich zu tiefer liegenden Einkommens- und Bildungsschichten abzugrenzen. Aus dem gleichen Grund wird der Kunstgenuss oft zum überschreiten gesellschaftlicher Grenzen genutzt (Krieger 1996, S. 102).
Weiterhin kann Kunst auch ein integrierender Faktor sein. In Bevölkerungen mit verschiedenen Ethnien oder starken Unterschieden zwischen den Schichten kann Kunst eine verbindende und erklärende Wirkung haben. Durch diese Wirkung kann es zu einem größeren Verständnis zwischen den Gruppen kommen (Ebker 2000, S. 88).
Wirtschaftförderungsnutzen: Kunst wird oft als Faktor der Wirtschaftsförderung anerkannt. Kunst kann direkt und indirekt zur Wirtschaftförderung beitragen. So kann Kunst in der so genannten Kunstindustrie direkt Arbeitsplätze schaffen. Unter Kunstindustrie wird zum einen der kunstschaffende Sektor, mit Künstlern und Kunstinstitutionen, und zum anderen die vorbereitende und die verwertende Industrie verstanden (Baumol/Bowen 1966, S. 382).
Weiterhin wird der Kunst ein positiver Effekt auf die Ansiedlung von Unternehmen und Industrie zugesprochen. Falls Kunst und kunstschaffende Institutionen an einem möglichen Unternehmensstandort vorhanden sind, wird dies als Standortvorteil anerkannt. Denn die Unternehmen werten Kunst als motivations- und leistungsförderndes Mittel für ihre Mitarbeiter (Duffy, 1992, S. 41).
Ein weiterer wirtschaftsfördernder Effekt der Kunst ist ihre Fähigkeit Touristen und Besucher anzuziehen. Ein weltberühmtes Kunstmuseum wird hierbei als Touristenmagnet angesehen. Beispielhaft ist das Museum of Modern Art in New York zu nennen, welches als eines der berühmtesten Museen der Welt gilt. Durch den Besuch des Museums durch Touristen steigt auch die Nachfrage nach nicht künstlerischen Leistungen, wie zum Beispiel nach Übernachtungsmöglichkeiten (Peacock 1994, S. 156).
Diese externen Effekte sind in den meisten Fällen, eine Begründung für staatliche Eingriffe.
Denn wenn der Nutzen der positiven externen Effekte ohne eine Gegenleistung an den Konsumenten übergeht, wird das Gut, welches diesen externen Effekt mitführt nicht ausreichend angeboten. Folge wäre eine Unterproduktion, das heißt eine höhere Nachfrage als Angebot und somit ein Marktversagen (Frey/Pommerehne 1985, S. 152).
Wenn die externen Effekte als Marktversagen akzeptiert werden, dann ergibt sich aber ein weiteres Problem. Da die externen Effekte nur eine Begründung für einen staatlichen Eingriff sind, muss ermittelt werden, in welcher Höhe die externen Effekte anfallen. Weiterhin ist zu untersuchen, ob der Nutzen des Eingriffes die Kosten übersteigt. Die Art und Weise wie der Eingriff stattfindet ist ein weiteres Problem. Es ist ebenso möglich, dass andere Maßnahmen, Sportunterstützung oder Subvention der Wissenschaft, zu besseren oder gleichen Ergebnissen führen (Frey/Pommerehne 1984, S. 92).
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 2: Tabellarische Darstellung der verschiedenen externen Effekte. Die bei den Autoren dargestellten externen Effekte sind durch ein Kreuz gekennzeichnet
2.2.3. Kritische Betrachtung
In den vorangegangenen Abschnitten wurden verschiedene Güterarten dargestellt. Die Merkmale der Kunst wurden mit den Kriterien der Güterarten verglichen, um so 21 herauszufinden, welche Gütercharakteristika Kunst besitzt. Diese Frage kann eindeutig beantwortet werden. Leicht auszuschließen ist die Form der reinen privaten Güter. Bei dem Vergleich mit einem öffentlichen Gut ist dies schwieriger. Das materielle Gut des Kunstwerks oder der Aufführung ist kein öffentliches Gut. Dem hingegen betrachtet Ebker (2000, S. 91) das geistige Eigentum des Kunstwerkes als öffentliches Gut. Diese Sichtweise wird aber verworfen, da durch ein Urheberrecht das Prinzip der Ausschließbarkeit anwendbar ist. Die Betrachtung der Allmendegüter hat eindeutig ergeben, dass Kunst nicht diese Eigenschaften besitzt, denn Kunst ist nicht rival im Konsum und ausschließbar.
Die Bedeutung der meritorischen Güter wird in der Ökonomie stark diskutiert. Viele Ökonomen wenden sich gegen die Meritorisierung, da meritorische Güter erst durch eine staatliche Entscheidung über den Nutzen eines Produktes entstehen (Head 1970, S. 64 ff.). Wenn man das Konzept meritorischen Güter anerkennt, kann Kunst aufgrund seines Bildungseffektes als ein solches meritorisches Gut gesehen werden. Im Weiteren wird auf das Konzept der meritorischen Güter verzichtet, da dies den Markt verzerrt. Bei der Entscheidung über die Meritorik von Gütern kann der Staat ohne äußere Zwange, wie zum Beispiel einem Marktversagen, bei dem ein Produkt nicht oder in unzureichender Menge angeboten wird, durch eigene Entscheidung in einen Markt eingreifen.
Kunst hat in der Regel die Eigenschaften eines Clubgutes mit externen Effekten. Bei Kunstwerken und Aufführungen sind die Konsumenten ausschließbar, Kunst ist aber nicht rival im Konsum. Außerdem hat sie Auswirkungen auf Dritte, da sich ihre Wirkung nicht nur auf den Anbieter und den Nachfrager beschränkt, sondern auch anderen Nutzen oder Kosten spenden kann.
Kunst ist somit ein Club- bzw. Mautgut mit externen Effekten. Aufgrund dieser Güterklassifikation muss kein staatlicher Eingriff erfolgen, sofern man nicht meritorisch argumentiert. Durch die positiven externen Effekte kann aber eine Unterproduktion auf dem Markt erfolgen. Diese Unterproduktion aufgrund der externen Effekte kann eine Begründung für staatliches Eingreifen darstellen. Ein Problem ist aber die Bestimmung des, durch die externen Effekte gestifteten, Nutzens, sowie die Prüfung, ob der Nutzen größer ist als die zu erwarteten Kosten des Eingriffs.
2.3. Kunstförderung in der Ökonomie
Kunstförderung existiert schon seit der Antike. Der römische Politiker Gaius Cilnius Maecenas (um 70-8 v. Chr.) gilt als der Begründer des Mäzenatentums und der Kunstförderung. Er unterstütze junge Literaten wie Horaz, Vergil und andere durch Geld- und Sachspenden. Gleichzeitig war Maecenas aber auch Polizeichef unter Kaiser Augustus. Als solchem war es seine Aufgabe die Literatur auf Staatsfreundlichkeit zu prüfen (Daweke, Schneider 1986, S. 10). Diese Eigenschaften haben wenig mit der heutigen Definition eines Mäzens zu tun. Im 20. und 21. Jahrhundert wird unter einem Mäzen ein Privatmann, welcher Künstler ohne spezielle Gegenleistung finanziell unterstützt, verstanden (Brockhaus 2006a, S. 77).5
Von der Antike bis ins hohe Mittelalter wurde Kunstförderung durch die Kirche durchgeführt. Viele Kirchenfürsten ließen Kirchen und Schlösser durch Künstler verschönern. Dieses Mäzenatentum wurde in Form der Auftragskunst wahrgenommen. Die Kirchenfürsten wussten genau, welche Kunst sie wünschten und die Maler oder Dichter mussten sich genau an die Vorgaben halten (Ebker 2000, S. 26).
Die Kunstförderung setzte sich durch die Geschichte des Mittelalters als eine Förderung von Künstlern durch den Adel fort. Dieser förderte die Kunst durch die Beschäftigung von Hofkünstlern (Daweke/Schneider 1986, S. 12). Im Mittelalter gab es eine sehr enge Beziehung zwischen Künstler und Förderern, so war dass mittelalterliche Ideal der Förderung ein freundschaftlicher Umgang zwischen dem Künstler und seinem Förderer (Stölzl 2006, S. 133). Diese wurden nicht nur zu Unterhaltungszwecken, sondern vor allem auch zum repräsentieren genutzt. Das Prestige eines Fürsten wurde durch das Prestige seiner Künstler gehoben (Daweke/Schneider 1986, S. 12). So kaufte Friedrich II., der Große von Preußen, zur Steigerung seines Prestiges, entgegen seines eigenen Geschmacks, für die Ausstattung des Schlosses Sanssouci renommierte und von „Kennern“ geschätzte Kunst (Stölzl 2006, S. 133). Mit Beginn der Neuzeit konnten auch reiche Bürgerfamilien und Patrizier Kunst fördern. Der Aufstieg des Bürgertums als Kunstförderer vollzog sich aber erst im 18. und 19. Jahrhundert, im Zuge der industriellen Revolution. Durch die Industrialisierung bekam das Bürgertum die Möglichkeit mit dem gewonnenen Reichtum Kunst zu fördern. Die Form der Förderung ähnelte der Unterstützung der Fürsten, doch es gab keinen Anspruch auf eine besondere Gegenleistung (Daweke/Schneider 1986, S. 14). Durch die Förderung des Bürgertums setzte sich die heutige Bedeutung eines Mäzens durch.
Im Mittelalter und in der frühen Neuzeit konnte keine Unterscheidung zwischen Staat und Herrscher gemacht werden, so dass die private Förderung des Herrschers in der Regel auch staatliche Förderung war. Mit dem Entstehen der Nationalstaaten entwickelte sich auch eine Unterscheidung von Herrscher und Staat. In dieser Zeit wurde die Kunstförderung eine Privatsache des Fürsten (Daweke/Schneider 1986, S. 15).
Erst Ende des 19. und Anfang des 20. Jahrhunderts trat der Staat als Förderer auf das Parkett. Mit dem Untergang der meisten Fürstenhäuser nach dem Ersten Weltkrieg entstand eine Lücke in der Kunstförderung. Diese wurde in Europa schnell durch den Staat geschlossen (Daweke/Schneider 1986 S. 15). In den USA, wo es seit dem 18. Jahrhundert eine Demokratie gab, wurde die Kunstförderung wesentlich stärker durch Privatleute geprägt. Der Staat konnte nicht den gleichen Stellenwert einnehmen wie in Europa. In den folgenden Abschnitten sollen verschiedene Arten der Kunstförderung dargestellt werde. Die Kunst kann durch direkte und durch indirekte Mittel gefördert werden. Des Weiteren werden die verschiedenen Förderer und ihre Förderungsmöglichkeiten betrachtet.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 3: Beispiele der Träger und Wege der Kunstförderung
2.3.1. Wege der Kunstförderung
Die Kunstförderung kann auf verschiedenen Art und Weise geschehen. So kann zwischen direkter Kunstförderung und indirekter Kunstförderung unterschieden werden. Die direkte Kunstförderung wirkt auf die Kunstschaffenden, die indirekte Kunstförderung wirkt zum Beispiel auf die privaten Förderer. Eine weitere Einteilung der Fördermöglichkeiten wurden von Fohrbeck (1981, S. 24 ff.) dargestellt. Fohrbeck unterteilt in Künstlerförderung, Kunstmarktförderung und Kunstvermittlungsförderung. Diese Unterteilung hat ihr Augenmerk auf einen anderen Punkt. Die Kunstförderung wird bei dieser Einteilung anhand des Zieles unterteilt. Erstens die Förderung des Künstlers, zweitens die Förderung des Kunstmarktes und drittens die Förderung der Kunstvermittlung.
[...]
1 Die Darstellung des Cost Disease in formalisierter Form kann bei Peacock (1994, S. 152) nachvollzogen werden. Siehe auch Heilbrun 2003; Baumol/Baumol 1985; sowie Baumol 1987.
2 Gemäß der Kulturdefinition der Vereinten Nationen besteht Kultur aus: 1. Kulturelles Erbe; 2. Literatur; 3. Musik; 4. Darstellende Kunst; 5. Bildende Kunst; 6. Film und Fotografie; 7. Hörfunk und Radio; 8. Soziokulturelle Aktivitäten; 9. Sport und Spiele; 10. Natur und Umwelt; 11. Allgemeine Kulturverwaltung. (vgl.: Smekal 1992, S. 72; Ebker 2000 S. 20)
3 Kunstdefinition gemäß dem Brockhaus: „[...] Die Gesamtheit des vom Menschen Hervorgebrachten (Gegensatz: Natur), das nicht durch eine Funktion eindeutig festgelegt oder darin erschöpft ist (Gegensatz: Technik), zu dessen Voraussetzungen die Verbindung von hervorragendem Können und großem geistigem Vermögen gehören, das sich durch hohe gesellschaftliche und individuelle Geltung auszeichnet, ohne dadurch vorangegangene Werke außer Kraft zu setzen oder den Beweis der Richtigkeit einer Aussage antreten zu müssen. [...] Im heutigen Verständnis ist die Kunst in die Teilbereiche Literatur, Musik, darstellende Kunst sowie bildende Kunst gegliedert. [...]“ (Brockhaus 2006, S. 93).
4 Definition der bildenden Kunst gemäß Brockhaus: „Bildende Künste, im engeren Sinn zusammenfassende Bezeichnung für Bildhauerkunst, Malerei, Grafik und Kunsthandwerk, in Unterscheidung zu Literatur, Musik und darstellender Kunst verwendet; [...]“ (Brockhaus 2006, S. 93).
5 Der Brockhaus definiert den Mäzen wie folgt: „Mäzen, [nach Gaius Maecenas] der, -s/-e, vermögender Privatmann, der mit finanziellen oder geldwerten Mitteln, ohne eine genau definierte Gegenleistung zu verlangen, Kunst, Kultur, Wissenschaft oder Sport fördert. Begrifflich unterscheidet sich der Mäzen vom Sponsor, der seine Förderung in der Regel mit der Vermarktung eines Produkts oder eines Produktbzw. Firmennamens verbindet.“ (Brockhaus 2006a, S. 77)
- Citar trabajo
- Thomas Wiesemann (Autor), 2006, Zur Ökonomik der Kunstförderung, Múnich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/75393
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