1 Einleitung
Als 1928 C. V. Raman zusammen mit K. S. Krishnan den nach ihm benannten Effekt des inelastischen Photonenstreuprozesses an Molekülen und Atomverbänden in Flüssigkeiten entdeckte [1], legte er damit den Grundstein für eine bis heute anhaltende Spektroskopietechnik. Kurz nach ihrer Entdeckung gelang es zwei russischen Wissenschaftlern, G. Landberg und L. Mandelstam, den Raman-Effekt auch an Kristallen zu zeigen [2]. Bereits 1923 hatte A. Smekal [3] das Phänomen des Raman-Effekts vorhergesagt. Seither wurden auf dem Gebiet der Ramanspektroskopie wesentliche Fortschritte technischer Art erzielt und mit Hilfe dieser Spektroskopie Erkenntnisse im Aufbau und in der Struktur der Materie gewonnen.
Die Entwicklung und der anschließende Siegeszug des Lasers Anfang der sechziger Jahre des 20. Jahrhunderts eröffneten der Ramanspektroskopie eine Vielzahl neuer Möglichkeiten und Einsatzgebiete.
1969 wurde von S. K. Freeman et al. [4] sowie von M. Deporcq et al. [5] die Einsatzmöglichkeit der Ramanspektroskopie an mikroskopisch kleinen Proben gezeigt mit der Absicht, Strukturen und Zusammensetzung sehr kleiner Probenvolumina zu erhalten. Die Erkenntnisse dieser Arbeiten nutzte M. Delhaye et al. [6], um nicht nur mikroskopische Proben spektroskopisch zu untersuchen, sondern auch deren Form und Lage in einer makroskopischen Umgebung. Damit wurde 1975 das erste Raman-Mikroskop realisiert. Hierbei nutzte Delhaye das so genannte Imaging-Verfahren, bei dem die gesamte Probe in einem beleuchtet und das Ramanlicht über Filter aufgenommen wurde.
In den Achtzigern entwickelte dann D. J. Gardiner et al. [7] ein Raman-Mikroskop, das einzelne Punkte einer Probe abrastert und dadurch wesentlich detailliertere Informationen über die Beschaffenheit liefert.
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[1] C. V. Raman and K. S. Krishnan, Nature, 121, 501, 1928
[2] G. Landsberg and L. Mandelstam, Naturwiss., 16, 557, 772, 1928
[3] A. Smekal, Naturwiss., 11, 873, 1923
[4] S, K, Freeman and D. O. Landon, Anal. Chem., 41, 398 1969
[5] M. Deporcq and R. Demol, Revue du G. A. M. S., 3, 324, 1969
[6] M. Delhaye and P. Dhamelincourt, J. Raman Spectrosc., 3, 33 1975
[7] D. J. Gardiner, M. Bowden and P. R. Graves, Phil. Trans. R. Soc. London, Series A,320, 295, 1986
Inhaltsverzeichnis
1 Einleitung
2 Der Raman-Effekt
2.1 Klassische Betrachtung des Raman-Effekts
2.1.1 Polarisierbarkeit
2.1.2 Ramanstreuung
2.2 Quantenmechanische Betrachtung
2.2.1 Allgemeines
2.2.2 Der Resonanz-Raman-Effekt
3 Ausbreitung von Lichtwellen
3.1 Wellenoptik und Gaußsche Strahlen
3.1.1 Paraxiale Näherung
3.1.2 Gaußsche Strahlen
4 Experimenteller Aufbau
4.1 Der Strahlengang
4.2 Der Laser
4.3 Das Raumfilter
4.4 Das Mikroskop
4.5 Die Probenträger
4.6 Das Monochromatoren-System
4.6.1 Der Vormonochromator
4.6.2 Der Hauptmonochromator
4.7 Antrieb der Monochromatoren und des xy-Tisches
4.8 Die CCD-Kamera
5 Experimentelle Ergebnisse und Diskussion
5.1 Charakterisierung des Systems
5.1.1 Der Laser
5.1.2 Das Monochromatoren-System
5.1.3 Die Probenträger
5.1.4 Das Auflösungsvermögen des Raman-Mikroskops
5.1.5 Langzeitschädigung durch Laserbestrahlung
5.2 Ortsaufgelöste Ramanbilder
6 Zusammenfassung und Ausblick
7 Anhang: Auswerteroutinen
7.1 Peak-Integration
7.1.1 Trennen zweier Substanzen
7.2 Fit-Algorithmus
8 Literaturverzeichnis
1 Einleitung
Als 1928 C. V. Raman zusammen mit K. S. Krishnan den nach ihm benannten Effekt des inelastischen Photonenstreuprozesses an Molekülen und Atomverbänden in Flüssigkeiten entdeckte1, legte er damit den Grundstein für eine bis heute anhaltende Spektroskopietechnik. Kurz nach ihrer Entdeckung gelang es zwei russischen Wissenschaftlern, G. Landberg und L. Mandelstam, den Raman-Effekt auch an Kristallen zu zeigen2. Bereits 1923 hatte A. Smekal3 das Phänomen des Raman-Effekts vorhergesagt. Seither wurden auf dem Gebiet der Ramanspektroskopie wesentliche Fortschritte technischer Art erzielt und mit Hilfe dieser Spektroskopie Erkenntnisse im Aufbau und in der Struktur der Materie gewonnen.
Die Entwicklung und der anschließende Siegeszug des Lasers Anfang der sechziger Jahre des 20. Jahrhunderts eröffneten der Ramanspektroskopie eine Vielzahl neuer Möglichkeiten und Einsatzgebiete.
1969 wurde von S. K. Freeman et al. 4 sowie von M. Deporcq et al. 5 die Einsatzmöglichkeit der Ramanspektroskopie an mikroskopisch kleinen Proben gezeigt mit der Absicht, Strukturen und Zusammensetzung sehr kleiner Probenvolumina zu erhalten. Die Erkenntnisse dieser Arbeiten nutzte M. Delhaye et al.6, um nicht nur mikroskopische Proben spektroskopisch zu untersuchen, sondern auch deren Form und Lage in einer makroskopischen Umgebung. Damit wurde 1975 das erste Raman-Mikroskop realisiert. Hierbei nutzte Delhaye das so genannte Imaging-Verfahren, bei dem die gesamte Probe in einem beleuchtet und das Ramanlicht über Filter aufgenommen wurde.
In den Achtzigern entwickelte dann D. J. Gardiner et al.7 ein Raman-Mikroskop, das einzelne Punkte einer Probe abrastert und dadurch wesentlich detailliertere Informationen über die Beschaffenheit liefert. Durch das Scannen der Probe stieg der zeitliche Aufwand für ein Ramanbild enorm an, so dass Möglichkeiten der Automatisierung8, Linien- fokussierte Laserstrahlen mit einer Auflösung von 40 µm9 und der Einsatz von CCD- Kameras erprobt wurden10. Die laterale Auflösung der Linien scannenden Raman- Mikroskope wurde weiter verbessert und 1990 von M. Bowden et al.11 mit 5 µm angegeben.
Parallel zur Entwicklung der ortsaufgelösten Ramanstreuung entwickelte sich die Ramanspektroskopie zu einem wichtigen Instrument der Biologie. G. J. Puppels et al. zeigten 1990, dass die Ramanspektroskopie geeignet ist, Struktur und Aufbau lebender Zellen zu untersuchen12. I. Nabiev et al. gelang es 1994 die Verteilung von Wirkstoffen in Kernen von Krebszellen zu untersuchen13. Auch wurde UV-Resonanz- Ramanspektroskopie an einzelnen Zellen erprobt und durchgeführt14. S. A. Asher et al. zeigte die Möglichkeit der Konformationsanalyse an Peptiden und Proteinen mittels der UV-Resonanz-Ramanspektroskopie15. Die Ramanspektroskopie bietet dabei grundsätzlich wesentliche Vorteile gegenüber herkömmlichen Verfahren, wie beispielsweise der Fluoreszenzspektroskopie, da die Proben nicht mit Markern versehen werden müssen und die Zellen auf diese Weise nicht verändert werden. Ein weiterer Vorteil ist, dass biologische Moleküle in ihrer physiologischen Umgebung untersucht werden können. C. Otto et al. sowie T. W. Patapoft et al. haben gezeigt, dass biologische Makromoleküle sowohl in Lösung als auch im Kristall ramanspektroskopisch beobachtet werden können [16, 17].
Ziel dieser Arbeit ist es, ein Bindeglied zwischen der ortsaufgelösten Ramanspektroskopie und der Ramanspektroskopie an biologischen Systemen zu bilden. Dabei soll die laterale Auflösung genutzt werden, ein bildgebendes Verfahren sowie eine Punktanalyse zur Abfragung von Assays zu erhalten. Beide genannten Punkte sind wichtige Bestandteile des ELMINOS-Projekts sowie des zukünftigen DNA-Maps-Projekts. Dazu soll ein Raman- Mikroskop aufgebaut und in Betrieb genommen werden. Die Leistungsfähigkeit dieses Gerätes soll an geeigneten Proben, d.h. an biologischen Molekülen (z.B. Proteinen) gezeigt werden. Ferner ist eine leistungsfähige Auswertung für lateral aufgelöste Ramanspektren zu entwickeln.
2 Der Raman-Effekt
Die Ramanspektroskopie liefert Informationen über Schwingungen und Rotationen von Molekülen. Dadurch können Aussagen über die Bindungen und letztlich auch über strukturelle Aspekte der Moleküle getroffen werden. Da der Rotations-Raman-Effekt nur bei frei beweglichen Molekülen anzutreffen ist, wird im Folgenden auf die Diskussion dieses Effekts verzichtet und das Hauptaugenmerk auf den Schwingungs-Raman-Effekt gelegt.
2.1 Klassische Betrachtung des Raman-Effekts
Der Raman-Effekt konnte bereits einige Jahre vor Entwicklung der theoretischen Quantenmechanik durch Physiker wie Heisenberg, Schrödinger, Dirac u. a. mit Hilfe der klassischen Elektrodynamik beschrieben werden. Diese plausible und anschauliche Erklärung ist jedoch, wie viele klassische Theorien, nicht hinreichend exakt und kann erst durch die Quantenmechanik befriedigend genau erklärt werden. Der Anschaulichkeit halber wird in der vorliegenden Arbeit der klassischen Theorie der Vorzug gegeben und nur dort, wo die klassische Physik an ihre Grenzen stößt, die Quantenmechanik bemüht werden.
2.1.1 Polarisierbarkeit
Wirkt ein elektrisches Feld E auf ein Molekül ein, so wird diesem ein Dipolmoment µ induziert, das in der allgemeinsten Form durch eine Potenzreihen-Entwicklung nach E dargestellt werden kann.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Dabei wird a als Polarisierbarkeit, b Hyperpolarisierbarkeit und g zweite Hyperpolarisierbarkeit genannt. Nach18 ist b um 10, g sogar um 21 Größenordnungen kleiner als a. Diese, sowie Terme höherer Ordnung, können getrost vernachlässigt werden, da sie erst bei wesentlich stärkeren, als in der vorliegenden Arbeit benutzten elektrischen Feldstärken, zu messbaren Ergebnissen führen. Die Polarisierbarkeiten können als ein Maß dafür beschrieben werden, wie leicht sich die Elektronen eines Moleküls verschieben lassen. Gemeint ist hierbei die Verschiebung der Elektronen relativ zu den Kernen unter dem Einfluss eines elektrischen Feldes, bei der sich dadurch ein elektrischer Dipol bildet. Die Richtung des induzierten Dipols muss dabei keineswegs mit der Richtung des elektrischen Feldes übereinstimmen, sondern kann, je nach Molekül, eine bestimmte Raumrichtung einnehmen. Aus diesem Grund handelt es sich bei der Größe a um einen Tensor zweiter Stufe, dem so genannten Polarisationstensor:
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Dieser Tensor ist außerhalb der Resonanz symmetrisch und reell, d.h. es gilt aij = aji und Im(aij) = 0 für alle i, j. Es bietet sich daher die geometrische Überlegung des so genannten Polarisationsellipsoids an, der durch die Ellipsoidgleichung mit den Tensorkomponenten aij bestimmt wird
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Dies ist die Gleichung eines Ellipsoids mit dem Zentrum im Ursprung des Koordinatensystems, dessen Achsen nicht zwangsläufig mit denen des Koordinatensystems übereinstimmen müssen. In dem Fall, dass die Koordinatenachsen x1, x2, x3 mit den Hauptachsen des Ellipsoids zusammenfallen, vereinfacht sich die Gleichung zu
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
und der entsprechende Tensor hat nur noch Einträge auf der Hauptachse.
2.1.2 Ramanstreuung
Eine veränderte Geometrie eines Moleküls führt im Regelfall zu einer veränderten Polarisierbarkeit. Führt ein Molekül eine Schwingung aus, so ändert sich die Molekülgeometrie periodisch und die Polarisierbarkeitskomponenten aij können nach den Normalkoordinaten qk der Schwingung in einer Taylor-Reihe entwickelt werden.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Die Entwicklungsterme ab der zweiten Ordnung werden vernachlässigt. Im Folgenden wird nur eine Normalschwingung k mit der Normalkoordinate qk und der Frequenz w k betrachtet.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Daraus ergibt sich die Polarisierbarkeit α k (t) unter dem Einfluß dieser Schwingung zu:
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Der erste Tensor beschreibt die Polarisierbarkeit des nicht schwingenden Moleküls. Der zweite Tensor ergibt sich aus den ersten Ableitungen der Komponenten des Erstgenannten und wird als Raman-Tensor bezeichnet. Wie der Erste ist auch dieser außerhalb der Resonanz symmetrisch und reell. Er besitzt prinzipiell die gleichen Eigenschaften wie der Polarisierbarkeitstensor und beschreibt ebenfalls ein Ellipsoid.
Wirkt Licht der elektrischen Feldstärke E = E0 cos (ω 0 t) auf ein Molekül ein, so wird dort in erster Ordnung das zeitabhängige Dipolmoment µ (t) induziert.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
In diese Gleichung wird die Polarisierbarkeit aus Gleichung (2.7) eingesetzt.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Rayleigh Anti−Stokes Stokes
In dieser Darstellung wird nun der Raman-Effekt offensichtlich. Der Dipol schwingt nicht mehr nur mit der Erregerfrequenz des Lichts w 0, sondern zusätzlich in der um die Molekülschwingungsfrequenz erhöhten (ω0 + ω k) sowie in der um die Molekülschwingungsfrequenz erniedrigten Frequenz (ω0 − ω k). Nach dem klassischen Bild der Elektrodynamik sendet ein oszillierender Dipol elektromagnetische Strahlung aus. In dieser Streustrahlung treten nun drei verschiedene Frequenzen mit unterschiedlichen Intensitäten auf. Zunächst das so genannte Rayleigh-Streulicht. Dieses hat die gleiche Frequenz wie das einfallende Licht w 0 und die um Größenordnungen größte Intensität. Neben diesem Streulicht tritt das von der Molekülschwingung modulierte Raman-Streulicht auf, das in zwei Frequenzen vorliegt, der energetisch niedrigeren Stokes-Raman- Streustrahlung und in der energetisch höheren Anti-Stokes-Raman-Streustrahlung. Die beiden zuletzt genannten Streustrahlungen haben eine wesentlich geringere Intensität als das Rayleigh-Licht, wobei aus quantenmechanischen Gründen die Intensität des Anti-Stokes- Lichts nochmals wesentlich geringer ausfällt.
2.2 Quantenmechanische Betrachtung
Die klassische Elektrodynamik beschreibt den Raman-Effekt nicht vollständig. Der größte Fehler liegt in der quantitativen Beschreibung der Intensitätsverhältnisse von Stokes- und Anti-Stokes-Raman-Streuung. So klärt die Gleichung (2.11) keineswegs die unterschiedlichen Intensitäten der beiden Raman-Streustrahlungen. Diese können erst mit Hilfe der Quantenmechanik geklärt werden.
2.2.1 Allgemeines
In der Quantenmechanik ist die Energie keine kontinuierliche, sondern eine gequantelte Größe. Dies gilt auch für ein schwingendes Molekül, das hier in der einfachsten Darstellung
des harmonischen Oszillators angenommen werden soll. Die Schwingungsenergie E wird
dann beschrieben durch
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Hier ist v die Schwingungsquantenzahl. Jede Schwingung in der Darstellung ihrer Normalkoordinaten k wird in harmonischer Näherung auf diese Weise quantisiert. Im
Grundzustand befindet sich das Molekül im Schwingungsgrundzustand (v = 0). Von dort wird es durch das Licht in einen energetisch höheren Zustand gehoben. Fällt das Molekül wieder in den Ausgangszustand zurück, so spricht man von Rayleigh-Streuung, die abgegebene Energie entspricht gerade der aufgenommenen. Im Fall der Stokes-Raman- Streuung fällt das Molekül stattdessen in einen Zustand höherer Schwingungsenergie, so dass der abgegebenen Strahlung der Betrag dieser Schwingungsenergie nicht mehr zur Verfügung steht. Bei der Anti-Stokes-Raman-Streuung befindet sich das Molekül bereits in einem vibronisch angeregten Schwingungszustand. Nach der Abstrahlung des RamanPhotons fällt das Molekül in einen niedrigeren Endzustand. Das abgestrahlte Photon hat eine durch die Differenz des Anfangs- und Endzustands erhöhte Energie. Die beschriebenen Fälle sind in der Abbildung 2-1 schematisch wiedergegeben.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 2-1: Vereinfachtes Termschema des Raman-Effekts.
Die wesentlich geringere Anti-Stokes-Raman-Streuung ergibt sich aus der Besetzungsdichte der Niveaus. Da diese Besetzungsdichte der Schwingungsniveaus mit steigender Energie nach der Maxwell-Boltzmann-Verteilung exponentiell abnimmt,
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
stehen der Anti-Stokes-Raman-Streuung vergleichsweise wenig Moleküle zur Verfügung. Durch Temperaturerhöhung oder andere Anregungsformen kann diese Gleichgewichtsverteilung für bestimmte Anwendungen entsprechend verschoben werden. Beispielsweise befinden sich heiße Gasmoleküle zu einem großen Teil in angeregten Rotationszuständen, so dass der Anti-Stokes-Raman-Effekt im Vergleich zum Stokes-Raman-Effekt nicht mehr um Größenordnungen kleiner ist.
2.2.2 Der Resonanz-Raman-Effekt
In der Abbildung 2-1 wurde der Begriff des virtuellen Niveaus eingeführt, um den Anregungsvorgang zu beschreiben. Beim Resonanz-Raman-Effekt wird das Molekül mit einer Wellenlänge angeregt, die nahe oder auf einer Absorptionsbande des Moleküls liegt. Das Molekül wird dadurch in einen elektronisch angeregten Zustand gehoben und die Anregungswahrscheinlichkeit sowie die Verweildauer in dem angeregten Zustand vergrößert. Auf diese Weise wird der Wirkungsquerschnitt der Ramanstreuung insgesamt erhöht.
Um die Vorgänge des Raman-Effekts hinreichend exakt zu beschreiben und den Unterschied zwischen Resonanz-Raman- und Raman-Effekt aufzuzeigen, kann die Kramers-Heisenberg-Formel19 herangezogen werden, die allgemein die 2-Photonen- Photo-Emission beschreibt. Sie ist Ergebnis einer zeitunabhängigen Störungsrechnung zweiter Ordnung unter Vernachlässigung der nichtlinearen Elektron-Photon- Wechselwirkung. Die Rate ℜ eines Übergangs aus dem Grundzustand G, an dem zwei Photonen beteiligt sind, ist gegeben durch
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
E steht für einen elektronischen Grundzustand mit einer Vibrations-Anregung, V für vibronische Zwischen-, und G für einen elektronischen und vibratorischen Grundzustand. n bezeichnet die Anzahl der anregenden Photonen. Die in den Bra- und Ket-Vektoren stehende mittlere Quantenzahl stellt die Anzahl der gestreuten Photonen dar. H ˆ
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
sind die Operatoren der linearen Wechselwirkung zwischen Elektronen und anregenden (a) bzw. gestreuten (s) Photonen. Die Frequenzen ω a, ω s, ω V sind die des anregenden (a) bzw. gestreuten (s) Photons und die der Energie des Zwischenzustands hω entsprechende; γ V ist die Halbwertsbreite.
In der Gleichung (2.14) wird über alle Wellenvektoren ks des gestreuten Photons und über alle Zwischenenergieniveaus, die das Molekül tatsächlich einnehmen kann, summiert. Hier muss der Energiesatz nicht erfüllt sein, denn nach der Heisenberg’schen Energieunschärferelation ∆ E ∆ t ≤ h kann das Elektron jeden seiner Zustände für eine gewisse, durch die Relation bestimmte Zeit, besetzen. D.h. der Ausdruck im Nenner steht jeweils für die maximale Verweildauer im Zwischenzustand. Der erste Bruch beschreibt die Wechselwirkung des anregenden Lichts mit dem Elektron, beginnend in der rechten Klammer mit dem Matrixelement des Übergangs vom Grundzustand G in einen Zwischenzustand V. Hierbei wechselwirkt eins von den n beteiligten Photonen der Frequenz ω a , aber es wird kein gestreutes Photon emittiert. Die linke Klammer beschreibt den Übergang von diesem Zwischenzustand V in einen Endzustand E. Jetzt wird das Photon der Frequenz ωs emittiert. Der zweite Bruch berücksichtigt den Fall, dass der Übergang aus dem Grundzustand vom gestreuten Photon der Frequenz ωs bewirkt wird und bei einem weiteren Übergang in den Endzustand ein anregendes Photon beteiligt ist.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 2-2: Termschema zum Resonanz-Raman-Effekt.
Der zuvor eingeführte Begriff des virtuellen Niveaus reicht zwar in den meisten Fällen für eine Interpretation des Resonanz-Raman-Effektes aus, die Besonderheiten dieses Effekts werden aber erst durch die beschriebene Summation über alle möglichen Zwischenzustände deutlich (vgl. Abbildung 2-2). Liegt ein real existierendes Energieniveau um hω (Photonenenergie des anregenden Lichts) und ein Schwingungszustand hω k über dem Grundzustand, so sind auf der einen Seite die Matrixelemente der entsprechenden Übergänge sehr groß; auf der anderen Seite wird der Ausdruck im Nenner des ersten Bruchs, der die Aufenthaltsdauer beschreibt, sehr klein. Hierdurch wird die Rate für den Resonanz-Raman-Effekt sehr groß und die verstärkende Eigenschaft dieses Effekts verständlich.
3 Ausbreitung von Lichtwellen
Eine zentrale Frage der ortsaufgelösten Ramanstreuung ist die nach der kleinsten möglichen lateralen Auflösung. Es ist daher unerlässlich, die Ausbreitung und Eigenschaften von Licht und im Speziellen von Laserstrahlen durch den freien Raum sowie durch Linsensysteme zu diskutieren.
In der geometrischen Optik wird die Ausbreitung des Lichts als ein sich geradlinig ausbreitendes Bündel von Lichtstrahlen genähert beschrieben. Durch die Welleneigenschaft des Lichts und damit verbundene Beugungseffekte ergeben sich in der Realität erhebliche Abweichungen von dieser einfachen Vorstellung, insbesondere, wenn es sich um seitlich begrenzte Lichtbündel, wie sie von Lasern emittiert werden, handelt. In diesem Kapitel soll eine genauere Beschreibung der Ausbreitung von Licht in den Grundzügen dargestellt werden. Dazu wird auf eine rein mathematisch-analytische Beschreibung der Anschaulichkeit halber weitestgehend verzichtet und ein physikalisch intuitiver Zugang gewählt.
3.1 Wellenoptik und Gaußsche Strahlen
Licht ist eine elektromagnetische Welle, welche mathematisch durch die MaxwellGleichungen beschrieben wird. Aus diesem Gleichungssystem kann die Wellengleichung (3.1) abgeleitet werden:
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Die Feldstärke E (x,y,z,t) ist dabei eine Funktion des Ortes und der Zeit t; c stellt die Lichtgeschwindigkeit im Medium dar.
Die einfachste Lösung dieser Gleichung ist eine ebene Welle, die sich beispielsweise in z- Richtung ausbreitet:
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Dabei ist E 0 die Amplitude der Feldstärke, w die Kreisfrequenz und k der Betrag des Wellenvektors.
Eine weitere Lösung der Wellengleichung Kugelwellen dar:
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
wobei ȡ den Radius vom Ausgangspunkt der Welle angibt. Die Phasenflächen dieser Wellen sind, wie der Name bereits ausdrückt, Kugeln.
Die bis jetzt dargestellten idealen Wellen, also die ebenen Wellen und Kugelwellen, sind als Modelle für Laserstrahlen jedoch nur begrenzt brauchbar. Eine ebene Welle ist unendlich ausgedehnt und eine Kugelwelle breitet sich in alle Richtungen aus. Beide können also nicht einen Laserstrahl beschreiben, der eine bestimmte Ausbreitungsrichtung und einen endlichen Strahlquerschnitt besitzt. Eine der Realität sehr nahe kommende Beschreibung wird durch die Näherung der paraxialen oder achsennahen Strahlen erreicht. Diese soll im Folgenden motiviert und die Grenzen ihrer Gültigkeit bestimmt werden.
3.1.1 Paraxiale Näherung
Es wird, wie bereits bei der ebenen Welle, ein Lichtstrahl betrachtet, der sich entlang der z- Achse ausbreitet. Die räumliche Feldverteilung ist dabei vorrangig durch eine exp[-i(kz- w t)]- Abhängigkeit mit einer räumlichen Wellenlänge l in z- Richtung gegeben. Daneben treten bei jedem für die Praxis relevanten Lichtstrahl zusätzlich transversale Abweichungen in x- und y- Richtung auf, die das Strahlprofil spezifizieren. Diese Abweichungen, bedingt durch Beugungs- und Ausbreitungseffekte, sind für Änderungen in z- Richtung sehr langsam, so dass es sinnvoll ist, den Ausbreitungsfaktor entlang der z- Achse von dem transversalen Strahlprofil zu separieren.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Hierbei stellt u ~ eine komplexe, skalare Wellenamplitude dar, die das transversale
Strahlprofil beschreibt. Diese Feldverteilung in die Wellengleichung (3.1) eingesetzt, ergibt
dann in kartesischen Koordinaten
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Die in der Wellenamplitude u ~ verbliebene z- Abhängigkeit wird überwiegend durch Beugungserscheinungen hervorgerufen und ist im Allgemeinen nicht nur bezogen auf die Wellenlänge sehr klein, sondern auch auf die transversalen Abweichungen, die durch die endliche Breite des Strahls hervorgerufen wird. Diese sich langsam ändernde Abhängigkeit von u ~ in z kann mathematisch durch die paraxiale Näherung ausgedrückt werden
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Durch Vernachlässigen der zweiten Ableitung nach z reduziert sich die Wellengleichung
(3.5) zur paraxialen Wellengleichung
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Die paraxiale Wellengleichung ist eine adäquate Beschreibung für fast alle Ausbreitungsprobleme optischer Strahlen, die bei realen Lasern auftreten können. Es soll nun eine Abschätzung der physikalischen Grenzen dieser Näherung gegeben werden. Jeder optische Strahl kann als eine Superposition von Komponenten ebener Wellen aufgefasst werden, die unter verschiedenen Winkeln zur z- Achse verlaufen. Der Einfachheit wegen soll hier ein Strahl angenommen werden, der sich in der x,z- Ebene ausbreitet und unter einem Winkel q zur z- Achse verläuft. Dieser kann dann dargestellt werden als
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Für die reduzierte Wellenamplitude u ~ (x,y,z) ergibt sich dann in der paraxialen Näherung
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Die erste und zweite Ableitung von u ~ (x,z) lauten dann in transversaler Richtung (normalisiert)
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Die zweite Ableitung in z- Richtung ist von der Form
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Diese partielle Ableitung ist um den Faktor
(q in rad gemessen) kleiner als die beiden
vorangegangenen Terme, ein Wert, der « 1 ist, solange q ≤ ½ rad ist. Zusammenfassend kann gesagt werden, dass solange fast alle ebenen Wellen, die einen optischen Strahl bilden,
einen Winkel von weniger als 30° zueinander aufspannen, die paraxiale Näherung ohne signifikante Korrekturen angewendet werden kann.
3.1.2 Gaußsche Strahlen
Laser können in verschiedenen transversalen Feldverteilungen oder Moden angeregt werden. Die Grundmode TEM00 hat eine besonders einfache und für sehr viele Anwendungen geeignete, gleichförmige Feldverteilung. Ihr Intensitätsprofil ist durch eine Gauß-Verteilung gegeben. Die Eigenschaften derartiger Gaußscher Strahlen werden im Folgenden beschrieben.
Die Wellengleichung (3.1) ist invariant gegenüber der Transformation
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
zR sei reell, die Bedeutung wird später erklärt. Durch diese Kugelwellen mit imaginären Zentren erzeugt:
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
mit der oben abgeleiteten paraxialen Näherung (r « q) gilt dann
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Der komplexe Parameter q kann auch in der Form
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
geschrieben werden. Damit ist
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Dies ist eine weitere, wenn auch genäherte Lösung der Wellengleichung (3.1). Sie wird als Gaußscher Strahl bezeichnet und beschreibt die Ausbreitung der TEM00-Laserstrahlen.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 3-1: Schematische Darstellung der Ausbreitung eines Gaußschen Strahls. Bezeichnungen wie im Text. Abbildung aus20.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
, der so genannten Strahltaille,
bezeichnet den Strahlradius und
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
den Krümmungsradius der Phasenflächen.
Eine Betrachtung der Intensitätsverluste und Beugungserscheinungen bedingt durch Aperturen im Strahl ergibt, dass eine zu starke Vignettierung des Strahls neben großen Intensitätsverlusten zu starken Störungen im Gaußschen Profil des Strahls führt.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 3-2: Schematische Darstellung der im Text beschriebenen Kriterien zum Einschränken eines Gaußschen Strahls. Abbildung aus20.
[...]
- Citar trabajo
- J. Micha Kölbach (Autor), 2002, Ortsaufgelöste Ramanstreuung, Múnich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/7531
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