Die Herausforderungen, die der demographische Wandel auf den gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Ebenen mit sich bringt, wurden lange unterschätzt bzw. ignoriert. Erst seit kurzem wird die Problematik in Politik und Wirtschaft wahrgenommen und ernsthaft versucht, Ansätze zu erarbeiten, die die Folgen abmildern. Hierfür ist es unumgänglich, dass Politik und Wirtschaft auf der Suche nach diesen Lösungen eng zusammenarbeiten.
Aufgrund der fortschreitenden Überalterung der Gesellschaft ist es zwingend erforderlich, dass insbesondere in unserem Sozialsystem und Arbeitsmarkt Veränderungen durchgeführt werden. Die Finanzierung der sozialen Systeme in Deutschland funktioniert hauptsächlich über die Renten- und Krankenversicherung sowie die Besteuerung der Löhne und Gehälter von Erwerbspersonen. Durch den demographischen Wandel verschiebt sich die Altersstruktur der Bevölkerung so, dass die Zahl der Erwerbspersonen weiterhin dramatisch abnehmen wird. Im Jahr 2003 hatte Deutschland laut dem Statistischen Bundesamt 82,5 Millionen Einwohner, wovon 24% (20,1 Mill.) über 60 Jahre alt und 4% (3,4 Mill.) 80 Jahre und älter waren. Die Prognose für das Jahr 2050 ist niederschmetternd: die Anteile werden sich dramatisch erhöhen (37% (27,6 Mill.) und 12% (9,1 Mill.)). Wie man leicht erkennen kann, wird diese Entwicklung auf dem Arbeitsmarkt erhebliche Folgen mit sich bringen.
Das Buch thematisiert die Auswirkungen des demographischen Wandels auf regionale Arbeitsmärkte und hat es sich zur Aufgabe gemacht, erste Handelsempfehlungen und Lösungsansätze aufzuzeigen. Es richtet sich insbesondere an Studenten der Volkswirtschaftslehre, Geographie, Gerontologie, Politik sowie Touristik und Baubranche und alle Interessierten.
Inhaltsverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
1 Einleitung
1.1 Problemstellung
1.2 Gang der Untersuchung
2 Gegenwärtige Situation auf dem Arbeitsmarkt
2.1 Arbeitslosigkeit
2.2 Beteiligung der Bevölkerung am Erwerbsleben
2.3 Fachkräftemangel
3 Regionale Auswirkungen des demographischen Wandels
3.1 Ausgangslage
3.2 Handelsempfehlung für die Kommunen
3.3 Beispiele für Handlungsansätze aus der Praxis
3.3.1 Typ schrumpfende Kommune: Schwalm-Eder-West
3.3.2 Typ Wachsende Kommune: Stuttgart
3.4 Tourismus und Gesundheitswesen
4 Auswirkungen des demographischen Wandels auf die Unternehmen
4.1 Altersstruktur im Unternehmen
4.2 Der demographische Wandel am Beispiel von BMW
5 Lösungsansätze und Fazit
6 Anhang: Graphiken
7 Literaturverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1: Arbeitslosenquoten im Jahresdurchschnitt 2005
Abbildung 2: Arbeitslosenquoten nach Qualifikation im Jahre 2004
Abbildung 3: Strategiezyklus für die Entwicklung einer ressortübergreifenden Gesamtstrategie
Abbildung 4: Veränderung der Anzahl der Krippen und Kindergärten 1994 - 2002
Abbildung 5: Erwerbstätigenquote der 55-64-jährigen
Abbildung 6: Erwerbstätigenquoten der Frauen
Abbildung 7: Durchschnittliche Jahresarbeitszeit im Beschäftigungsverhältnis
Abbildung 8: Trend der Beschäftigtenentwicklung
Abbildung 9: Prognose der Alterung der Bevölkerung für 2015
1 Einleitung
1.1 Problemstellung
Die Herausforderungen, die der demographische Wandel auf den gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Ebenen mit sich bringt, wurden lange unterschätzt bzw. ignoriert. Erst seit kurzem wird die Problematik in Politik und Wirtschaft wahrgenommen und ernsthaft versucht, Ansätze zu erarbeiten, die die Folgen abmildern. Hierfür ist es unumgänglich, dass Politik und Wirtschaft auf der Suche nach diesen Lösungen eng zusammenarbeiten. Aufgrund der fortschreitenden Überalterung der Gesellschaft ist es zwingend erforderlich, dass insbesondere in unserem Sozialsystem und Arbeitsmarkt Veränderungen durchgeführt werden. Die Finanzierung der sozialen Systeme in Deutschland funktioniert hauptsächlich über die Renten- und Krankenversicherung sowie die Besteuerung der Löhne und Gehälter1 von Erwerbspersonen. Durch den demographischen Wandel verschiebt sich die Altersstruktur der Bevölkerung so, dass die Zahl der Erwerbspersonen weiterhin dramatisch abnehmen wird. Im Jahr 2003 hatte Deutschland laut dem Statistischen Bundesamt 82,5 Millionen Einwohner, wovon 24% (20,1 Mill.) über 60 Jahre alt und 4% (3,4 Mill.) 80 Jahre und älter waren. Die Prognose für das Jahr 2050 ist niederschmetternd: die Anteile werden sich dramatisch erhöhen (37% (27,6 Mill.) und 12% (9,1 Mill.)).2 Wie man leicht erkennen kann, wird diese Entwicklung auf dem Arbeitsmarkt erhebliche Folgen mit sich bringen.
1.2 Gang der Untersuchung
Die folgende Arbeit thematisiert die Auswirkungen des demographischen Wandels auf regionale Arbeitsmärkte und hat es sich zur Aufgabe gemacht, erste Handelsempfehlungen und Lösungsansätze aufzuzeigen.
Nachdem im ersten Teil bereits die grundlegende Problemstellung des demographischen Wandels dargestellt wurde, folgt im zweiten Teil ein allgemeiner erster Einblick in den deutschen Arbeitsmarkt.
Im dritten Teil werden anhand von Beispielen die regional-spezifischen Unterschiede der Arbeitsmärkte sowie ihre Auswirkungen auf die Gesellschaft näher untersucht, woraufhin im vierten Teil der unternehmensspezifische Umgang mit dem demographischen Wandel anhand von einem Praxisfall näher beleuchtet wird.
Der fünfte Teil fasst in einem Fazit die Ergebnisse der Untersuchung abschließend zusammen.3
2 Gegenwärtige Situation auf dem Arbeitsmarkt
2.1 Arbeitslosigkeit
Um die Auswirkungen des demographischen Wandels auf den Arbeitsmarkt von morgen besser verstehen zu können ist es von großer Bedeutung, sich ein Überblick über die jetzige Situation zu verschaffen. Folgende Graphik bietet uns dazu erste Anhaltspunkte:
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 1: Arbeitslosenquoten im Jahresdurchschnitt 2005
Quelle: Bundesagentur für Arbeit (2006), online.
Wie man leicht erkennen kann, existiert im Allgemeinen in Deutschland ein Ost-West- und
ein Nord-Süd-Gefälle bezüglich der Arbeitslosenzahlen. Im Jahresdurchschnitt 2005 betrug die Zahl der Arbeitslosen in Deutschland 11,7%. Diese Zahl gibt uns aber ohne eine genauere Betrachtung keinerlei Informationen über die Zukunftsfähigkeit des Arbeitsmarktes bzw. über die Angebots-/Nachfrageseite der Arbeitnehmer/Arbeitgeber. Deswegen ist eine genauere Untersuchung des ungenutzten Arbeitspotenziales unumgänglich. Bei der Betrachtung der qualifikationsspezifischen Arbeitslosigkeit und dem internationalen Vergleich dieser kristallisiert sich schnell heraus, dass in Deutschland die Gruppe der unqualifizierten Arbeiter überproportional von der Arbeitslosigkeit betroffen ist und somit die geringe Qualifikation eines der Hauptprobleme darstellt4:
Abbildung 2: Arbeitslosenquoten nach Qualifikation im Jahre 2004
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Quelle: entnommen aus Institut zur Zukunft der Arbeit (2006a), online.
Erwähnen muss man hier der Vollständigkeit halber die besondere Situation von Ostdeutschland. In Ostdeutschland war das formale Qualifikationsniveau hoch, und gering Qualifizierte, wie in Westdeutschland, existierten nicht. Die erworbenen Kenntnisse in der DDR bezogen sich, besonders im kaufmännischen Bereich, auf die Funktionsweise einer kommunistischen Wirtschaft und wurden mit dem Systemwechsel entwertet. Der veraltete technische Standard, der als Grundlage vieler Ausbildungen diente, spielte bei dieser Entwicklung zudem eine große Rolle.5
2.2 Beteiligung der Bevölkerung am Erwerbsleben
Bei der Gegenüberstellung weiterer Eigenschaften der Erwerbsbevölkerung auf internationaler Ebene bekommt man schnell einen ersten Einblick in die Funktionsweisen des deutschen Arbeitsmarktes.
Im Bezug auf die Erwerbstätigenquote der 55-64-jährigen ist Deutschland zwar tendenziell auf dem richtigen Weg, befindet sich aber im internationalen Vergleich immer noch im unteren Mittel der Statistik.6 Aufgrund des demographischen Wandels und der massiven Steigerung der Lebenserwartung ist hier eine Steigerung der Erwerbsbeteiligung unumgänglich.7 Auch bei der Frauenerwerbsquote liegt Deutschland nicht an der Spitze im internationalen Vergleich. Dieses ungenutzte Potenzial muss aktiviert werden. Wichtig bei der Behandlung dieser Thematik im Zusammenhang mit dem demographischen Wandel ist der internationale Vergleich der Kinderbetreuungsmöglichkeiten.8
Ein weiterer wichtiger Bestandteil des Arbeitsmarktes ist die Arbeitszeit. Bei dieser Gegenüberstellung wird ersichtlich, dass große Fehler in den letzten Jahren seitens der Arbeitszeitentwicklung gemacht wurden. Die Reduzierung der Wochenarbeitszeit erfolgte bereits auf dem Höhepunkt der westdeutschen Wirtschaftsblüte Anfang der 1980-er Jahre. Damals wurde aufgrund des Ausbaus des „Wohlfahrtsstaates“ die Arbeitszeit verkürzt und die Möglichkeit der Frühverrentung geschaffen.9 Im Zuge der Jahre, als die Arbeitslosenquote immer mehr zunahm, verfolgten die Gewerkschaften auch das Ziel der Arbeitszeitverkürzung, mit der Begründung, dass eine Reduzierung der Arbeitszeit die vorhandene Arbeit gerecht unter die Arbeiter verteilen würde, anstatt diese zu entlassen.10
Wie man anhand von Abb. 7 feststellen kann, hat sich Deutschland inzwischen in ein Land mit den fast niedrigsten Arbeitszeiten entwickelt. Als ob das nicht schlimm genug wäre, weist die Tendenz eine weitere Abnahme dieser auf.11
2.3 Fachkräftemangel
Eine allgemein gültige Definition der Gruppe der Fachkräfte ist in der Fachliteratur gegenwärtig nicht auszumachen. In der vorliegenden Untersuchung umfasst der Begriff daher:
- Akademiker
- gleichwertige Fachkräfte in anerkannten Ausbildungsberufen12
Die fortschreitende Globalisierung in den letzten Jahren hat unter anderem zur Folge, dass sich in Deutschland der Arbeitsmarkt drastisch geändert hat. Die arbeitsintensiven Produktionsvorgänge wurden und werden in kostengünstigere Regionen der Welt verlagert, wobei die Nachfrage hierzulande nach qualifizierten Arbeitskräften steigt.13 Die Entwicklung der Zahlen der Fach- und Hochschulabsolventen in Deutschland zwischen den Jahren 2000 und 2004 beschreibt eine positive Tendenz (von 19,3% auf 20,6% pro Jahrgang), im internationalen Vergleich aber ist diese Steigerung nicht ausreichend. So haben sich besonders die Abschlussquoten der Schweiz (von 10,4% auf 25,9%)und Italiens (von 18,1% auf 36,8%) verbessert. Im OECD-Raum bilden nur noch mittlerweile die Tschechische Republik, Österreich und die Türkei weniger Akademiker pro Jahrgang aus als Deutschland. Rechnet man noch den Effekt des demographischen Wandels dazu, wird Deutschland den steigenden Bedarf an gut ausgebildeten Fachkräften nicht decken können.14
3 Regionale Auswirkungen des demographischen Wandels
3.1 Ausgangslage
Die Auswirkungen auf der regionalen Ebene sind insofern anders, als dass es schon früher zu massiven demographischen Veränderungen aufgrund interregionaler Migrationen kam. In Folge dessen können diese Bevölkerungsbewegungen die demographische Entwicklung erheblich überzeichnen oder konterkarieren. Hinzu kommen Unterschiede in der bestehenden Bevölkerungsstruktur in den Regionen. Unter Berücksichtigung dieser beiden Aspekte kann die demographische Entwicklung regional sehr differenziert ausfallen.15
Dieser regional unterschiedlich verlaufende demographische Wandel zwingt die kommunalen entscheidenden Personen in unterschiedlichen Typen von Kommunen bzw. Regionen zu denken. Der Zusammenschluss kleiner und mittelgroßen Kommunen bietet hier beispielsweise die Chance im interkommunalen bzw. regionalen Wettbewerb zu bestehen, da hier die Stärken der Region hervorgerufen werden können.16
Die unternehmerischen Aktivitäten in einer Region sind ausschlaggebend für das regionale Wohlstandsniveau und somit auf die weitere wirtschaftliche Entwicklung des betreffenden Gebietes. Ist die Qualifikation und die Güternachfrage in einer Region lebender Menschen hoch, so könnte das einen Effekt nach sich ziehen, infolge dessen sich die Nachfrage der Unternehmen nach Arbeitskräften erhöhen könnte, und somit die regionale Gesamtproduktion steigen würde.17
3.2 Handelsempfehlung für die Kommunen
Da die Auswirkungen des demographischen Wandels nahezu alle Bereiche der Stadtentwicklung betreffen, müssen hier aufgrund der Finanzierbarkeit Prioritäten bei der Behandlung gesetzt werden. Hierfür müssen Schlüsselprojekte ausgewählt werden, die vorrangig umgesetzt werden sollen. Von den (Kommunal)-Politikern wird ein Umdenken von der kurzfristigen, an Wahlperioden orientierten Agenda hin zu einer langfristigen Planung verlangt. Folgende Abbildung verdeutlicht die strategischen Phasen eines solchen Schlüsselprojektes:
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 3: Strategiezyklus für die Entwicklung einer ressortübergreifenden Gesamtstrategie
Quelle: Bertelsmann Stiftung (Hrsg.) (2004), S. 35.
[...]
1 Vgl. Statistisches Bundesamt Deutschland (2005), online. Die Steuern vom Einkommen (Lohnsteuer, Einkommensteuer und Körperschaftsteuer) stellen zusammen die ergiebigste öffentliche Einnahmequelle dar.
2 Vgl. Statistisches Bundesamt Deutschland (2003), online.
3 Leider kann an dieser Stelle aufgrund der umfangreichen Materie und den erheblichen Wechselwirkungen mit anderen Themengebieten in der vorliegenden Arbeit nur ein ausgewählter Teilbereich beleuchtet werden.
4 Vgl. hierzu auch die Werte der Vorjahre 2002 und 2003 in Institut zur Zukunft der Arbeit (2005), online.
5 Vgl. Sinn, H.-W. (2004), S.175ff.
6 Vgl. Abb. 5 in Kap. 6.
7 Vgl. Statistisches Bundesamt Deutschland (2006), online.
8 Vgl. Abb. 6 in Kap. 6.
9 Vgl. Sinn, H.-W. (2004), S. 21.
10 Vgl. Sinn, H.-W. (2004), S. 123.
11 Vgl. Abb. 7 in Kap. 6.
12 Aufgrund fehlender detaillierter Datenerhebung im Bezug auf gleichwertige Ausbildungsberufe wird die Analyse in dieser Untersuchung sich nur auf die Akademiker beschränken.
13 Vgl. Sinn, H.-W. (2005), S.43-51 und 66-69.
14 Vgl. OECD (2006), online.
15 Vgl. Büttner, T. (2006), S 57.
16 Vgl. Bertelsmann Stiftung (Hrsg.) (2004), S. 7f.
17 Vgl. Rosenfeld, M.T.W. (2006), S.65f.
- Quote paper
- Jaroslaw Dziendziol (Author), 2007, Demographischer Wandel in Europa. Auswirkungen, Handlungsempfehlungen und Lösungsansätze für regionale Arbeitsmärkte in Deutschland, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/75299
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