Internetangebote für Kinder gibt es seit fast zehn Jahren (vgl. Rosenstock 2004, S. 7) und das Angebot wächst stetig. Doch was macht eigentlich die Qualität einer Internetseite für Kinder aus? Wie lässt sich messen, ob eine Website für Kinder ge-eignet ist oder nicht? Das florierende Angebot an Internetseiten für Kinder hat der medienpädagogischen Forschung einen Anstoß zur Überprüfung ihrer Qualität gegeben. In den letzten Jahren wurden Kataloge mit Qualitätskriterien für Kinder-Internetseiten konzipiert und ständig ergänzt. Ziel einer medienpädagogischen Be-wertung ist es, zu überprüfen, ob das jeweilige Internetangebot eine Förderung der Medien- und Internetkompetenz unterstützt. Die Nutzer einer Kinderwebsite sollen während des Surfens auf der Seite lernen, kompetent mit dem Medium Internet umgehen zu können. Allerdings unterliegt die Nutzung ebenfalls bestimmter Voraussetzungen, die eine angemessene Anwendung überhaupt erst ermöglichen.
Aufbauend auf den Beurteilungen von Kindern und den medienpädagogischen Qualitätskriterien für Kinderwebsites nach Silke Krick (2004) und dem „Erfurter Netcode“ (Fuhs 2005), lautet die zentrale Fragestellung meiner Diplomarbeit, wie die Internetseite der Sendung „Löwenzahn“ medienpädagogisch bewertet werden kann. Die Interaktionen und Bewertungen der Kinder werden mit den Qualitätskriterien in Beziehung gesetzt, woraufhin eine medienpädagogische Bewertung der Internetseite von „Löwenzahn“ erfolgt. Hierbei ist von zentraler Bedeutung, wie die Kinder mit der Struktur und den inhaltlichen Angeboten der Website zurechtkommen, und wie die User die Internetseite aus ihrer Perspektive bewerten. Die Beurteilungen der Kinder sollen im Anschluss unter dem Gesichtspunkt der Qualitätskriterien für Kinderwebsites diskutiert, und die „Löwenzahn“-Website an diesem theoretischen Hintergrund anlehnend, bewertet werden. Dabei werden auch Verbesserungsvorschläge seitens der Kinder berücksichtigt und medienpädagogische Empfehlungen für die Internetseite der Sendung „Löwenzahn“ gegeben.
Inhaltsverzeichnis
1 Einleitung
2 Fernseh- und Internetnutzung von Kindern
2.1 Kinder im Internet – Stand der Forschung
2.2 Fernsehnutzung
2.3 Internetnutzung
3 Medien- und Internetkompetenz von Kindern
3.1 Medienkompetenz – Begriffserklärung
3.2 Internetkompetenz bei Kindern
3.3 Voraussetzungen für eine kompetente Internetnutzung
4 Qualitätskriterien für Kinderwebsites
4.1 Medienpädagogische Qualitätskriterien nach Krick
4.1.1 Inhalt und Verständlichkeit
4.1.2 Sicherheit und Datenschutz
4.1.3 Kommunikation
4.1.4 Interaktivität
4.1.5 Vernetzung
4.1.6 Werbung
4.2 Qualitätskriterien nach dem „Erfurter Netcode“
4.2.1 Selbstdarstellung
4.2.2 Jugendschutz
4.2.3 Medienkompetenz
4.2.4 Werbung und Verkauf
4.2.5 Datenschutz
5 Medienkonvergenz
5.1 Begriffserklärung
5.1.1 Angebotsbezogene Perspektive
5.1.2 Nutzerbezogene Perspektive
5.2 Fernsehkonvergente Internetangebote
5.3 Bedeutung von fernsehkonvergenten Internetangeboten
6 Die Kindersendung „Löwenzahn“
6.1 Sendungsaufbau
6.2 Das Magazin „Löwenzahn“
6.3 Die Rolle des Moderators
6.4 Das neue Format
7 Das Internetangebot der Sendung „Löwenzahn“
7.1 Layout
7.2 Gestaltung
7.3 Inhalt
7.4 Navigation
7.5 Interaktivität
7.6 Fernsehkonvergenz
8 Die empirische Untersuchung
8.1 Das Surfinterview
8.1.1 Das problemzentrierte Interview
8.1.2 Die teilnehmende Beobachtung
8.1.3 Das Screenrecording
8.2 Durchführung der Datenerhebung
8.2.1 Kontaktaufnahme
8.2.2 Auswahl der Probanden
8.2.3 Interviewzeitraum und -situation
8.2.4 Postskriptum
8.2.5 Bewertung der Methode
8.3 Transkription der Surfinterviews
8.4 Das Auswertungsverfahren
9 Die Internetseite von „Löwenzahn“ aus der Sicht von Kindern - vier Einzelfälle
9.1 Stefanie, die Wissensdurstige
9.2 Tim, der Fußball-Fan
9.3 Franziska, der Lesemuffel
9.4 Paul, der Internet-Neuling
9.5 Quantitative Bewertung der „Löwenzahn“-Internetseite
10 Auswertung und Interpretation
10.1 Internetkompetenz
10.2 Bekanntheit der Internetseite von „Löwenzahn“
10.3 Erwartungen an die Internetseite von „Löwenzahn“
10.4 Interaktion auf der Internetseite von „Löwenzahn“
10.5 Bewertung der Internetseite von „Löwenzahn“
10.5.1 Rubrik „Löwenzahn“
10.5.2 Rubrik „Sendung“
10.5.3 Rubrik „Spiele“
10.5.4 Rubrik „Löwenzahn-Welt“
10.5.5 Rubrik „Themen“
10.5.6 „Löwenzahn“-Internetseite allgemein
11 Medienpädagogische Bewertung der Internetseite von „Löwenzahn“
11.1 Inhalt und Verständlichkeit
11.2 Sicherheit und Datenschutz
11.3 Kommunikation
11.4 Interaktivität
11.5 Medienkompetenz
12 Empfehlungen für die „Löwenzahn“-Website
13 Zusammenfassung und Ausblick
14 Literaturverzeichnis
15 Abbildungs- und Tabellenverzeichnis
16 Anhang
16.1 Screenshots der „Löwenzahn“-Internetseite
16.2 Anschreiben
16.3 Zusammensetzung der Probanden
16.4 Leitfaden Surfinterviews
16.5 Transkriptionsregeln
16.6 Interaktion auf der „Löwenzahn“-Internetseite
16.6.1 Stefanie, die Wissensdurstige
16.6.2 Tim, der Fußball-Fan
16.6.3 Franziska, der Lese-Muffel
16.6.4 Paul, der Internet-Neuling
16.7 Beschreibung der „Löwenzahn“-Folgen
16.8 Codewordbaum der Surfinterviews in MAXqda
16.9 Transkription und Screenrecording-Aufzeichnungen auf DVD
1 Einleitung
„Kinder von heute sind die erste Generation, die inmitten digitaler Medien heranwachsen“ (Rosenstock 2004, S. 6). Das Fernsehen ist gewiss nach wie vor das „Leitmedium“ bei den Kindern von 6 bis 12 Jahren. Dies konnte im Rahmen der KIM-Studie des Medienpädagogischen Forschungsverbandes Südwest im Jahr 2005[1] zum wiederholten Male festgestellt werden (vgl. mpfs 2006). Da die privaten Haushalte stetig besser mit jeglicher Art von Medien ausgestattet sind, kommen die Kinder jedoch immer früher auch mit dem Internet in Berührung.
Don Tapscott (1998) beschreibt den Unterschied der Medien Fernsehen und Internet darin, dass die Kinder das Fernsehen passiv, das Internet hingegen aktiv nutzen (vgl. S. 48). „Sie [die Kinder] beobachten nicht nur, sie nehmen teil. Sie fragen, diskutieren, streiten, spielen, kaufen ein, kritisieren, forschen, spotten, phantasieren, suchen und informieren sich“ (ebd.). Mittlerweile sind Fernsehen und Internet mehr und mehr miteinander verschmolzen, und beide Medien verweisen gegenseitig aufeinander. Fernsehkonvergente Internetangebote sind vor allem bei Kindern bekannt und beliebt (vgl. Theunert; Wagner 2002). In einer Studie zur Nutzung von medienkonvergenten Internetseiten wurde herausgefunden, dass Kinder mit Websites dieser Art ihre ersten Erfahrungen im Internet machen (vgl. ebd., S. 52).
Internetangebote für Kinder gibt es seit fast zehn Jahren (vgl. Rosenstock 2004,
S. 7) und das Angebot wächst stetig. Doch was macht eigentlich die Qualität einer Internetseite für Kinder aus? Wie lässt sich messen, ob eine Website für Kinder geeignet ist oder nicht? Das florierende Angebot an Internetseiten für Kinder hat der medienpädagogischen Forschung einen Anstoß zur Überprüfung ihrer Qualität gegeben. In den letzten Jahren wurden Kataloge mit Qualitätskriterien für Kinder-Internetseiten konzipiert und ständig ergänzt. Ziel einer medienpädagogischen Bewertung ist es, zu überprüfen, ob das jeweilige Internetangebot eine Förderung der Medien- und Internetkompetenz unterstützt. Die Nutzer[2] einer Kinderwebsite sollen während des Surfens auf der Seite lernen, kompetent mit dem Medium Internet umgehen zu können. Allerdings unterliegt die Nutzung ebenfalls bestimmter Voraussetzungen, die eine angemessene Anwendung überhaupt erst ermöglichen.
Zu dem Thema der vorliegenden Arbeit „Raus aus dem Fernseher, rein ins Netz. Eine empirische Studie zur medienpädagogischen Bewertung der Internetseiten von ‚Löwenzahn’“ hat mich meine Hospitation in der Redaktion „Löwenzahn“ beim ZDF in Mainz inspiriert, welche sendungsergänzend zu dem Wissensmagazin eine Website anbietet. Da die bisherige Forschung zur Internetnutzung von Kindern zum größten Teil quantitativen Ursprungs ist und die Interaktionen auf den Websites – und somit die Nutzung dieses neuen Mediums – bislang selten im qualitativen Sinn bewertet worden sind, soll im Rahmen dieser Arbeit das Nutzungsverhalten von Kindern in den Fokus gerückt werden. Anhand der Interaktionen der Kinder auf der Internetseite von „Löwenzahn“ sowie ihren Kommentaren zu dem Angebot, soll die Website von den Usern bewertet werden. Um die Perspektive der Zielgruppe des Internetangebots zu berücksichtigen, wurden vier qualitative Surfinterviews durchgeführt. Bei dieser Methode handelt es sich um eine Vorgehensweise, die bisher noch nicht in vielen Studien angewandt worden ist. Eine weitere Methode, die ich verwendet habe, ist die Aufzeichnung von Bildschirmaktivitäten der Kinder (Screenrecording), welche mit einer Computer Software realisiert wird. Bei dieser Methode handelt es sich ebenfalls um eine Vorgehensweise, die bisher nur wenig verwendet worden ist und noch in der Erprobung steht.
Aufbauend auf den Beurteilungen der Kinder und den medienpädagogischen Qualitätskriterien für Kinderwebsites nach Silke Krick (2004) und dem „Erfurter Netcode“ (Fuhs 2005), lautet die zentrale Fragestellung der vorliegenden Arbeit, wie die Internetseite der Sendung „Löwenzahn“ medienpädagogisch bewertet werden kann. Die Interaktionen und Bewertungen der Kinder werden mit den Qualitätskriterien in Beziehung gesetzt, woraufhin eine medienpädagogische Bewertung der Internetseite von „Löwenzahn“ erfolgt. Hierbei ist von zentraler Bedeutung, wie die Kinder mit der Struktur und den inhaltlichen Angeboten der Website zurechtkommen, und wie die User die Internetseite aus ihrer Perspektive bewerten. Die Beurteilungen der Kinder sollen im Anschluss unter dem Gesichtspunkt der Qualitätskriterien für Kinderweb-sites diskutiert, und die „Löwenzahn“-Website an diesem theoretischen Hintergrund anlehnend, bewertet werden. Dabei werden auch Verbesserungsvorschläge seitens der Kinder berücksichtigt und medienpädagogische Empfehlungen für die Internetseite der Sendung „Löwenzahn“ gegeben.
Zunächst werde ich in der vorliegenden Arbeit einen Einblick in die quantitative Mediennutzung von Kindern im Alter von 6 bis 13 Jahren geben. Hierbei dienen Ergebnisse der KIM-Studie 2005 (vgl. mpfs 2006) als Informationsgrundlage. Der Fokus liegt in diesem Zusammenhang auf den Medien Fernsehen und Internet (Kapitel 2). Ein weiterer Punkt ist die Internetkompetenz von Kindern, in dessen Zusammenhang ebenfalls auf die Ergebnisse der KIM-Studie 2005 eingegangen wird. Außerdem werden die Dimensionen der Medienkompetenz nach Dieter Baacke (1996) vorgestellt und erläutert (Kapitel 3). Welchen Voraussetzungen ein kompetenter Umgang mit dem Internet unterliegt, wird weiterhin aufgezeigt (Kapitel 3). Da es in der vorliegenden Arbeit um eine medienpädagogische Bewertung der „Löwenzahn“-Website geht, werden Qualitätskriterien der Diplom-Pädagogin Silke Krick sowie des „Erfurter Netcodes“ berücksichtigt. Die Kriterien des Erfurter Vereins dienen als medienpädagogische Grundlage der Internetseiten des ZDF-Kinderprogramms „tivi“. Im Zusammenhang mit den Qualitätskriterien werden ebenfalls die Dimensionen der Medienkompetenz nach Baacke aufgeführt (Kapitel 4). Anschließend erfolgt eine Erläuterung des Begriffes „Medienkonvergenz“, da der zentrale Fokus dieser Arbeit auf dem fernsehkonvergenten Internetangebot von „Löwenzahn“ liegt. Inwiefern die Medien Fernsehen und Internet in einem konvergenten Verhältnis stehen, soll Thema dieses Kapitels sein (Kapitel 5). Die Beschreibungen der Sendung „Löwenzahn“ (Kapitel 6) sowie der Internetseite des Wissensmagazins (Kapitel 7), dienen einerseits der Vorstellung des Fernseh- und Internetangebotes und verdeutlichen andererseits den Aspekt der Konvergenz. Um die Internetseite von „Löwenzahn“ ebenfalls aus der Sicht von Kindern zu bewerten, und somit die Perspektive der Zielgruppe des Internetangebots zu berücksichtigen, wurden vier qualitative Surfinterviews durchgeführt, die im zweiten, empirischen Teil der Arbeit vorgestellt werden. Hierbei ist von zentraler Bedeutung, wie die Kinder mit der Struktur und den inhaltlichen Angeboten der Website zurecht kommen, und wie die User die Internetseite aus ihrer Perspektive bewerten. Die Beurteilungen der Kinder sollen im Anschluss unter dem Gesichtspunkt der Qualitätskriterien für Kinder-Websites diskutiert und die „Löwenzahn“-Website an den theoretischen Hintergrund anlehnend, bewertet werden. Dabei werden auch Verbesserungsvorschläge seitens der Kinder berücksichtigt und medienpädagogische Empfehlungen für die Internetseite der Sendung „Löwenzahn“ gegeben.
2 Fernseh- und Internetnutzung von Kindern
In der heutigen Zeit sind die Medien auch aus dem Alltag von Kindern nicht mehr wegzudenken. An vielen Orten werden sie mit Medien konfrontiert, sei es in der Schule, zu Hause oder in der Freizeit. Sogar der Kindergarten gehört bereits zum medialen Umfeld der Kinder, da auch dort immer mehr Medien zum Einsatz kommen. Radio, Bücher, Fernsehen, Computer, Internet, DVDs oder Handys sind jene Medien, die den Kindern fast immer und überall zur Verfügung stehen. Diese Medienausstattung ist dabei nicht als ein starrer Zustand, sondern in einem stetigen Wandel zu sehen. Daher bedarf es heute umso mehr, dass Studien diesen Wandel berücksichtigen und neue Trends und Entwicklungen im Medienalltag von Kindern durchleuchten.
Zahlreiche Medien aus unserem Alltag wie Bücher, Computer, Internet oder Handys, werden auch in der KIM-Studie 2005 berücksichtigt. Da für die vorliegende Arbeit jedoch vor allem die Medien Fernsehen und Internet von Relevanz sind, werde ich ausschließlich diese Bereiche aus der KIM-Studie berücksichtigen. Im Folgenden wird es daher um die Fernsehnutzung sowie um die Nutzung des Internets der befragten Kinder gehen, um so die notwendigen aktuellen Daten und Nutzungszahlen als Grundvoraussetzung für die folgenden Kapitel dieser Arbeit aufzuzeigen. Zunächst werde ich einen Überblick über den aktuellen Forschungsstand zum Thema „Kinder im Internet“ geben.
2.1 Kinder im Internet – Stand der Forschung
Das Internet entwickelt sich in unserer heutigen Gesellschaft zu einem immer wichtigeren Medium. Im Laufe der Jahre hat das Netz auch als Markt- und Werbeplattform einen großen Stellenwert erhalten. Hauptsächlich sind es daher marktforschungsorientierte, quantitative Studien, die das Nutzungsverhalten von Kindern und Jugendlichen untersuchen. Zwar werden hier auch pädagogische Gesichtspunkte berücksichtigt, jedoch fehlt es an Studien, die den pädagogischen Blickwinkel in den Fokus rücken. „Mit standardisierten Befragungen können Entwicklungstendenzen der Integration des Internets in den Kinderalltag aufgezeigt werden, aber den kinderspezifischen Internetgebrauch erfassen sie nicht“ (Feil et. al. 2004, S. 30). Beispielsweise haben Feil et. al. mit diesem qualitativen Forschungsinteresse die Studie „Wie entdecken Kinder das Internet?“[3] durchgeführt.
Ebenfalls Sabine Richter widmete sich im Rahmen ihrer Dissertation der qualitativen Untersuchung von internetspezifischen Nutzungsstrategien von Kindern.[4] Dennoch, „[…] von einem ‚Forschungsstand’ kann – im Unterschied zur Internetnutzung von Jugendlichen – selbst unter Berücksichtigung der Studien im angloamerikanischen Sprachraum derzeit noch nicht die Rede sein“ (Feil et. al. 2004, S. 12).
Vergleichsweise viele Ergebnisse wurden hingegen in der quantitativen Forschung veröffentlicht. Somit liegen über die Dauer des Internetaufenthalts oder über Nutzungsfrequenzen zahlreiche Ergebnisse vor (vgl. Gebel; Wagner 2005, S. 41f.). Auch die bereits erwähnte KIM-Studie untersucht den Internetumgang Heranwachsender im quantitativen Sinne und gibt zum Beispiel Aufschluss über die Verweildauer im Netz oder die Nutzungsfrequenzen von Kindern.
2.2 Fernsehnutzung
Das Fernsehen gehört nach wie vor zu den beliebtesten Medien von Kindern, dies hat die KIM-Studie im Jahr 2005 zum wiederholten Male herausgefunden. Es sei auch weiterhin das wichtigste Medium für die Altersgruppe von 6 bis 13 Jahren. Nahezu die Hälfte von ihnen hat ein eigenes Gerät und der größte Anteil sieht fast täglich fern (78%).
Für 67% der Kinder, die zumindest selten fernsehen, gibt es Sendungen, die sie jeweils besonders gerne anschauen. Dazu zählen bei den etwas älteren Kindern vor allem Daily-Soaps (z.B. „Gute Zeiten, schlechte Zeiten“), Telenovelas (z.B. „Verliebt in Berlin“) und Sportsendungen (z.B. „Sportschau“). Die jüngeren Kinder lieben jene Sendungen, die explizit für ihre Altersgruppe konzipiert sind. So geben 14% der 6- bis 7-Jährigen eine Sendung aus dem Programm des KI.KA als ihren Favoriten an. Es konnte herausgefunden werden, dass das Interesse an speziellen Kindersendungen, wie z.B. „Die Sendung mit der Maus“ mit zunehmendem Alter innerhalb dieser Altersgruppe abnimmt. Deshalb haben diese Sendungen bei den 12- bis 13-Jährigen mit 2% nur einen eher geringen Stellenwert (vgl. mpfs 2006, S. 19). 27% geben bei den Lieblingsfernsehsendern den KI.KA als ihren Favoriten an. Betrachtet man die weitere Rangfolge der Lieblingssender (Super RTL, RTL, RTL II, Pro7 und Sat.1) ist auffällig, dass die privaten Fernsehsender einen sehr großen Stellenwert einnehmen, denn die öffentlich-rechtlichen Sender, wie ARD und ZDF, werden in diesem Zusammenhang gar nicht erwähnt (vgl. ebd., S. 20).
Die zunehmende Interaktivität der Fernsehprogramme wird in der Studie ebenfalls erwähnt. Hierzu wurden die Kinder befragt, ob und wie sie schon einmal mit einem Fernsehsender Kontakt aufgenommen haben. 10% der Kinder, die zumindest selten fernsehen, haben bereits bei einem Sender angerufen, 7% haben auf dem Postweg oder per SMS Kontakt aufgenommen und 5% haben schon einmal eine E-Mail zur Kontaktaufnahme geschickt (vgl. mpfs 2006, S. 20).
2.3 Internetnutzung
Bevor ich zu den Daten der Internetnutzung von Kindern im Alter von 6 bis 13 Jahren komme, werde ich das Augenmerk auf die allgemeine Computernutzung lenken, um herauszufinden, inwieweit der Computer im Zusammenhang mit dem Internet genutzt wird.
In der KIM-Studie 2005 wurde aufgezeigt, dass der Computer bereits in der Kindheit einen großen Stellenwert einnimmt. 83% der Haushalte, in denen Kinder leben, haben einen Computer oder ein Notebook, 12% dieser Kinder besitzen sogar ein eigenes Gerät (vgl. mpfs 2006, S. 26).
Abb. 1: Kinder und Computer – Tätigkeiten 2005 (vgl. mpfs 2006, S. 29, n=919)
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Betrachtet man die Tätigkeiten, die die Kinder am Computer durchführen (vgl. Abbildung 1), wird auf den ersten Blick deutlich, dass der größte Anteil der Befragten den PC für Spiele in Anspruch nimmt. Es folgen die Arbeit für die Schule sowie das Benutzen von Lernprogrammen. Insgesamt nutzen 41% den Computer regelmäßig um im Internet zu surfen. Bei dem Vergleich dieser Ergebnisse aus der KIM-Studie 2005 mit jenen aus der KIM-Studie 2003[5], wird deutlich, dass der Anteil derer, die Spiele am Computer spielen, insgesamt zurückgegangen ist. Dafür wird der PC
jedoch deutlich mehr für die Schule genutzt, und auch die Internetnutzung selbst hat mit plus 10 Prozentpunkten eindeutig zugenommen (vgl. mpfs 2006, S. 29f.).
Im Folgenden werde ich explizit auf die Internetnutzung von Kindern im Alter von 6 bis 13 Jahren eingehen und dabei aufzeigen, wie sich die Internetnutzung in den Jahren 2002 bis 2005 entwickelt hat (vgl. Abbildung 2).
Fast drei Viertel der Haushalte (73%) in denen Kinder aufwachsen, haben die Möglichkeit das Internet zu nutzen, wobei die Verfügbarkeit mit steigendem Alter zunimmt. Bei den Ältesten (12 bis 13 Jahre) besteht für 82% zumindest theoretisch die Möglichkeit, von zu Hause aus das Internet zu nutzen, während dies bei jüngeren Kindern (6 bis 7 Jahre) lediglich bei 59% der Fall ist (vgl. mpfs 2006, S. 39). Dieser Anteil ist durchaus beachtlich. Betrachtet man die Zahlen der Internetnutzer im Vergleich zu den Computernutzern, so ist festzustellen, dass die Hälfte aller Kinder (53%) das Internet zumindest selten nutzt, während es bei den Computernutzern über zwei Drittel (68%) sind. Bei den jüngsten Kindern hat bereits ein Drittel Erfahrungen im Netz gesammelt, bei den Älteren (12 bis 13 Jahre) steigt dieser Anteil sogar auf 84% (vgl. mpfs 2006, S. 39).
Die folgende Abbildung 2 zeigt die Entwicklung der Internetnutzung von Kindern in den Jahren 2002 bis 2005.
Abb. 2: Internetnutzer 2005–2002 (vgl. mpfs 2006, S. 39)
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Dabei ist auffällig, dass im Vergleich zur KIM-Studie 2003 die Zahl derer, die zumindest selten das Internet nutzen, in der KIM-Studie 2005 deutlich gestiegen ist (plus acht Prozentpunkte). Unterscheidet man die Internetnutzung nach dem Geschlecht, lässt sich feststellen, dass sie bei den Jungen um zehn und bei den Mädchen um sechs Prozentpunkte angestiegen ist (vgl. mpfs 2006, S. 39). „Besonders deutlich fällt die Zunahme bei den älteren Kindern aus, die 12- und 13-Jährigen haben 13 Prozentpunkte zugelegt, die 10- und 11-Jährigen zehn Prozentpunkte“ (ebd.).
Betrachtet man die Frequenz der Internetnutzung, wird deutlich, dass das World Wide Web einen wachsenden Stellenwert im Alltag der Kinder einnimmt. Somit sind zwei Drittel der interneterfahrenen Kinder mindestens einmal pro Woche online, 13% sogar jeden oder fast jeden Tag, 34% gehen eher seltener ins Netz. Vergleicht man die Ergebnisse von KIM 2005 mit jenen von KIM 2003 und 2002, wird deutlich, dass das Internet heute deutlich intensiver genutzt wird (vgl. mpfs 2006, S. 40). „Zählten 2003 genau die Hälfte der Internetnutzer zu den regelmäßigen Onlinern, so sind dies aktuell zwei Drittel“ (ebd.). Auch bei der Internetnutzung spielt das Alter eine entscheidende Rolle, denn je älter die Kinder sind, desto stärker ist das Internet auch in ihre Alltagswelt integriert. Sogar schon unter den jüngsten Internetnutzern ist die Hälfte (51%) mindestens einmal pro Woche im Netz, bei den Älteren liegt dieser Anteil sogar bei 74% (vgl. mpfs 2006, S. 40).
Die KIM-Studie 2005 ist der Frage nachgegangen, wofür Kinder das Medium Internet nutzen. Dabei wurde herausgefunden, dass die Hälfte der Kinder regelmäßig Angebote nutzt, die auch speziell für sie entwickelt worden sind. Darauf folgen die Informationssuche für die Schule und das Senden und Empfangen von E-Mails. 45% suchen allgemeine Informationen und ein Drittel besucht ebenso häufig Seiten, die nicht explizit an Kinder gerichtet sind. Ein Viertel der Internet-Nutzer chattet regelmäßig und fast ein Fünftel nutzt mindestens einmal pro Woche Newsgroups (vgl. mpfs 2006, S. 42; Abbildung 3).
Abb. 3: Internet-Tätigkeiten 2005 (vgl. mpfs 2006, S. 42, n=624)
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Vergleicht man die Internet-Tätigkeiten mit der KIM-Studie 2003, lässt sich feststellen, dass alle Tätigkeiten einen Zuwachs zu verzeichnen haben (vgl. mpfs 2006, S. 42). „Stark gestiegen (um 17 Prozentpunkte) ist auch der Anteil der Internetnutzer, die Seiten für Kinder nutzen, auch werden deutlich mehr Seiten für Erwachsene besucht (plus 20 Prozentpunkte)“ (mpfs 2006, S. 42f.). Ein Viertel (25%) der Internetnutzer hat eine Lieblingsseite im World Wide Web, was im Jahr 2003 nur 17% der User angaben. Am häufigsten werden hierbei Begleitangebote von klassischen Medien, wie Zeitschriften oder Fernsehen genannt. Auf dem ersten Platz liegt bei den Aufzählungen der Kinder „toggo.de“, die Website von Super RTL (15%), gefolgt von „kika.de“, die Seite des öffentlich-rechtlichen Kinderkanals KI.KA (11%). An dritter und vierter Stelle liegen „geolino.de“, das Webangebot der gleichnamigen Kinderzeitschrift (8%) und „bravo.de“, von der Jugendzeitschrift „BRAVO“. Auf dem fünften Rang folgt das Kinderangebot des ZDF „tivi.zdf.de“[6] (4%) (vgl. mpfs 2006, S. 43).
Im Laufe der letzten Jahre hat sich das Internetangebot, welches sich speziell an Kinder richtet, kontinuierlich erhöht (vgl. mpfs 2006, S. 44). „Die Bandbreite reicht hier von kommerziellen Angeboten über sendungsbegleitende Seiten bis hin zu Kindersuchmaschinen und medienpädagogischen Projekten im Netz“ (ebd.; vgl. Abbildung 4). Auffällig ist hierbei, dass die Internetseiten der öffentlich-rechtlichen Anbieter im Gegensatz zu den Sendungen der jeweiligen Sender, einen großen Stellenwert in der Bekanntheit der Internetangebote einnehmen.
Abb. 4: Bekanntheit Internetangebote für Kinder 2005 (vgl. mpfs 2006, S. 45, n=624)
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Die Homepage des KI.KA hat mit 79% die größte Bekanntheit, gefolgt von „toggo.de“ (72%). Etwa die Hälfte aller Kinder kennt „tivi.zdf.de“, „geolino.de“, das „Kindernetz“ des SWR sowie die Suchmaschine „Blinde Kuh“ (vgl. ebd., S. 44).
Zusammenfassend lässt sich zu diesem Kapitel feststellen, dass für die Heranwachsenden das Medium Fernsehen noch immer den wichtigsten Stellenwert in ihrer Mediennutzung einnimmt. Die Nutzung der neuen Medien Computer und Internet nimmt jedoch stetig zu. Wenn auch das Spielen am PC häufiger vorkommt als das Surfen im Internet, geht die Tendenz doch in die Richtung, dass das Internet eine beständig wachsende Bedeutung im Alltag der Kinder erlangt. Bezeichnend bei dieser Entwicklung ist, dass die Internetseiten der herkömmlichen Medien, wie das Fernsehen oder das Radio, besonders beliebt sind. Dass das Surfen im Internet bei der Altersgruppe der 6- bis 13-Jährigen noch keinen sehr großen Stellenwert einnimmt, kann auch an den notwendigen Voraussetzungen liegen, welche die Nutzung des Internets überhaupt erst ermöglichen. Diese Voraussetzungen sind Thema des nächsten Kapitels. Zudem wird im Folgenden die Medien- und Internetkompetenz von Kindern thematisiert.
3 Medien- und Internetkompetenz von Kindern
„Zur Lebenswelt von Kindern gehört heute auch der Umgang mit dem Internet“ (vgl. GEP 2004, S. 2). Dieser Aspekt beinhaltet, dass die Heranwachsenden lernen müssen, kompetent mit diesem neuen Medium umzugehen. Immer wieder tritt zu diesem Thema – vor allem in der pädagogischen Debatte – der Begriff Medienkompetenz auf. Vor allem für Kinder ist die Entwicklung von Medienkompetenz enorm wichtig, um in einer Zukunft mit einem stetig größer werdenden Medienangebot, den richtigen und kompetenten Umgang gewährleisten zu können.
3.1 Medienkompetenz – Begriffserklärung
Der Kompetenzbegriff tauchte zum ersten Mal in den 70er Jahren im Rahmen der Habilitationsschrift von Dieter Baacke auf[7] (vgl. Vollbrecht 2001, S. 54) und hat die Medienpädagogik in der Bundesrepublik Deutschland nachhaltig geprägt. „Auch wenn Medienkompetenz als Begriff nicht explizit genannt wird – Baacke entfaltet nur den allgemeineren Begriff einer «kommunikativen Kompetenz» – nimmt die Rezeptionsgeschichte des Kompetenzbegriffs in der Medienpädagogik hier ihren Anfang“ (ebd.).[8]
Die Medienpädagogik bezieht die Bedürfnisse und Interessen der Mediennutzer mit ein. Dabei werden die Nutzer nicht als passiv sondern als aktiv und selbstbestimmt betrachtet (vgl. Vollbrecht 2001, S. 54). „Jeder Mensch ist ein prinzipiell ,mündiger Rezipient‛, er ist aber zugleich als kommunikativ-kompetentes Lebewesen auch ein aktiver Mediennutzer, muß also in der Lage sein […], sich über die Medien auszudrücken“ (Baacke 1996, S. 117). Wenn der Begriff Medienkompetenz verwendet wird, wird darunter eine medienpädagogische Zielvorstellung verstanden. Hierbei mutiert aus einer bereits gegebenen Kompetenz ein Bündel von Fertigkeiten, welches Kinder, Jugendliche und Erwachsene sich aneignen müssen, um kompetent mit Medien umgehen zu können“ (vgl. Vollbrecht 2001, S. 57). Auf dieser performanten[9] Ebene werden die Fertigkeiten in der Kommunikation oder der Interaktion sichtbar und die Kompetenz kommt im jeweiligen Verhalten zum Ausdruck (vgl. ebd.). In Bezug auf die Medienkompetenz treten auf der Ebene der Performanz der Umgang mit den Medien bzw. die geäußerten Meinungen über Medien in Erscheinung.
Baacke definiert den allgemeinen Begriff der kommunikativen Kompetenz [10], welche laut Baacke ihre Wirklichkeit in „der Lebenswelt“ oder in der „Alltagswelt“ der Menschen findet. Unter Lebenswelt versteht er dabei, die konstruierte reale Umwelt von Erfahrungen und Handlungsmöglichkeiten für einen einzelnen Menschen oder eine Gruppe (z.B. Familie, Schulkasse, Arbeitskollegen). In diesem Raum spielen sich Erziehung und Sozialisation[11] ab. Die vielen Wiederholungen von Handlungen (z.B. Feste feiern) führen zu einer Lebenswelt als Alltagswelt, denn Handlungen aus dem üblichen Leben werden alltäglich (vgl. Baacke 1996, S. 118). „Jede Lebenswelt wird durch historische und gesellschaftliche Bedingungen bestimmt, die wiederum Hintergrund sind für die biographische Entwicklung und die Lerngeschichte von Kindern und damit für ihre kommunikative Kompetenz“ (ebd.). Menschen müssen lernen zu kommunizieren, weil sie miteinander handeln müssen. Daher sind Kommunikation und Handeln eng miteinander verbunden (vgl. ebd., S. 118).
Medienkompetenz ist als ein Teilbereich der kommunikativen Kompetenz zu verstehen und bezeichnet die Fähigkeit, mit Wissen über mediale Kommunikation umzugehen (vgl. Vollbrecht 2001, S. 59). Außerdem meint Medienkompetenz die Fähigkeit eines Subjekts mit Medien „sinnvoll“ umgehen zu können. Das Individuum soll sie rezipieren, verstehen, analysieren und bewerten sowie sie aktiv für selbstbestimmte Interessen und Ziele nutzen können (vgl. Feil et. al. 2004, S. 67).
Dieter Baacke unterteilt Medienkompetenz in vier verschiedene Dimensionen: Medienkritik, Medienkunde, Mediennutzung und Mediengestaltung. Die Dimension der Medienkritik beinhaltet dabei die Fähigkeit, den Medien gegenüber kritisch zu sein. Diese Dimension gliedert sich in drei weitere Ebenen. Auf der analytischen Ebene sollen problematische gesellschaftliche Prozesse angemessen erfasst und deren Auswirkungen erkannt werden können. Die reflexive Ebene beschreibt die Fähigkeit eines jeden Menschen, das analytische Wissen auf sich selbst und auf sein Handeln anwenden zu können. Auf der ethischen Ebene soll analytisches Denken reflexiv bewertet und sozial verantwortet werden.
Des Weiteren erwähnt Baacke die Dimension der Medienkunde, welche das Wissen über die jeweiligen Medien sowie über die bestehenden Mediensysteme beinhaltet. Auch hier lassen sich zwei Unterdimensionen unterscheiden. Die informative Dimension bezieht sich auf das allgemeine Wissen über die unterschiedlichen Medien, wie beispielsweise das Wissen über die Funktionen des Internets oder die Fähigkeit, einen Computer effektiv für die eigenen Zwecke zu nutzen. Die instrumentell-qualifikatorische Ebene befasst sich mit der Fähigkeit, Mediengeräte überhaupt bedienen zu können, wie zum Beispiel das Einschalten des Computers oder das Öffnen des Internet-Browsers.
Bei dem dritten Teilbereich handelt es sich um die Dimension der Mediennutzung, welche in zweifacher Weise erlernt werden muss. Sie unterteilt sich in die rezeptive, anwendende Ebene, bei der es um die Programm-Nutzungskompetenz geht sowie in die interaktiv, anbietende Ebene, wobei es darauf ankommt, auf die Medienangebote antworten zu können, womit die Möglichkeit zur Interaktion gegeben ist.
Die vierte Dimension der Medienkompetenz nach Baacke ist die Mediengestaltung, wobei er ebenfalls zwei Ebenen unterscheidet. Demnach lässt sie sich zum einen als innovativ verstehen, was bedeutet, dass sich Mediensysteme weiterentwickeln und verändern können. Zum anderen ist sie als kreativ zu begreifen, in dessen Zusammenhang es darauf ankommt, über die Grenzen der Kommunikationsroutine hinaus zu gehen (vgl. Baacke 1997, S. 98f.).
Das Medienkompetenz-Modell von Baacke ist nicht frei von Kritik[12] und eine Reihe von Autoren hat sich mit dem Begriff der Medienkompetenz auseinander gesetzt[13]. Für die hier vorliegende Arbeit ergibt sich jedoch aus der genannten Definition von Baacke eine fruchtbare Analyse, und auf weitere Definitionen einzugehen, würde den Rahmen dieser Arbeit sprengen. Deshalb werde ich mich im Folgenden ausschließlich auf das Medienkompetenzverständnis nach Baacke stützen.
3.2 Internetkompetenz bei Kindern
Bezieht man Baackes Dimensionen der Medienkompetenz im allgemeinen auf den kompetenten Umgang mit dem Internet, lässt sich feststellen, dass Kinder lernen und begreifen müssen, wie die Struktur des Netzes aufgebaut ist, welche Dienste es beinhaltet und mit welcher Software die User diese Dienste für sich nutzbar machen können. Außerdem müssen die Kinder in diesem Zusammenhang lernen, welche Funktion eine Suchmaschine hat, und was man unter einer Portalseite versteht (vgl. Feil et. al. 2004, S. 68). „Es bedeutet aber auch zu erkennen, dass das Internet kein Massenmedium ist, einerseits laufen die wenigsten seiner Inhalte durch den selektiven Filter einer Redaktion, andererseits ist und wird das Publikum individualisiert und personalisiert“ (ebd.).
Der Begriff Internetkompetenz lässt sich nicht allgemein definieren. Vielmehr ist er als eine Spezialisierung des Begriffes Medienkompetenz zu verstehen, da es hierbei nicht um alle Medien, sondern speziell um das neue Medium Internet geht. Wichtige Merkmale von Internetkompetenz sind die strategische Suche, die gezielte Selektion und Navigation, die Kenntnisse über die Informationsquellen und deren Vernetzung sowie ein interessengeleiteter Umgang mit den interaktiven Möglichkeiten des Netzes (vgl. Theunert; Wagner 2002, S. 230). Diese konzentrieren sich jedoch speziell auf die Nutzung des Internets als Informationsquelle und „[…] vernachlässigen den für Kinder wichtigen spielerischen Zu- und Umgang mit dem Internet, auf den die Websiteanbieter mit Design, Ästhetik und Spielen reflektieren, und die kommunikativen Komponenten des Netzes, die entscheidend zu einem interaktiven Charakter beitragen und den Kindern die Möglichkeit bieten wollen, sich aktiv und gestaltend zu beteiligen“ (ebd.).
Wenn von einem idealen Umgang mit dem Medium Internet gesprochen wird, gilt es zu bestimmen, ob es gewisse Voraussetzungen gibt, die speziell Kinder hierfür mitbringen müssen.
3.3 Voraussetzungen für eine kompetente Internetnutzung
Für das Verstehen von Medienangeboten generell, dies schließt demnach auch den Umgang mit dem Internet ein, ist die sozial-kognitive Entwicklung von sehr großer Bedeutung (vgl. Theunert; Lenssen 1999, S. 63). „Die Beteiligung an Interaktion und Kommunikation ist, die Fähigkeit der Perspektivenkoordination vorausgesetzt, das Vermögen also, andere Personen in ihrem Denken und Handeln sowie soziale Beziehungen in ihren Strukturen zu verstehen“ (ebd.). Die Ausbildung dieser Fähigkeiten beginnt ab dem 3. oder 4. Lebensjahr, wobei das Kind zunächst noch auf die eigene Handlungsperspektive konzentriert ist. Am Ende des Grundschulalters, beginnt dann in der Regel die Fähigkeit der Perspektivenkoordination. Diese ausgebildeten sozialen, kognitiven und moralischen Fähigkeiten sind unerlässlich für das Verständnis wie auch für die Beurteilung von Medieninhalten (vgl. Theunert; Lenssen 1999, S. 63).
Da das Internet ein Medium ist, in welchem Texte eine sehr große Rolle spielen, gehört zu den spezifischen Voraussetzungen für den Umgang mit dem Internet vor allem die Lesefähigkeit (vgl. Wagner et. al. 2004, S. 28). Demnach ist es also wichtig, dass die Kinder vor den Bildschirmen kompetent im Umgang mit dem Lesen von Texten sind, um so das Verständnis der Websiteinhalte zu gewährleisten. Das Internet ist ein sehr textlastiges Medium, wodurch die Fähigkeit des Lesens für die Nutzung unerlässlich wird. Ab Mitte des Grundschulalters haben Kinder die notwendigen Lese- und Schreibvoraussetzungen insofern erreicht, als dass die Textlastigkeit des Internets nicht länger eine grundsätzliche Hürde darstellt (vgl. ebd.). Das Internet weist allerdings eine schwer durchschaubare Struktur auf, die die meisten Kinder in Ansätzen erst ab einem Alter von 10 Jahren begreifen und nutzen. In verschiedenen Untersuchungen konnte festgestellt werden, dass viele Kinder im Alter von 8 Jahren die Texte im Netz laut mitlesen um so die Inhalte besser verstehen zu können (vgl. Theunert; Wagner 2002, S. 62).
Wichtig ist es im Zusammenhang mit den Fähigkeiten zum Umgang mit dem Internet den Textbegriff, den dieses Medium impliziert, zu erwähnen. Ursprünglich wurde unter dem Begriff „Text“ eine Abfolge mehrerer sinnvoll zusammengestellter Wörter oder Sätze verstanden. Der für das Internet zutreffende Textbegriff umfasst allerdings vielmehr eine Art „Webart“ aus verschiedenen gestalterischen Fragmenten (vgl. Richter 2004, S. 49). Die Texte in traditionellen Medien, wie Bücher oder Zeitungen, sind linear angeordnet und begrenzt. Bei den Texten im Internet ist diese Linearität nicht mehr vorhanden, und durch die Hypertext[14] -Struktur sind die einzelnen Text-Segmente bis ins Unendliche erweiterbar (vgl. ebd., S. 50). „Der Lesefluss und somit der Text wird folglich in dem Maße unterbrochen, wie es der Leser bestimmt“ (ebd.). Auch die Art des Lesens der Texte im Internet unterscheidet sich vom Lesen herkömmlicher Texte in Büchern. Der Text im Internet wird dabei über den Bildschirm gezogen und durch das Zusammenwachsen verschiedener Darstellungsarten wie Grafiken, Texte, Bilder und Ton, erfährt das Lesen völlig neue Impulse (vgl. ebd., S. 58). „Die Hypertextstruktur animiert zur Interaktion und zur Aktivität mit der Maus, zum Herumspringen und Erforschen verschiedener Links und deren „Geheimnisse“ (ebd., S. 58f.). Das Verstehen dieser Struktur und damit das Lesen eines nicht-linearen Textes sowie die aktive Auseinandersetzung mit diesem ist daher eine wichtige Fähigkeit, die es zu entwickeln gilt.
Des Weiteren ist auffällig, dass Kinder im Alter von 8 Jahren häufig zwar „mauskompetent“ aber nicht „tastaturkompetent“ sind. Dies ist vor allem dadurch zu erklären, dass viele der Kinder durch Computerspiele mit der Maus vertraut sind. Die „Tastaturkompetenz“ nimmt allerdings mit zunehmendem Alter zu, was schon bei Kindern von 9 bis 10 Jahren der Fall sein kann (vgl. Theunert; Wagner 2002, S. 63). „Ab dem Alter von ca. 11 Jahren wird die Struktur des Internets überwiegend verstanden und die angebotenen Funktionen werden ausprobiert. Bei dieser Altersgruppe stellt der Umgang mit Texten kein Hindernis mehr dar: Die Tatstaturfertigkeit ist ausgebildet, Texte zu verstehen, mit fremdsprachigen Ausdrücken und Fremdwörtern umzugehen, all dies ist für die 11- bis 12-Jährigen bewältigbar“ (ebd.). Deutlich ist auch, dass die Intensität der Internetnutzung die Qualität des Umgangs mit diesem Medium formt. Außerdem ist bei den Kindern zwischen 10 und 12 Jahren erkennbar, dass „[…], sobald die Lese- und Schreibfähigkeiten voll ausgebildet sind, die Erfahrungen im Umgang mit dem Internet das Repertoire der zur Verfügung stehenden Fähigkeiten erweitern“ (ebd., S. 64).
4 Qualitätskriterien für Kinderwebsites
In der heutigen Zeit werden immer mehr Internetseiten explizit für die Zielgruppe der Kinder angeboten, da das Internet auch in ihrem Alltag einen immer größeren Stellenwert einnimmt. „Das Internet fungiert heute vor allem als Medium der kindlichen Spiel- und Fantasiewelt, wird zur Kontakt- und Informationssuche genutzt und von vielen Eltern als Lernhilfe befürwortet“ (Rosenstock 2004, S. 6). Bei dem bestehenden Angebot von Kinder-Internetseiten, wird es allerdings ebenso schwieriger für Eltern und Kinder, die richtigen und qualitativ guten Seiten ausfindig zu machen. Denn längst nicht alle für sie konzipierten Angebote sind für Kinder auch wirklich geeignet und fördern sie. Nicht jedem Anbieter einer Kinderwebsite gelingt es, den Bedürfnissen und Interessen ihrer Rezipienten zu entsprechen und diese zu berücksichtigen. Vor allem Kinder sollen sich aber mit den neuen Medien auseinandersetzen können, sich ihrer immer größer werdenden Bedeutung bewusst werden und kompetent mit ihnen umgehen können (vgl. Krick 2004, S. 16). Der richtige Umgang mit dem Internet ist unerlässlich, um sich in der zukünftigen Gesellschaft zurechtfinden zu können und den Ansprüchen dieser gewachsen zu sein. Daher ist es wichtig, Grundlagen für einen kompetenten Umgang mit den neuen Medien zu schaffen.
Da das Angebot für die kindliche Zielgruppe stetig wächst, wird auch das Orientierungsbedürfnis von Kindern, Eltern und Pädagogen immer größer. Mittlerweile existieren zahlreiche Listen mit Internetseiten für Kinder[15]. Diese können jedoch meist nur als Nachschlagefunktion für Eltern dienen und nicht als eine ausführliche Darstellung der Vor- oder Nachteile dieser Seiten. Ein weiteres Problem besteht außerdem in der oftmals nur sehr kurzen Gültigkeit dieser Listen. Somit fehlt es also an treffenden medienpädagogischen Beurteilungen, die es ermöglichen, die jeweiligen Internetseiten als qualitativ gut und pädagogisch wertvoll einstufen und bewerten zu können. Daher scheinen spezielle Qualitätskriterien für Kinderwebsites sinnvoll, um somit eine gewisse Kenntnis über die jeweiligen Internetseiten für Kinder zu vermitteln und sie folglich kompetent in der eigenen Bewertung dieser Medien zu machen (vgl. ebd.). Bedeutend ist hierbei, dass die Internetseiten für Kinder nach verschiedenen Standards gestaltet sind. Auf zahlreichen Seiten wird beispielsweise Werbung als neutrale Information präsentiert, während dies bei anderen Internetpräsenzen bewusst vermieden wird. Infolgedessen vermischen sich also auf manchen Seiten Wissensinhalte und Werbung.
Kinder haben ihre eigenen Erwartungen an ein für sie konzipiertes Internetangebot. Für sie sind kurze Ladezeiten animierte Grafiken sowie eine enge Verzahnung verschiedener Medien wie Foto, Bild und Ton wichtig (vgl. Fuhs 2005, S. 116f.). Außerdem gilt zu beachten, dass die unterschiedlichen Kompetenzen der Kinder es deutlich erschweren, Internetseiten für diese Zielgruppe anzubieten (vgl. ebd., S. 120). „Die heutigen Kinder stellen sich als heterogene Gruppe unterschiedlicher Kinder dar, die sich mit sehr unterschiedlichen Fähigkeiten, Erfahrungen und Interessen im Netz bewegen“ (ebd.). Daher ist es ebenfalls problematisch, nach einer geeigneten Altersangabe für die jeweiligen Seiten zu fragen, da die Medienkompetenz bei den einzelnen Kindern sehr unterschiedlich ausgeprägt ist. Somit ist es umso vorteilhafter, wenn die Internetkompetenz während des Aufenthaltes auf der Website weiter gefördert werden kann (vgl. ebd.).
Im Folgenden werde ich den Qualitätskriterienkatalog nach Silke Krick vorstellen. Die Diplom-Pädagogin hat diese Kriterien u. a. auf der Grundlage des Medienkompetenzmodells nach Baacke (vgl. Kapitel 3.1) entwickelt. Des Weiteren werde ich mich mit den Kriterien für qualitativ gute Kinderwebsites des Vereins „Erfurter Netcode e. V.“ beschäftigen, welche von der Website tivi.de berücksichtigt werden.
4.1 Medienpädagogische Qualitätskriterien nach Krick
In dem Katalog von Silke Krick[16] werden Kriterien, die sich aus der ökonomischen Sichtweise der Programmierer und Grafiker – also der Anbieter einer Internetseite für Kinder – ergeben, nicht berücksichtigt. Vielmehr liegt der Schwerpunkt auf einer medienpädagogischen Perspektive. Als Grundlage des Kriterienkataloges von Krick dienen daher die Nutzungsdaten der KIM-Studie 2003, der medienökologische Ansatz nach Baacke[17] sowie das Bielefelder Kompetenzmodell nach Baacke (vgl. Kapitel 3.1). Krick betont vor allem die interaktive Mediennutzung der Heranwachsenden. „Kinder rezipieren Inhalte nicht nur, sie können aktiv partizipieren, indem sie sich selbst bestimmte Inhalte aussuchen oder auch das Internet in vielfältiger Weise mitgestalten können“ (Krick 2004, S. 16). Nach Krick, zeichnen sich qualitativ gute Kinderwebsites dadurch aus, dass sie gesellschaftliche Entwicklungen aufgreifen und versuchen, den daraus resultierenden Ansprüchen in den Bereichen Sozialisation und Medienkompetenz gerecht zu werden (Krick 2004, S. 16f.).
Der Kriterienkatalog für Kinderwebsites nach Silke Krick teilt sich in die Bereiche Inhalt und Verständlichkeit, Sicherheit und Datenschutz, Kommunikation, Interaktivität, Vernetzung und Werbung, welche im Folgenden näher erläutert werden.
4.1.1 Inhalt und Verständlichkeit
In erster Linie soll unter diesem Kriterium der allgemeine Inhalt einer Website gefasst werden. Die Anbieter von Kinder-Internetseiten stehen vor der schwierigen Aufgabe, die Inhalte sowohl medien- als auch kindgerecht aufzubereiten. Ein kindgerechter Inhalt ist bei dieser Zielgruppe ein besonders wichtiger Faktor, da das Interesse der Kinder andernfalls gar nicht erst geweckt wird. Laut einer medienpädagogischen Perspektive sollen Kinder auf den Internetseiten die Möglichkeit haben, sich mit den Inhalten auseinanderzusetzen. Hierdurch kann gleichermaßen ihre Medienkompetenz, speziell die Medienkritik gefördert werden. Dies ist jedoch nur möglich, wenn die Kinder die Inhalte auch verstehen und entsprechend verarbeiten können. Unter dem Kriterium Inhalt und Verständlichkeit geht es folglich vor allem darum, ob eine kindgerechte Sprache und einfache Ausdrucksweisen verwendet werden sowie auf Anglizismen und Fremdwörter verzichtet wird. Weiterhin ist von Bedeutung, ob die Themen die Kinder überhaupt ansprechen und inwiefern die Inhalte das vorhandene Wissen der Kinder aufgreifen. Ferner ist für die Kinder ein nachvollziehbarer Aufbau der Website von Bedeutung, wobei Themen, Inhalte und die Struktur der Hypertexte eine Rolle spielen (vgl. Krick 2004, S. 17). „Besonders wichtig bei diesem Kriterium ist also, dass die Anbieter einschätzen und eingrenzen können, an welche Zielgruppe sie sich mit ihrem Angebot wenden wollen“ (ebd.).
4.1.2 Sicherheit und Datenschutz
Wenn Kinder sich im World Wide Web bewegen, besteht immer wieder die Gefahr, dass sie auf Seiten gelangen, die nicht für sie geeignet sind. Sie sollten daher vor diesen Seiten geschützt und bestenfalls gewarnt werden, sobald sie die ihnen vertraute Website verlassen. Bei der kindlichen Einschätzung solcher für Kinder ungeeigneten Websites ist es wichtig, ob die User in der Lage sind, die Gefahren solcher Seiten auch selber einschätzen zu können. Die Fähigkeit zur Medienkritik ist hierfür eine wichtige Voraussetzung. Interessant ist in diesem Zusammenhang, ob entsprechende Sicherheitshinweise auf den Kinderwebsites gegeben werden, und ob sich diese an die Kinder oder an deren Eltern richten. Außerdem gilt es unter diesem Gesichtspunkt zu überprüfen, ob externe Links, die zu anderen Websites führen, gekennzeichnet und kontrolliert werden. Für den Aspekt der Sicherheit ist weiterhin von Bedeutung, ob ersichtlich ist, wer für die jeweilige Website verantwortlich ist, da für die Eltern somit transparent gemacht werden kann, aus welcher Intention heraus die Internetseite entstanden ist (vgl. Krick 2004, S. 17).
4.1.3 Kommunikation
Dieses Kriterium befasst sich mit der Möglichkeit E-Mails versenden oder einen Chatraum benutzen zu können. Ist diese Option gegeben, können Kinder selber erfahren, was unter virtueller Kommunikation zu verstehen ist, welche in der heutigen Gesellschaft immer mehr an Bedeutung gewinnt. Weitere wichtige Aspekte in diesem Zusammenhang sind die Möglichkeit, die Redaktion zu kontaktieren sowie ein moderierter Chat (vgl. Krick 2004, S. 18). „[…] Kinder haben durch kommunikative Angebote auf den Websites die Möglichkeit einer aktiven Mediennutzung“ (ebd.).
4.1.4 Interaktivität
Setzen sich Kinder interaktiv mit dem Internet auseinander, fällt es ihnen leichter, mit diesem neuen Medium umzugehen. Das Internet an sich ist bereits ein interaktives Medium, da die User sich von einer Seite zur nächsten klicken müssen, und somit auch selbst bestimmen können, wann sich die Anzeige auf dem Bildschirm ändern soll. Kinderwebsites können jedoch nach Ansicht von Krick die Interaktivität sowie die aktive Auseinandersetzung mit den jeweiligen Inhalten noch zusätzlich durch spezielle Angebote auf den Websites fördern. Unter dem Kriterium Interaktivität ist daher vor allem zu beachten, ob ein aktiver Umgang mit dem Internetangebot durch Spiele, Foren, Downloads etc. gefördert wird. Außerdem ist es wichtig, ob diese interaktiven Angebote zweckmäßig in Zusammenhang mit dem Inhalt der Seite eingesetzt werden und dabei auch die Themeninteressen der Kinder aufgreifen (vgl. Krick 2004, S. 18). „[…] es sollte ein sinnvoller Zusammenhang zwischen den Inhalten und den Interaktionsmöglichkeiten hergestellt werden“ (ebd.).
4.1.5 Vernetzung
Beim Internet handelt es sich um ein vernetztes Medium, bei dem viele Medien und Internetseiten miteinander verbunden und durch zahlreiche Links erreichbar sind. Ein wichtiger Aspekt bei der Nutzung des Internets sollte es sein, dass die Kinder diese Eigenschaft des Internets kennen und verstehen lernen. In der Regel surfen Kinder nur auf den Seiten, die ihnen bereits bekannt sind. Um die vernetzte Struktur des Internets deutlich machen zu können, sollten Kinder-Websites auch die Vernetzung unter den kinderspezifischen Internetseiten fördern. Daher sollten bei dem Kriterium Vernetzung weiterführende Links zu bestimmten Seiten angeboten und auf den Websites kenntlich gemacht werden. Hierdurch kann den Kindern das Internet in seiner spezifischen Form näher gebracht, und ihnen der spätere Umgang erleichtert werden (vgl. Krick 2004, S. 18).
4.1.6 Werbung
Wie dies auch bei anderen Medien der Fall ist, gehört Werbung im Internet zu einem festen Bestandteil. Daher ist es wichtig, dass Kinder lernen, kritisch mit diesem Aspekt umzugehen. Sie müssen lernen, welche Konsequenzen es haben kann, wenn sie einem Werbebanner im Internet folgen. Viele Internetangebote werden durch Werbung finanziert. Daher wäre es falsch zu behaupten, Kinderwebsites, die Werbung beinhalten, seien qualitativ schlecht. Wichtig ist folglich, den richtigen Umgang mit Werbung und damit eine entsprechende Werbekompetenz zu fördern. Es gilt deshalb zu überprüfen, ob auf den Kinderwebsites Werbung in einem möglichst geringen Umfang eingesetzt wird, sie von den anderen Inhalten der Website unterscheidbar ist sowie ob sie zu Seiten führt, die für Kinder nicht geeignet sind (vgl. Krick 2004, S. 18f.).
Das Webangebot des ZDF-Kinderprogramms „tivi“, und daher auch jenes der Sendung „Löwenzahn“, orientiert sich an dem national anerkannten Richtlinienkatalog für Kinderinternetseiten des „Erfurter Netcodes e.V.“ (vgl. URL:http://www.tivi.de/ tivi/erwachsene/artikel/01285/index3.html, Stand: 18.11.2006). Daher werde ich im Folgenden die Qualitätskriterien des Erfurter Vereins aufzeigen.
4.2 Qualitätskriterien nach dem „Erfurter Netcode“
Der „Erfurter Netcode e. V.“ wurde im Jahr 2002 gegründet und setzt sich für eine Verbesserung der Qualität von Internetangeboten für Kinder ein. In diesem Zusammenhang vergibt er ein Siegel an „hochwertige“ Anbieter, welche sich um die Zertifizierung durch dieses Gütesiegel bewerben können (vgl. Fuhs; Eichler 2005, S. 34). Entsprechend des „Erfurter Netcodes“ besteht die Qualität von Internetangeboten für Kinder aus vier Bereichen: der Kriterienkatalog beinhaltet, dass die Internetseiten dem Jugendschutz gerecht werden müssen, sie kindgerecht in der Bedienung sind sowie die Inhalte kommunizieren, welche Kinder interessieren, verstehen und sich selbst aneignen können. Der vierte Bereich umfasst die Medienkompetenz der Kinder. Somit muss ein Internetangebot laut dem „Erfurter Netcode“ die Medienkompetenz fördern (vgl. ebd.). Wenn ein Anbieter einer Kinderinternetseite das Gütesiegel des „Erfurter Netcodes“ erhalten möchte, muss er sein Angebot nach diesen Kriterien präsentieren (vgl. URL:http://www.erfurter-netcode.de, Stand: 09.08.2006). Ziel des Erfurter Netcodes ist es, den Kindern interessante und sichere Seiten anzubieten, welche es ihnen ermöglichen, durch kindgerechte Angebote am Medium Internet zu partizipieren (vgl. Fuhs 2005, S. 124). Im Folgenden werden die Qualitätskriterien des „Erfurter Netcodes“ aufgeführt.
4.2.1 Selbstdarstellung
Die Anbieter einer Internetseite für Kinder müssen sich auf ihrer Website selbst darstellen und ihre Zielsetzung und Zielgruppe sowie die Schwerpunkte ihres Angebotes sichtbar machen. Außerdem müssen sie in einem Impressum angeben, wer für das jeweilige Internetangebot verantwortlich ist (vgl. Fuhs 2005, S. 124).
4.2.2 Jugendschutz
Auf den Internetseiten für Kinder sollen jegliche Medien, wie Texte, Bilder, Töne und Filme, entsprechend den vorgegebenen Bestimmungen des Jugendschutzgesetzes angeboten werden. Des Weiteren müssen die jeweiligen Jugendschutzbestimmungen für den Leser zugänglich sein. Außerdem sollte der Anbieter mit den Inhalten seiner Website die soziale und kognitive Entwicklung der Kinder fördern, indem er beispielsweise Beiträge zum Verständnis für die Mitmenschen der Kinder leistet (vgl. Fuhs 2005, S. 124).
4.2.3 Medienkompetenz
Mit dem Internetangebot führen die Anbieter die User an eine kompetente und eigenverantwortliche Nutzung des Mediums Internet heran. Dies ist der wichtigste Punkt im Zusammenhang mit den Kriterien, die der „Erfurter Netcode“ aufgestellt hat. Daher sollte darauf geachtet werden, dass die Bereiche Mediennutzung, Medienkunde, Medienkritik und Mediengestaltung (vgl. Kapitel 3.1) gefördert werden. Im Zusammenhang mit der Mediennutzung müssen die Anbieter attraktive, aktuelle, kindgerechte und interaktive Seiten anbieten, praktische Tipps zum verantwortlichen Umgang mit dem neuen Medium geben und auch auf mögliche Gefahren im Netz hinweisen. Hinsichtlich der Medienkunde sollte es auf den Websites Hinweise zur Funktion und zu den Nutzungsmöglichkeiten des Internets geben sowie Kenntnisse über die Philosophie und die Gesetzmäßigkeiten in Zusammenhang mit dem Aufbau des Internetangebotes vermitteln. Unter dem Gesichtspunkt der Medienkritik sollten Beispiele und Hinweise zu einer kritischen Betrachtung von Netzinhalten angeboten und den Kindern Raum zur reflexiven Betrachtung gegeben werden. In Bezug auf die Mediengestaltung sollten die Anbieter den Usern die Möglichkeit geben, das Angebot selbst mitzugestalten. Des Weiteren müssten auch den Eltern entsprechende Seiten angeboten werden, welche Informationen zum Internet, zu den Gefahren im Umgang mit dem Netz und zu aktuellen Sicherheitshinweisen enthalten. Die Elternseiten können auf den Kinderwebsites durch entsprechende Links gekennzeichnet werden. Kinder sollten auf ihren Websites die Möglichkeit haben, untereinander in Kommunikation zu treten. Dabei besteht für die Anbieter die Aufgabe, eine höchstmögliche Sicherheit zu schaffen, indem sie beispielsweise ausschließlich moderierte Chats anbieten und den Kindern, soweit wie möglich, eine inhaltsbezogene Antwort auf ihre E-Mail-Anfragen geben. Weiterhin sollten die Anbieter einer Kinderwebsite darauf achten, dass die gesetzten Links regelmäßig redaktionell geprüft und gepflegt werden und die User darauf hingewiesen werden, dass sie die relativ „geschützten“ Seiten über einen Link verlassen (vgl. Fuhs 2005, S. 124.).
4.2.4 Werbung und Verkauf
Werbung und Verkauf sind auf Internetseiten für Kinder klar und deutlich vom redaktionellen Inhalt zu trennen. Die Anbieter sollten eine Seite zwischenschalten, auf welcher darauf hingewiesen wird, dass die Kinder sich im Verkaufsbereich befinden und somit die eigentlichen Seiten der Anbieter verlassen. Die Shopseiten müssen eindeutig als solche gekennzeichnet sein, Sprache und Design sollen sich von den Inhalten der Website trennen. Im Shop dürfen außerdem nur kindgerechte Produkte angeboten werden (vgl. Fuhs 2005, S. 124).
4.2.5 Datenschutz
Die Datenschutzpolitik der Anbieter muss transparent gestaltet sein, und es sollte versucht werden, den Kindern durch technische und organisatorische Anstrengungen sowie durch zusätzliche Hinweise einen höchstmöglichen Schutz zu gewährleisten. Den Kindern soll in verständlicher Sprache deutlich gemacht werden, welchen Zweck das jeweilige Erheben von persönlichen Daten hat. Außerdem haben die Anbieter dafür Sorge zu tragen, dass die User ihre Daten nicht an Dritte (z.B. in Chats oder Foren) weitergeben. Des Weiteren sollten die angegebenen Daten von den Anbietern nicht länger als unbedingt nötig verwahrt werden (vgl. Fuhs 2005, S.124).
5 Medienkonvergenz
Der Medienmarkt besteht auf Seiten der Anbieter schon lange nicht mehr nur aus Einzelmedien (vgl. Wagner et. al. 2004, S. 9). „Vielmehr sind die Medien vielfältig aufeinander bezogen und durch Mehrfachvermarktung von Inhalten und Marken werden Synergien hergestellt“ (ebd.). Mittlerweile ist es selbstverständlich, dass es zu Fernsehsendungen auch Onlineangebote seitens der Fernsehsender gibt. Medien stehen also in einem konvergenten Verhältnis. Noch vor einigen Jahren ist befürchtet worden, dass Online-Medien die „traditionellen“ Massenmedien ersetzen könnten. Dies hat sich bis heute jedoch nicht bestätigt. Im Gegenteil: vor allem für Rundfunkanbieter werden ergänzende Medienangebote im Internet sogar zunehmend als Chance betrachtet (vgl. Theunert; Wagner 2002, S. 15).
Im Folgenden werde ich den Begriff der Medienkonvergenz beschreiben und anschließend aufzeigen, welche Konsequenzen sich aus diesen „[…] Komplementärbeziehungen zwischen den Medien“ (ebd.) ergeben. Außerdem werde ich den Schwerpunkt auf der Betrachtung der Konvergenz zwischen Fernsehen und Internet legen, da es sich bei der Internetseite von „Löwenzahn“ ebenfalls um ein konvergentes Angebot handelt, und die Beziehung von Fernsehen und Internet dabei deutlich gemacht wird.
5.1 Begriffserklärung
Eine eindeutige Definition von Medienkonvergenz fehlt bislang, daher wird der Be-griff für die unterschiedlichsten Entwicklungen im Mediensystem verwendet (vgl. Wagner et. al. 2004, S. 17). Charakteristisch für Medienkonvergenz ist es, dass bisher von einander getrennte traditionelle Medien zusammenwachsen und miteinander verschmelzen (vgl. URL:http://www.medienkonvergenz-monitoring.de, Stand: Februar 2006). Separate technische Geräte, wie Fernseher, Computer oder Telefon wachsen zusammen (vgl. Theunert; Wagner 2002, S. 124). „Mittlerweile vertreten die wenigsten Experten die Meinung, dass eine baldige Gerätekonvergenz direkt bevorstehe“ (ebd.). Vielmehr sei davon auszugehen, dass die Nutzer unterschiedliche Geräte für unterschiedliche Funktionen bevorzugen. Eine offenere Definition von Medienkonvergenz geht also nicht von einem Zusammenwachsen der technischen Geräte aus, sondern eher von einer individuellen Gebrauchsweise von Medien (vgl. ebd.). Neben „Medienkonvergenz“ werden diese Phänomene des Verschmelzens traditioneller Medien auch mit Begriffen wie „Crossmedia“, „Medienverbund“ oder „Multimedia“ benannt (vgl. Wagner et. al. 2004, S. 17). Der Begriff der Medienkonvergenz lässt sich aus zwei verschiedenen Perspektiven betrachten, die im Folgenden aufgezeigt werden.
5.1.1 Angebotsbezogene Perspektive
Aus der angebotsbezogenen Perspektive lässt sich der Begriff der Medienkonvergenz in technische und inhaltliche Phänomene im Medienangebot unterteilen. Die Konvergenz traditioneller Medien beinhaltet zahlreiche technische Entwicklungen im Mediensystem (vgl. Wagner et. al. 2004, S. 17). „Zum einen beschreibt Medienkonvergenz das Zusammenlaufen von Übertragungswegen, also die Möglichkeit, durch die Digitalisierung verschiedenste Daten parallel über einen ‚Kanal’ zu übermitteln, z.B. interaktives Fernsehen über Internet. Zum anderen bezeichnet der Begriff das Zusammenwachsen verschiedener Medien in einem gemeinsamen Ausgabegerät (Gerätekonvergenz)“ (ebd., S. 17f.). Dabei gilt der Computer als das wichtigste Medium der Medienintegration (vgl. ebd., S. 18). Auf inhaltlicher Ebene meint Medienkonvergenz, dass ein mediales Angebot oft gleichzeitig über verschiedene Medien verbreitet wird. Zentral bei dieser Betrachtung ist das Internet, denn über das World Wide Web können verschiedene Angebote in Text, Bild und Ton zeit- und ortsunabhängig präsentiert werden. Beide Aspekte stehen in einem Zusammenhang, denn auf der einen Seite dienen bereits bekannte und beliebte Medieninhalte dazu, neue konvergente Technik zu etablieren, auf der anderen Seite werden neue „Marken“ auf Medienträgern angeboten, die sich schon längst durchgesetzt haben, wie zum Beispiel das Fernsehen oder das Handy als Grundlage für die Vermarktung neuer Inhalte (vgl. URL: http://www.medienkonvergenz-monitoring.de, Stand: Februar 2006).
5.1.2 Nutzerbezogene Perspektive
Aus der Perspektive der Nutzenden, bezieht sich Medienkonvergenz einerseits auf die Präsentation medialer Inhalte, die über verschiedene Medien hinweg erfolgt, und andererseits auf die Medienumgebungen, die sich durch technische Entwicklungen in einem Prozess der Veränderung befinden (vgl. Wagner et. al. 2004, S. 19). „Konvergenz ist aus Sicht der Nutzerinnen und Nutzer also erstens festzumachen an konkreten Angeboten. […] Darüber hinaus erscheint es zweitens notwendig, Phänomene der Medienkonvergenz in ihren technischen und inhaltlichen Entwicklungen insgesamt in den Blick zu nehmen und danach zu fragen, wie Nutzerinnen und Nutzer mit einem zunehmend verzweigten und verknüpften Medienensemble umgehen“ (ebd., S. 20). Diese Bewegungen sind laut Wagner et. al. durch unterschiedliche Merkmale gekennzeichnet. Demnach lässt sich zwischen den strukturellen Zugangsmöglichkeiten zu Medien, der Auswahl der individuellen Medienmenüs sowie dem Verfolgen bestimmter medialer Inhalte im Medienensemble unterscheiden (vgl. Wagner et. al. 2004, S. 20).
5.2 Fernsehkonvergente Internetangebote
Da es sich bei der Internetseite von „Löwenzahn“ um ein fernsehkonvergentes Internetangebot handelt, beschäftige ich mich in diesem Kapitel explizit mit der Konvergenz der beiden Medien Fernsehen und Internet. Außerdem sind vor allem fernsehkonvergente Internetangebote bei den jungen Usern beliebt (vgl. Kapitel 2).
Theunert und Wagner haben diesbezüglich eine Studie[18] durchgeführt, in der fernsehkonvergente Internetangebote und deren Bedeutung für Kinder analysiert worden sind. „Inzwischen ist es eine Selbstverständlichkeit, dass Fernsehsender zu ihren Sendungen Online-Angebote bereitstellen“ (Theunert; Wagner 2002, S. 15). Dabei haben diese fernsehbegleitenden Internetangebote die unterschiedlichsten Formen und Inhalte. Auf den Websites können sich die Zuschauer einer Sendung zum Beispiel ergänzende Informationen über das Fernsehangebot einholen, sie können zusätzliche Unterhaltungs- und Serviceangebote nutzen sowie sich in Form von E-Mail oder Chat interaktiv mit den Machern der jeweiligen Sendung in Verbindung setzen. Immer öfter wird von den Fernsehsendern und -sendungen ganz bewusst auf die Verbindung zwischen diesen beiden Medien gesetzt (vgl. ebd.).
In ihrer Studie haben Theunert und Wagner die Konvergenz zwischen Fernsehen und Internet drei verschiedenen Gruppen zugeordnet (vgl. ebd., S. 19). Sie unterscheiden:
- Senderkonvergente Internetauftritte (Homepages der Fernsehsender)
- Sendungskonvergente Internetauftritte (Websites einzelner Fernsehsendungen)
-selbstständige Auftritte von Fernsehsendungen
-Angebote zur Fernsehsendung innerhalb des Internetauftritts des Fernsehsenders
-Angebote einer Fernsehsendung im Rahmen einer Plattform für Kinder
- Plattformen für Kinder (sendungsübergreifende Plattformen für Informationen zu einzelnen Sendungen und explizit an Kinder gerichtete Online-Aktivitäten) (vgl. Theunert; Wagner 2002, S. 19f.).
Das wechselseitige Aufeinander-Verweisen von Fernsehen und Internet ist ein wichtiger Indikator für den Zusammenhang dieser beiden Medien. Das Fernsehen spielt in dieser Beziehung eine wesentliche Rolle. Wird von einer Fernsehsendung auf die jeweilige Internetseite verwiesen, beinhaltet dies zum einen den Verweis auf den Auftritt des Senders allgemein, zum anderen finden sich aber auch Hinweise mit genaueren Angaben zu der jeweiligen Sendung, wodurch der Zusatznutzen durch das Aufsuchen der Internetseite deutlich gemacht wird. Bei den Verweisen in umgekehrter Richtung, vom Internetauftritt auf die Fernsehsendung, handelt es sich meist um eine Programmvorschau und beschränkt sich so auf die Funktion einer virtuellen Programmzeitschrift (vgl. ebd., S. 44). „Es zeigt sich, dass bei der Mehrzahl der Angebote die Fernsehsendung im Mittelpunkt steht und diese ‚Zugpferd-Funktion’ dazu genutzt wird, die Bindung des Publikums an die Sendung oder den Sender zu intensivieren“ (ebd.). Fernsehkonvergente Internetangebote dienen demnach der Ergänzung einer Fernsehsendung. Die Nutzung dieser Internetseiten findet vermutlich stets vor oder nach der Ausstrahlung der jeweiligen Sendung statt. Das Fernsehen ist hierbei als Zugmedium zu betrachten, da es die Zugriffe auf das Internetangebot steuert (vgl. ebd., S. 46).
Die Internetseite einer Fernsehsendung kann sehr vorteilhaft für die jeweilige Sendung sein, denn somit lassen sich die Inhalte vollwertig erschließen (vgl. Theunert; Wagner 2002, S. 47). Informationen, auf die in der Fernsehsendung nur oberflächlich eingegangen wurde, können im Internet noch einmal genauer nachgesehen werden. Viele Hintergrundberichte über Inhalte, welche im Fernsehen aufgrund der vorgegeben Sendezeit nicht berücksichtigt werden können, sind auf den Seiten im World Wide Web nachzulesen. Hier gibt es keinerlei Zeiteinschränkungen, und die Zuschauer können so oft und so lange sie möchten nach weiteren Informationen suchen. Neben diesen genannten Vorteilen können die fernsehkonvergenten Internetangebote aber – vor allem für Kinder – auch mit Schwierigkeiten verbunden sein. Daher bedarf es einiger Voraussetzungen, die Internetseiten überhaupt angemessen nutzen zu können (vgl. Kapitel 3.4). Fehlt es an diesen grundsätzlichen Fähigkeiten – wie beispielsweise Lesen – kann es für die User schwierig werden, die richtige Seite im Computer einzugeben oder gar auf den Seiten selbst zu surfen. „Vor allem Online-Angebote öffentlich-rechtlicher Sender, die sich explizit an Kinder richten, sind eher textlastig orientiert, was eine Hürde für die Zielgruppe darstellen kann“ (Theunert; Wagner 2002, S. 47). Eine weitere Schwierigkeit besteht bei den technischen Voraussetzungen, überhaupt online zu gehen. Kinder sind dabei oftmals überfordert, selbstständig den Computer hochzufahren oder den Internet-Browser zu starten und benötigen häufig die Hilfe anderer (vgl. ebd.).
Das Internet kann als „Schaltstelle des Medienensembles“ bezeichnet werden, da es die Möglichkeit bietet, verschiedenartige Dienste zur Unterhaltung, Information und Kommunikation aktiv zu nutzen. Das neue Medium Internet bringt daher auch eine neue Qualität mit sich: man kann sich Zugang zu den verschiedensten Medienträgern sowie zu der breiten Palette ihrer Angebote verschaffen. Somit hat man Zugriff zu audiovisuellen Medien, Schriftmedien, medialen Konsumprodukten oder zu aktiv nutzbaren Mediendiensten (vgl. ebd., S. 253).
5.3 Bedeutung von fernsehkonvergenten Internetangeboten
Da ich in meiner Studie Kinder im Alter von 9 bis 10 Jahren befragt habe, werde ich im Folgenden aufzeigen, welchen Stellenwert fernsehkonvergente Internetangebote bei Kindern in diesem Alter einnehmen. In der Studie „Medienkonvergenz: Angebot und Nutzung“ (vgl. Kapitel 5.2) wurden verschiedene Altersgruppen befragt. Bei den 9- bis 10-Jährigen konnte herausgefunden werden, dass die Medien Fernsehen und Computer eine dominante Rolle im Medienalltag der Kinder spielen (vgl. Theunert; Wagner 2002, S. 53). „Der Computer ist für diese Altersgruppe vorrangig Spielmedium […]“ (ebd.). Aber auch das Internet gewinnt in diesem Alter zunehmend an Bedeutung, wobei in der Nutzung dieses neuen Mediums das wesentliche Interesse vor allem an spielerischen und unterhaltsamen Angeboten liegt. Ebenfalls kommen Interessen an bestimmten Themen hinzu, und die Suche nach Informationen wird zu einem weiteren wichtigen Punkt in der Internetnutzung (vgl. ebd., S. 53f.). Alle in der o. g. Studie befragten Kinder dieser Altersgruppe, kennen fernsehkonvergente Internetangebote. Negative Bemerkungen zu den Websites bestanden hierbei darin, dass die Texte zu lang und manche Navigationsmöglichkeiten nicht nachvollziehbar sind sowie Werbung zu aufdringlich ist (vgl. ebd., S. 55).
6 Die Kindersendung „Löwenzahn“
Seit mehr als 25 Jahren ist „Löwenzahn“ eine erfolgreiche Informationssendung im Kinderprogramm des öffentlich-rechtlichen Fernsehsenders ZDF. In diesem Kinder-Magazin finden Kinder – und ebenso Erwachsene – Informationen zu verschiedenen Themen in den Bereichen Natur, Umwelt und Technik. Stellvertretend für die Kinder sucht und forscht der Moderator Peter Lustig Antworten auf Phänomene des Alltags. Dabei entdeckt er „[…] Spannendes direkt vor der Haustür. Mal sind das Scherben in der Gartenerde, ein Kuhfladen mit Mistkäfern oder wuselige Asseln unterm Blumentopf“ (ZDF tivi, Löwenzahn). Der Moderator versteht es, diese kleinen Phänomene kindgerecht zu vermitteln, indem er sich selbst die Fragen der Kinder stellt und diese versucht zu beantworten. Dabei experimentiert und forscht er genau nach, um Antworten zu finden und stellt dabei Stück für Stück Zusammenhänge dar (vgl. Theunert et. al. 1995, S. 141).
Seit der Erstausstrahlung von „Löwenzahn“, am 23.03.1981 im ZDF, sind über 200 Folgen des Wissensmagazins ausgestrahlt worden (vgl. URL: http://www.fernseh-serien.de/index.php?serie=3103, Stand: Februar 2006). Im ZDF wird „Löwenzahn“ ausschließlich im Rahmen des Kinderprogramms „tivi“ gesendet, welches sich auf das Wochenende konzentriert. Jährlich werden ungefähr 40 Sendungen im ZDF ausgestrahlt, wovon zehn Folgen Neuproduktionen sind. 2004 hatte „Löwenzahn“ einen durchschnittlichen Kindermarktanteil von 16,3% und Gesamtmarktanteile von bis zu 10% (vgl. ZDF 2005, S. 13). Anlässlich des 25. Geburtstages von „Löwenzahn“, gab es im vergangenen Jahr erstmals auch einen Spielfilm, der im Oktober 2005 im ZDF Premiere hatte. Der Film lässt sich in drei verschiedene Themenbereiche gliedern, die in diesem Jahr auch als einzelne Episoden zur Ausstrahlung kamen.
6.1 Sendungsaufbau
Jede „Löwenzahn“-Folge ist monothematisch aufgebaut, und das Thema wird bereits im Vorspann von Moderator Peter Lustig benannt, wie zum Beispiel: „Heute backe ich Brot“. Hierdurch werden die Zuschauer gleich zu Beginn der Sendung mit dem jeweiligen Thema bekannt gemacht. Dies bedeutet jedoch nicht, dass nur ein einziges Phänomen erklärt wird. Um Dinge anschaulich verständlich zu machen, bedarf es vieler Zwischenschritte, um auf „des Rätsels Lösung“ zu kommen. Es werden zahlreiche Aspekte, die mit dem thematisierten Phänomen in Verbindung stehen, ausführlich angesprochen und erklärt und schrittweise verständlich gemacht.
Die Sendung lebt von ihrer Regelmäßigkeit, da jede „Löwenzahn“-Folge mit einer realen Spielhandlung beginnt. Somit besteht der typische dramaturgische Verlauf einer Folge darin, dass in der eben benannten Spielhandlung eine Frage oder ein bestimmtes Problem auftaucht und Peter Lustig dieser Sache nachgeht. Dabei passieren auch Pannen oder Irrtümer, die für die Kinder humorvoll und spannend sind. Am Ende der Sendung hat Peter Lustig das Problem gelöst und der Moderator ermutigt die Zuschauer vor den Fernsehgeräten, selbst zum Tüftler oder Entdecker zu werden und den Fernseher nach der Sendung einfach „abzuschalten“ (vgl. Melzer-Lena 2000, S. 65). Neben Peter Lustig gehört sein Nachbar Hermann Paschulke zu den festen Bausteinen der Sendung. Bei dem stetigen Gegenspiel der beiden Protagonisten handelt es sich um das wichtigste dramaturgische Element in „Löwenzahn“ (vgl. ZDF 2000, S. 14). „Während Peter sich fragt, warum die Asseln sich unter seinem Blumentopf eingenistet haben, überlegt der pingelige Paschulke schon, wie er die Krabbeltiere loswerden kann“ (ebd., S. 14f.). Der Nachbar mimt dabei den ungeduldigen Erwachsenen, der sich nicht für das „Warum“ interessiert. Peter Lustig überzeugt ihn in der Sendung stets eines Besseren und verdeutlicht, warum es sinnvoll sein kann, einer Sache genauer auf den Grund zu gehen.
Die Spielhandlungen werden mit Hilfe von Dokumentationen und Sachtricks durchbrochen, in denen Vorgänge in der Natur oder technische Abläufe dargestellt werden (vgl. Theunert et. al. 1995, S. 141). „Der Vielfältigkeit aus Themen der Natur, Umwelt und Technik bei ,Löwenzahn’ steht eine ebenso große Variabilität an filmischen Mitteln gegenüber“ (Lenssen; Arnold, S. 5). Die Sendung soll durch diese variable Gestaltung besonders abwechslungsreich sein. Zu den verschiedenen Stilmitteln gehören Bildergeschichten, Trickzeichnungen sowie realistisch gedrehte Er-klärungsbeiträge (vgl. Melzer-Lena 2000, S. 69).
6.2 Das Magazin „Löwenzahn“
Bei der Sendung „Löwenzahn“ wurde bewusst die Magazinform gewählt, um den Aufmerksamkeitsphasen jüngerer Kinder besser entsprechen zu können (vgl. Lutz-Saal 1996, S. 142). „So wechseln sich innerhalb der 30minütigen Sendungen die formalen Erzählmöglichkeiten ab: reale Spielhandlungen als Auslöser, dokumentarische Belege, Trickdarstellungen, kleine märchenhafte Episoden zum Thema in Bildergeschichten oder auch mal ein Lied“ (ebd.). Diese vielen verschiedenen Darstellungsarten werden durch den Moderator Peter Lustig verbunden.
[...]
[1] Die Studie „KIM – Kinder und Medien“ wird seit 1999 im Auftrag des Medienpädago-gischen Forschungsverbundes Südwest (mpfs) durchgeführt, um das Medienverhalten von 6- bis 12-jährigen Kindern in der Bundesrepublik Deutschland zu untersuchen. Es handelt sich dabei um eine repräsentative Studienreihe, in dessen Rahmen Kinder und deren Haupterziehende befragt werden. Die Forschungskooperation, bestehend aus der Landeszentrale für Medien und Kommunikation Rheinland-Pfalz (LMK) sowie der Landesanstalt für Kommunikation Baden-Württemberg (LFK), möchte mit dieser Studie einen Beitrag über das Medienverhalten von Kindern leisten und hierfür objektives Datenmaterial bereitstellen. Die Studie wird in Zusammenarbeit mit der Medienforschung des Südwestdeutschen Rundfunks (SWR) durchgeführt (vgl. mpfs 2006, S. 3).
[2] Aus sprachökonomischen Gründen werde ich in der vorliegenden Arbeit nur männliche Personalformen verwenden, schließe aber mit ihnen sowohl die männliche als auch die weibliche Person mit ein.
[3] Die qualitative Beobachtungsstudie wurde zwischen 2001 und 2003 am Deutschen Jugendinstitut (DJI) in München durchgeführt. Ziel hierbei war es, die kindspezifischen Kompetenzen von 5- bis 12-Jährigen, im Umgang mit dem Internet zu erheben (vgl. Feil et. al. 2004).
[4] Im Rahmen der Studie „Die Nutzung des Internets durch Kinder“ wurden im Jahr 1999 Interviews mit Kindern zwischen 11 und 13 Jahren durchgeführt. Neben den o. g. Nutzungsstrategien wurden außerdem Präferenzen und Kompetenzen der Kinder erhoben (vgl. Richter 2004).
[5] vgl. mpfs 2004
[6] Bei diesem Internetangebot handelt es sich um die sog. Portalseite der verschiedenen Sendungen, die im Kinderprogramm des ZDF ausgestrahlt werden. Hierzu zählt auch der Internetauftritt der Sendung „Löwenzahn“.
[7] Dieter Baacke 1973: „Kommunikation und Kompetenz – Grundlegung einer Didaktik der Kommunikation und der Medien“ (vgl. Volbrecht 2001, S. 54).
[8] Eine differenzierte Auseinandersetzung mit der Genese des Begriffes ist zu finden bei Vollbrecht 2001
[9] Unter dem Begriff „Performanz“ versteht man die „Art und Weise, in der sich ein Mensch angesichts einer konkreten Aufgabenstellung verhält und Lösungen sucht, die den Bedingungszusammenhang, aus dem die Aufgabe erwächst, beeinflussen“ (Schaub; Zenke 2000, S. 426). Auf der performanten Ebene kommt die Kompetenz zum Ausdruck.
[10] Darunter versteht man die „Fähigkeit, in Kommunikationsprozessen die eigenen Absichten, Bedürfnisse und Interessen angemessen darzustellen sowie die des Gegenüber wahrzunehmen und sich auf einen dialogischen Lernprozess einzulassen“ (Schaub; Zenke 2000, S. 325).
[11] Der Begriff „Sozialisation“ lässt sich nicht genau definieren. Eine gängige Begriffserklärung stammt von Klaus Hurrelmann, der Sozialisation als Prozess der Entstehung und Entwicklung der Persönlichkeit in wechselseitiger Abhängigkeit von der gesellschaftlich vermittelten sozialen und materiellen Umwelt definiert (vgl. Tillmann 2001, S. 10).
[12] vgl. Vollbrecht 2001, S. 56
[13] vgl. Groeben 2002, Schorb 1995
[14] Hypertext wird definiert als nicht-lineare Struktur eines Textes. Der Zugriff ist von verschiedenen Ecken her, in unterschiedlichen Modalitäten möglich, und jederzeit kann hin und her gesprungen werden. Die verschiedenen Elemente des Hypertextes verweisen unmittelbar aufeinander (vgl. Hoffmann 2003, S. 316).
[15] Datenbank für Kinder-Internetseiten: URL:http://www.dji.de/www-kinderseiten/default.htm [Stand: 01.04.2006]. Bei der Datenbank handelt es sich um ein Informationsangebot des Deutschen Jugendinstituts (DJI), welches Beschreibungen zu einer Auswahl an Internetseiten für Kinder mit Altersempfehlungen und medienpädagogischen Bewertungen enthält (Feil 2004, S. 20).
[16] Die Aufstellung der medienpädagogischen Qualitätskriterien für Kinderwebsites erfolgte im Rahmen der Diplom-Arbeit von Silke Krick im Jahr 2003 (vgl. Krick 2004, S. 19).
[17] Baacke, D.: Die 6- bis 12-Jährigen: Einführung in die Probleme des Kindesalters. Weinheim und Basel: Beltz Taschenbuch, überarbeitete 6. Auflage, 1999
[18] Die Studie „Medienkonvergenz: Angebot und Nutzung“ wurde 2002 durchgeführt, hierbei handelt es sich um eine Kooperation vom ZDF und der Bayerischen Landeszentrale für neue Medien (BLM) (vgl. Theunert; Wagner 2002, S. 3).
- Arbeit zitieren
- Diplom-Pädagogin Friederike Vogt (Autor:in), 2006, Raus aus dem Fernseher, rein ins Netz - Eine empirische Studie zur medienpädagogischen Bewertung der Internetseiten von "Löwenzahn", München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/74980
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