Im Sommersemester 2005 habe ich an der Universität Regensburg – Lehrstuhl für Soziologie – als Lehrbeauftragter ein Forschungsseminar im Rahmen der Methoden der empirischen Sozialforschung angeboten. Aufgrund der Brisanz des Themas „Einführung von Studiengebühren“ stimmten die Seminarteilnehmer einem Projekt zu, dass eine Befragung der Studenten der Universität Regensburg zu den sozioökonomischen Auswirkungen der Studiengebühren zum Gegenstand hatte. Insbesondere sollten die Einstellungen der Studenten zur Einführung der Studiengebühren eruiert werden sowie ihre sozioökonomische Lebenssituation, die anscheinend von den politischen Entscheidungsträgern nicht objektiv eingeschätzt wird.
Inhalt
Vorwort
Zusammenfassung
1. Problemstellung
2. Inhaltliches Konzept
2.1 Begründungs- und Verwertungszusammenhang
3. Methodisches Konzept
3.1 Der Fragebogen
4. Auswertung
4.1 Allgemeine Daten
5. Erwartungen der Studierenden
5.1 Einleitung
5.2 Erwartungen der Befragten
6. Die ökonomische Situation der Studierenden
6.1 Einführung
6.2 Einkommen der Studierenden
6.2.1 Höhe des Einkommens
6.2.2 Einkommen aus Jobs
6.3 Ausgaben der Studierenden
6.3.1 Einführung
6.3.2 Gesamtausgaben
6.4 Einkommen und Ausgaben
7. Andere Variablen
7.1 Timemanagement
7.2 Alternativen zum Studium
7.3 Familienpolitische Folgen
7.4 Akzeptanz von Studiengebühren
7.5 Statements
Literatur
Herausgeber: Rudolf Kutz
Unter Mitarbeit der Studenten des Forschungspraktikums:
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Vorwort
Im Sommersemester 2005 habe ich an der Universität Regensburg – Lehrstuhl für Soziologie – als Lehrbeauftragter ein Forschungsseminar im Rahmen der Methoden der empirischen Sozialforschung angeboten. Aufgrund der Brisanz des Themas „Einführung von Studiengebühren“ stimmten die Seminarteilnehmer einem Projekt zu, dass eine Befragung der Studenten der Universität Regensburg zu den sozioökonomischen Auswirkungen der Studiengebühren zum Gegenstand hatte. Insbesondere sollten die Einstellungen der Studenten zur Einführung der Studiengebühren eruiert werden sowie ihre sozioökonomische Lebenssituation, die anscheinend von den politischen Entscheidungsträgern nicht objektiv eingeschätzt wird.
Aufgrund des Zeithorizontes von einem Semester, möchte ich an dieser Stelle das Engagement der Studenten herausheben, die nicht nur innerhalb von 4 Wochen fast 1000 Befragungen (sowie einen Pretest des Fragebogens) durchgeführt, sondern auch entsprechende edv-verwertbare Daten eingegeben haben, ganz zu schweigen von der intensiven und engagierten Diskussion bei der Erstellung der Konzeption und des Fragebogens. Gleichwohl ist herauszuheben, dass - allen gegenteiligen Meinungen zum Trotz - Studierende, sofern sie gefordert werden, eine sehr pragmatische und leistungsorientierte Einstellung zeigen. Allein diese Einstellung hat letztendlich zu den vorliegenden Ergebnissen geführt, wobei erschwerend hinzukommt, dass weder finanzielle noch andere personelle Mittel zur Verfügung standen. Vor diesem Hintergrund möchte ich mich nochmals bei allen Beteiligten für ihre besonders engagierte Mitarbeit und ihre Motivation bedanken.
Ebenfalls danke ich Herrn Dr. Klaus Füller vom Landesinstitut für Schulentwicklung in Stuttgart für seine kritischen Anregungen und für die Durchsicht der Arbeit.
Studiengebühren und ihre sozioökonomischen Auswirkungen
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Zusammenfassung
Die Erhebung von Studiengebühren ist historisch betrachtet erst Gegenstand einer breiten Diskussion geworden, als sich abzeichnete, dass die Finanzen der öffentlichen Hand kaum noch einen Spielraum für kreative Forschungsprojekte zuließen. Seitdem wird die permanente Debatte über Staatsverschuldung und Verteilung der finanziellen Ressourcen der öffentlichen Hand immer dann zum unmittelbaren Argument, wenn es um sogenannte Reformen geht, die für Teile der Bevölkerung finanzielle Einbußen bedeuten, d.h. eine Verantwortungsverlagerung von staatlichen Aufgaben in den privaten Bereich. Die Tendenz zur Privatisierung aller Gesellschaftsbereiche folgt dabei scheinbar – so die Argumentation – dem Prinzip der ökonomischen Rationalität, die sich bereits seit längerer Zeit durch eine Umverteilung von „unten“ nach „oben“ kennzeichnen lässt (vgl. Armutsbericht 2006). Diese Tendenz schließt Bildung natürlich mit ein, und zwar auf allen Ebenen – Schulgeld, Büchergeld, Studiengebühren für Zweitstudien und längere Studienzeiten usw. -. Internationalen Studien wie beispielsweise „Education at a Glance“ zufolge sind jedoch die Ausgaben für Bildung in Deutschland – gemessen am BIP - wesentlich geringer als in anderen Ländern Europas (OECD-Studie 2005).
Vor diesem Hintergrund liegt die Vermutung nahe, dass eine strategische Argumentation die wahren Hintergründe der Einführung von Studiengebühren verschleiert. Da ist zunächst der Pauschalbetrag von Euro 500,- zu nennen, also der Maximalbetrag, den das BVerfG (2005) noch als sozialverträglich bezeichnet hat, der argumentativ aber kaum zu rechtfertigen ist. Es sind keine vom Sozialstatus der Eltern abhängige Staffelungen von Studiengebühren vorgesehen, viel weniger noch Alternativen wie Stipendien- oder Fördersysteme für sozial Schwächere. Die Erhebung einer pauschalen Studiengebühr lässt vielmehr vermuten, den Finanzministern der Länder ein flexibel einsetzbares finanztechnisches Instrument an die Hand zu geben, das je nach Haushaltslage genutzt werden kann, um Defizite zu kompensieren. Nicht die Verbesserung von Studienbedingungen ist das Hauptziel – diese Argumentation wird instrumentalisiert -, sondern eine flexibel einsetzbare Finanzmasse, die bilanztechnisch gerechnet werden kann. Direkt verweigern die Länder damit gegenüber der Gesellschaft ihre Verpflichtung, Bildung für alle gesellschaftlichen Gruppen gleichermaßen zur Verfügung zu stellen (Chancengleichheit in der Bildung) und indirekt werden Zugangschancen zur Hochschule kanalisiert (Sektionskriterium) und Finanzmittel, die der Bund möglicherweise verweigert, quasi hinterrücks eingefordert. Familien werden mittels Kinder- und Erziehungsgeld gefördert, um sie dann, wenn die Kinder alt genug sind, finanziell abzustrafen, indem ihnen die staatlichen Zuwendungen mittels Studiengebühren wieder entzogen werden, d.h. die Studiengebühren konterkarieren nicht nur die Familienpolitik, sondern sozioökonomisch Deprivierten wird der Zugang zum Studium erheblich erschwert. Wenn Bildungspolitikerinnen – wie Frau Schavan – vermitteln, es gäbe doch genügend Kreditmöglichkeiten, dann scheint sie die sozioökonomische Lebenslage von Studenten sehr selektiv wahrzunehmen. Gerade die sozioökonomisch Deprivierten müssen bereits den BAföG-Kredit zurückzahlen und werden zusätzlich gezwungen, sich durch verzinsbare Darlehen noch höher zu verschulden und darüber hinaus, da BAföG zum Leben nicht ausreicht, müssen sie nebenbei jobben, um studieren zu können. Dies konterkariert nicht nur die Sozialverträglichkeit und die Bildungsgerechtigkeit, sondern zeigt eine selektiv privilegienorientierte Bildungspolitik. Es scheint so, als hätten Entscheidungsträger den Sinn für reale Lebensverhältnisse verloren. Für Finanzminister der Länder hingegen ist ein Pauschalbetrag als flexibel einsetzbare Finanzmasse selbstverständlich ein ausgezeichnetes Instrument, ihre Haushalte zu konsolidieren und dies mittels einer Argumentation von ‚sozialer Gerechtigkeit’ auch noch zu legitimieren.
Die Befragung beruht auf einer repräsentativen Stichprobe von 914 Studentinnen und Studenten, die nach Fakultäts- und Geschlechtskriterien differenziert wurden. Es wurde eine mündliche Befragung mit einem standardisierten Fragebogen durchgeführt. Der Fragebogen enthält Fragen zur Einstellung zu Studiengebühren, zur sozioökonomischen Lebenssituation der Studentinnen und Studenten (Einkommen und Ausgaben, familiärer Hintergrund usw.) sowie zu Nebenjobs und zum Timemanagement während des Studiums.
Den Daten zufolge assoziieren die Studierenden mit der Einführung von Studiengebühren eher Befürchtungen als positive Erwartungen, was der Anforderung des Bundesverfassungsgerichts – Sozialverträglichkeit - widerspricht. Wenn nur 25% der Befragten meinen, dass die Einführung von Studiengebühren mit einer Verbesserung der Studienbedingungen verbunden ist, dann sollte das den Politikern, die von Eigenverantwortung, Eigenbeteiligung und Studienverbesserungen sprechen, insofern zu denken geben, als Studenten die reale universitäre Realität erleben und sehr wohl einschätzen können, welche Folgen mit der Einführung von Studiengebühren verfolgt werden. Latent steckt hinter diesen Daten eine erhebliche Kritik an den derzeitigen Studienbedingungen. Real haben die Studenten Befürchtungen im Hinblick auf die Verletzung der Chancengleichheit in der Bildung (ca.80%), Erhöhung der physischen und psychischen Belastung (ca. 70%), die einerseits auf die Studienanforderungen – in Bezug auf kurze Studienzeiten - und andererseits auf die Beschaffung der finanziellen Mittel durch zusätzliche Jobs zurückzuführen sind. Darüber hinaus befürchten sie eine über ökonomische Kriterien eingeleitete Selektion des Zugangs zum Universitätsstudium. Diese Befürchtungen sind deshalb nicht von der Hand zu weisen, weil ein Pauschalbetrag eingeführt wird, adäquate Unterstützungssysteme nicht zur Verfügung gestellt werden und die zusätzliche Mittelbeschaffung entweder eine gegenwärtig höhere physische und psychische Belastung (kurzes Studium, mehr Jobs) zur Folge hat oder zukünftig in die Schuldenfalle führt (vgl Kap 5).
65% der Studierenden erwarten eine zukünftige Verschuldung, ca. 60% eine Entwicklung in Richtung Elite-Universitäten, etwa 57 % der Befragten sind der Auffassung, dass eine Begabtenselektion bei den sozial Deprivierten eingeführt wird, was durch die Verteilung eines spezifischen Kontingents im Hinblick auf Selektion von Studenten durch die Universitäten bereits eingeleitet worden ist, insofern ist die Erwartung durch die Realität bereits überholt. Diese Befürchtungen sind deshalb nicht von der Hand zu weisen, weil die zusätzliche Mittelbeschaffung entweder eine höhere Belastung (kurzes Studium, mehr Jobs) zur Folge hat oder eine zukünftige Verschuldung. 55% der Studenten rechnen damit, dass sie einen Kredit aufnehmen müssen. Diese Gruppe steht vor der Entscheidung, sich zu verschulden oder Alternativen zum Studium zu suchen, was selbstverständlich von den subjektiven Präferenzen abhängen wird (vgl. Kap 5).
Realistische Basis für die Beurteilung einer finanziellen Mehrbelastung können nicht die neoliberalen Argumente sein, sondern nur die derzeitige soziökonomische Basis der Studierenden. Wie gezeigt wird, studieren immer noch vorwiegend Akademikerkinder an den Universitäten. Es konnte beobachtet werden, dass nur noch etwa ¼ der Studenten überhaupt BAFöG beziehen und auch nur in Form einer Teilfinanzierung oder als Volldarlehen. Dies bedeutet für sozial Schwächere bereits eine zukünftige hohe Verschuldung. Vor diesem Hintergrund sind Studiengebühren eine zusätzliche finanzielle Belastung, die besonders sozial Schwache trifft. Neben den Studiengebühren werden weiterhin die Studentenbeiträge von über Euro 100,- anfallen, was einer finanziellen Semesterbelastung von über Euro 600,- entspricht (Uni Regensburg voraussichtlich Euro 625,- ), und zwar ohne Berücksichtigung der finanziellen Mittel, die für das Studium ohnehin benötigt werden (Fahrkosten, Bücher, Computer, Schreibutensilien usw.).
Von den 914 befragten Studierenden geben 554 an, dass sie neben der Finanzierung durch BAFöG, Vollfinanzierung durch die Eltern, Teilfinanzierung durch die Eltern einen Job ausüben. Das sind etwa 60%, die mehr oder weniger mit Hilfe eines Jobs zusätzlich Mittel beschaffen müssen, um ihren Lebensunterhalt zu bestreiten.
Generell bekommen 11% der Studenten nur BAFöG, 29% werden von ihren Eltern vollfinanziert. Die meisten Studenten erhalten jedoch eine Teilfinanzierung durch ihre Eltern (40%) und 20% erhalten sowohl BAFöG als auch eine Teilfinanzierung durch ihre Eltern. Von den BAFöG-Empfängern arbeiten etwa 1/3 das ganze Jahr hindurch, knapp 20% arbeiten nur in den Semesterferien und ca. 4% nur im Semester. Aber auch von denjenigen, die durch ihre Eltern vollfinanziert werden, arbeiten ca. 13% das ganze Jahr, ca. 20% in den Semesterferien und ca. 8% im Semester (vgl. Kap. 6.2).
Das durchschnittliche Monatseinkommen (BAFöG; Vollfinanzierung durch die Eltern, Teilfinanzierung durch die Eltern, Teilfinanzierung durch die Eltern plus BAFöG, Jobs) der Studierenden insgesamt liegt im Rahmen der Berechnung des arithmetischen Mittels bei Euro 672,-, unterstellt man den Median, so beträgt das durchschnittliche monatliche Budget der Studenten Euro 600,- (vgl. Grafik 10).
Knapp 50% der Studenten verfügen über finanzielle Mittel, die Euro 600,- nicht übersteigen, etwas mehr als 30 % der Studenten verfügen über ein Einkommen zwischen Euro 600 - 1000,- und nur ca. 10% der Studentinnen und Studenten bestreiten ihren Lebensunterhalt aus Mitteln, die Euro 1000,- übersteigen. Diese Zahlen zeigen, dass die überwiegende Zahl der Studentinnen und Studenten gezwungen ist, mit den ihnen zur Verfügung stehenden Mitteln sehr ökonomisch zu kalkulieren.
Die finanzielle Situation der Studenten kann den vorliegenden Daten zu Folge nicht als Grundlage für eine Begründung zur Einführung von Studiengebühren genutzt werden. Der ökonomische Rahmen, in dem sich Studierende bewegen, liegt im Mittel zwischen Euro 600,- und 700,-. Zieht man von diesem Gesamteinkommen eine Miete von etwa Euro 250,- ab, dann bleiben den Studenten durchschnittlich finanzielle Mittel zur Lebenshaltung einschließlich Studentenbeiträge von Euro 350,- bis 450, -. Nach Abzug der Studiengebühren und Semesterbeiträge bleiben den Studierenden Finanzmittel für die Lebenshaltung, die unterhalb bzw. knapp über der Ebene des landesüblichen Sozialsatzes liegen. Diese Finanzausstattung wird wiederum primär von den Eltern beglichen und durch Jobs erworben (vgl. Kap.6).
Die Differenzierung nach variablen und fixen Kosten zeigt, dass die durchschnittlichen fixen Kosten monatlich mit ca. Euro 500,- angesetzt werden und die variablen Kosten im Mittel zwischen 170,- und 195,- Euro zu Buche schlagen. Eine hohe Anzahl von Studierenden muss diese Ausgaben neben der Unterstützung durch die Eltern mit Hilfe von Jobs in den Semesterferien, im Semester oder im ganzen Jahr finanzieren. Der durchschnittliche Zeitaufwand zur Mittelbeschaffung beträgt ca. 20 h in der Woche. Vergleicht man die durchschnittlichen Einkünfte mit den durchschnittlichen Ausgaben (siehe Grafik 21), dann leben Studenten derzeit bereits im Mittel über ihren Verhältnissen. Wie vor diesem Hintergrund die Einführung von Studiengebühren gerechtfertigt und in der Höhe von Euro 500,- festgelegt werden kann, muss wohl auf einer totalen Fehleinschätzung der politisch Verantwortlichen über der Realität der finanziellen Verhältnisse der Studierenden zurückgeführt werden. Es wird damit ganz bewusst eine zusätzliche Verschuldung bzw. eine der sozialen Gerechtigkeit widersprechende Belastung vieler Studenten und ihrer Familien in Kauf genommen. Mithin widerspricht die sozioökonomische Realität der Studierenden den meisten Argumente pro Studiengebühr und rational – aus sozioökonomischer Sicht - ist die Einführung von Studiengebühren nicht zu begründen (vgl. Kap. 6.3).
Wenn 60% der Studierenden ihren Lebensunterhalte durch zusätzliche Jobs finanzieren müssen und im Mittel die Hälfte der Lebenshaltungskosten durch Jobs erwerben, dann deuten diese Tendenzen darauf hin, dass die Ansätze der derzeitigen finanziellen Unterstützungssysteme nicht mehr die gegenwärtigen Lebenshaltungskosten decken und allein dadurch Einschränkungen der Studienmöglichkeiten bestehen (Kap 6.2.2). Entweder müssen die finanziellen Mittel durch zusätzliche Jobs aufgebracht werden oder die Eltern füllen die Finanzierungslücken aus. Damit zeigt sich eine Verteilung der finanziellen Belastung für das Studium zu Ungunsten der Familien. Die Studierenden und ihre Familien leisten bereits einen sehr hohen Beitrag zur Finanzierung des Studiums, so dass die Argumente von mehr ‚Eigenverantwortung’ und ‚gerechter Selbstbeteiligung’, die immer wieder in der Diskussion pro Einführung von Studiengebühren angeführt werden, in dieser simplifizierenden Form widerlegt werden können.
Die Studie zeigt, dass Studenten einer Einführung von Studiengebühren – sofern sie denn notwendig wäre – gar nicht so negativ gegenüberstehen. Auf die Frage, in welcher Höhe Studiengebühren denn noch akzeptiert werden, antworten nur ca. 27% mit einer völligen Ablehnung, während ca. 45% eine Studiengebühr zwischen Euro 50,- bis Euro 200,- und knapp ein Fünftel sogar eine Studiengebühr zwischen Euro 250,- und 500,- akzeptieren würden (Vgl. Grafik 26).
Darüber hinaus ist ein Zukunftsaspekt zu beachten, nämlich die Verdoppelung der Abiturienten im Jahre 2012, die wahrscheinlich eine Verschärfung der Zulassungsmodalitäten an den Hochschulen nach sich zieht. Die Universitäten und Fachhochschulen werden diesen Zulauf von Studierenden kaum auffangen können, es sei denn, die Studiengebühren werden dazu verwendet, dem Zustrom von Abiturienten entsprechende finanzielle, personelle und technische Ausstattungen entgegenzusetzen. Dabei ist wiederum zu berücksichtigen, dass dieser Zustrom von Abiturienten für die Universitäten mit etwa 3-5 Jahren zu Buche schlägt. Danach normalisieren sich die Zahlen der Studierenden wieder, so dass dieses temporäre Problem auch durch zeitlich befristete Maßnahmen gelöst werden muss. Die Planungen für die Verdoppelung der Studentenzahlen müssen derzeit aufgrund realistischer Kapazitätsprognosen entsprechende Anpassungen und möglicherweise finanzielle Rückstellungen vorsehen, um flexibel reagieren zu können. Dabei sind dann auch die finanziellen Mehreinnahmen und deren Verwendungszweck zu kalkulieren. Dass die Hochschulen bzw. die Bildungsexperten diese Daten berücksichtigen müssen, liegt schon deshalb auf der Hand, weil diesbezügliche Inaktivität zu einem erheblichen Verdrängungswettbewerb von Jugendlichen auf dem Arbeitsmarkt führen wird und Abgänger von Haupt- und Realschulen zur Chancenlosigkeit im Hinblick auf eine Lehrstelle verurteilen, d.h. die beruflichen Zukunftsperspektiven von Realschülern und insbesondere Hauptschülern sinken auf ein Minimum. Hier wäre ein Ansatz für eine vernünftige Verwendung von Studiengebühren, obwohl auch dieses Dilemma von Bildungsexperten und insbesondere Bildungspolitikern – ohne groß Not – bewusst verursacht wurde.
Trotz der vehementen internationalen Kritik an der Bildungsungerechtigkeit, wird nicht nur der status quo einer privilegienorientierten Bildungspolitik aufrechterhalten, sondern in naher Zukunft enorm ausgebaut. Möglicherweise liegt auch hier ein Grund für die Einführung von Studiengebühren, da die zukünftig benötigt finanziellen Mittel für Hochschulen von den Ländern nicht mehr aufgebracht werden können bzw. die bereits hohe Verschuldung der Länder eine notwendige kontinuierliche Anhebung der Finanzmittel für Hochschulen konterkariert.
Zusammenfassend ist festzuhalten, dass die Studierenden eine sehr differenzierte Auffassung zur Einführung von Studiengebühren deutlich machen und zwischen realen Forderungen und Scheinargumenten sehr wohl unterscheiden können. Die Lebenssituation der meisten Studenten zeigt dabei finanzielle Verhältnisse, die eine zusätzliche Belastung durch Studiengebühren kaum zulassen. Im Mittel leben sie bereits über ihren Verhältnissen und viele müssen derzeit etwa die Hälfte ihrer Lebenshaltungekosten über Jobs finanzieren. Dabei zeigen sie jedoch eine erhebliche Bereitschaft, zusätzliche Belastungen dann in Kauf zunehmen, wenn die Studiengebühren zweckgebunden zur Verbesserung der Studienbedingungen eingesetzt werden und eine sozialverträgliche Höhe von Euro 250,- nicht übersteigen.
1. Problemstellung
Die Diskussion um Studiengebühren gewinnt im Rahmen von Bildungsreformen und leerer öffentlicher Kassen zunehmend an Bedeutung, beschränkt sich jedoch häufig auf offensichtlich politische, ökonomische und ideologische Aspekte.
Besondere Brisanz erhielt die Thematik im Zuge der Aufhebung des Studiengebührenverbots durch das Bundesverfassungsgericht, das den Ländern die Bildungshoheit zuerkennt und damit das Recht zur Erhebung von Studiengebühren festschreibt, allerdings mit der Einschränkung, eine ‚sozialverträgliche’ Studiengebühr bis zu einer Obergrenze von Euro 500,- umzusetzen (vgl. BVG, -2BvF 1/03– 29. Jan. 2005). Damit ist für die Länder der verfassungsrechtliche Weg zur Einführung von Studiengebühren grundsätzlich geöffnet worden, was aber nicht heißt, dass die Bundesländer Studiengebühren einführen müssen.
Studiengebühren – in welcher Höhe auch immer - belasten aber das Budget von Familien und Studenten zusätzlich, deshalb ist anzunehmen, dass Studierfähige bzw. Studierwillige aufgrund der Kosten kein Studium mehr aufnehmen bzw. aufnehmen können.
Aus wissenschaftlicher Sicht lag die Vermutung nahe, dass die Diskussion rational, auf der Basis von Fakten und harten Daten, geführt wird. Aufgrund vorliegender Studien (Forsa-Studie, Nagel, BM) muss konstatiert werden, dass über Studiengebühren-Modelle, globale Studiengebühren-Vergleiche und Sozialverträglichkeit von Studiengebühren diskutiert wird, aber nicht die gegenwärtige Lebenssituation oder die ökonomischen Reserven von Studierenden und ihren Familien rekurriert wird. Über strukturelle, fachliche und ökonomische Fehlentwicklung an den Universitäten wird nicht diskutiert. Die hierarchischen Verwaltungsstrukturen und eine Lehre, deren Veränderungen sich in den letzten Jahren nur durch eine weitere Verschulung des Hochschulstudiums auszeichnen, kann die Ansprüche von Seiten des Arbeitsmarktes im Hinblick auf Flexibilität und Mobilität kaum noch erfüllen. Die Evaluation der Lehre wird seit Jahren diskutiert, ohne Verbindlichkeit beanspruchen zu können, das QM und Modifikationen des Lehrangebots, die Betreuung der Studenten und die Adaptation der Universitäten an Bildungszielen moderner Informations-, Wissens- und – im weitesten Sinn - Dienstleistungsgesellschaften (etwa coporate identity der Uni’s, Praxisorientierte Lehrangebote, flexible Didaktik, eventuelle Trennung von Lehre und Forschung, Spezifikationen des Lehrerfolges, Kontrolle der Lehre, Qualitätsstandards für Lehre und Forschung, Einführung des Prinzips der ökonomischen Rationalität an Universitäten, Fallbesprechungen und Studentenbefragungen usw.) ist bis heute nicht annähernd ausgereizt. Die durch strukturelle und inhaltliche Modifikationen eruierbaren fachlichen und ökonomischen Reserven innerhalb des Systems unterliegen anscheinend immer noch spezifisch akademischen Tabus.
Jedes Unternehmen, das eine Veränderung initiiert oder ein neues Produkt auf den Markt bringt, lässt eine Marktanalyse durchführen, um auf diese Weise harte Daten als Basis für ihre Planungen zu erhalten. Eine realistische Prognose ist nur dann möglich, wenn auf harte Daten rekurriert werden kann. Dies trifft anscheinend für politische Entscheidungen nicht zu, obwohl die Eruierung der ökonomischen Verhältnisse von Studenten und ihren Familien die Grundvoraussetzung wäre, um einschätzen zu können
1. ob überhaupt ökonomische Reserven verfügbar sind und
2. wenn ja, wie hoch die Belastungen sein dürfen, um Studierwillige und insbesondere –fähige nicht aus ökonomischen Gründen vom Studium abzuschrecken.
Vor diesem Hintergrund ist die Studie zu den sozioökonomischen Auswirkungen der Studiengebühr initiiert worden. Dabei geht es primär um die Eruierung der ökonomischen Lebenssituation von Studenten, um auf dieser Basis aufzuzeigen, was eine zusätzliche Belastung durch Studiengebühren bewirkt und ob überhaupt finanzielle Spielräume beobachtet werden, die eine Einführung von Studiengebühren rechtfertigen können.
Da Studiengebühren ökonomische, aber auch fachliche Konsequenzen implizieren und die Entscheidung für oder gegen die Aufnahme eines Studiums auf der Grundlage primär subjektiver Erwartungen und Befürchtungen getroffen wird, sind diesbezügliche Aspekte in die Studie einbezogen worden.
2. Inhaltliches Konzept
Um die Diskussion und die unterschiedlichen Argumenten über die Einführung von Studiengebühren nachzuzeichnen, werden folgende Aspekte in die konzeptionellen Überlegungen integriert, damit die entscheidenden Dimensionen der Studie eruiert werden können.
- Föderalismus (BverfG, (29. Jan. 2005)
- Soziale Gerechtigkeit bzw. Sozialverträglichkeit (BVerfG, Mendorf, Pabst, Pellarin 2000)
- Qualität des Studiums (HIS-Dokumentation-Studiengebühren und -beiträge 2005, Nagel 2003)
- Eigeninteresse der Studierenden (FDP)
- Ausstattung der Universitäten (www.studiengebühren.de)
- Autonomie und Profilierung der Universitäten
- Internationaler Standard der Studiengebühren (forsa-Studie 2003, vgl. Kolland, Kahri, Frick 2002, Nagel 2003)
Es wird zwar argumentiert, dass Akademiker auf dem Arbeitsmarkt wesentlich höhere Verwertungschancen haben, aber Fakt ist, dass auch die Zahlen arbeitsloser Akademiker ansteigen, die Einstiegsgehälter kontinuierlich sinken (s. z.B. die Auswüchse im Rahmen von Praktikantenstellen und zeitlich befristeten Verträgen) und somit eine Zukunftsprognose oder langfristige Planungen im Hinblick auf eine zukünftige lukrative Tätigkeit kaum möglich ist.
Vor diesem Hintergrund erscheint es höchst fraglich, dass Abiturienten aus ökonomisch schwächeren Familien weiterhin ein Studium präferieren – sie sind an Universitäten ohnehin unterrepräsentiert -, sondern eher ist zu vermuten, dass sie Alternativen zum Studium auf dem Arbeitsmarkt, FH-Markt oder Lehrstellenmarkt vermehrt in Anspruch nehmen.
Probleme des Föderalismus
Das BVG hat mit seinem Urteil die föderale Subsidiarität der Bildung nochmals eindeutig herausgestellt und den Ländern die diesbezügliche Entscheidungshoheit zuerkannt. Damit ist ein bundesweit einheitliches Verfahren zur Einführung von Studiengebühren nicht oder nicht mehr durchsetzbar, was aber möglicherweise spezifische Auswirkungen auf Studenten haben könnte, die während ihres Studiums das Bundesland wechseln, insbesondere – was kaum von der Hand zu weisen ist -, wenn unterschiedlich hohe Studiengebühren erhoben werden.
Das föderale System der Bundesrepublik könnte sich in Bezug auf die Einführung von Studiengebühren dann als hinderlich erweisen, wenn beispielsweise die CDU/CSU/FDP regierten Länder eine Studiengebühr einführen wollen, hingegen die SPD/Grünen/PDS regierten Länder die Einführung von Studiengebühren ablehnen bzw. diese nicht einführen können, weil – wie z. B. im Falle von Hessen – die Landesverfassung ein ausdrückliches Studiengebührenverbot enthält. (vgl. Nagel 2003)
Dabei wären unterschiedliche Szenarien vorstellbar: Einerseits könnte ein Wechsel von einem in das andere Bundesland zu höheren oder zu niedrigeren Kosten führen oder aber Studenten wählen Universitäten in einem Bundesland, in dem keine Gebühren erhoben werden andererseits. Dann stellt sich die Frage, wie Studenten behandelt werden, die von einem ins andere Bundesland wechseln. Inwieweit dabei wiederum der Gleichbehandlungsgrundsatz Validität beanspruchen kann, ist bislang nicht beantwortet worden, dürfte aber erhebliche Probleme bereiten. Ob eventuell der Grundsatz der freien Wahl des Arbeitsplatzes, der diesbezüglich auch für die Wahl der Universität gilt, verletzt ist, müsste erst einmal geprüft werden?
Problem der sozialen Gerechtigkeit
Das Bundesverfassungsgericht hat gleichwohl argumentiert, dass die Studiengebühren (SG) sozialverträglich sein müssen und eine Höhe von 500 Euro pro Semester nicht überschreiten dürfen. (vgl. BVerfG 2005)
Der Begriff der ‚Sozialverträglichkeit‘ wird dabei anscheinend als Schlüsselkonstrukt unterstellt, um die Einführung von Studiengebühren zu legitimieren. Damit ist angesprochen, dass sich die sozialstrukturelle Zusammensetzung (nach Bevölkerungsgruppen) der Studierenden nach Einführung der SG nicht verändern darf und bestimmte sozial unterprivilegierte Gruppen nicht vom Studium ausgeschlossen werden dürfen, was wiederum den logischen Kontext zum Konstrukt der Chancengleichheit in der Bildung herstellt. Das besagt, dass sich die Verteilung von Lebenschancen, und damit auch die Verteilung von Bildungschancen, ausschließlich an der individuellen Leistung zu bemessen haben. Leistungsfremde Merkmale, die verschiedene soziale Gruppen voneinander differenzieren, wie z.B. Geschlecht, beruflicher oder ökonomischer Status der Eltern, Migrationshintergrund usw. dürfen keinen messbaren Einfluss auf die Bildungsergebnisse haben. Diesem gesellschaftlichen Anspruch liegt die Annahme zugrunde, dass in jeder sozialen Gruppe vergleichbare Leistungspotentiale vorhanden sind, und jeder die Chance erhalten soll, seinem individuellen Leistungspotenzial entsprechende Bildungseinrichtungen in Anspruch zu nehmen. Chancengleichheit im Bildungswesen liegt demzufolge dann vor, wenn die Anteile aller gesellschaftlichen Gruppen relativ gleichmäßig verteilt sind – gemäß dem Bevölkerungsanteil - z.B. einen Hochschulabschluss erlangen. Die Realisierung von Bildungschancen ist ein gesellschaftspolitisches Grundziel moderner demokratischer Gesellschaften.
Der Chancengleichheit in der Bildung kommt dabei eine besondere Bedeutung zu. Der Erwerb von Bildungsabschlüssen ist der primäre Zuteilungsmechanismus sozialer Chancen, da er einen entscheidenden Einfluss auf weitere Variablen sozialer Ungleichheit wie Beruf, sozioökonomischer Status und Einkommen hat. Im Zuge der Bildungsexpansion – seit den 60iger Jahren - wurden die Zugangschancen zu höheren Bildungsinstitutionen kontinuierlich ausgebaut, um auch Kindern bildungsferner Gruppen einen höheren Bildungsabschluss zu ermöglichen. Tatsächlich ist seitdem ein ständiger Zuwachs an Studierenden zu verzeichnen. Allerdings gelang es nicht, den bildungspolitischen Anspruch nach Chancengleichheit zu realisieren. Das deutsche Schulsystem gehört noch immer zu den selektivsten der Welt (PISA 2003).
Dies unterstreicht auch der Bericht der 17. Sozialerhebung des Studentenwerkes, indem hervorgehoben wird, dass die Ressource Bildung in der deutschen Gesellschaft nach wie vor noch ungleich verteilt ist. Entscheidende Variablen für den Erfolg von Kindern sind noch immer das Bildungsniveau, der berufliche Abschluss und die berufliche Stellung der Eltern. Von 100 Kindern der sozialen Herkunftsgruppe `niedrig` nehmen nur 11, von 100 der sozialen Herkunftsgruppe `hoch` jedoch 81 Kinder ein Studium auf (vgl. 17. Sozialerhebung).
Mit dem Konstrukt der Chancengleichheit wird auf die Analyse vertikaler Ungleichheiten innerhalb der Studierenden abgehoben. Es ist davon auszugehen, dass Studiengebühren Studierende aus unteren Schichten in besonderem Maße deprivieren, da sie erheblich geringere finanzielle Reserven aufweisen und vorwiegend von BAföG und Erwerbstätigkeit abhängig sind. In diesem Zusammenhang zeigen die Befunde der PISA-Studien ein ähnliches Bild, der Einfluss des elterlichen Sozialstatus auf den Bildungserfolg von Kindern ist in Deutschland wesentlich größer als in anderen Ländern. (vgl. PISA-Studie 2003, vgl. auch Nationalen Bildungsbericht 2006) Insofern ist die Wahrscheinlichkeit relativ hoch, dass mit Einführung der Studiengebühren ein weiterer Sektionsmechanismus implementiert wird. Es ist zu vermuten, dass Studiengebühren generell auf Studierende niedriger sozialer Herkunftsgruppen (niedriger sozialökonomischer Status von Studenten und ihrer Eltern) in einem höheren Maße abschreckend (keine Aufnahme des Studiums) wirken und damit die Chancengerechtigkeit weiter konterkarieren.
Problem des Qualitätsmanagements an Universitäten
Nicht nur Politiker fordern ein ‚Umdenken‘ im Zuge der allgemein gesellschaftlichen Tendenz zur Privatisierung und ‚Eigenverantwortlichkeit‘, sondern auch Vertreter der Wirtschaft und Universitäten selbst. Die Befürworter loben die angebliche ‚Soziale Gerechtigkeit‘, sie interpretieren Studiengebühren als sinnvolle, die Eigenständigkeit der Unis verbessernde Intention, die Qualität des Studiums würde sich entscheidend ver-bessern, die Einstellung der Studenten als Kunden hätte Kontrollwirkungen und die Forschungsmittel sowie die Ausstattung der Bibliotheken könnten effektiver und effizienter eingesetzt und genutzt werden. Die Mitwirkung der Studenten würde verstärkt, die Studienbetreuung könnte intensiviert und effektiver ausgestaltet werden und schließlich würden Studenten aufgrund erhöhter Lernmotivation effektiver studieren, weil sie für eine Dienstleistung bezahlen müssten.
Damit sind primär Aspekte der Qualität des Studiums bzw. der Qualität von Universitäten angesprochen, aber welche Indikatoren lassen sich benennen, die die Qualität einer Universität rechtfertigen.
Ein gewichtiger Erfolgsparameter ist die Verwertbarkeit des Studiums auf dem Arbeitsmarkt, und zwar insofern als die Ausbildung Inhalte vermittelt, die auf dem Arbeitsmarkt nachgefragt werden.
Ein zweiter Indikator kann mit dem wissenschaftlichen Image der Universitäten gekennzeichnet werden. Das Image einer Universität zeichnet sich einerseits durch die wissenschaftliche Produktivität im Hinblick auf neue wissenschaftliche Erkenntnisse (die aber nicht durch Quantität der Veröffentlichungen gemessen werden, sondern durch Qualität der Erkenntnisse) aus, andererseits durch eine ausgewogene Lehre aus theoretischem Grundlagenwissen und praxisorientierten Spezialwissen, was soviel heißt, wie intensive Auseinandersetzung mit realen Problemen sowie deren Lösungsmustern.
Darüber hinaus zeichnen sich moderne Universitäten dadurch aus, dass ihre Organisation Flexibilität, Transparenz, vertikale und horizontale Vernetzung, Effizienz und Effektivität nachweisen und sich verändernden Lehr- und Nachfragebedingungen relativ rasch anpassen.
Gleichwohl ist Lehre und Forschung immer in Entwicklung begriffen, so dass die Kriterien einer lernenden Organisation auf sie angewendet werden müssen, was auch bedeutet, dass die Entscheidungs- und Informationswege kurz und effektiv ausgestaltet sein müssen.
Die Verteilung der Mittel und Ressourcen unterliegt dabei dem Prinzip der ökonomischen Rationalität und verbindlicher kriterienbezogener Verteilung. Basis eines QM an Universitäten sind aber eindeutige Qualitätsstandards der Forschung und Lehre, und eben diese sind bis heute von keiner deutschen Universität realisiert. Die Diskussion wird seit 3 Jahrzehnten geführt, ohne dass eindeutige Regelungen getroffen sind. Die Bürokratisierung geht soweit, dass Studenten sich immer noch persönlich zurückmelden müssen, obwohl die Nutzung der EDV die Wartezeiten beseitigen könnte. Die Präferenz der Freiheit von Lehre und Forschung wird eindeutigen und klaren, d.h. verbindlichen Lehrinhalten geopfert und Messkriterien bzw. Kontrollen von Lehre und Forschung sind derzeit – wenn überhaupt – nur durch oberflächliche Evaluationen, die zudem keine Konsequenzen nach sich ziehen, realisiert. Die einzige Veränderung, die Schlagzeilen macht, ist eine kontinuierliche Verschulung des Universitätsstudiums (s. Bachelor- und Mastersformalien, deren Sinn kaum nachvollziehbar ist).
Die Argumente von fehlenden finanziellen Mitteln bzw. zusätzlichem Finanzbedarf von Universitäten müssten zunächst einmal durch entsprechende strukturelle, fachliche und ökonomische Analysen (Bestandsaufnahmen, Ist-Analysen) und der damit verbundenen Eruierung von fachlichen und ökonomischen Reserven begründet werden. Die derzeit prognostizierten Bedarfe und Forderungen müssen auf der Basis harter Daten erfolgen und nicht auf der Basis subjektiver Meinungen oder Annahmen von Politikern und Universitätsverwaltungen. Die Einführung von Studiengebühren ist nur dann diskutabel, wenn entsprechende Analysen der Hochschulen vorliegen. Bislang ist der von einigen Befürwortern vermittelte Zusammenhang zwischen Einführung von Studiengebühren und Verbesserung der Lehr- bzw. Forschungsqualität nicht nachgewiesen worden.
Problem der Schuldenfalle
Die Gegner der Studiengebühren argumentieren auch mit dem Konstrukt der ‚sozialen Gerechtigkeit‘, aber im Hinblick auf die finanziellen Lasten, die auf Studierende bzw. ihre Eltern zukommen. Die Bildungschancen (Recht auf Bildung) spezifischer gesellschaftlicher Gruppen werden sich weiter verschlechtern und viele könnten nicht mehr studieren, die Schuldenlast erhöht sich, so dass – aufgrund des prekären Arbeitsmarktes – eine zukünftige Schuldenfalle nicht auszuschließen ist. Schuldenfalle heißt in diesem Kontext aber nicht nur, sich zu verschulden, sondern die Schulden aufgrund einer fehlenden bzw. zu geringen existentiellen Basis nicht mehr abtragen zu können, so dass die Schuldenspirale aufgrund der Zinsen nicht mehr aufzuhalten ist und eine kontinuierliche Höherverschuldung zur Folge hat.
Der diesbezüglichen Argumentation ist ein erheblicher Realismus nicht abzusprechen, da durch die Einführung von Studiengebühren eine zusätzliche Belastung auf Studierende und ihre Familien zukommt, was das ökonomische Ungleichgewicht – sprich die soziale Ungerechtigkeit - verstärkt. Die BAFöG-Empfänger investieren aufgrund des Darlehens oder Teildarlehens derzeit bereits eine relativ hohe Summe als Zukunftsinvestition, die auch – trotz des zinslosen Darlehens (ca. 10 000,- Euro) – zurückgezahlt werden muss. Insofern existiert bereits eine soziale Ungerechtigkeit gegenüber denen, die von ihren Eltern finanziert werden (wobei immer noch zu berücksichtigen ist, dass lange Ausbildungszeiten besonders Familien mit mittlerem und geringem Einkommen erheblich belasten). Zu diesen BAFöG-Schulden ist bei unterstellten 9 Sem. Regelstudienzeit und einer Studiengebühr von 500,- Euro pro Semester ein Betrag von Euro 4500,- zuzurechnen (bei unterstellen 2-4 Zusatzsemestern erhöht sich der Betrag entsprechend), der auf dem freien Finanzmarkt aufgenommen werden muss, d.h. verzinst wird. Sofern BAFöG- oder Teil-BAFöG-Empfänger angesprochen sind, verschärft sich die finanzielle Problematik nach Ende des Studiums beträchtlich. Bei denen, die von ihren Eltern oder aus Eigenkapitalmitteln finanziert werden, stellen Studiengebühren ebenfalls eine erhöhte finanzielle Belastung dar. Entweder können einkommensstarke Eltern auch weiterhin die Studiengebühren finanzieren oder auch ein Teil dieser Studenten ist gezwungen, ein Darlehen aufzunehmen. Gleich wie man es betrachtet, Studiengebühren bedeuten eine zusätzliche Belastung für Studenten und insbesondere deren Familien.
In diesem Kontext werden z. T. zwei Konstrukte miteinander verwechselt, einerseits die ‚Sozialverträglichkeit‘ und anderseits die ‚Soziale Gerechtigkeit‘. Die Sozialverträglichkeit impliziert in diesem Kontext, dass eine zusätzliche Belastung nicht dazu führen darf, die Studienchancen von ökonomisch Schwächeren zu konterkarieren, während die soziale Gerechtigkeit die generelle gesellschaftliche Verteilung von Bildungschancen und die Verteilung diesbezüglicher ökonomischer Ressourcen impliziert. Diese beiden Konstrukte müssen differenziert werden; denn die soziale Gerechtigkeit ist bereits durch die Darlehensform des BAFöG tangiert, weshalb die Diskussion um Studiengebühren sowohl den status quo der sozialen (Un-)Gerechtigkeit – wenn keine Studiengebühren eingeführt werden – als auch die Sozialverträglichkeit zusätzlicher Studiengebühren ins Kalkül ziehen muss–. Gemäß dem Urteil des BVerfG soll bei Einführung von Studiengebühren aber die Sozialverträglichkeit gewährleistet werden, was angesichts der vom BVerG als Höchstbelastung festgesetzten Euro 500,- zu bezweifeln ist.
Problem: Eigeninteresse
Das Argument, Studierende müssten ein Eigeninteresse an einer sinnvollen – mittels Studiengebühren – Zukunftsinvestition haben, wird damit begründet, dass die Verwertungschancen von Hochschulabgängern auf dem Arbeitsmarkt wesentlich günstiger seien als für Absolventen anderer Bildungsinstitutionen. Gleichwohl wird verdeutlicht – gemäß ‚Education at a Glance’ (OECD 2002) -, dass das Einkommen von Hochschulabsolventen um 63% höher liegt und damit auch das Lebenseinkommen als bei anderen. (vgl. www.studiengebühren.de) Daneben spräche vieles dafür, dass Hochschulabsolventen auch in den Zeiten hoher Arbeitslosigkeit die relativ besseren Berufschancen hätten, nicht zuletzt, weil sie im Verdrängungswettbewerb die Überlegenen seien.
Die Validität dieser Argumentation scheint so einleuchtend, dass die damit zusammhängenden Probleme allzuleicht übersehen werden. Eine – wie derzeit beobachtbar – Arbeitslosigkeit von knapp 5 Mill. und eine kontinuierliche Verringerung der Einkommen sowie die permanente Senkung der Lohnnebenkosten für Unternehmen – was nichts anderes heißt als eine Umverteilung der Sozialabgaben auf die Arbeitnehmer -, die auch Akademiker mit beruflichen und ökonomischen Zukunftsängsten konfrontiert, lässt sich nicht mit unwägbaren Zukunftsprognosen beseitigen, viel weniger noch mit Chancenabwägungen im Hinblick auf einen lukrativen Job, der die Rückzahlung eines Darlehens erleichtert. Basis einer Zukunftsprognose sind auch oder gerade für Akademiker die faktischen Zahlen, d.h. fixe berechenbare Schulden – 10000 -15000 Euro - lassen verschiedene Kalkulationen zu:
- ein lukrativer Job führt wahrscheinlich zu einer unproblematischen Perspektive
- ein weniger lukrativer Job bzw. Zeitverträge und Praktikantenstellen, mit dem Hintergedanken, eine Familie zu gründen, schränkt bereits die Zukunftserwartungen erheblich ein,
- und die Aussicht einen geringer bezahlten Job zu bekommen bzw. arbeitslos zu werden schließlich, lässt die Zukunftsängste und Verschuldungsdiskussion rapide ansteigen und führt offensichtlich zu Überlegungen, sich anderweitig zu orientieren.
Anderweitige Orientierung heißt aber nichts anderes, als dass Gymnasiasten auf den FH-Markt und den Lehrstellenmarkt abwandern und so die Ausbildungschancen für Real- und Hauptschüler weiter verschlechtern. Dies wäre angesichts der bereits bestehenden hohen Jugendarbeitslosigkeit als fatale Entwicklung einzuschätzen, weil die Probleme nur von einem sozialen Bereich in andere Bereiche verlagert werden.
Diese ‚zukunftsträchtige‘ Investition könnte sich aber auch in ihr Gegenteil verkehren. In der derzeitigen Lage, die eine realistische Prognose über die beruflichen und finanziellen Erwartungen der Zukunft überhaupt nicht mehr zulässt, wäre ein Schuldenberg von 10 000-15 000,- Euro kaum noch als „zukunftsträchtige“ Investition einzuschätzen. Die Rückzahlung dieser Investition könnte eine Anzahl von Studienabgängern in eine Schuldenfalle treiben. Verzinsbare Darlehen haben die unangenehme Nebenwirkung, dass die Schulden weiter ansteigen und zu einer aufgezwungenen Konsumzurückhaltung führen, die dann wiederum volkswirtschaftliche Auswirkungen haben könnte. (vgl. Cederbaum, Brösamle ohne Jahresangabe)
Problem Studiengebühren sind internationaler Standard
Es wird immer wieder behauptet, dass Studiengebühren in den meisten Ländern erhoben werden, obwohl bekannt sein dürfte, dass gerade die skandinavischen Länder, nicht nur höhere Bildungsausgaben aufweisen, keine Studiengebühren erheben und in der PISA-Studie besonders gut abschneiden.
„Weltweit und auch in Europa ist die Beteiligung von Studierenden an den Kosten ihrer Ausbildung weit verbreitet. Die Gebührenhöhe schwankt zwischen 280 (Schweiz) und 4.040 Euro (Japan) pro Semester.“ (studiengebühren.de)
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Eine allgemeine Verbreitung von Studiengebühren ist – gemäß der Tabelle - höchst zweifelhaft, insbesondere vor dem Hintergrund der länderimmanenten Bildungstraditionen und spezifischer Bildungsintention, die offensichtlich nicht vergleichbar sind. Gerade Großbritannien und die USA mit ihren liberalen bzw. neoliberalen Bildungsintentionen von ‚freier Entfaltung der Persönlichkeit’ (Individualismus) und ‚Eigenverantwortung’ sind sicherlich keine Bildungsideale, die der westeuropäischen, insbesondere der bundesdeutschen Bildungstradition entsprechen. Bildung in der Bundesrepublik Deutschland wurde in der Vergangenheit immer als gesellschaftliche Aufgabe interpretiert und demzufolge sollten auch weiterhin wenigstens die Zugangschancen für alle gesichert sein.
Problem: Hochschulmarkt
„Das gegenwärtige System einer anonymen Staatsfinanzierung ist eine der Ursachen für die insbesondere an Universitäten geringer ausgeprägte Lehrorientierung und Betreuungsmentalität. Die Professoren bieten etwas an, was sie nicht „verkaufen“, die Studierenden fragen etwas nach, was sie nicht bezahlen und die Steuerzahler finanzieren etwas, auf das sie keinen Einfluss haben. Studiengebühren dagegen schaffen eine unmittelbare Anbieter-Nachfrage-Situation, die das teilweise Desinteresse zwischen Lehrenden und Lernenden von beiden Seiten her überwindet: Die Bezahlung von Lehre als hochwertige Leistung erhöht die Motivation der Lehrenden als Dienstleister, und die Lernenden können als zahlende „Kunden“ ganz anders eine adäquate Leistungserbringung einfordern. Studierende werden dann nicht als „Lehrbelastung“ beklagt, sondern als Mitfinanzierer der Hochschulen umworben.“ (vgl.studiengebühren.de, FDP)
Gemäß dieser Argumentation ist Bildung kein gesellschaftliches Gut, sondern ein Produkt, das den allgemeinen Marktmechanismen unterworfen werden muss. Eine Hoch-schule sei ein Dienstleistungsunternehmen und Bildung keine gesellschaftliche Aufgabe, sondern eine Privatsache. Die Finanzierung der Bildung durch den Staat verhindere eine qualitativ gute Lehre und Betreuung von Studenten. Dies widerspricht allen bislang konsensfähigen Bildungsintentionen. Vielmehr scheint damit gemeint zu sein, dass Bildung, insbesondere Hochschulbildung nicht aus Steuermitteln, sondern aus privaten Haus-haltsmitteln finanziert werden sollte.
Gleichwohl wird unterstellt, dass mit der Höhe der finanziellen ‚Eigenbeteiligung’ die Lernmotivation steige. Mit anderen Worten wird die Auffassung vertreten, je mehr man investiert, desto höher sei die Lern-Motivation. Dabei wird nur verschwiegen, dass ein Grund für die Diskussion um Hochschulreformen mit den überfüllten Hörsälen und Seminaren begründet wird. Vor diesem Hintergrund hätten wir zu viele Studierende an den Universitäten, so dass nicht die Lehrmotivation und die Betreuungsmentalität, sondern allein die Lernmotivation tangiert wäre. Studiengebühren schaffen danach eben keine unmittelbare Anbieter-Nachfrager-Situation, sondern dienen vielmehr als Selektions- und Steuerungsinstrument für den Zugang zur Universität. Latent wird damit übrigens eine ganze Generation diskreditiert: Heißt das, diejenigen, die bislang nichts zahlen sind leistungsunwillig und motivationslos? Das derartige Auffassungen ausgerechnet von denen in die Welt gesetzt werden, die weder mit Schulgeld noch mit Studiengebühren konfrontiert wurden, ist besonders fatal, oder heißt das, dass sie motivationslos studiert haben, weil sie keine Studiengebühren zahlen mussten, sind sie deshalb in die Politik gegangen??)
Die Diskussion um Lehr- und Lernmotivation, die durch Studiengebühren beeinflusst werden soll, vernachlässigt aber die Kehrseite der Medaille. Die direkte Angebots-Nachfrage-Situation unterstellt – sofern Marktmechnismen in den Mittelpunkt der Betrachtung gestellt werden -, dass ein Kunde ein Produkt oder eine Dienstleistung kauft, über die er unmittelbar verfügen kann, die Leistung der Nachfrager ist die Geldleistung, sonst nichts. Mit anderen Worten, durch die Einführung von Studiengebühren könnte gleichwohl eine neue Anspruchsmentalität initiiert werden - wenn ich für etwas bezahle, erwarte ich auch eine entsprechende Gegenleistung -, d.h. die Lernmotivation geht zurück, weil der Anspruch an die Lehrenden sich im Hinblick auf Erwartungen erheblich verändern könnte. Die Erwartung besteht dann nämlich darin, kaum noch lernen zu müssen, sondern vom Lehrenden alles zur Verfügung gestellt zu bekommen, was für den Abschluss benötigt wird und sofern die Erwartung eines Masters oder Bachelors usw. nicht eingelöst wird, muss eine Vertragsverletzung unterstellt werden, die eventuell sogar Schadensersatzansprüche begründet.
Darüber hinaus unterstellt diese Argumentation, dass die Studierenden und ihre Familien bislang keinen finanziellen Beitrag für das Studium leisten. Es wird unterstellt, dass es keine Semesterbeiträge gibt und dass Studenten anscheinend keine anderen Ausgaben haben. Danach leben Studenten anscheinend von ‚Luft und Liebe’ und das Studium ist frei von jeglichen Kosten. Dabei stellt sich nur die Frage, warum ein Unterstützungssystem wie BAFöG in Anspruch genommen wird, warum Familien teilweise hohe Beträge aufbringen, um ihre Kinder studieren zu lassen, warum Studenten Jobs annehmen, um ihren Lebensunterhalt zu bestreiten? Die Argumentation von ‚Eigenverantwortung’ und ‚Selbstbeteiligung’ in der Bildung unter Berücksichtigung der Marktmechanismen, kann nur von denen in die Welt gesetzt werden, denen eine soziale Öffnung der Universitäten suspekt ist. Sie verschleiern hinter dieser Argumentation ihre Intentionen einer sozialen Selektion des Universitätszugangs; denn wer nicht über ausreichende finanzielle Ressourcen verfügt, der kann auch nicht studieren oder er muss a priori in Kauf nehmen, dass er nach seinem Studium enorm verschuldet ist. Diese Aussichten verhindern eine Öffnung der Universitäten für sozioökonomisch Schwächere und konterkarieren die von der OECD eingeforderte Bildungsgerechtigkeit in Deutschland. Der Anspruch auf eine universitäre Bildung soll nach neoliberaler Auffassung den sozialökonomisch Privilegierten vorbehalten bleiben.
Problem: Stärkung der Autonomie und Profilschärfe der Hochschulen
„Die Hochschulen haben mit Studiengebühren eigene Einnahmen, die durch eigene Leistung erzielt wird. Die Abhängigkeit der Hochschulen von staatlicher Finanzierung wird dadurch geringer. Das Ausrichten an Marktmechanismen führt zu einem professionelleren und führungsstärkeren Hochschulmanagement und damit zu einer höheren Selbststeuerungsfähigkeit der Hochschulen.“ (studiengebühren.de, vgl. FDP, CDU)
Weltweit werden Globalisierungstendenzen beobachtet, die verschiedene Probleme wie Anonymität, fehlenden Pragmatismus, Realitätsferne, Intransparenz der Entscheidungen, Informationsverluste usw. zur Folge haben. Föderalismus hingegen sucht diese Nachteile zu verhindern, bis hin zur relativen Autonomie spezifischer Organisationen, um Probleme und Verteilung von Ressourcen vor Ort ausgewogen zu gewährleisten. Vor diesem Hintergrund ist selbstverständlich im Rahmen von Hochschulreformen eine Diskussion um mehr Autonomie der Universitäten gerechtfertigt. Dass eigene Mittel und selbständige Mittelverwaltung mit höherer Effektivität und Effizienz assoziiert sind, müsste erst noch nachgewiesen werden. Fraglich ist aber vielmehr, warum diese Argumente im engen Kontext mit der Einführung von Studiengebühren diskutiert werden, obwohl – bei unterstellter Rationalität - kein unmittelbarer Zusammenhang besteht, sondern vielmehr die Länderregierungen in der Verantwortung stehen. Wenn die Länder den Hochschulen keine relative Autonomie gewähren, dann ist ein unmittelbarer Kontext zwischen Einführung von Studiengebühren und relativer Autonomie von Hochschulen rational nicht erkennbar. Eher scheint es darum zu gehen, mit Hilfe des Instrumentes Studiengebühren eine relative Autonomie der Hochschulen durchzusetzen, was aber nur dann als realistisch betrachtet werden kann, wenn die Studiengebühren auch unmittelbar den Hochschulen zufließen. Diese Prognose scheint aber angesichts der leeren Kassen der Länderhaushalte und internationaler Erfahrungen (s. z.B. Österreich) nicht zwangsläufig realistisch. Eher ist zu vermuten, dass die Länder ihre Haushalte mit Hilfe von Studiengebühren konsolidieren wollen oder die Intention verfolgen, sich mittel- bis langfristig aus der Finanzierung der Hochschulen zurückzuziehen (vgl. Nagel 2003).
Ginge es den Entscheidungsträgern nur um das Problem von Eigenmitteln der Hochschulen, dann wäre die Lösung sehr einfach, nämlich dann, wenn private Unternehmen als Vorbild dienen, und zwar im Hinblick auf die Ergebnisse, die innerhalb einer Organisation von angestellten Forschern erbracht werden. In der Wirtschaft wird eine Erkenntnis, die von einem Angestellten erbracht wird, als Patent des Unternehmens angemeldet und vom Unternehmen ökonomisch verwertet. An unseren Hochschulen dürfen angestellte Forscher Erkenntnisse als ihre privaten Patente anmelden und demzufolge auch den ökonomischen Nutzen (teilweise auch Drittmittel) privat verbuchen. Forscher an Hochschulen werden vom Land bezahlt, sie sind Angestellte des Landes und insofern ist der ökonomische Nutzen einer inneruniversitären Erkenntnis auch dem Arbeitgeber zuzuschreiben. Danach wäre ein großer Teil der Finanzierungsmisere überhaupt kein Problem und die Hochschulen hätten ausreichende Mittel verfügbar. Danach wäre eine Konkurrenz der Hochschulen im Hinblick auf Wissenschaftlichkeit eingeleitet, denn die Hochschulen, die sich durch wissenschaftliche Ergebnisse auszeichnen, hätten auch entsprechende Mittel zur Verfügung oder es könnte landesweit ein Wissenschaftsfond etabliert werden, wobei die Verteilung der Mittel durch ein neutrales Gremium nach verbindlichen Kriterien vorgenommen wird.
Problem: Studiengebühren erhöhen die soziale Gerechtigkeit in der Bildungsfinanzierung
„Sozial ausgestaltete Studiengebühren verhindern die gegenwärtige Verteilung von unten nach oben in der Bildungsfinanzierung. Im Moment bezahlt der weit überwiegende Bevölkerungsanteil von Nichtakademikern, die im Durchschnitt weniger verdienen, das Studium der Akademiker mit dem dann entsprechend höheren Gehalt; gleichzeitig finanzieren einkommensschwache Familien, aus denen unterproportional viele Kinder studieren, das Studium der Kinder aus einkommensstärkeren Familien. Kann es richtig sein, dass die Meisterausbildung im Handwerk mit teilweise erheblichen Eigeninvestitionen verbunden ist, während das Studium vollständig von der Allgemeinheit finanziert wird? Kann es richtig sein, dass der Kindergarten – auch für Kinder aus einkommensschwachen Elternhäusern – Geld kostet, während das Studium – auch für Kinder aus einkommensstarken Elternhäusern – kostenfrei ist?“ (studiengebühren.de)
Diese Argumentation ist irreführend, da rigide Selektionsmechanismen in der Grundschule bereits den sozioökonomisch Schwächeren bzw. Bildungsdeprivierten bessere Bildungsmöglichkeiten verwehren. Entweder muss den Grundschullehrern die Empfehlungsgewalt für eine höhere Bildungseinrichtung entzogen werden, oder sie müssen so ausgebildet werden, dass eine vorurteilsfreie Empfehlung möglich wird. Die Schwächen dieses Selektionssystems sind in der unprofessionellen und subjektiven Kriterienauswahl der Grundschullehrer zu suchen und nicht in der Tatsache, dass der Großteil der Bevölkerung unsere akademische Elite finanziert. Das System der finanziellen und sozioökonomischen Selektion, ist nicht den Akademikern vorzuwerfen, sondern eher den Entscheidungsträgern, die auch in Bezug auf vorschulische Bildung und berufliche Weiterbildung finanzielle Selektionskriterien eingeführt haben, um Aufnahmekapazitäten steuern zu können. Die vorschulische Bildung im Kindergarten, sofern für Kindergärten Bildungsziele überhaupt formuliert sind, unterstellt eine andere Art der Professionalisierung von Erzieher/innen. Dafür müsste zunächst einmal ein entsprechender Ausbildungsgang an Hochschulen etabliert werden und dann müsste gerade der Zugang zur vorschulischen Bildung für soziökonomisch Schwächere kostenfrei sein. Meisterschulen werden primär von den IHK’s angeboten, die natürlich daran interessiert sind, mittels entsprechender Selektionskriterien Akkreditierungsrestriktionen durchzusetzen, um den Markt kontrollieren zu können. Danach müssten Bildungs- und Finanzierungsmöglichkeiten diskutiert werden, die eine Gleichbehandlung aller gesellschaftlichen Gruppen gewährleisten. Die oben dargestellte Argumentation zäumt quasi das Pferd von hinten auf: Nicht die soziökonomischen Selektionsmechanismen in den verschiedenen Bildungsbereichen werden kritisiert, sondern die unterstellte ‚Kostenfreiheit’ der akademischen Ausbildung. Nicht die Beseitigung sozioökonomischer Barriere für den Zugang zu spezifischen Bildungseinrichtungen steht im Mittelpunkt der Diskussion, sondern die Einführung einer weiteren Barriere, der Zugang zum Hochschulstudium. Dadurch werden die Selektionsmechanismen verstärkt, obwohl - internationalen Studien zufolge – Selektionsbarrieren abgebaut werden müssten.
2.1 Begründungs- und Verwertungszusammenhang
Die Erhebung von Studiengebühren ist historisch betrachtet erst Gegenstand einer öffentlichen Diskussion geworden, als sich abzeichnete, dass die öffentlichen Kassen kaum noch einen Spielraum für kreative Forschungsprojekte zuließen. Seit diesem Zeitpunkt erleben wir eine kontinuierliche Debatte über Staatsverschuldung und Verteilung der finanziellen Ressourcen der öffentlichen Hand, wir erleben eine Verantwortungsverlagerung von staatlichen Aufgaben in den privaten Bereich. Die Tendenz zur Privatisierung aller Gesellschaftsbereiche folgt dabei scheinbar – so die Argumentation – dem Prinzip der ökonomischen Rationalität, die sich bereits seit längerer Zeit durch eine Umverteilung von „unten“ nach „oben“ kennzeichnen lässt (vgl. Armutsbericht 2006). Diese Tendenz schließt Bildung natürlich mit ein, und zwar auf allen Ebenen – Schulgeld, Büchergeld, Kopiergeld, Studiengebühren für Zweitstudien usw. -. Eine Studie der OECD (Education at a Glance), der zufolge die Ausgaben für Bildung in Deutschland – gemessen am BIP - wesentlich geringer sind als in anderen Ländern Europas (OECD-Studie 2005), zeigt eher in eine gegenläufige Richtung.
Dabei liegt die Vermutung nahe, dass eine strategische Argumentation die wahren Hintergründe der Einführung von Studiengebühren verschleiert. Es wird schlicht verschwiegen, dass eine Reduzierung der Studienabschlüsse und eine Stärkung der Universitätsführungen intendiert ist. Um diese These zu belegen, rekurrieren wir zusammenfassend auf die derzeit relevanten – oben angeführten - Diskussionsaspekte:
Die Einführung von Studiengebühren ist keine Bundesangelegenheit – so das Bundesverfassungsgericht. Das Bundesverfassungsgericht hat seine Linie zur Bildungspolitik als Länderaufgabe nicht verlassen, sondern vertritt logisch konsequent diese Linie seit Jahrzehnten. Dieses Urteil zu nutzen, um eine Studiengebühr in der maximal – vom Bundesverfassungsgericht – festgelegten Höhe zu erheben, entbehrt wiederum jeder realen Grundlage, zeigt aber die Intention der Politik, Studiengebühren zur Konsolidierung der überproportional verschuldeten Landeshaushalte zu verwenden. Damit aber wird Bildung zum Spielball einer Politik, die seit einem Jahrzehnt die Privatisierung aller Gesellschaftsbereiche forciert, die gleichwohl alle Gesellschaftsbereiche den ökonomischen Marktmechanismen unterordnet und gesellschaftliche Solidarität und gerechte Verteilung der gesellschaftlichen Ressourcen aus der Diskussion ausgrenzt.
Es scheint so, als dürfe jeder - egal ob aus Wirtschaft, Politik, Wissenschaft, Gewerkschaften, Studierende usw. – seine subjektive, private, ideologische und politische Meinung in der Diskussion um Studiengebühren äußern, ohne auf eine rationale und an harten Daten orientierte Grundlage rekurrieren zu müssen. Dabei wird eine entscheidende Befürchtung vernachlässigt, dass nämlich die gesamte bundesdeutsche Bildungslandschaft modifiziert werden könnte. Nicht nur eine Umverteilung der Mittel in Richtung Hochschulleitung, sondern auch eine Umverteilung der Bildungsfinanzierung in Richtung Privatisierung von Schulen und Hochschulen könnte intendiert sein. Die Studiengebühren werden je nach politischer Richtung genutzt, um neoliberales Gedankengut zu verbreiten und gesellschaftliche Solidarität und gerechte Verteilung gesellschaftlicher Ressourcen zu konterkarieren. Dabei schlägt auch die Wissenschaft eine Richtung ein, die nicht nur eine Erhaltung der Privilegien der Hochschulführung intendiert, sondern einen enormen Ausbau; denn wer die finanziellen Mittel kontrolliert, kontrolliert Forschung und Lehre und bestimmt letztendlich die Zukunftschancen der derzeitigen und nächsten Generationen. Wer sagt uns denn, dass die Mittel nicht missbraucht werden oder nur für lukrative und ökonomisch verwertbare Projekte verwendet werden? Wer kontrolliert die Verteilung der Mittel? Wer bestimmt, welche Fakultäten wie viele Mittel zur Verfügung gestellt bekommen? Dies kann nicht den Hochschulen allein überlassen werden. Hier dürfte die Vermutung gerechtfertigt sein, dass Hochschulen eine Unabhängigkeit von staatlichem Einfluss und insbesondere staatlicher Kontrolle anstreben. Der erste Schritt ist bereits mit der Excellenz-Bewegung in Richtung Verteilung von Forschungsmitteln – 80% in die Naturwissenschaften und 20% in die Geisteswissenschaften – eingeleitet, wobei die zertifizierten Hochschulen den größten Anteil der Finanzmittel erhalten. Damit wird Bildung einer reinen Eliteorientierung und Ökonomisierung geopfert.
Die andere Frage, die sich stellt – eher ein subjektiver Aspekt -, was geschieht, wenn die Darlehen über Banken finanziert werden, dann fallen Zinsen und Zinseszinsen an, dann ist zu erwarten, dass Studierenden der Darlehensvertrag gekündigt wird, dass Zinsen willkürlich heraufgesetzt werden, dass am Ende eines Studiums 10000-15000 Euro oder mehr Schulden abgetragen werden müssen, dann wäre ebenso denkbar, dass Banken den Schuldnern den Gerichtsvollzieher schicken, dass eine Kündigung von Verträgen zu höheren Zinsen führt, dass Darlehensverträge an andere Banken verkauft werden und die Schuldenfalle zur Existenzgefährdung führt - oder handhabt man es so wie jahrelang bei der BAFöG-Rückzahlung, dass nach Beendigung des Studiums die Hälfte des Darlehens dann erlassen wird, wenn die andere Hälfte in einem Betrag überwiesen wird und diejenigen, die das finanziell aus Gründen der Familienplanung oder weil sie keinen bzw. keinen lukrativen Job bekommen nicht leisten können, den gesamten Betrag abzahlen müssen -. Soziale Ungerechtigkeiten schafft man nicht dadurch aus der Welt, indem man neue kreiert.
Es ist vielmehr zu erwarten, dass die Einführung von Studiengebühren Selektionsmechanismen begünstigt, die nur noch den (Hoch-) Begabten aus finanzschwächeren Gruppen (niedriger sozialer Status) eine Zugangschance zur Universität bzw. zum Mastersstudiengang gewähren sollen.
Studiengebühren mit Argumenten einer Verbesserung der Studienqualität, einer Verbesserung der Betreuung von Studenten, einer quasi Kundenorientierung von Universitäten mit ausgeprägten Studienprofilen usw. zu rechtfertigen, kann nur als Instrumentalisierung bezeichnet werden, denn zur Etablierung eines QM hatten die Hochschulen wenigsten 20 Jahre Zeit und dazu bedarf es keiner zusätzlichen Mittel, sondern des guten Willens der Hochschullehrer und Hochschulführungen. Über die Evaluation von Bildungsinstituten wird seit 20 Jahren diskutiert und es ist wenig genug geschehen. Es ist eher zu vermuten, dass die Hochschulen eine stärkere Autonomie ohne staatliche Kontrolle anstreben, insbesondere eine ökonomische Autonomie, denn wer die ökonomischen Mittel kontrolliert, der kontrolliert auch die Verteilung der Mittel für Lehre und Forschung. (vgl. Nagel 2005, www.fr-aktuell.de/ressorts/ nachrichten und_ politik/ thema_des_tages/?cnt=622687)
Warum Studierende ein Eigeninteresse an Studiengebühren haben sollten, erscheint vor dem Hintergrund der studentischen Proteste wenig glaubhaft, insbesondere aber wird diese Diskussion ohne Berücksichtigung der Privilegierten geführt, die sich aufgrund ihres sozioökonomischen Status weiterhin sowohl ein langes, ein Zweit- und generelles jedes Studium leisten können. Eine Diskussion um Studiengebühren ohne Rückgriff auf die differenzierte faktische Lebenssituation der Studierenden, sondern mit Hilfe quasi-rationaler Begründungen, kann nur als Ideologie bezeichnet werden. Es spricht vieles dafür, dass Studierenden ein ‚schlechtes Gewissen‘ suggeriert werden soll, weil sie angeblich auf Kosten der Steuerzahler studieren, nach neoliberaler Auffassung aber eine ‚Eigenverantwortung’ haben.
Vor diesem Hintergrund ist die Studie zu den Auswirkungen der Studiengebühren initiiert worden. Dabei geht es grundsätzlich um die Eruierung harter Daten im Hinblick auf das verfügbare Einkommen (kontinuierliches gleichmäßiges Einkommen) und um die Ausgaben der Studierenden (Semesterbeitrag, Miete, Kopien, Bücher usw.). Die finanzielle Lage der Studierenden ist die rationale Basis einer Diskussion über die Einführung von Studiengebühren und deren Höhe, nicht die subjektiven Auffassungen von Politikern und Ökonomen. Die zweite rationale Basis sind Modellrechnungen über zu erwartende Einnahmen der Hochschulen (eine Universität z.B. Regensburg mit ca.17 000 Studierenden und einem Semestersatz von 500 Euro erzielt eine Einnahme von 17 Mill. Euro pro Jahr und diese Einnahmen durch die Hochschule verwalten zu lassen – ohne Kontrolle und verbindliche Verteilungskriterien -, kann nur als ökonomisch naiv bezeichnet werden). Sind es zusätzliche Mittel, die den Hochschulen für Verbesserungen der Ausstattung von Lehre und Forschung zur Verfügung stehen oder sind es Mittel, die den Beitrag der Länder an der Hochschulfinanzierung verringern, also zur Konsolidierung von Landeshaushalten verwendet werden?
Dass die Einführung von Studiengebühren zu Lasten von Familien mit mehreren Kindern geht, dürfte auch den Befürwortern klar sein und trotzdem wird nicht darüber diskutiert, sozial Schwächeren ein Studium ohne Studiengebühren zu garantieren. Gleichwohl wird – obwohl immer wieder die USA als Beispiel dargestellt wird – nicht darüber nachgedacht, möglicherweise ein adäquates Stipendiensystem aufzubauen, um zumindest ein Äquivalent für sozial Schwächere zu etablieren (vgl. Nagel 2003)
Erst die Bestandsaufnahme im Hinblick auf die ökonomische Lebenssituation von Studenten, kann die Fakten eruieren, die zu einer rationalen und realistischen Einschätzung darüber führen, ob Studiengebühren überhaupt eingeführt werden können, in welcher Höhe Studiengebühren als ‚sozialverträglich‘ bezeichnet und wie die Zugangschancen für finanziell Schwächere gewährleistet werden können, d.h. inwiefern die Chancengerechtigkeit in der Bildung durchgesetzt wird bzw. Bildungsdeprivationen vermieden werden können. Dabei wäre immer noch zu diskutieren, welche faktischen Ziele mit der Einführung von Studiengebühren intendiert sind. Dies wird leider von allen Beteiligten immer noch verschwiegen oder nur latent vermittelt.
Zusammenfassend ist den folgenden Aspekten ein erheblicher Realismus nicht abzusprechen. Vieles spricht dafür, dass nicht bildungspolitische Ziele mit der Einführung von Studiengebühren verfolgt werden und dass es ebenfalls nicht um soziale Gerechtigkeit geht, sondern eine Konsolidierung der öffentlichen Haushalte erreicht werden soll. Ein Finanzierungsrückzug der ‚öffentlichen Hand‘ aus dem Hochschulbereich führt auf Dauer zu einer Privatisierung oder Teilprivatisierung der Universitäten und die Universitäten selbst streben eine ökonomische Autonomie – unabhängig von staatlicher Kontrolle - an. Es ist zu vermuten, dass Sponsoren (Drittmittelgeber) – wahrscheinlich die Industrie und private Finanziers - zukünftig die Hochschulpolitik bestimmen bzw. mitbestimmen, was wiederum eine Reduzierung der Mittel für Geistes- und Sozialwissenschaften nach sich zieht, da ihre ökonomische Verwertbarkeit als sehr gering eingeschätzt wird. Aus diesen Gründen werden Erwartungen und Befürchtungen der Studierenden erhoben, um auch hier ansatzweise die Betroffenen zu Wort kommen zu lassen.
Als fatale Konsequenz wäre zu nennen, dass Studierwillige und besonders Studierfähige aus finanziellen Gründen oder aus Angst vor zukünftigen Schulden bzw. noch höherer Verschuldung und sozialem Abstieg kein Studium mehr aufnehmen und auf den Lehrstellen- bzw. in Fachhochschulmarkt oder ins Ausland abwandern. Das hätte erheblich Auswirkungen auf die Fachhochschulen (hier würde das Problem der hohen Studentenzahlen die gleiche Wirkung erzeugen wie derzeit an den Universitäten) und den Lehrstellenmarkt. Die Konkurrenz könnte dazu führen, dass Haupt- und Realschüler weiter verdrängt werden und die Jugendarbeitslosigkeit erheblich ansteigt; denn jede Intervention bzw. Modifikation in einem gesellschaftlichen Segment zieht Folgewirkungen in anderen Segmenten nach sich und gerade die Modifikationen der Bildungsstrukturen sollten zunächst hinreichend analysiert und diskutiert werden, bevor ‚blinder Aktionismus‘ Realitäten etabliert, die nicht mehr rückgängig zu machen sind.
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