Inhalt der Diplomarbeit: „Family Office am Finanzstandort Deutschland“
Im Segment der besonders vermögenden Privatkunden (High Networth Individuals [HNWI] und Ultra High Networth Individuals [U-HNWI]) herrscht in Deutschland im Vergleich zu Wachstumsmärkten, wie z.B. den BRIC-Ländern, annähernde Stagnation.
Dennoch bleibt der deutsche Markt der größte Markt für Vermögensverwalter im europäischen Raum. Die deutsche Vermögensverwaltungsbranche hat dabei auf der Suche nach neuem Wachstumspotential die Zielgruppe der privaten Vermögensinhaber mit Vermögen zwischen 5 – 30 Millionen USD entdeckt. Neue Marktteilnehmer versuchen Zugang zu diesem Kundensegment zu erhalten und etablierte Anbieter sind bestrebt vorhandene Kunden zu halten.
Gleichzeitig steigt die Produktdichte, damit einhergehend wird für die Nachfrager die Orientierung im Markt schwieriger. Die Wechselbereitschaft und der Informationsbedarf der Zielgruppe zum Thema steigen und sind oft zurückzuführen auf eine vorhandene Unzufriedenheit mit der Dienstleistungsqualität des bisherigen Anbieters und der daraus resultierenden Suche nach Alternativen. Der Wettbewerbsdruck auf Anbieterseite wächst entsprechend.
Diese Arbeit zeigt die aktuellen Entwicklungen am deutschen Markt für Family Office-Dienstleistungen auf und stellt Handlungsoptionen der Family Office-Anbieter zur Wachstumsgenerierung im wettbewerbsintensiven Marktumfeld vor. Es wird von einem kundenfokussierten Ansatz aus überprüft ob eine Wettbewerbsabgrenzung möglich ist und, wenn ja, durch den Einsatz welcher Instrumente diese erfolgen kann.
Dabei wird auf einer Reihe von wissenschaftlichen Arbeiten der letzen fünf Jahre zum, bis dahin im deutschen Raum wissenschaftlich kaum besetzten, Themengebiet Family Office aufgebaut. Deren empirische Ergebnisse werden, im Sinne des oben gesetzten Ziels, zusammengeführt und untereinander sowie mit weiterer Literatur zum Thema abgeglichen. Insbesondere erfolgt ein Abgleich zwischen den Kundenerwartungen und dem aktuellen Family Office-Angebot am deutschen Markt.
Inhaltsverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
1 Problemstellung und Zielsetzung
2 Begriffsbestimmungen und rechtliche Rahmenbedingungen
2.1 Definition „Finanzstandort Deutschland“
2.2 Der Begriff der Dienstleistung und der Finanzdienstleistung
2.2.1 Dienstleistungsbegriff
2.2.2 Finanzdienstleistungsbegriff
2.3 Der Begriff des „Family Office“
2.3.1 Historie
2.3.2 Inhaltliche Definition
2.3.3 Typen des Family Office
2.4 Rechtliche Rahmenbedingungen
3 Die Produktinhalte der Dienstleistung Family Office
3.1 Vermögensverwaltung
3.2 Vermögens-Controlling und -Reporting
3.3 Nachfolgeplanung und optimierter Vermögensübergang
3.4 Steuerliche Optimierung
3.5 Einbeziehung der betrieblichen Seite des Familienvermögens
4 Anzahl und Vermögensvolumen der Zielkunden in Deutschland
4.1 Kundensegmentierung im deutschen Vermögensberatungsmarkt
4.2 Überprüfung der Segmentgrenzen auf innere Konsistenz
4.3 Anzahl der Zielkunden und zugehöriger Vermögenshöhe in Deutschland
5 Anbieterstruktur im untersuchten Marktsegment
5.1 Sparkassen, Groß- und Genossenschaftsbanken
5.2 Privatbanken
5.3 Nichtbanken
5.4 Wettbewerbssituation und aktuelle Markttrends
6 Methoden der Qualitätsbewertung der Family Office-Dienstleistung
6.1 Definition der Begriffe Qualität und Dienstleistungsqualität
6.2 Der Begriff der Kundenzufriedenheit
6.3 Methoden der Bewertung
6.3.1 Einführung
6.3.2 Multiattributive Qualitätsmessung / SERVQUAL
6.3.3 Integrierte Qualitätsmessung
6.3.4 Penalty-Reward-Faktoren-Ansatz
6.3.5 Ereignisorientierte Verfahren der Qualitätsmessung
6.4 Bewertung des Family Office-Angebotes durch Abgleich von Anforderungsprofil und Dienstleistungsinhalt
6.4.1 Das Anforderungsprofil der Vermögensinhaber
6.4.2 Dienstleistungsinhalt der Family Office-Anbieter
6.4.3 Abgleich von Anforderungsprofil und Dienstleistungsinhalt
7 Schlussbetrachtung und Ausblick
7.1 Schlussbetrachtung
7.2 Ausblick
Literaturverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1: Clusterung des Family Office Marktes
Abbildung 2: Anforderungen an Vermögensverwalter aus Kundenperspektive
Abbildung 3: Die aktuellen Entwicklungen am deutschen HNWI-Markt
Abbildung 4: Differenzen zwischen Listenpreis und durchgesetzten Preisen im Vermögensmanagement einer deutschen Privatbank
Abbildung 5: Dienstleistungsqualität als Erfolgsfaktor
Abbildung 6: Beispielhafte Darstellung eines Indexsystems
Abbildung 7: Aktivitätenportfolio
Abbildung 8: Bewertung der Aussage „Das Management des Gesamtvermögens ist in erster Linie Aufgabe des Vermögensinhabers“ durch die Vermögensinhaber
Abbildung 9: Bewertung der Delegationsfähigkeit des Vermögensmanagements durch die Vermögensinhaber
Abbildung 10: Dienstleistungsangebot für die Vermögensart Finanzvermögen
Abbildung 11: Dienstleistungsangebot für die Vermögensart des Humanvermögens
Abbildung 12: Dienstleistungsangebot für die Vermögensart des Sozialvermögens
Abbildung 13: Skalierungen der Untersuchungen von C. Hinck und P. Schaubach zueinander in Bezug gesetzt
Tabellenverzeichnis
Tabelle 1: Ereignisorientierte Methoden der Messung von Dienstleistungsqualität
Tabelle 2: Die fünf häufigsten Oberziele des Vermögensmanagements
Tabelle 3: Strategische Zeitdimension im Management des Finanzvermögens
Tabelle 4: Strategische Zeitdimension im Management des Human- und Sozialvermögens
Tabelle 5: Bewertung von Wealth Management Dienstleistungsmerkmalen nach Wichtigkeit und Erfüllungsgrad beim aktuellen Dienstleister
Tabelle 6: Abgleich der Angaben der Vermögensinhaber zu den wichtigsten Oberzielen des Vermögensmanagements mit den entsprechenden Angaben und Angeboten der Anbieter
Tabelle 7: Vergleich des gemäß Kundenbewertung zu erwartenden Angebots zum Finanzvermögensmanagements mit dem tatsächlichen Angebot am deutschen Family Office-Markt
Tabelle 8: Bewertung von Wealth Management Dienstleistungsmerkmalen nach Wichtigkeit und tatsächlichem Erfüllungsgrad (hier begrenzt auf die Merkmale des Finanzvermögens)
Tabelle 9: Vergleich des gemäß Kundenbewertung zu erwartenden Angebots zum Humanvermögensmanagements mit dem tatsächlichen Angebot am deutschen Family Office-Markt
Tabelle 10: Bewertung von Wealth Management Dienstleistungsmerkmalen nach Wichtigkeit und tatsächlichem Erfüllungsgrad (hier begrenzt auf die Merkmale des Humanvermögens)
Tabelle 11: Vergleich des gemäß Kundenbewertung zu erwartenden Angebots zum Sozialvermögensmanagements mit dem tatsächlichen Angebot am deutschen Family Office-Markt
Tabelle 12: Bewertung von Wealth Management Dienstleistungsmerkmalen nach Wichtigkeit und tatsächlichem Erfüllungsgrad (hier begrenzt auf die Merkmale des Sozialvermögens)
1 Problemstellung und Zielsetzung
Im Segment der besonders vermögenden Privatkunden (HNWI = High Networth Individuals und U-HNWI = Ultra High Networth Individuals) herrscht in Deutschland im Vergleich zu Wachstumsmärkten wie den BRIC-Ländern annähernde Stagnation. Dennoch bleibt der deutsche Markt der größte Markt für Vermögensverwalter im europäischen Raum. Die deutsche Vermögensverwaltungsbranche hat dabei auf der Suche nach neuem Wachstumspotential die Zielgruppe der privaten Vermögensinhaber mit Vermögen zwischen 5 – 30 Millionen USD entdeckt.[1] Zeitgleich versuchen neue Marktteilnehmer Zugang zu diesem Kundensegment zu erhalten und etablierte Anbieter vorhandene Kunden zu halten.[2]
Die Produktdichte nimmt zu, damit einhergehend wird für die Nachfrager die Orientierung im Markt schwieriger.[3] Die Wechselbereitschaft und der Informationsbedarf der Zielgruppe zum Thema steigen und sind oft zurückzuführen auf eine vorhandene Unzufriedenheit mit der Dienstleistungsqualität des bisherigen Anbieters und der daraus resultierenden Suche nach Alternativen. Der Wettbewerbsdruck auf Anbieterseite wächst entsprechend.
Diese Arbeit stellt die aktuellen Entwicklungen am deutschen Markt für Family Office-Dienstleistungen dar und stellt Handlungsoptionen der Family Office-Anbieter zur Wachstumsgenerierung im wettbewerbsintensiven Marktumfeld vor. Es wird von einem kundenfokussierten Ansatz aus überprüft ob eine Wettbewerbsabgrenzung möglich ist und, wenn ja, durch den Einsatz welcher Instrumente diese erfolgen kann. Die Arbeit baut dabei auf einer Reihe von wissenschaftlichen Arbeiten der letzen fünf Jahre zum, bis dahin im deutschen Raum wissenschaftlich kaum besetzten, Themengebiet Family Office auf. Deren empirische Ergebnisse werden, im Sinne des oben gesetzten Ziels, zusammengeführt und untereinander sowie mit weiterer Literatur zum Thema abgeglichen. Insbesondere erfolgt ein Abgleich zwischen den Kundenerwartungen und dem aktuellen Family Office-Angebot am deutschen Markt.
2 Begriffsbestimmungen und rechtliche Rahmenbedingungen
2.1 Definition „Finanzstandort Deutschland“
Als Finanzstandort Deutschland soll im Rahmen dieser Arbeit der Markt für Finanzdienstleistungen im politischen und geografischen Deutschland verstanden werden. Ausdrücklich ausgenommen sind damit die Finanzdienstleistungsmärkte im anderweitig deutschsprachigen bzw. teilweise deutschsprachigen Raum, wie z.B. Österreich, der Schweiz oder Liechtenstein. Finanzdienstleister mit nicht deutscher Provenienz sind allerdings Gegenstand dieser Untersuchung, wenn Sie Niederlassungen in Deutschland unterhalten und ihre Dienstleistungen in Deutschland anbieten.
Der Terminus „Finanzstandort“ soll im Sinne der Ausrichtung dieser Diplomarbeit auf Aspekte des Bereiches der Finanzdienstleistungen und deren betriebswirtschaftliche Beurteilung abgestellt werden. Entsprechend wird das Thema Family Office vorwiegend aus dieser Perspektive betrachtet. So erfolgen z.B. volkswirtschaftliche und sozialwissenschaftliche Betrachtungen des Family Office nur am Rande und nur insofern es zum betriebswirtschaftlichen Verständnis beiträgt.
Der Begriff der Finanzdienstleistung selbst wird dabei in seiner weiter gefassten Definition genutzt. Eine genauere Darstellung dieser Definition erfolgt im nächsten Kapitel im Kontext mit der allgemeinen Dienstleistungsdefinition.
Unter der Bezeichnung „Finanzstandort Deutschland“ soll dementsprechend im Rahmen dieser Diplomarbeit hauptsächlich der Finanzdienstleistungssektor und die diesen bei der Leistungserbringung unterstützenden, angrenzenden Wirtschaftsektoren, insbesondere die der Steuer- und Rechtsberatung, innerhalb der politischen und geografischen Grenzen Deutschlands verstanden werden.
2.2 Der Begriff der Dienstleistung und der Finanzdienstleistung
2.2.1 Dienstleistungsbegriff
Zum Begriff der Dienstleistung existieren verschiedene Definitionsansätze. Diese unterscheiden sich bereits in der Methodik ihrer Herleitung. Bei volkwirtschaftlicher Herleitung wird die Dienstleistung als tertiärer Sektor definiert, dem alle Wirtschaftsaktivitäten zugerechnet werden, die nicht im primären (Ackerbau und Rohstoffgewinnung) oder sekundären (Sachgüterproduktion) Sektor enthalten sind.[4] Insofern wird die Dienstleistung in diesem Fall zur Restgröße.[5] Der mittlerweile erreichten Bedeutung des Dienstleistungssektors in modernen Volkwirtschaften wird diese Einordnung der Dienstleistung als Sammelbecken aller nicht anderweitig zuordenbaren Leistungserstellungsprozesse nicht gerecht. So entfielen auf den tertiären Sektor im Jahre 2001 bereits 69% des Inlandproduktes Deutschlands.[6] Die Betriebswirtschaftslehre bemüht sich entsprechend zielgerichtetere Dienstleistungsdefinitionen zu entwickeln. In einer Variante wird der Dienstleistungsbegriff über eine Aufzählung von Beispielen erfasst. Diese enumerative Definition findet sich z.B. bei E. Langeard.
Dieser Ansatz ist allein durch die gewählte Methode in seiner Aussagekraft eingeschränkt. Alle nicht beispielhaft genannten und insbesondere alle neuen Leistungserstellungsprozesse müssen einzeln auf ihre Einordnung innerhalb dieser Systematik hin überprüft werden, sie sind nicht von vornherein als Dienstleistung im Sinne der Definition erkennbar. Abgrenzungsprobleme und subjektive Einflüsse auf die Wertung sind nicht ausgeschlossen und sogar wahrscheinlich.[7]
Eine weitere Möglichkeit der Begriffsbestimmung des Dienstleistungsbegriffes ist die Negativdefinition, d.h. Abgrenzung der Dienstleistung von der Sachgüterproduktion, z.B. zu finden bei Altenburger, O. A..[8]
Dieses Modell ähnelt der oben angeführten volkswirtschaftlichen Betrachtungsweise und beinhaltet dieselben Unzulänglichkeiten. Die von Meffert und Bruhn, aber auch von B. Stauss, favorisierte Dienstleistungsdefinition ist die per konstitutiver Merkmale. Diese Merkmale sind entweder die Tätigkeit-, Prozess-, Ergebnis- oder Potenzialorientierung in der Leistungserstellung, die zur Beurteilung herangezogen wird.[9] Die Tätigkeitsorientierung als Beurteilungsperspektive wird von Meffert und Bruhn allerdings als unpraktikabel abgelehnt. Die Definition beschreibt letztendlich jede menschliche Tätigkeit als Dienstleistung und lässt entsprechend eine Abgrenzung mangels eines Alternativzustandes obsolet erscheinen.[10]
Die Prozess-, Ergebnis- und Potenzialorientierung ist in die Definition der Dienstleistung in der Form der kombinierten, phasenbezogen integrierten Betrachtung aller drei konstitutiven Merkmale eingeflossen. Demnach stellen das Potenzial und die Bereitschaft (Potenzialorientierung) zur Leistungserstellung die Basis dar. Darauf aufbauend wird durch den externen Faktor, also vor allem den Dienstleistungsnachfrager, der Prozess der Leistungserstellung ausgelöst und für die Prozessdauer begleitet (Prozessorientierung). Am Prozessende steht dann das Dienstleistungsergebnis (Ergebnisorientierung).[11]
Die Definition nach Meffert und Bruhn lautet dementsprechend:
„Dienstleistungen sind selbständige, marktfähige Leistungen, die mit der Bereitstellung (z.B. Versicherungsleistungen) und/oder dem Einsatz von Leistungsfähigkeiten (z.B. Friseurleistungen) verbunden sind (Potenzialorientierung). Interne (z.B. Geschäftsräume, Personal, Ausstattung) und externe Faktoren (also solche, die nicht im Einflussbereich des Dienstleisters liegen) werden im Rahmen des Erstellungsprozesses kombiniert (Prozessorientierung). Die Faktorenkombination des Dienstleistungsanbieters wird mit dem Ziel eingesetzt, an den externen Faktoren, an Menschen (z.B. Kunden) und deren Objekten (z.B. Auto des Kunden) nutzenstiftende Wirkungen (z.B. Inspektion beim Auto) zu erzielen (Ergebnisorientierung).“.[12]
Bezüglich der Dienstleistungsdefinition werden in der Literatur das uno-actu-Prinzip und die Immaterialität der Dienstleistung als strittige Unterkriterien diskutiert.
Das uno-actu-Prinzip beschreibt dabei den häufig bei der Dienstleistungserstellung anzutreffenden Umstand, dass Leistungserstellung und Leistungsverbrauch bzw. –nutzen zeitlich und räumlich zusammenfallen, z.B. bei der Theateraufführung. Allerdings ist dies nach Meinung der Kritiker beispielsweise im Bereich des Fernabsatzes von Dienstleistungen nicht der Fall. Durch die Nutzung von Systemen der Informationstechnologie ist sogar das Vorhalten und automatisierte, also nicht durch persönliche Interaktionsprozesse ausgelöste, Erbringen von Dienstleistungsinhalten möglich. Folgt man Definitionsansätzen, die die persönliche Interaktion als notwendiges Kriterium der Dienstleistung erachten, wären damit eine Anzahl von historisch jüngeren Leistungserstellungsprozessen, die weitläufig als Dienstleistung bezeichnet werden, eben keine Dienstleistung. Dem wird mit folgender Argumentation entgegengetreten. Da die betroffenen Dienstleistungen, z.B. Zahlungsanweisung im Internet-Banking, ehemals alle Merkmale einer Dienstleistung erfüllten bzw. bei Nichtnutzung des alternativen, automatisierten Durchführungsweges auch wieder erfüllen würden, können sie nicht allein durch die Substitution des menschlichen Produktionsfaktors durch die Informationstechnologie ihren Charakter als Dienstleistung verlieren. Sie sollten folglich auch weiterhin als Dienstleistungen gelten.[13]
Ebenfalls aus Gründen des technischen Fortschrittes wird über die Immaterialität als Charakteristikum der Dienstleistung diskutiert. So ist das angesprochene Speichern von Dienstleistungen nur unter technologischer Kombination und Nutzung von Material möglich. Insofern wird beispielsweise aus der künstlerischen Darbietung eine Musikplatte, CD oder DVD. Diese wiederum sind wirtschaftliche Sachgüter und können gehandelt oder sogar als Produktionsfaktor, z.B. in der Diskothek oder einem Radiosender, genutzt werden. Dieser Abgrenzungsunschärfe wird aktuell immer noch mit der von R. Maleri bereits 1973 formulierten Gegenthese begegnet, dass auch der Mensch selbst für die Antizipierung und Speicherung von Dienstleistungen auf seine körpereigenen, chemisch-physikalischen, also materiellen, Voraussetzungen zurückgreift. Demnach ist die bloße Speicherung einer Dienstleistung noch kein hinreichendes Kriterium dafür, dass es sich nicht um eine Dienstleistung, sondern ein Sachgut handelt.[14]
2.2.2 Finanzdienstleistungsbegriff
Nachdem der Begriff der Dienstleistung im Rahmen dieser Arbeit gemäß Meffert und Bruhn, wie in Kapitel 2.2.1 beschrieben, genutzt werden soll, kann eine Definition des Unterbegriffes der Finanzdienstleistung folgen.
Nach dem KWG sind Finanzdienstleistungen u.a. die Anlage- und Abschlussvermittlung von Finanzinstrumenten, die Finanzportfolioverwaltung und der Eigenhandel mit Kunden. Diese Definition kann als enger gefasste angesehen werden. Dabei sind unter dem Begriff der Finanzinstrumente sowohl Wertpapiere, als auch Devisen und Derivate subsumiert.[15]
Weitergefasste Definitionen erfassen alle den privaten Haushalten angebotenen Dienstleistungen von Banken, Wertpapierhäusern und Versicherungen. Diese Charakterisierung der Finanzdienstleistungen ist an den englischen Begriff der „financial services“ angelehnt. Ein noch weitergehender Definitionsansatz betrachtet jede Dienstleistung, die die finanziellen Bedürfnisse von Kunden zu befriedigen weiß, als Finanzdienstleistung.[16] Wie sich im Verlauf dieser Arbeit noch zeigen wird, kann für die Verwendung im Kontext mit dem Thema Family Office nur die weitestgehende Definition der Finanzdienstleistungen als geeignet erachtet werden.[17]
2.3 Der Begriff des „Family Office“
2.3.1 Historie
Auch wenn der Begriff des Family Office aktuell oft eher mit dem amerikanischen Wirtschaftsraum in Verbindung gebracht wird, fußt diese Dienstleistung[18] doch historisch in Europa und dem fernen Orient.[19] Hausmeier bzw. gatekeeper fungierten als Schnittstelle zwischen Adelshaus und externen Dienstleistern und Lieferanten. Später im Zeitalter des Merkantilismus gründeten dann wohlhabende Handelsfamilien die ersten Privatbanken zur Verwaltung des eigenen Vermögens. Die erste Erwähnung des Begriffes Family Offices findet sich dann im Zusammenhang mit der Eigenvermögensverwaltung der Familie Morgan, dem „House of Morgan“, einem typischen Single Family Offices[20], das sich später durch den Anschluss der Familien Vanderbild, Guggenheim und Du Pont zu einem der ersten familiengeführten Multi Family Offices entwickelte.[21]
Die Verwaltung großer Vermögen splittete sich in der Folge auf in die Verwaltung durch Fremdanbieter, wie z.B. durch mittlerweile für Kunden geöffnete Privatbanken, und familiengeführte Family Offices. In den USA existieren derzeit ca. 3.500 und in Europa 200 dieser letztgenannten formellen Family Offices. Über, von außen nicht direkt erkennbare, so genannte informell-strukturierte Family Offices liegen naturgemäß keine Zahlen vor. Es ist aber davon auszugehen, dass deren Anzahl
über der Zahl der formellen Family Offices liegt.[22]
Ab Mitte der achtziger Jahre, mit stark wachsendem Wohlstand in den USA, rückt das Family Office als Dienstleistung immer mehr in das Bewusstsein einer breiten Öffentlichkeit und fand zu diesem Zeitpunkt auch seinen Weg zurück nach Europa. Die Verwaltung eines Vermögensteils der Familie Quandt durch Feri Trust, gegründet 1987, wird oft als Beginn der Geschichte des Family Office in Deutschland bezeichnet.[23] Allerdings bedeutet dies nicht, dass das Dienstleistungsspektrum des Family Office bis zu diesem Datum nicht in Europa und damit auch Deutschland verfügbar gewesen wäre. Die oben erwähnten Privatbanken boten oft Leistungspakete an, die dem eines Family Office ähnelten. Bedingt durch die historischen Ereignisse, insbesondere die diversen Kriege, wurden europäische Vermögen aber immer wieder reduziert oder gar vernichtet. Dies führte zu der im Vergleich zu den USA relativ späten Herausbildung von Family Offices modernen Zuschnitts. Erst durch die Friedensdividende seit Ende des Zweiten Weltkrieges wuchsen Vermögen heran, deren Umfang die Einrichtung bzw. den Anschluss an ein Family Office sinnvoll erscheinen ließen.[24]
2.3.2 Inhaltliche Definition
An dieser Stelle wird dargelegt was im Rahmen dieser Arbeit unter dem Begriff Family Office verstanden werden soll. Da in der Fachliteratur in den letzten Jahren einige Definitionen des Begriffes entwickelt worden sind, wird auf eine eigene Herleitung der Definition verzichtet. Vielmehr werden die existenten Begriffsbestimmungen vorgestellt, auf Konsistenz geprüft und gegeneinander abgewogen.
Der Begriff Family Office wird im Allgemeinen als Dienstleistung bzw. ein Dienstleistungsbündel bezeichnet. An diesem Punkt soll die Dienstleistungseigenschaft nun kurz an Hand der in Kapitel 2.2.1 aufgestellten Kriterien überprüft werden.
Die Grundmerkmale der selbständigen und marktfähigen Leistung sind insoweit erfüllt, als das das Family Office als eigenständiges Angebot am Markt existiert und auch nachgefragt wird. Während der Leistungserstellung fließen sowohl Leistungspotentiale direkt ein (z.B. Ratschläge hinsichtlich der gewählten Anlagestrategie) und es werden diese auch zum Abruf bereitgestellt (z.B. vorhandene Beziehungen zu ausländischen Kooperationspartnern, die bei Bedarf aktiviert werden können). Das Merkmal der Potenzialorientierung wird vom Angebot Family Office also erfüllt.
Die Kombination externer und interner Faktoren ist eine der Kernkompetenzen des Family Office. Es werden je nach Situation mehrere externe Faktoren (die einzelnen Familienmitglieder bzw. Vermögensinhaber und deren Vermögenswerte und zugehörige Umweltfaktoren, z.B. die individuellen, steuerlichen Rahmenbedingungen) mit den internen Faktoren (z.B. Berater, Prozess-Know-how) und weiteren externen Faktoren (z.B. Produktanbietern) kombiniert. Selbst bei einem hochgradig integrierten Integriert-Familiengeführten-Single-Family Office liegen durch die Produktanbieter und die, nicht in das Tagesgeschäft eingebundenen, Familienmitglieder mit verwalteten Vermögensanteilen externe Faktoren vor, so dass auch dann noch eine Faktorenkombination externer und interner Faktoren erfolgt. Selbst wenn es nur einen Vermögensinhaber gibt, der darüber hinaus auch noch innerhalb des Family Office mit tätig ist, kann das Family Office als eigenständige Organisationseinheit aufgefasst werden, die integrativ den externen Faktor Vermögensinhaber und dessen Vermögen in den Leistungsprozess mit einbezieht.[25] Die Prozessorientierung liegt also ebenfalls vor. Dabei wird der Gesamtprozess durchgeführt um mehrere vorher festgelegte Ziele zu erreichen. Damit ist auch das Merkmal der Ergebnisorientierung erfüllt. Führt man das Leistungsbündel Family Office mit seinen Merkmalen an den formulierten Dienstleistungskriterien vorbei, so werden die Anforderungen in jeder Merkmalsebene erfüllt. Family Office kann dementsprechend als Dienstleistung bezeichnet werden.
Es existieren verschiedene Definitionen dessen, was mit dem Terminus Family Office bezeichnet sein soll. Eine gebräuchliche ist die von Peter Schaubach entwickelte Begriffsbestimmung. Schaubach bildet dabei aus den Bestimmungen der Begriffe „Family“ und „Office“, im Sinne einer Organisationsform, nicht als wortwörtliches (Schreib-)Büro, eine definitorische Synthese. Hierbei wählt er als Familiendefinition eine Kombination aus erweiterter, mehrere Generationen umfassende, Familie und dem Haushaltsbegriff als Produktionsgemeinschaft zur Erzeugung von Gütern. Aus der Verwendung des Begriffes der erweiterten Familie leitet er auch den erweiterten Zeithorizont über mehrere Generationen ab, der für das Family Office gelten soll. Den Teilbegriff „Office“ fasst Schaubach in seiner Definition als Organisationsform auf, wobei er diese in ihrem Aufbau an den Aufbau eines betriebswirtschaftlichen Konzerns angelehnt wissen möchte. Der Konzernansatz ermöglicht es die einzelnen Familienmitglieder bzw. Familienuntergruppen und die diversen internen und externen Mitarbeiter bzw. Leistungsersteller wie die Teileinheiten eines Konzerns frei zu kombinieren. Durch die Konzernstruktur unterliegt man dabei nur den Beschränkungen des einmal erstellten, aber durchaus veränderbaren, Rahmenkonzeptes. Die Teileinheiten an sich genießen eine, im Gegensatz beispielsweise zum Einheitsunternehmen, erhöhte Autonomie und Souveränität. Dies schafft die Möglichkeit die Teileinheiten separat zu mobilisieren und deren Handeln aufeinander abzustimmen. Durch dieses Mobilisierungs- und Synergiemanagement kann ein Mehrwert generiert werden.[26]
Durch die Synthese dieser beiden Teildefinitionen kommt Schaubach zu folgender Begriffsdefinition des Family Office:
„Family Office bezeichnet die von einer Familie oder Individualperson mit komplexem Vermögen in beträchtlichem Umfang zur Generierung von Wertschöpfungsvorteilen etablierte organisatorische Einheit, in der die strategischen, taktischen und operativen Leistungen der Konfiguration, Koordination und Mobilisierung des Finanz-, Human- und Sozialvermögens mit dem Ziel der Schaffung langfristiger Wertschöpfungsvorteile gebündelt sind.“.[27]
Direkt auf Peter Schaubach bezugnehmend ist folgende Charakterisierung des Begriffes Family Office von Felix Haupt und Thomas Hilger zu verstehen. Besondere Berücksichtigung findet dabei seine Definition des Private Wealth Management, als originäre, aber delegierbare, Aufgabe des Vermögensinhabers, die das Planen, Realisieren und Kontrollieren von Finanz-, Human- und Sozialvermögen beinhaltet.[28]:
„Das Family Office ist eine organisatorische Einheit, die vermögende Privatpersonen bei der Wahrnehmung ihrer originären Private Wealth Management Aufgaben behilflich ist. Dabei entlastet das Family Office den Vermögensinhaber durch eigene Leistungen, unterstützt ihn bei der Leistungsbeziehung von Drittanbietern und sichert die Rationalität der Leistungserstellung durch die Integration von Arbeitsschritten nach Maßgabe der Wirtschaftlichkeit.“.[29]
Ebenso hebt auch die Begriffsdefinition der Family Office Exchange (FOX) das über das reine Assetmanagement Hinausgehende mit dem Begriff “family heritage”, also Familienerbe oder im weiteren Sinne Familiengeist, hervor:
“The family office represents a center of influence and stability to help families with exceptional wealth ensure the preservation and growth of their financial assets and family heritage.”.[30]
Auch Christian Hinck nutzt den Begriff Family Office in diesem, über das Materielle hinausgehenden, Sinne. Im Rahmen seiner Arbeit hat er 33 Family Office-Anbieter zu dieser Definition befragt und um deren Zustimmung, Ablehnung oder Korrektur gebeten. Von den Befragten antworteten 21, von diesen stimmten 11 der Definition zu. Komplett abgelehnt wurde die Definition von keinem Anbieter, allerdings hatten zehn Befragte den Wunsch nach inhaltlicher Ergänzung bzw. Änderung. Der meist genannte Änderungswunsch war die Konzentration des Angebotes auf den „office“ Bereich. Sieben der Anbieter wollten entsprechend das Privatleben der Kunden nicht als Gegenstand ihrer Dienstleistung verstanden wissen. Wie Hinck weiter ausführt ist diese Betonung der geschäftlichen Seite gerade bei nicht familiengeführten Family Offices besonders stark.[31] Die Vermutung liegt nahe, dass durchaus eine Wechselwirkung zwischen dem als angemessen kommuniziertem Dienstleistungsumfang und dem eigenen Dienstleistungspotential besteht.
Andere Autoren nähern sich der Begriffsbestimmung zum Family Office aus der praktischen Anschauung, so Selda Düzgünkaya:
„Der Begriff des Family Office umfasst heute eine Dienstleistung, die von Privat- und Großbanken, sowie einer Reihe von unabhängigen Beratern an die Kunden im In- und Ausland angeboten wird, die über eine komplexe Besitzstruktur von erheblichem Umfang verfügen. Dieses Vermögen setzt sich aus liquidem Guthaben aber auch aus Immobilien, Kunstgegenständen, Beteiligungen an Unternehmen und ähnlichem zusammen.“.[32]
Diese Definition wird dann allerdings im Anschluss um Definitionsansätze Dritter auch mehr in dem Sinne Schaubachs um immaterielle Ziele, wie der Erziehung hin zur Entscheidungskompetenz, ergänzt.[33]
Ähnlich pragmatisch ist die folgende begriffliche Definition:
„Oberste Ziele [des Family Office] sind die Strukturierung, der Erhalt und der Ausbau eines international diversifizierten Vermögens sowie die damit verbundene umfassende Betreuung.“.[34]
Allen Definitionen gemeinsam ist der Hinweis auf eine komplexe und außerordentliche Vermögensstruktur als Grundlage des Bedürfnisses nach der Dienstleistung Family Office. Hiermit wird die herausragende Stellung des Family Office gegenüber anderen Dienstleistungen wie dem Wealth Management, Private Banking oder Financial Planing deutlich betont und diesen, aufgrund der Komplexität, übergeordnet. Hinzu kommt in der auf Schaubach zurückzuführenden Definition die zusätzliche Einbeziehung nicht materieller Vermögensteile als Objekte der Dienstleistung. Hierdurch wird das Family Office ebenfalls zu untergeordneten Finanzdienstleistungen abgegrenzt und geht über den Status der reinen Finanzdienstleistung hinaus.[35]
Im weiteren Verlauf wird der Begriff „Family Office“ im Sinne Schaubachs verwandt, da dort eindeutig der Mehrwert gegenüber den anderen, vermögenden Kunden offerierten, Finanzdienstleistungen herausgearbeitet wird. Gerade an der Einbeziehung immaterieller Vermögensgegenstände in das Leistungs- und Betreuungsangebot und den erweiterten Planungshorizont über mehrere Generationen müssen sich als „Family Office“ angebotene Dienstleistungen messen lassen. Nur dies markiert ihre exzeptionelle Position gegenüber den verwandten Angeboten des Private Banking, Financial Planing und Wealth Management.[36]
2.3.3 Typen des Family Office
Family Offices werden hinsichtlich ihres Organisationstypus nach diversen Kriterien voneinander unterschieden. Diese sind Gründungsart, Eigentumsverhältnisse am Family Office selbst und Form der Geschäftsführung, Anzahl der betreuten Vermögensinhaber bzw. Familien, Umfang der integrierten Dienstleistungen und als Sonderform das virtuelle Family Office. Die Auswahl der zu Differenzierung genutzten Kriterien und deren Aussagekraft sind je nach gewählter Perspektive unterschiedlich. Die Art der Gründung eines Family Office ist für die qualitative Beurteilung relativ bedeutungslos. Eine Gründung durch Banken oder andere Dritte lässt einzig den Schluss zu, dass eine Gewinnabsicht vorliegt. Weitere Rückschlüsse können nicht gezogen werden. Ähnlich ist die Situation bei der Unterscheidung nach familiengeführtem oder fremdgeführtem Family Office. Wobei fremdgeführt meint, dass das Management kein eigenes Vermögen durch das Family Office mitverwaltet. Dies impliziert ebenfalls, rationales und nicht altruistisches Handeln vorausgesetzt, dass mit dem Family Office eine Gewinnabsicht des Managements und/oder der Eigentümer verfolgt wird. Bei familiengeführten Family Offices kann die Absicht der Erzielung eines operativen Gewinnes aus dem Betreiben des Family Office selbst erst bei der Betreuung von Vermögen Dritter unterstellt werden.[37] Allerdings ist diese Schlussfolgerung nicht zwingend, da mit der Aufnahme weiterer betreuter Vermögen auch lediglich die Erzielung von Skaleneffekten beabsichtigt sein kann. Insbesondere wenn sich die Inhaber mehrerer mittlerer Vermögen zusammenschließen kann dieser Effekt im Vordergrund stehen.[38] Eine Clusterung der Formen, in denen Family Offices organisiert sind, wurde von Haupt und Hilger in umfänglicher und zusammenfassender Form vorgenommen.[39]
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
In Anlehnung an: Haupt, F. und Hilger, T. (2006)[40]
Abbildung 1 : Clusterung des Family Office-Marktes
Dabei haben die Autoren die diversen, in der Literatur verwendeten, Bezeichnungen, mit teilweise gleicher oder sehr ähnlicher Bedeutung, dem Inhalt nach in Gruppen zusammengefasst, an Hand der drei Dimensionen Kontrolle, Koordination und Kundenanzahl eingeteilt und die sich daraus ergebenden acht Cluster jeweils eindeutig benannt. So wurden die 44 in der Literatur verwendeten Bezeichnungen auf die oben abgebildeten 8 Begriffe reduziert.[41]
Die Unterteilungsdimensionen haben dabei jeweils zwei Ausprägungen. Die Kontrolle über das Family Office kann vom Vermögensinhaber, also in der Regel einer Familie, oder aber durch Andere ausgeübt werden, mit den erwähnten Folgen für die Gewinnerzielungsabsicht aus dem Betrieb des Family Office selbst. Aus der Entscheidung, die rechtliche Kontrolle selbst wahrzunehmen oder aber sich einem fremdgeführten Family Office anzuschließen, ergibt sich ein Unterschied in der wahrscheinlichen Unabhängigkeit des Family Office von Drittanbietern und der Transparenz des Geschäftsabläufe. Beim selbstgeführten Family Office ist die höchstmögliche Unabhängigkeit und Transparenz erzielbar, da selbst wenn auf Mitarbeiter zurückgegriffen wird, diese in der Regel auf den Vorteil des Family Office, also ihres Arbeitgebers, fokussiert sein werden. Familiengeführte Family Offices, die mehrere Vermögen verschiedener Familien oder Familienstämme verwalten, weisen regelmäßig ein Ungleichgewicht in der Transparenz auf, da die operativ tätigen Vermögensinhaber einen höheren Einblick in die Geschäftsabläufe haben und deren inhaltliche Bedeutung eher einordnen können. Sofern die Einzelinvestitionen für alle verwalteten Vermögen bzw. Vermögensteile nach gleicher Strategie (sofern gewünscht) und mit den gleichen Anlageinstrumenten verwirklicht werden, kann aber auch in dieser Konstellation von einer höchstmöglichen Sorgfalt bei der Auswahl von Drittanbietern und Finanzprodukten ausgegangen werden.[42]
Das Potential an Interessenkonflikten ist bei der Kontrolle eines Family Office durch Dritte ohne eigene Anteile am verwalteten Vermögen am höchsten. Geeignete, vom Anbieter unabhängige, Kontrollmechanismen, z.B. Erstellung eines Audits oder eines Gesamtreportings durch einen Wirtschaftsprüfer, können die durch das Informationsungleichgewicht entstehende Unsicherheit auf Kundenseite verringern.[43] Zusätzlich kann das Preis- und Entlohnungssystem als Instrument dazu genutzt werden den Anbieter stärker an den Kundenerfolg zu binden, d.h. den Kundenerfolg zu seinem eigenen Interessenschwerpunkt zu machen.[44]
Eine Unterscheidung von „abhängigem“ und „unabhängigem“ Family Office wird von Haupt und Hilger als nicht stichhaltig eingestuft. Dabei meint „abhängig“ konzernzugehörig und „unabhängig“ konzernunabhängig. Die mit der Konzernzughörigkeit implizierten Interessenkollisionen in Hinsicht auf Auswahl der Finanzinstrumente und konkrete Produkte erkennen die Autoren an. Sie weisen aber daraufhin, dass auch andere Fremdanbieter, z.B. Steuerberater oder freie Vermögensberater, durchaus, aufgrund ihrer Einbettung in wirtschaftliche Zwänge, in ähnliche Interessenskonflikte geraten können. Eine Unterscheidung nach diesem Kriterium lässt also keinen unbedingten Rückschluss auf vorliegende Interessenkonflikte oder eben deren Fehlen zu.[45] Beim fremdgeführten Family Office wird ein Rest an Unsicherheit bei den nicht operativ eingebundenen Kunden analog zur Prinzipal Agenten Theorie bestehen bleiben, da eine absolute Gewissheit über die operativen Parameter des Family Office zu Lasten der Wirtschaftlichkeit und dem Gesamtnutzen für den Kunden geht, auch gerade im Hinblick auf Convenience-Aspekte.[46]
Die Anzahl der betreuten Kunden wird in der Ausprägung Single Family oder Multi Family unterschieden. Single Family meint dabei die ausschließliche Betreuung einer Familie bzw. Vermögensinhabers und Multi Family entsprechend die Betreuung von zwei oder mehreren Vermögensinhabern. Dies impliziert, dass es für die Beurteilung eines Family Office unerheblich ist ob zwei oder eben weitere Familien betreut werden, sofern die Besonderheit der Ein-Familien-Betreuung erst einmal entfallen ist. Haupt und Hilger argumentieren dies damit, dass der entscheidende Unterschied zwischen Single Family Office oder Multi Family Office aus Kundenperspektive in der höheren Exklusivität des einen Modells gegenüber dem Anderen liegt, die ab dem zweiten Kundenmandat verloren geht.[47] Wobei Exklusiv hierbei weniger im Prestigesinne verstanden werden soll, sondern vielmehr die spezialisierte Ausrichtung des Family Office auf die individuellen Bedürfnisse des dann einzigen Kunden meint.[48] Ein anderes Problem, das sich aus den beiden Ausprägungen dieser Dimension ergeben kann, ist ein gefühltes oder tatsächliches Einflussgefälle in Bezug auf das Family Office. Dieses kann gewollt sein, wenn dem Inhaber des einen, in der Regel größeren, Vermögens eine höhere Kompetenz zugeschrieben wird. Dies kann zu einer Primus-inter-Pares-Regelung führen. Eine Unzufriedenheit der Vermögensinhaber mit geringerem Einfluss ist aber ebenso möglich. Die unterschiedliche Inanspruchnahme der zur Verfügung stehenden Ressourcen, insbesondere die unterschiedliche Betreuungsintensität, birgt Konfliktpotential. Dieses Problem kann selbst in Single Family Offices entstehen, wenn die auf die Familienstämme entfallenen Vermögensanteile entsprechend heterogen sind.[49]
Aus Sicht des Fremdanbieters ist ein Single Family Office nur in Ausnahmefällen zu empfehlen, so z.B. als Übergangsstatus in der Startphase eines Multi Family Office. Die Abhängigkeit von einem Kunden führt sonst zu einem wirtschaftlichen Ungleichgewicht, das durch vertragliche Regelungen kaum zu überwinden ist und zu einer einseitigen Abhängigkeit, zu Lasten des Anbieters, führt.[50]
Nach der Kundenanzahl ist die dritte Dimension die Koordination. In dieser wird auf einen konzertierten und einen integrierten Ansatz des Family Office abgestellt. Der integrierte Ansatz geht vom, die Managementfunktion selbständig wahrnehmendem, Family Office aus, welches darüber hinaus auch die gesamte oder zumindest den größten Teil der anderen Dienstleistungsinhalte selbst zur Verfügung stellt. Insofern gleicht das Family Office in dieser Variante einem „Familienkonzern“.[51] Der Kunde wird in seinen Geschäftsbeziehungen nach außen hin selten persönlich in Erscheinung treten, vielmehr bündelt das Family Office alle Außenbeziehungen und tritt in allen Bereichen vermittelnd zwischen Kunden und Endanbieter.[52] Die zweite mögliche Ausprägung in dieser Dimension ist die des Family Office als Controller und Prozessoptimierer. Hierbei steht das Family Office nicht zwischen dritten Kooperationspartnern und Familie, sondern sinnbildlich neben der Familie und dieser gleichzeitig zur Seite. Die Dienstleistungsinhalte werden größtenteils vom Family Office an Dritte delegiert. Lediglich die Strategieentwicklung, das Vermögens-Controlling und –Reporting bleiben bei diesem Ansatz regelmäßig in der Verantwortung des Family Office. Ein solches Family Office-Konzept wird als konzertiertes Family Office bezeichnet.[53]
2.4 Rechtliche Rahmenbedingungen
Der Dienstleistungsprozess des Family Office wird auf allen Leistungsebenen von rechtlichen Rahmenbedingungen flankiert. In erster Linie die Verwaltung von Vermögen Dritter, als Kernleistung des Family Office, aber auch die Beratung in steuerlichen oder rechtlichen Fragen, als zusätzliche Leistungsinhalte, unterliegen in Deutschland einer rechtlichen Reglementierung.[54]
Zunächst sollen die für die Vermögensverwaltung gültigen Rechtsnormen betrachtet werden.
Die Tätigkeit des Vermögensverwalters war bis 1997 lediglich durch das örtliche Gewerbeamt genehmigungspflichtig. Im Zuge der Umsetzung verschiedener EG-Richtlinien durch die Bundesregierung im 3. Finanzmarktförderungsgesetz unterliegt die Tätigkeit des Vermögensverwalters seit 1998 dem Kreditwesengesetz (KWG) und dem Wertpapierhandelsgesetz (WpHG).[55] Die Vermögensverwaltung kann auf Basis zweier Vertragsformen ausgeführt werden. Entweder in Form einer Verwaltungstreuhand, auch Kommissionsmodell genannt, oder als Vollmachtsvertretung, auch als Vertretermodell bezeichnet. Hauptunterscheidungskriterium ist dabei, dass bei der Verwaltungstreuhand das Vermögen auf den Verwalter übergeht. Beim Auftraggeber verbleibt ein Rückübertragungsanspruch. Bei der Vollmachtsverwaltung bleiben die Eigentümereigenschaften am Vermögen unverändert. Der Verwalter nimmt seine Aufgaben mit Hilfe der ihm erteilten Vollmacht wahr. Bei der Vermögensverwaltung in Form der Verwaltungstreuhand kann es dabei zu rechtlichen Problemen im Sinne des § 1 KWG kommen. Nichtbanken könnten sich dem Vorwurf des Betreibens unerlaubter Bankgeschäfte aussetzen, da die Vermögensübertragung sowohl Aspekte des Einlagen-, Effekten- und Depotgeschäftes einer Bank erfüllen kann. Auch die entstehenden Kosten der Vermögensübertragung können gegen die Wahl der Rechtsform der Verwaltungstreuhand für den Verwaltungsvertrag sprechen. Gerade bei der Verwaltung von Immobilienvermögen ist dieser Aspekt von Relevanz. In der Praxis ziehen deshalb Nichtbanken, besonders wegen des § 1 KWG, die Vollmachtsverwaltung vor.[56]
Unberührt von der der Wahl der Vertragsform, zeichnet sich die Vermögensverwaltung gegenüber der reinen Vermögensberatung durch eine wesentlich strengere Haftung des Anbieters aus. Nach § 276 BGB haftet der Vermögensverwalter für jede Art der Fahrlässigkeit und des Vorsatzes. In der Praxis wird die Haftung oft auf den Vorsatz beschränkt, wobei Angehörige von Kammerberufen die Haftung wegen Fahrlässigkeit bis zur Höhe der gesetzlichen Mindestsumme der Pflicht-Berufshaftpflichtversicherung gegen sich gelten lassen müssen.[57]
Mit aktuellem Zieldatum für die tatsächliche Anwendung von November 2007 und des vorgelagerten, um zwei Monate verspäteten, Inkraftsetzens bis März 2007 steht zusätzlich die Umsetzung und Anwendung der MiFID (Markets in Financial Instruments Directive) der Europäischen Union in nationales Recht an.[58]
Die MiFID findet Anwendung auf Wertpapierfirmen.[59] Als Wertpapierfirma wird dabei jede juristische Person bezeichnet, die beruflich oder gewerblich Finanzdienstleistungen für Dritte erbringt bzw. Anlagetätigkeiten ausübt.[60] Finanzdienstleistungen im Sinne der MiFID sind dabei u.a. die Ausführung von Wertpapieraufträgen, im Namen von Kunden, Portfolioverwaltung und Anlageberatung.[61] Diese Merkmale treffen auch auf das Family Office zu. Aus der MiFID und der entsprechenden Umsetzung in nationales Recht ergeben sich die Zulassungspflicht und Kontrolle durch das Bundesaufsichtsamt für Finanzdienstleistungen für Family Offices, die nicht unter die Ausnahmen fallen.[62] Im Rahmen dieser Arbeit relevante Ausnahmen sind dabei der ausschließliche Handel für eigene Rechung, ohne dabei Marketmaker zu sein, und das Betreiben von Wertpapierdienstleistungen innerhalb eines Konzerns.[63] Die erstgenannte Ausnahme kann familiengeführte Single Family Offices von der Beachtung der nationalen MiFID-Umsetzung entbinden.[64] Die Konzernklausel befreit alle an Banken angebundenen Family Offices von weiteren Verpflichtungen aus der MiFID, wobei der Konzern als solches an die MiFID gebunden ist.[65]
Neben diesen, sich aus der Vermögensverwaltung ergebenden, rechtlichen Rahmenbedingungen sind je nach Umfang des Dienstleistungsspektrums noch weitere gesetzliche Bestimmungen die Steuer- und Rechtsberatung bzw. Wirtschaftsprüfung betreffend zu beachten. Sofern sie dritten Vermögensinhabern angeboten werden gilt für alle drei Beratungsformen, dass die entsprechenden Zulassungsbestimmungen zu beachten sind. Dies sind für die Steuerberatung die bestandene Steuerberaterprüfung[66], für die Wirtschaftsprüfung die bestandene Prüfung zum Wirtschaftsprüfer[67] und für die Rechtsberatung die Befähigung zum Richteramt. Diese wird nach dem Jurastudium an einer deutschen Universität und anschließenden Referendariat durch das Zweite Staatsexamen nachgewiesen[68]. Neben diesen fachlichen Befähigungsnachweisen ist dann die Zulassung bei der jeweiligen Kammer notwendig.[69] Die internalisierte Erbringung von Rechts- und Steuerberatung bzw. Wirtschaftsprüfungsleistungen ist für ein Family Office entsprechend mit erheblichem Aufwand und Kosten verbunden. Bei der Beratung Dritter scheidet die Möglichkeit der letztendlichen Beratung durch Mitarbeiter des Family Offices endgültig aus, es sei denn das Family Office würde selbst eine zugelassenen Steuerberatungsgesellschaft, Anwaltssozietät bzw. Wirtschaftsprüfungsgesellschaft darstellen. Ist dies nicht der Fall würde das Family Office sich dem Vorwurf der unerlaubten Beratungstätigkeit aussetzen. Im Hinblick auf die Wirtschaftsprüfungstätigkeit kommt zu den erwähnten Aspekten noch der, der mangelnden Aussagekraft, bzw. bei vorliegen einer entsprechenden Rechtsform mit Prüfungspflicht des Jahresabschlusses sogar des Verbotes, einer Eigenprüfung hinzu.[70]
In der Praxis wird es hauptsächlich zu Kooperationen zwischen Family Offices und den beratenden Berufszweigen kommen. Selbst wenn das Family Office z.B. durch einen Rechtsanwalt oder eine Wirtschaftsprüfungsgesellschaft geführt wird, empfiehlt es sich aus Gründen der Transparenz gegenüber den Vermögensinhabern weitere Beratungsleistung externer Dienstleister, auch aus dem eigenen Fachgebiet, anzubieten.[71] Ob intern entsprechende Experten vorgehalten werden, um die Schnittstellenkommunikation zu den externen Kooperationspartnern zu optimieren ist letztendlich eine individuelle Abwägung von Kosten und Nutzen einer solchen Lösung.
3 Die Produktinhalte der Dienstleistung Family Office
3.1 Vermögensverwaltung
Eine der Kernaufgaben des Family Office ist die Durchführung und/oder Überwachung der Vermögensverwaltung und dies in Abgrenzung und Erweiterung zur reinen Vermögens- bzw. Anlageberatung. Merkmal der Vermögensverwaltung ist, dass diese keine originären Finanzprodukte generiert, sondern lediglich Produkte offeriert, die durch vorhandene Instrumente kombiniert werden können.[72]
Anlageberater und Vermögensverwalter sind zwar beide bestrebt dem Vermögensinhaber durch Ihre Dienstleistung beim Erhalt und Ausbau seines Vermögens behilflich zu sein. Die reine Beratung stellt dabei allerdings die geringeren Anforderungen an den Anbieter, da dem Kunden lediglich Vorschläge zur Vermögensanlage unterbreitet werden. Die Entscheidung ob und welche von diesen Vorschlägen verwirklicht werden obliegt dabei, gemäß der vertraglichen Beziehung zwischen Berater und Vermögensinhaber, dem Kunden selbst. Die Vermögensverwaltung dagegen umfasst, wie im Verlauf bereits gezeigt, die Berechtigung und Verpflichtung des Vermögensverwalters eigenständig über die konkrete Form der Vermögensanlage zu entscheiden und diese auch umzusetzen. Aufträge zur Vermögensverwaltung werden abgrenzend zur Vermögensberatung zwingend für eine bestimmte Dauer erteilt.[73] Die erweiterte Haftung, die sich für den Anbieter aus der Vermögensverwaltung ergibt, wurde in Kapitel 2.4 bereits angesprochen. Im Folgenden werden die operativen Inhalte der Vermögensverwaltung beschrieben.
Am Anfang sollte eine Analyse des vorhandenen Vermögens stehen. Dem sich daraus ergebenden Ist-Zustand wird dann ein Soll-Zustand gegenüber gestellt, der sich aus den mit dem Vermögensinhaber ermittelten Zielen ergibt.[74] Diese Vermögensstrukturanalyse sollte aus einer Analyse- und einer Strategiekomponente bestehen und schriftlich niedergelegt werden.[75] Dies auch im Sinne der Durchsetzung bzw. Abwehr von Haftungsansprüchen wenn Störungen im Vertragsverhältnis auftreten.[76] Im Sinne der für diese Arbeit herangezogenen Family Office-Definition sollten die nicht materiellen Vermögenswerte und die Familienzusammensetzung unbedingt Bestandteil dieser Vermögensstrukturanalyse sein, außerdem sollte sie den Grundsätzen ordnungsgemäßer Finanzplanung folgen.[77] Die angestrebte und für den weiteren Erfolg des Family Office durchaus essentielle komplette Offenlegung des Vermögens wird allerdings nicht immer erreicht. Viele Kunden hegen Bedenken gegen eine vollständige Transparenz der eigenen Vermögensverhältnisse.[78] Oft wird die Vermögensverwaltung auch auf verschiedene Anbieter verteilt.[79]
Der nächste Schritt ist die Entwicklung der zur Zielerreichung angemessenen Anlagestrategie unter Berücksichtigung des, für das verwaltete Vermögen ermittelten, Risikoprofils und der Liquiditätspräferenzen. Dabei sollten alle nicht im Vorhinein ausgeschlossenen Anlagemöglichkeiten bei der Entwicklung der Anlagestrategie mit einbezogen werden.[80] Die Grundfrage für das weitere Vorgehen des Vermögensverwalters ist dann die Beurteilung der Markt-Effizienz. Geht man von einem vollkommenen Markt aus, ist es nicht möglich über lange Zeiträume eine über dem Marktdurchschnitt liegende Rendite zu erzielen ohne im Verhältnis zur Mehrrendite überproportionale Risiken einzugehen. In einem solchen Marktumfeld ist einzig der passive Investmentstil, z.B. deckungsgleiches Kopieren[81] der Zusammensetzung eines bestimmten Index, rational und effizient. Ein solches passives Vorgehen erfordert vor allem die, unter Berücksichtigung der strategischen Ziele, optimale Auswahl des relevanten Marktes um diesen im eigenen Portefeuille abzubilden. Erschwerend für die Erzielung der Marktdurchschnittsrendite wirken in diesem Zusammenhang Transaktionskosten, Liquiditätsvorhaltung, Anlagevorschriften.[82]
Wird von einem ineffizienten Markt ausgegangen, bedeutet dies zunächst, dass u.a. aufgrund von Informationsvorteilen über dem Marktdurchschnitt liegende Renditen erzielbar sind. Vorrangige Aufgabe des Vermögensverwalters ist es in diesem Falle durch Informationsgewinnung, -analyse und –interpretation die Grundlage zur Erzielung einer über dem Marktdurchschnitt liegenden Rendite zu schaffen.
Die Asset Allocation trägt in beiden Fällen mit bis zu 90% zum Anlageerfolg bei. Zu den schon erwähnten Marktvariablen kommen im Hinblick auf eine langfristige Anlage noch Änderungen in den Präferenzen und Lebensumständen des Vermögensinhabers.[83]
Als Gremium zur Kommunikations- und Abstimmungsoptimierung zwischen den Vermögensinhabern und den –verwaltern kann dabei ein, mit Mitgliedern beider Seiten besetzter, Anlageausschuss dienen.[84]
Neben Wertpapieren bestehen Vermögen, gerade in Deutschland, auch aus Immobilienbesitz. Verschiedene Anbieter betrachten ein vorwiegend aus Immobilienbesitz, auch vermietetem, bestehendes Vermögen grundsätzlich nicht als geeignet zur Verwaltung durch ein Family Office. Hier wird eine Immobilienverwaltung als ausreichend erachtet.[85] Der Ursprung dieser Anbieterhaltung könnte auch außerhalb der Optimierung der Vermögensanlagen des Kunden liegen. Wenn die internen Ressourcen und die Mitarbeiterqualifizierungen nicht auf die speziellen Bedürfnisse eines professionellen Immobilienmanagements ausgerichtet sind, da Sie originär dem Finanzsektor entstammen, kann auch dieses strukturelle Defizit zu o.g. Haltung führen. So ergab die, nicht repräsentative, Umfrage unter Lesern des „Elite Report Edition Spezialreports 2006“, dass gerade die fehlende Bereitschaft, u.U. in Verbindung mit fehlender Qualifizierung, von Family Office-Betreuern auch im Immobilienbereich unterstützend tätig zu werden, auf Kundenseite als großer Mangel wahrgenommen wird.[86]
Aus Kundenperspektive sollten der Vermögensverwalter bzw. dessen betreuende Mitarbeiter die in der folgenden Grafik aufgelisteten Anforderungen erfüllen.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Quelle: Eigener Entwurf[87]
Abbildung 2 : Anforderungen an Vermögensverwalter aus Kundenperspektive
Eine der Aufgabe angemessene fachliche Kompetenz der Betreuer wird sowohl von Anbieter- als auch Kundenseite als eines der wichtigsten Kriterien für den Markterfolg angegeben.[88] Die personen- und beziehungsbezogene Gesamtkonzeption des Family Office lässt ein solches Ergebnis erwarten.[89] Die Anlagephilosophie des Vermögensverwalters sollte erkennbar, in sich schlüssig und zur Gesamtstrategie des Family Office passend sein.[90]
Die Kontrolle und Bewertung der von dem Vermögensverwalter getroffenen Anlageentscheidungen erfordert auf Kundenseite die Kenntnis der Preisgestaltung und
-findung, der Entlohnungs- und Anreizsysteme bei der Mitarbeiterentlohnung des Vermögensverwalters und die Transparenz der zur Entscheidung führenden Kriterien. Nur unter Einbeziehung aller Faktoren ist der Vermögensinhaber in der Lage den Anlageentscheidungsprozess nachzuvollziehen und etwaige Interessenkonflikte zu identifizieren.[91] Das Risikocontrolling ist insbesondere bei einem aktiven Investmentansatz von entscheidender Bedeutung zur Erstellung eines möglichst effizienten Portfolios.[92] Ein weiteres Risiko für das Vermögen liegt in der Insolvenz oder der kriminellen Handlung des Vermögensverwalters. Das Insolvenzrisiko des Vermögensverwalters ist immer dann für den Vermögensinhaber irrelevant, wenn das Vermögen nicht übertragen wird, sondern wie oben beschrieben lediglich aufgrund eines mit entsprechenden Vollmachten ausgestatteten Dienstleistungsvertrages verwaltet wird. Wesentlich schwieriger ist die Absicherung gegen kriminelle Handlungen von Verwaltern oder ihren Mitarbeitern. Prinzipiell ist das Risiko des Vermögensinhabers bei Beauftragung einer Bank als Vermögensverwalter geringer. Der Einlagensicherungsfonds deutscher Banken gibt eine gewisse Sicherheit, außerdem ist bei Banken haftendes Vermögen in größerem Umfange vorhanden, so dass durch Mitarbeiter verursachte Einzelschäden eher abgedeckt sind. Sowohl bei Banken wie auch Nichtbanken als Vermögensverwalter ist die Überprüfung des Verwalters durch den Vermögensinhaber bzw. durch von ihm beauftragte Personen vor Vertragsabschluß und während des Vertragsverhältnisses das wirksamste Instrument gegen Veruntreuung.[93]
Der technische Support ist im Bereich Family Office als Qualitätskriterium für den Vermögensverwalter heranzuziehen.[94] Der Vermögensinhaber dagegen legt eher Wert auf den persönlichen Kontakt und nutzt technische Einrichtungen eher zur schnellen Beschaffung eines ersten Überblickes zum Ist-Stand, aber nicht als Grundlage zur Entscheidungsfindung.[95]
[...]
[1] Teilweise wird der gleiche absolute Betrag in Euro notiert angegeben, was bei einem Wechselkurs von 1,30 USD/1 EURO, z.Zt. der Erstellung dieser Arbeit, zu Beträgen von 3,85 Mio. EURO bis 23,08 Mio. EURO führt.
[2] Vgl. Wilken, R. (2006), Seibel C. (2006), Weber, C. (2006), S. 57ff.
[3] Vgl. Wambach, M. (2006), S. 18f; Schönfels v., H. K. (2006), S. 14f.; Dreßler, M. und Vassiliadis, C. (2006), S. 39.
[4] Vgl. Baßeler, U., Heinrich, J., Utecht B. (2002), S. 269.
[5] Vgl. Biermann, T. (1999), S. 21.
[6] Vgl. Baßeler, U., Heinrich, J., Utecht, B. (2002), S. 269.
[7] Vgl. Corsten, H. (1990), S. 17f.
[8] Vgl. Meffert, H. und Bruhn, M. (2003), S. 27.
[9] Vgl. Gouthier, M. J. H. (2003), S. 14; Meister, U. und Meister, H. (1998), S. 21ff.
[10] Vgl. Meffert, H. und Bruhn, M. (2003), S. 27.
[11] Vgl. Meffert, H. und Bruhn, M. (2003), S. 27-30.
[12] Meffert, H. und Bruhn, M. (2003), S. 30.
[13] Vgl. Corsten, H. (1990), S. 18ff.
[14] Vgl. Meffert, H. und Bruhn, M. (2003), S. 28; Corsten, H. (1990), S. 19.
[15] Vgl. Kuckertz, W., Perschke, R., Rottenbacher, F. u.a. (2004), S. 217.
[16] Vgl. Nader, G. (1995), S. 5f.
[17] Siehe dazu die Begriffdefinition des Family Office in Kapitel 2.3.2 dieser Arbeit.
[18] Zum Dienstleistungscharakter des Family Office s. Kapitel 2.3.2.
[19] Vgl. Düzgünkaya, S. (2002), S. 59.
[20] Zur Begriffserläuterung Single und Multi Family Office siehe auch Kapitel 2.3.3.
[21] Vgl. Haupt, F. und Hilger, T. (2006), S. 7f.
[22] Vgl. Düzgünkaya, S. (2002), S. 61-65.
[23] Vgl. Haupt, F. und Hilger, T. (2006), S. 7f.
[24] Vgl. Düzgünkaya, S. (2002), S. 71ff.
[25] Siehe hierzu auch Schaubachs Ausführungen zur Familienholding, vgl. Schaubach, P. (2004), S. 62ff.
[26] Vgl. Schaubach, P. (2004), S. 44-63.
[27] Schaubach, P. (2004), S. 63.
[28] Vgl. Haupt, F. und Hilger, T. (2006), S. 4-6.
[29] Haupt, F. und Hilger, T. (2006), S. 7.
[30] http://www.foxexchange.com/public/fox/mfo/mfo.asp, Stand 24.11.2006.
[31] Vgl. Hinck, C. (2006), S. 12-14.
[32] Düzgünkaya, S. (2002), S. 22.
[33] Vgl. Düzgünkaya, S. (2002), S. 22f.
[34] Werkmüller, M. A. (2005), S. 65.
[35] Vgl. Schaubach, P. (2004), S. 64-67; Haupt, F. und Hilger, T. (2006), S. 6f.; siehe auch Kapitel 2.2.2.
[36] Vgl. Schaubach, P. (2004), S. 64-67.
[37] Vgl. Haupt, F. und Hilger, T. (2006), S 46f.
[38] Vgl. Hinck, C. (2006), S. 32.
[39] Vgl. Haupt, F. und Hilger, T. (2006), S. 38-57.
[40] Vgl. Haupt, F. und Hilger, T. (2006), S. 53.
[41] Vgl. Haupt, F. und Hilger, T. (2006), S. 45-53.
[42] Vgl. Haupt, F. und Hilger, T. (2006), S. 46f..
[43] Vgl. Werkmüller, M. A. (2005), S. 72.
[44] Vgl. Schlitz, C. (2006), S. 71-78; Grosjean, R. K. (1995), S. 225.
[45] Vgl. Haupt, F. und Hilger, T. (2006), S. 47.
[46] Vgl. Düzgünkaya, S. (2002), S. 25ff.
[47] Vgl. Haupt, F. und Hilger, T. (2006), S. 45.
[48] Vgl. Haupt, F. und Hilger, T. (2006), S. 48.
[49] Vgl. Haupt, F. und Hilger, T. (2006), S. 49.
[50] Vgl. Haupt, F. und Hilger, T. (2006), S. 55.
[51] Vgl. Haupt, F. und Hilger, T. (2006), S. 51f.
[52] Vgl. Düzgünkaya, S. (2002), S. 24.
[53] Vgl. Haupt, F. und Hilger, T. (2006), S. 52.
[54] Vgl. Damrau, J. (1998), S. 23-26; Haupt, F. und Hilger, T. (2006), S. 9.
[55] Vgl. Gebser, L. (2006), http://www.vuv.de/cms/voraussetzung.html, S. 2.
[56] Vgl. Damrau, J. (1998), S. 23ff.
[57] Vgl. Damrau, J. (1998), S. 26f.
[58] Vgl. Bundesministerium der Finanzen (2006), S. 1.
[59] Vgl. Europäische Union (2004), S. L145/8.
[60] Vgl. ebd., S. L145/9.
[61] Vgl. ebd., S. L145/41.
[62] Vgl. BdF (2004), S. 1.
[63] Vgl. Europäische Union (2004), S. L145/8.
[64] Vgl. Haupt, F. und Hilger, T. (2006), S. 9.
[65] Vgl. Haupt, F. und Hilger, T. (2006), S. 11.
[66] Vgl. §37 StBerG.
[67] Vgl. §1-10 WPO.
[68] Vgl. §5 DRiG und §4 BRAO.
[69] Vgl. §4-8 BRAO und §34 DVStB.
[70] Vgl. Haupt, F. und Hilger, T. (2006), S. 14.
[71] Siehe hierzu auch die Beurteilung des Kriteriums „Bereitschaft zur Delegation von Teilbereichen“ in Kapitel 6.4.1.
[72] Vgl. Brandenberger von Dinhard, S. (1995), S. 58.
[73] Vgl. Schäfer, F. A. (1998), S. 668f.
[74] Vgl. Werkmüller, M. A. (2005), S. 69f.
[75] Vgl. Twickel Freiherr v., J. (1995), S. 297ff.
[76] Vgl. Düzgünkaya, S. (2002), S. 45.
[77] Vgl. http://www.fpsb.de/kunden/beratungsgrundsaetze.cfm, Stand 01.12.06.
[78] Vgl. Hinck, C. (2006), S. 60.
[79] Vgl. Dreßler, M. und Vassiliadis, C. (2006), S. 38.
[80] Vgl. Steiner, M. und Tebroke, H.-J. (1995), S. 306ff.; Haupt, F. und Hilger, T. (2006), S. 15f.
[81] Dieses Deckungsgleiche Kopieren wird als Full Replication bezeichnet, vgl. Metzler v., F. (1995), S. 326.
[82] Vgl. Metzler v., F. (1995), S. 325-327; Mandelbrot, B. B. und Hudson, R. L. (2004), S. 99-102.
[83] Vgl. Düzgünkaya, S. (2002), S. 46.
[84] Vgl. Hinck, C. (2006), S. 77.
[85] Vgl. Düzgünkaya, S. (2002), S. 78.
[86] Vgl. Stein v., J. H. (1998), S. 14f.
[87] Vgl. Henning, J. (2006), S. 90; Swoboda, U. C. (2004), S. 365-367; Hinck, C. (2006), S. 49-52; Hägar, J. und Raffelsberger, A. (2005), S. 27-47.
[88] Vgl. Henning, J. (2006), S. 90; Swoboda, U. C. (2004), S. 365; Hinck, C. (2006), S. 50.
[89] Vgl. Henning, J. (2006), S. 89.
[90] Vgl. Werkmüller, M. A. (2005), S. 69-70.
[91] Vgl. Henning, J. (2006), S. 89f.; Hinck, C. (2006), S. 50f.; Haupt, F. und Hilger, T. (2006), S. 15f.
[92] Vgl. Hägar, J. und Raffelsberger, A. (2005), S. 31-46.
[93] Vgl. Leske, J. E. (2006), S. 45.
[94] Vgl. Düzgünkaya, S. (2002), S. 89-98.
[95] Vgl. Hinck, C. (2006), S. 49f.
- Citation du texte
- Erwin Pollex (Auteur), 2007, Family Office: Private Großvermögen und der Finanzmarkt in Deutschland, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/74638
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