1. Einleitung
„Es gibt kein feineres und kein sicheres Mittel, die bestehenden Grundlagen
der Gesellschaft umzustürzen, als die Vernichtung der Währung.“
John Maynard Keynes 1920
Am 1. Januar 1999 schlugen 11 Mitgliedsländer der Europäischen Union (EU) mit der Einführung des Euro den Weg zu einer gemeinsamen Währung ein. Damit wurde gleichzeitig ein neues Kapitel in den Integrationsbemühungen Europas, das bereits mit der 1951 gegründeten Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl (Montanunion) begann, aufgeschlagen. Inzwischen umfasst die EU, nach den jüngsten Beitritten Bulgariens und Rumäniens am 1.1.2007, 27 Mitgliedsstaaten und der Euro wurde in nunmehr 13 Ländern als das gesetzliche Zahlungsmittel fest etabliert. Die Europäische Wirtschafts- und Währungsunion (EWWU), die als ein kühnes und visionäres Experiment begann, ist heute mit 457 Millionen Einwohnern der größte Binnenmarkt der Welt. Was steckt hinter diesem ehrgeizigen und auf den ersten Blick durchaus erfolgreich erscheinenden Projekt? Kaum ein anderes Vorhaben in der europäischen Geschichte hat derart große Kontroversen ausgelöst. Kritiker der Europäischen Währungsunion (EWU) sehen die Stabilität der bisherigen Integration Europas als gefährdet an. Die Bedenken stützen sich dabei überwiegend auf die Annahme, dass die EU keinen „optimalen Währungsraum“ darstellt.
Inhaltsverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
1. Einleitung
2. Wechselkurssysteme in Europa und der Weg zur Europäischen Einheitswährung
2.1. Das „Bretton-Woods-System“
2.2. Der „Werner-Plan“ und die „Währungsschlange“
2.3. Das Europäische Währungssystem
2.4. Die Europäische Wirtschafts- und Währungsunion
3. Die Theorie optimaler Währungsräume
3.1. Traditionelle Ansätze
3.1.1. Der Ansatz von Mundell und das Kriterium der Faktormobilität
3.1.2. Der Ansatz von McKinnon und das Kriterium der Offenheit einer Volkswirtschaft
3.1.3. Der Ansatz von Kenen und das Kriterium der Diversifikation
3.2. Neuere Theorien: Kosten und Nutzen einer Währungsunion
3.2.1. Kostenkriterien
3.2.2. Nutzenkriterien
3.2.3. Kosten-Nutzen-Analyse
3.3. Empirische Evidenzen für Europa
3.3.1. Die Europäische Währungsunion hinsichtlich traditioneller und neuer Theorien
3.3.2. Endogenität der Kriterien
3.3.3. Ist Europa ein optimaler Währungsraum?
4. Fazit und Ausblick
Literaturverzeichnis
Eidesstattliche Erklärung
Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1: Die GG-Kurve
Abbildung 2: Die LL-Kurve
Abbildung 3: Die Entscheidung über die Anbindung des Wechselkurses
Abbildung 4: Arbeitsmobilität von 1996 (in % der Bevölkerung)
Abbildung 5: Intra-EU-Handel (1993-2000)
Abbildung 6: Inflationsdifferenzen in den Euro-Ländern und den USA
Abbildung 7: Analyse der EWU und der USA als optimalen Währungsraum
Abkürzungsverzeichnis
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
1. Einleitung
„Es gibt kein feineres und kein sicheres Mittel, die bestehenden Grundlagen
der Gesellschaft umzustürzen, als die Vernichtung der Währung.“
John Maynard Keynes 1920[1]
Am 1. Januar 1999 schlugen 11 Mitgliedsländer der Europäischen Union (EU) mit der Einführung des Euro den Weg zu einer gemeinsamen Währung ein. Damit wurde gleichzeitig ein neues Kapitel in den Integrationsbemühungen Europas, das bereits mit der 1951 gegründeten Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl (Montanunion) begann, aufgeschlagen. Inzwischen umfasst die EU, nach den jüngsten Beitritten Bulgariens und Rumäniens am 1.1.2007, 27 Mitgliedsstaaten und der Euro wurde in nunmehr 13 Ländern als das gesetzliche Zahlungsmittel fest etabliert. Die Europäische Wirtschafts- und Währungsunion (EWWU), die als ein kühnes und visionäres Experiment begann, ist heute mit 457 Millionen Einwohnern der größte Binnenmarkt der Welt. Was steckt hinter diesem ehrgeizigen und auf den ersten Blick durchaus erfolgreich erscheinenden Projekt? Kaum ein anderes Vorhaben in der europäischen Geschichte hat derart große Kontroversen ausgelöst. Kritiker der Europäischen Währungsunion (EWU) sehen die Stabilität der bisherigen Integration Europas als gefährdet an. Die Bedenken stützen sich dabei überwiegend auf die Annahme, dass die EU keinen „optimalen Währungsraum“ darstellt.
Die vorliegende Arbeit beschäftigt sich vor diesem Hintergrund mit der Entwicklung Europas zu einem gemeinsamen Währungsraum mit einer einheitlichen Währung. Im Mittelpunkt stehen dabei die „Theorie optimaler Währungsräume“ und die empirische Evidenz ihrer Kriterien in Bezug auf Europa. In den ersten Kapiteln dieser Arbeit werden die unterschiedlichen Formen der Wechselkursregimes in Europa, ihre historische Entwicklung und Ausgestaltung, bis hin zu der Errichtung der EWWU, dargestellt. Im Hauptteil der Arbeit (Kapitel 3) werden zunächst die wichtigsten traditionellen Ansätze der „Theorie optimaler Währungsräume“ vorgestellt. Die ursprünglichen Ansätze gehen dabei insbesondere auf Kriterien ein, die den Verzicht des Wechselkurses als Anpassungsinstrument rechtfertigen. Zu wichtig erscheint in diesem Zusammenhang die Aufgabe der geldpolitischen Autonomie und damit eines Stabilisators gegenüber wirtschaftlichen Störungen, als dass sie ohne weiteres hingenommen werden könnte. Im Anschluss daran werden neuere und modernere Ansätze dargelegt, die sich mit den Kosten und Nutzen einer Währungsunion auseinandersetzen. Die Gegenüberstellung von Kosten und Nutzen soll dabei die Nachteile der traditionellen Kriterien, als Partialanalyse mit schlechter Operationalisierbarkeit, beseitigen und aufzeigen, wann ein Land von dem Beitritt zu einer Währungsunion profitiert. Abschließend erfolgt die Auswertung empirischer Befunde bezüglich der Optimalität des europäischen Währungsraumes. Dabei wird auf die Endogenität der Kriterien eingegangen und nicht zuletzt die Frage beantwortet, ob Europa einen optimalen Währungsraum bildet.
2. Wechselkurssysteme in Europa und der Weg zur Europäischen Einheitswährung
Die Frage nach der Optimalität eines Währungsraumes ist eng verbunden mit der Wahl zwischen festen und flexiblen Wechselkursen. Die Wahl des Wechselkurssystems steht wiederum im direkten Bezug zur Existenz von Zahlungsungleichgewichten, da ihre Beseitigung stark abhängig ist von der Art des Wechselkursregimes. Bei fixen Wechselkursen werden Ungleichgewichte über Interventionen der Zentralbank am Devisenmarkt und damit über die unmittelbare Veränderung der nationalen Geldmenge beseitigt. Bei flexiblen Wechselkursen erfolgt die Behebung von Zahlungsbilanzungleichgewichten über den Wechselkurs, also durch Auf- bzw. Abwertung der Währungen. Mit der Fixierung der Wechselkurse wird die geldpolitische Autonomie erheblich eingeschränkt. Im System flexibler Wechselkurse kann die Zentralbank demgegenüber eine eigenständige Geldpolitik verfolgen und eine störungsfreie Geldmengensteuerung vornehmen. Inwieweit ein bestimmtes System für ein Land oder eine Gruppe von Ländern vorteilhaft ist, hängt nicht zuletzt von länderspezifischen ökonomischen Bedingungen ab, die sich im Zeitablauf verändern können.
Das folgende Kapitel gibt einen Überblick über die historische Entwicklung der Wechselkursregime in Europa. Angefangen beim Währungssystem von Bretton Woods und dem Internationalen Währungsfonds (IWF), über das Europäische Währungssystem (EWS), bis hin zur Gründung der EWU.
2.1. Das „Bretton-Woods-System“
Im Juli 1944 trafen sich Vertreter aus 44 Ländern in Bretton Woods (New Hampshire) zu einer internationalen Währungs- und Finanzkonferenz der Vereinten Nationen zusammen, um gemeinsam die Leitlinien der neuen Weltwährungsordnung zu beschließen. Die Vereinbarungen von Bretton Woods sahen die Gründung des Internationalen Währungsfonds als eine internationale währungspolitische Institution vor[2]. Nach den wirtschaftspolitischen Katastrophen der Zwischenkriegszeit lag das Hauptaugenmerk der Vertreter auf der Schaffung eines stabilen Währungssystems. Generell sollten durch den IWF eine internationale Währungskooperation vorangetrieben, das Welthandelswachstum und die Wechselkursstabilität gefördert, sowie der Aufbau eines multilateralen Zahlungssystems forciert, werden[3]. Darüber hinaus stand die Einrichtung eines Fonds auf dem Plan, der Ländern mit Zahlungsbilanzdefiziten kurzfristige finanzielle Hilfen (Kreditfazilitäten) gewähren sollte. Dieser Fonds wurde von allen Mitgliedern anhand eines Quotensystems finanziert[4].
Das, durch das Bretton-Woods-Abkommen geschaffene System, basierte auf dem Grundsatz fester, aber nach gewissen Prinzipien, anpassungsfähiger Wechselkurse[5]. So gab die wichtigste geldpolitische Vorschrift die Bindung der einzelnen Währungen an den Dollar vor. Der US-Dollar fungierte in diesem System als Leitwährung und war seinerseits wiederum an das Gold gebunden (Gold-Devisen-Standard). Der feste Wechselkurs wurde durch einen feststehenden Dollarpreis für Gold von 35 Dollar pro Feinunze abgesichert. Des Weiteren wurde die Geldpolitik der Federal Reserve dahingehend gebunden, dass diese jederzeit und uneingeschränkt der Verpflichtung, Dollars gegen Gold zum festgelegten Preis einzutauschen, nachkommen musste. Im Rahmen dieses Leitwährungsstandards waren die Zentralbanken der Mitgliedsländer dazu verpflichtet, den Dollar-Wechselkurs ihrer eigenen Währung innerhalb der vorgegebenen Bandbreite von +/- 1 % zu halten. Bei Erreichen dieser Grenzen mussten die Zentralbanken steuernd eingreifen und Devisenmarktinterventionen durchführen, um den Kurs im Rahmen zu halten. Erst wenn ein ,,fundamentales Ungleichgewicht" eintrat, wurde die Währung neu justiert[6]. Abgesehen von der Leitwährung fungierte der Dollar, neben dem Gold, gleichermaßen als wichtigste Reservewährung. Der Dollar wurde somit zum „nominellen Anker“[7], an den sich die anderen Zentralbanken durch Dollar-Interventionen mit einer festen Parität zu der jeweils eigenen Währung binden mussten. Auf diese Weise gaben die einzelnen Zentralbanken weitestgehend, außer der US-amerikanischen, ihre geldpolitische Autonomie auf. Um eine bessere Funktionsfähigkeit des Systems und vor allem einen effizienten multilateralen Außenhandel zu ermöglichen, wurden die Mitgliedsstaaten aufgefordert, die Konvertibilität ihrer Währungen voranzutreiben. Die meisten europäischen Länder führten die Konvertibilität erst 1958 ein. Der US-Dollar dagegen wurde bereits 1945 konvertibel, was seine Sonderstellung im Bretton-Woods-System untermauerte. Er wurde somit zur wichtigsten Weltwährung der Nachkriegszeit. Die wiederhergestellte Konvertibilität führte zu einer Zunahme des Devisenhandels und einer engeren Verflechtung der Finanzmärkte.
Die neuen Bedingungen auf den Finanzmärkten machten das System im weiteren Verlauf störanfälliger. Eine fehlende Deckungsvorschrift für den Geldumlauf sowie die expansive Geldpolitik vieler Mitgliedsländer führten zur Inflation und anhaltenden Zahlungsbilanzdefiziten. Spekulative Kapitalflüsse und Zahlungsbilanzkrisen waren die Folge. So führten Spekulationen gegen den Pfund, begleitet von einem Rekorddefizit der britischen Außenhandelsbilanz im Jahr 1964, zu einer Abwertung des Pfund in November 1967. Aufgrund ähnlicher spekulativer Angriffe waren auch andere Länder gezwungen ihre Währung ab- bzw. aufzuwerten[8]. Folgerichtig konnten die festen Wechselkurse nicht länger aufrechterhalten werden. Das schwindende Vertrauen in den US-Dollar, welches infolge der inflationären Aufblähung des Dollarumlaufs (sog. „Dollarschwemme“) immer stärker wurde, führte schließlich dazu, dass die USA ihrer Goldeinlösepflicht nicht mehr nachkommen konnten. Aufgrund dieser Entwicklung löste Präsident Nixon 1971 die Bindung des US-Dollar an das Gold auf und nahm somit dem Wechselkurssystem von Bretton Woods die wichtigste Stabilitätsgrundlage. Das System war zusammengebrochen. Als Hauptgründe für den Zusammenbruch werden in der Literatur insbesondere die stark divergierende wirtschaftliche Entwicklung in den beteiligten Ländern, das Fehlen von Mechanismen der Zahlungsbilanzanpassung sowie die Dominanz des US-Dollars genannt[9]. In der Folgezeit (ab 1973) ließen die meisten europäischen Länder und Japan ihre Währungen gegenüber dem Dollar floaten. Die Einführung flexibler Wechselkurse, die als Übergangslösung gedacht war, etablierte sich zum Dauerzustand und löste das System fester Wechselkurse ab.
2.2. Der „Werner-Plan“ und die „Währungsschlange“
Bereits in den sechziger Jahren, im Zuge des Auflösungsprozesses des Bretton-Woods-Systems, stieg der Bedarf an wirtschafs- und währungspolitischer Zusammenarbeit in Europa.
Dies zum Anlass nehmend beschlossen 1969 die Staats- und Regierungschefs der damals noch sechs EG-Staaten auf der Gipfelkonferenz in Den Haag die Europäische Integration zu vertiefen. Hierfür wurde eine Kommission unter der Leitung des damaligen luxemburgischen Premierministers Pierre Werner eingesetzt. Die Ergebnisse dieser Kommission wurden 1970 in dem sogenannten „Werner-Plan“ veröffentlicht[10]. Der Werner-Plan sah eine stufenweise Errichtung einer Wirtschafts- und Währungsunion (WWU) bis zum Jahr 1980 vor[11]. Mit dem Stufenkonzept, welches aus drei Phasen bestand, sollten die irreversible Konvertibilität der Währungen der Mitgliedsstaaten, freier Kapitalverkehr und die endgültige Festsetzung der Wechselkurse erreicht werden[12]. Das Ziel dabei war die Sicherung von Wachstum und Stabilität. In diesem Zusammenhang sollten die wichtigsten wirtschafts- und währungspolitischen Entscheidungen zentralisiert und vorhandene Handelsbarrieren gesenkt werden. Weiterhin forderte Pierre Werner die Etablierung eines gemeinschaftlichen Zentralbanksystems[13]. Zwar einigten sich die Mitglieder auf das Drei-Stufen-Konzept, allerdings herrschte kein Konsens über den Weg dahin. Die Meinungen gingen stark auseinander, sodass sich zwei Lager bildeten, die jeweils eine unterschiedliche Strategie für den richtigen Weg hielten[14]. Letztendlich konnte sich der Werner-Plan jedoch nicht durchsetzen. Im März 1972, im Vorfeld des Zusammenbruchs des Bretton-Woods-Systems, verkündete der EG-Ministerrat die Gründung des Europäischen Währungsverbunds, auch bekannt als die sog. „Währungsschlange“[15]. Die Währungen in diesem Verbund durften untereinander nur innerhalb einer Bandbreite von +/- 2,25 % schwanken[16]. Dies galt zunächst auch gegenüber dem Dollar. Nach Freigabe des Dollarkurses 1973, konnten sich die verbundenen europäischen Währungen gegenüber Drittwährungen frei bewegen. Die Stabilitätsziele konnten jedoch nicht in allen Mitgliedsstaaten aufrechterhalten werden. Gründe hierfür waren unter anderem die Ölkrise von 1973/74 und anhaltende wirtschaftspolitische Divergenzen. Nach zahlreichen Austritten aus dem Wechselkursverbund entstanden Ende 1978 zwei Gruppen von Ländern in Europa: Ein Hartwährungsblock um die D-Mark und ein Block von Ländern mit frei schwankenden Wechselkursen. Das große Ziel, die Verwirklichung einer WWU, war damit vorerst gescheitert.
2.3. Das Europäische Währungssystem
Die ersten politischen Weichen für die monetäre Integration Europas wurden durch den deutschen Bundeskanzler Helmut Schmidt und den französischen Staatspräsidenten Giscard d`Estaing gestellt. Ihre Bemühungen führten zu der Gründung des Europäischen Währungssystems (EWS) am 13. März 1979. Das EWS löste den Europäischen Wechselkursverbund ab und trat rückwirkend zum 1. Januar 1979 in Kraft. Zunächst umfasste dieses System acht Mitgliedsstaaten: Frankreich, Deutschland, Dänemark, Irland, Italien und die Benelux-Länder[17]. Das Hauptziel dieser Vereinigung war die Schaffung eines einheitlichen europäischen Marktes. Dabei spielte die Förderung des freien Zahlungs- und Kapitalverkehrs eine übergeordnete Rolle[18]. Mit dem EWS sollte in diesem Zusammenhang ein höheres Maß an Währungsstabilität in Europa geschaffen werden. Weitere Ziele waren die Unterstützung der wirtschaftlichen Konvergenz Europas und eine Impulsgebung für den europäischen Integrationsprozess. Das EWS besaß ähnliche Funktionsmerkmale wie das System von Bretton Woods und bestand im Wesentlichen aus folgenden Stabilitätsinstrumenten:
1. der Europäischen Währungseinheit ECU (European Currency Unit)
2. dem Wechselkurs- und Interventionsmechanismus
3. den Europäischen Kreditfazilitäten
Die ECU nahm im EWS die Stellung des Goldes und des US-Dollars im Bretton-Woods-System ein. Sie war eine künstlich geschaffene Währungseinheit, die als Rechnungsgröße, Zahlungsmittel und Währungsreserve diente. Der Wert dieser Einheit wurde auf der Basis eines Währungskorbes gebildet[19]. Der Währungskorb bestand aus sämtlichen Währungen der Mitgliedsländer, die nach ihrer Wirtschaftskraft gewichtet waren. Als Indikatoren für die Wirtschaftskraft dienten beispielsweise die Höhe des Bruttosozialproduktes, der Anteil am Außenhandel innerhalb der EU und die Quote der Kreditfazilitäten.
Das wichtigste Instrument im EWS war der Wechselkurs- und Interventionsmechanismus. Das System bestand aus festen, aber anpassungsfähigen Wechselkursen, mit der Möglichkeit von Leitkursänderungen sowie von Schwankungen innerhalb vorgegebener Bandbreiten. Für alle Mitgliedsländer wurden die Leitkurse in ECU festgelegt, aus denen sich dann die bilateralen Leitkurse zwischen jeweils zwei Ländern bestimmen lassen konnten. Sie bildeten zusammen das sog. ,,bilaterale Paritätengitter"[20]. Die meisten Wechselkurse durften innerhalb einer Bandbreite von +/- 2,25 % gegenüber bilateralen Leitkursen frei schwanken. Bestimmten Ländern wurden aber auch erweiterte Bandbreiten von +/- 6 % eingeräumt (z.B. Italien mit der Lira bis 1990). Die vorgegebenen Bandbreiten der bilateralen Leitkurse stellten zugleich Interventionspunkte dar. Wurde ein Interventionspunkt erreicht, so mussten die Zentralbanken der beteiligten Länder ihrer Interventionsverpflichtung nachkommen. Dies geschah betragsmäßig durch den unbegrenzten Kauf der schwachen und Verkauf der starken Währung[21]. Geriet beispielsweise der französische Franc unter Abwertungsdruck, so musste die Deutsche Bundesbank Franc gegen DM kaufen und die Französische Nationalbank DM gegen Franc verkaufen.
Eine weitere Sicherheitsvorrichtung im EWS waren die Kreditfazilitäten[22]. Dieser finanzielle Beistandsmechanismus wurde zur Unterstützung der Interventionspflicht der einzelnen Länder errichtet. Damit wurde den Zentralbanken im EWS gleichzeitig die Möglichkeit zur Stabilisierung der bilateralen Paritäten gegeben. Nichts desto Trotz blieben angesichts von Zahlungsbilanzungleichgewichten und unterschiedlichen inflationären Entwicklungen in den Mitgliedsländer Wechselkursanpassungen (sog. Realignments) nicht aus. Realignments konnten allerdings nur im Einvernehmen der EWS-Länder und unter Einbeziehung des Ministerrates durchgeführt werden. Die Leitkursänderungen galten gegenüber der ECU. Ihr Wert sollte nach außen hin stabilgehalten werden, sodass Veränderungen bzw. Anpassungen der Leitkurse immer auch eine Auswirkung auf alle anderen Leitkurse zur Folge hatten[23]. Ein weiterer wichtiger Gesichtspunkt in diesem Zusammenhang war die sog. Glaubwürdigkeitstheorie. Viele Zentralbanken der EWS-Länder wollten von der Reputation der Bundesbank als Hüterin der Geldwertstabilität profitieren. Sie orientierten sich an der Geldpolitik der Deutschen Bundesbank, indem sie durch die Anbindung ihrer Währungen an die D-Mark ihre Glaubwürdigkeit importierten[24]. Die D-Mark fungierte somit de facto als Ankerwährung in diesem System. Das EWS, welches sich zunächst als außerordentlich erfolgreich erwiesen hatte, blieb jedoch von Krisen nicht verschont. Deutliche Spannungen aufgrund hoher Inflationsdifferenzen und ein unterschiedlich ausgeprägtes Vertrauen der Märkte in die Stabilitätspolitik der Zentralbanken sowie die Sonderrolle Deutschlands führten zu einer asymmetrischen Entwicklung der EWS-Länder. Die Folge war eine massive Spekulationswelle (beginnend 1992) auf die EWS-Paritäten (v.a. gegen Pfund und Lira). Diese Ereignisse führten im August 1993 zu einer Erweiterung der Bandbreiten von +/- 2,25 % auf +/- 15 %[25]. Dem ungeachtet war das EWS richtungsweisend für die spätere Europäische Währungsunion. Es harmonisierte die nationalen Geldpolitiken und ebnete somit einen Weg für eine gemeinsame Währungspolitik.
2.4. Die Europäische Wirtschafts- und Währungsunion
Ende der 80´er Jahre lebte die Diskussion um die Wirtschafts- und Währungsunion (WWU) neu auf. Unter dem Vorsitz von Jacques Delors legte ein Expertenausschuss 1989 dem Europäischen Rat einen Bericht zur schrittweisen Verwirklichung der Europäischen Wirtschafts- und Währungsunion (EWWU) vor. Aufbauend auf dem Delors-Bericht wurde in den folgenden Jahren der Vertrag über die Europäische Union erarbeitet. Dieser Vertrag wurde dann am 7. Februar 1992 auf einer Staats- und Regierungskonferenz der EG-Länder in Maastricht ratifiziert. Gemäß dem Vertrag von Maastricht wurde eine Realisierung der WWU in drei Stufen vereinbart[26]. In der ersten Stufe (1990-1993) wurde der Grundstein zur Vollendung des EU-Binnenmarktes gelegt. Nach und nach sollten die noch bestehenden Hindernisse im innergemeinschaftlichen Verkehr von Personen, Waren, Dienstleistungen und Kapital beseitigt werden. Darüber hinaus wurde mit der Aufhebung noch existierender Kapitalverkehrskontrollen ein weitgehend freier Geld- und Kapitalverkehr zwischen den EU-Staaten realisiert. Die Einbeziehung aller EU-Währungen in den Wechselkursmechanismus des EWS konnte in dieser Periode allerdings noch nicht vollendet werden. Die zweite Stufe der WWU ab dem 1. Januar 1994 wurde als eine Phase gesehen, in der sich die Mitgliedsstaaten um mehr Konvergenz und eine Angleichung der Wirtschafts- und Währungspolitik bemühen mussten. Insbesondere sollte eine Haushaltsstabilität bzw. eine stärkere Haushaltsdisziplin erreicht werden. Wichtige Schritte dabei waren die Errichtung des Europäischen Währungsinstituts (Vorläufer der EZB) und das Verbot der monetären Finanzierung von Haushaltsdefiziten. Mit dem Übergang von der zweiten zur dritten Stufe, mussten die im Maastrichter-Vertrag festgelegten Konvergenzkriterien für einen Beitritt in die EWWU erfüllt werden. Diese Kriterien lauten[27]:
- Die Inflationsrate darf nicht höher als 1,5 % über dem Durchschnittswert der drei preisstabilsten EU-Länder liegen.
- Die jährliche Neuverschuldung darf 3% des Bruttoinlandsproduktes (BIP) nicht überschreiten.
- Der langfristige Zinssatz darf nicht höher als zwei Prozentpunkte über dem durchschnittlichen Zinssatz der preisstabilsten EU-Länder liegen.
- Die Gesamtstaatsverschuldung darf maximal 60 % des BIP ausmachen.
- Das Beitrittsland muss mindestens zwei Jahre lang in EWS einen stabilen Wechselkurs aufrechterhalten und seine Währung nicht gegenüber den Mitgliedsländern abgewertet haben.
Zusätzlich wurde 1997 der Stabilitäts- und Wachstumspakt (SWP) eingeführt, der als mittelfristiges Ziel einen nahezu ausgeglichenen bzw. sogar überschüssigen Haushalt vorsah[28]. Darüber hinaus beinhaltete der SWP einen Sanktionsmechanismus, der bei übermäßigen Defiziten und einer übermäßigen Verschuldung der jeweiligen Mitgliedsländer greifen sollte. Im Mai 1998 stand fest, dass insgesamt 11 Länder die Konvergenzkriterien erfüllt hatten und somit von Anfang an der WWU angehören würden. Hierzu zählen: Die Benelux-Länder, Deutschland, Finnland, Frankreich, Irland, Italien, Österreich, Portugal und Spanien. Griechenland folgte im Jahr 2001. Schweden verletzte die Konvergenzkriterien bewusst, indem es nicht dem EWS beitrat. Dänemark und Großbritannien nahmen die Option wahr, nicht an der 3. Stufe der WWU teilzunehmen und somit nicht Teil des Euro-Währungsgebietes zu werden, obwohl sie die Konvergenzkriterien erfüllt hatten. Für EU-Staaten die noch nicht der WWU beigetreten sind, gilt fortan der Wechselkursmechanismus II (WKM II)[29]. Der WKM II erlaubt eine Schwankungsbreite von +/- 15 % gegenüber dem Euro und soll Beitrittskandidaten an das festgelegte Konvergenzkriterium der Wechselkursstabilität heranführen. Ein EU-Land, das der EWWU beitreten möchte, muss zwei Jahre dem WKM II angehören. Die größte EU-Erweiterung erfolgte im Mai 2004. Aufgenommen wurden Polen, die Tschechische Republik, Ungarn, Estland, Lettland, Litauen, Zypern, Malta, sowie die Slowakei und Slowenien. Am 1.1.2007 traten Bulgarien und Rumänien der EU bei. Bis dato schaffte es nur Slowenien die Anforderungen des WKM II zu erfüllen und wurde als jüngstes Mitglied (seit 1.1.2007) in die WWU aufgenommen.
Die dritte Stufe der WWU trat am 1.1.1999 in Kraft und mit ihr die Einführung des Euro als Gemeinschaftswährung. Die nationale Geld- und Währungspolitik wurde auf die Europäische Zentralbank (EZB) übertragen. Die Wechselkurse der nationalen Währungen wurden untereinander und zum Euro unwiderruflich fixiert. Unbeantwortet bleibt noch die Frage, weshalb sich die EU-Länder von dem EWS abwendeten, um das Ziel einer gemeinsamen Währung einzuschlagen. In der Literatur werden hierzu die folgenden Hauptmotive genannt[30]:
- Durch eine einheitliche EU-Währung würden die Transaktionskosten im EWS abgebaut und eine engere Integration der europäischen Märkte verwirklicht werden. Des Weiteren galt die Einheitswährung als notwendiger Bestandteil zur Vollendung des Europäischen Binnenmarktes.
- Weiter ging man davon aus, dass die einseitige Orientierung der Wirtschaftspolitik im EWS zugunsten Deutschlands störend bzw. hemmend gegenüber den anderen Mitgliedsländern wirkte. Mit der Etablierung der EZB würde somit allen Ländern die Möglichkeit gegeben werden, an den geldpolitischen Entscheidungen mitzuwirken.
- Das Festhalten an nationalen Währungen mit festen Wechselkursen offenbarte ein hohes Risiko hinsichtlich spekulativer Angriffe. Hier waren viele Experten der Meinung, dass eine gemeinsame Währung mit dauerhaft fixierten Wechselkursen und freien Kapitalbewegungen dem entgegenwirken würde.
- Zuletzt hofften sämtliche Staatchefs, dass durch die WWU eine dauerhafte politische Stabilität in Europa erreicht werden könnte und durch die Gemeinschaftswährung ein neues europäisches Bewusstsein entstehen würde.
Jene Länder, die gegenwärtig das Euro-Währungsgebiet bilden, waren relativ offene Volkswirtschaften, bevor sie dem Euroraum beitraten. Sie sind nun aber ein Teil der EWWU, einer weitaus größeren und geschlosseneren Volkswirtschaft. Es stellt sich nun die Frage, ob das Eurogebiet, das aufgrund seiner Größe mit anderen großen Volkswirtschafen, wie den USA oder Japan, verglichen werden kann, auch tatsächlich einen optimalen Währungsraum darstellt. Diese Frage wird in den folgenden Abschnitten der Arbeit beantwortet.
3. Die Theorie optimaler Währungsräume
Die Theorie optimaler Währungsräume entstand Anfang der sechziger Jahre. Der Gang ihrer Untersuchung beschäftigt sich mit der Frage, unter welchen Bedingungen ein System fester oder flexibler Wechselkurse die gesamtwirtschaftlichen Ziele Preisniveaustabilität, Vollbeschäftigung und außenwirtschaftliches Gleichgewicht begünstigt und in wieweit damit ein Zusammenschluss zu einem einheitlichen Währungsraum (Währungsunion) von Vorteil sein kann[31]. Eine Einheitswährung ist dabei keine unabdingbare Voraussetzung für einen Währungsraum, verstärkt jedoch, wie auch die Errichtung einer gemeinsamen Zentralbank, die Glaubwürdigkeit der gemeinsamen Geld- und Währungspolitik eines Währungsraumes: „To the extent that a currency union is more costly to break than a promise to maintain a fixed exchange rate, the currency adoption is more credible[32].“ Die Bestimmung des optimalen Währungsraumes ist also eng mit der Wahl des Wechselkurssystems verbunden. Weiterhin muss im Hinblick auf einen optimalen Währungsraum die Fähigkeit gegeben sein, ohne Einsatz des Wechselkurinstruments, gegen realwirtschaftliche Störungen vorzugehen. Treten derartige Schocks auf, so besteht ein Anpassungsbedarf seitens der betroffenen Volkswirtschaften. Eine große Bedeutung kommt in diesem Zusammenhang den „asymmetrischen Schocks“[33] und insbesondere den damit verbundenen Kosten zu[34]. Die Kosten und Nutzen, die in einer Währungsunion anfallen, spielen somit ebenso eine zentrale Rolle in der Theorie optimaler Währungsräume.
In der wissenschaftlichen Literatur lassen sich zahlreiche Arbeiten zu der Theorie optimaler Währungsräume finden, die zum Teil von unterschiedlichen Annahmen ausgehen und sich auf bestimmte Aspekte der Theorie konzentrieren. Im Folgenden werden zunächst die wichtigsten traditionellen Ansätze zur Bestimmung optimaler Währungsräume, sowie der integrative Ansatz, der sowohl Kosten- als auch Nutzenaspekte einer Währungsunion mit einbezieht, dargestellt. Anschließend werden empirische Evidenzen für Europa aufgezeigt und speziell die Frage - „Ist Europa ein optimaler Währungsraum“ - beantwortet.
3.1. Traditionelle Ansätze
Die Traditionellen Ansätze zur Theorie optimaler Währungsräume gehen auf den kanadischen Volkswirt und späteren Nobelpreisträger Robert Mundell und seinen Aufsatz „A Theory of Optimum Currency Areas“ zurück. Mundell rückte erstmals die Abgrenzung eines optimalen Währungsraumes in den Mittelpunkt. Auf der Basis seiner Arbeit wurden weitere Theorien, die sich mit bestimmten Kriterien des optimalen Währungsraumes auseinandersetzten, entwickelt. In den anschließenden Kapiteln werden die wichtigsten dieser Kriterien, wie sie von Mundell (1961), McKinnon (1963) und Kenen (1969) entwickelt worden sind, skizziert. Darüber hinaus sind in der Literatur weitere Theorien zu finden, wie der Ansatz von Ingram (1972) und dem Kriterium der finanziellen Integration oder die Theorie von Vaubel (1976) mit dem Kriterium der geringen Variabilität des realen Wechselkurses, die nicht unerwähnt bleiben sollen, im Rahmen dieser Arbeit jedoch nicht näher betrachtet werden.
3.1.1. Der Ansatz von Mundell und das Kriterium der Faktormobilität
Nach Mundell ist ein Währungsraum dann optimal, wenn eine vollkommene Mobilität des Faktors Arbeit gegeben ist. Er untersucht mit seinem Ansatz, in wie weit mit einer ausreichenden Mobilität des Faktors Arbeit der Wechselkurs als Anpassungsinstrument ersetzt werden kann[35]. Ausgangspunkt seiner Theorie bildet ein Zwei-Länder-Modell. Jedes der beiden Länder produziert eines von zwei unterschiedlichen Gütern, die aber von beiden konsumiert werden. Zudem werden nach unten starre Preise und Nominallöhne angenommen.
In der Ausgangslage herrscht Vollbeschäftigung und die Leistungsbilanz ist ausgeglichen. Nun werden die Auswirkungen eines Nachfrageschocks, eine plötzliche Verschiebung von Inlands- zur Auslandsnachfrage, analysiert. Aufgrund des inländischen Nachfragerückgangs und einer Nachfragezunahme im Ausland entsteht im Inland Arbeitslosigkeit und im Ausland Überbeschäftigung mit inflationärer Tendenz. Kann dieses Ungleichgewicht nicht durch Anpassung, d.h. durch Senkung der Löhne im Inland, beseitigt werden, so wäre eine Veränderung der Wechselkurse notwendig. In einem System flexibler Wechselkurse könnten auftretende Schocks durch eine Änderung der nominalen Wechselkurse abgewährt werden. Jedoch entfällt in einer Währungsunion die Wechselkursänderung als Anpassungsinstrument, sodass flexible Preise und Löhne oder Faktorwanderungen als Anpassungsmechanismen fungieren müssen[36]. Unter der Annahme rigider Löhne und Preise können Ungleichgewichte auf dem Arbeitsmarkt nur durch Zu- und Abwanderungen des Faktors Arbeit abgebaut werden. Auf Wechselkursänderungen kann also nur verzichtet werden, wenn die Faktormobilität groß genug ist, um durch Faktorwanderung das Ungleichgewicht zu beseitigen. In diesem Fall müssten also inländische Arbeitskräfte ins Ausland abwandern. Eine Währungsunion wäre demnach nur dann sinnvoll, wenn die Faktormobilität, insbesondere die Arbeitsmobilität, zwischen den beteiligten Ländern hinreichend groß ist, um asymmetrische Schocks auszugleichen[37]. Damit wird in diesem Modell die Faktormobilität zum entscheidenden Kriterium für die Vorteilhaftigkeit einer Währungsunion. Während diese in der EU für den Faktor Kapital gegeben ist, bestehen doch erhebliche Zweifel, ob dies für die Mobilität von Arbeitskräften auch gilt. Zwar wurden innerhalb der EU die politischen Hemmnisse für die Wanderung von EU-Inländern größtenteils abgebaut, aber andere Mobilitätsbarrieren, wie bspw. Sprachkenntnisse, soziale und familiäre Bindungen, kulturelle Unterschiede usw. bleiben bestehen[38]. Darüber hinaus unterscheidet Mundell ausschließlich zwischen Mobilität und Immobilität. In der Realität sind die Faktoren jedoch begrenzt mobil, sodass für jedes Land eines Währungsraumes ein kritischer Wert der Mobilität ermittelt werden müsste. Weitere Probleme, die mit dem Kriterium Arbeitsmobilität verbunden sind, stellen die Wohlfahrtsverluste in Form von externen Effekten dar[39]. Eine ausreichende Mobilität ist folglich nur eines von vielen Indizien, die für die Existenz eines optimalen Währungsraumes sprechen. Das Modell von Mundell wurde in der Folgezeit durch McKinnon und Kenen erweitert.
3.1.2. Der Ansatz von McKinnon und das Kriterium der Offenheit einer Volkswirtschaft
McKinnon bezieht sich in seiner Analyse zur Abgrenzung des optimalen Währungsraumes auf den Grad der Offenheit und damit auf die Größe einer Volkswirtschaft[40]. Er definiert den Grad der Offenheit als das Verhältnis von handelbaren (d.h. export- bzw. importfähige Güter) zu nicht-handelbaren Gütern. Überwiegt in einer Volkswirtschaft der Anteil von handelbaren gegenüber nicht-handelbaren Gütern, so liegt ein hoher Grad der Offenheit vor. In einer geschlossenen Volkswirtschaft hingegen überwiegt die Anzahl der nicht-handelbaren Güter. McKinnon setzt hierbei ebenfalls die Notwendigkeit der Erfüllung der drei bekannten wirtschaftspolitischen Zielsetzungen (Preisniveaustabilität, Vollbeschäftigung und außenwirtschaftliches Gleichgewicht) voraus. Zunächst geht er bei seiner Betrachtung von einer kleinen, offenen Volkswirtschaft aus. Tritt in Folge einer Verschiebung der Nachfrage zu den ausländischen Produkten ein Schock auf, so führt dies annahmegemäß zur Arbeitslosigkeit und einem Leistungsbilanzdefizit im Inland. Dem kann durch die Abwertung der heimischen Währung entgegengewirkt werden. Allerdings ist die Veränderung des Wechselkurses unter der Berücksichtigung des Kaufkraftparitätentheorems mit nennenswerten Preisniveauänderungen (hier mit einer Erhöhung der Inlandspreise für handelbare Güter) verbunden. Die inländische Nachfrage verlagert sich zu den relativ billigen nicht-handelbaren Gütern, wobei die Produktion der handelbaren Güter zu Lasten der nicht-handelbaren Güter ausgeweitet wird und für eine Verbesserung der Leistungsbilanz sorgt. Die Abwertung hat negative Konsequenzen: Aufgrund der stark erhöhten Nachfrage steigen die Preise für nicht-handelbare Güter an. Dies verletzt die Preisniveaustabilität. Eine Verbesserung der Leistungsbilanz einer offenen Volkswirtschaft kann nur durch die Verringerung des Konsums erreicht werden, indem durch eine restriktive Wirtschaftspolitik die reale Absorption im Inland zurückgeht[41]. Aufgrund des relativ hohen Anteils handelbarer Güter an den Gesamtgütern einer offenen Volkswirtschaft beeinflussen Veränderungen des Wechselkurses ökonomische Zielgrößen, insbesondere die Preisniveaustabilität, und setzen damit Substitutionsprozesse in Gang. Je offener eine Volkswirtschaft ist, desto anfälliger ist sie gegenüber solchen Nachfrageverschiebungen und desto eher profitiert sie von einer Währungsunion[42].
[...]
[1] Vgl. Keynes (1920), S. 192.
[2] Vgl. Jarchow/Rühmann (2002), S. 84-86.
[3] Vgl. Bordo/James (2000), S.5.
[4] Vgl. Willms (1995), S.161.
[5] Vgl. Aschinger (1978), S. 11.
[6] Vgl. Dieckheuer (2001), S. 270-271.
[7] Vgl. Bofinger (1996), S. 608.
[8] 1969 wertete Frankreich den Franc ab und Deutschland die Mark auf.
[9] Vgl. Dieckheuer (2001), S. 271-273.
[10] Vgl. Ohr/Theurl (2001), S. 420.
[11] Vgl. Kenen (1995), S. 3-5.
[12] Genauere Übersicht zu den einzelnen Phasen des Werner-Plans in Geigant (2002) S. 60-62.
[13] Vgl. Krugman/Obstfeld (2003), S. 605.
[14] sog. „Monetaristen“ auf der einen und die „Ökonomisten“ auf der anderen Seite.
[15] Das Auf und Ab der Wechselkurse um den US-Dollar herum innerhalb der vorgegebenen Bandbreiten ähnelte
der Form einer „Schlange im Tunnel“; Vgl. auch Baldwin/Wyplosz (2004) „The Snake in the Tunnel“ S. 286
[16] Vgl. Deutsche Bundesbank (2005), S. 11.
[17] Vgl. Übersicht in Baldwin/Wyplosz (2004), S. 288.
[18] Vgl. Krugman/Obstfeld (2003), S. 606.
[19] Vgl. Willms (1995), S. 224.
[20] Vgl. Ohr (1996), S. 205.
[21] Man unterscheidet in diesem Zusammenhang zwischen obligatorischen (unbegrenzte, an Interventionspunkten
ansetzende Eingriffe) und intramarginalen Interventionen (Eingriffe der Zentralbank, die bereits innerhalb der
Schwankungsbreite durchgeführt werden, um ein Erreichen der Interventionspunkte zu verhindern).
[22] Vgl. Willms (1995), S. 229-230.
[23] So wurden beispielsweise die italienische Lira und die spanische Peseta gegenüber der D-Mark in den ersten
10 Jahren des EWS um 60 % abgewertet.
[24] Vgl. Krugman/Obstfeld (2003), S. 609.
[25] Vgl. Jarchow/Rühmann (2002), S. 308-310.
[26] Vgl. Ohr/Theurl (2001), S. 425-426 und Deutsche Bundesbank (2005), S. 16-27.
[27] Vgl. Dieckheuer (2001), S. 276-277
[28] Vgl. Jarchow/Rühmann (2002), S. 325-328.
[29] Vgl. ebenda, S. 329.
[30] Vgl. Krugman/Obstfeld (2003), S. 612-613.
[31] Vgl. Willms (1998), S. 41.
[32] Vgl. Alesina/Barro/Tenreyro (2002), S. 7.
[33] Vgl. Görgens (2004), S. 400-401.
[34] Vgl. Baldwin/Wyplosz (2004), S. 331-335.
[35] Vgl. Mundell (1961), S 657-665.
[36] Vgl. Görgens (2004), S. 401.
[37] Vgl. Willms (1998), S. 42-43.
[38] Vgl. Neubert (1999), S. 79.
[39] Vgl. Revelas (1980), S. 29.
[40] Vgl. McKinnon (1963), S. 717 ff.
[41] Vgl. Traud (1996), S. 36-37.
[42] Vgl. Willms (1998), S. 43.
- Citation du texte
- Martin Mainka (Auteur), 2007, Wechselkursregimes in Europa und die Theorie Optimaler Währungsräume, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/74579
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