Warum der Wächterstaat? Platons Staats- und Seelenlehre gehört zu den einflussreichsten Schriften, über die die Menschheit verfügt. Diese Arbeit will exemplarisch den Gang der Argumentation nachvollziehen, so er sich mit den Wächtern und ihrer Funktion beschäftigt. Es ist im Rahmen dieser Arbeit nicht durchführbar, die Untersuchung auf die ganze Politeia auszudehnen.
In der Sekundärliteratur ist häufig die latinisierte Namensform des Philosophen Platon (Πλατων), „Plato“ anzutreffen; sie wird in dieser Arbeit fortan keine Verwendung finden. Das Synonym für „Der Staat“, „Politeia“ (πολιτεία) sollte hingegen statt des Deutschen verwendet werden, da die Übersetzung mit „Der Staat“ ein begrenztes Verständnis vom griechischen Original hervorruft.1 Dennoch wird im Folgenden aus Praxisgründen vorrangig das Deutsche verwendet, in Zitaten ist dies ohnehin unumgänglich.
Zitiert wird in dieser Ausgabe nach der Stephanus-Ausgabe von 1578. Da diese als Grundlage jedweder Platon-Editionen dient, sind so ein Höchstmaß an Vergleichbarkeit sowie das einfachstmögliche Auffinden der entsprechenden Stellen im Urtext garantiert.
In dieser Arbeit sollen die Gedanken des Autors den Kern bilden. Es wird daher fast vollständig auf Sekundärliteratur verzichtet werden. Zitierte Aussagen werden nicht in form von Fußnoten, sondern eingeklammert im Fließtext nachgewiesen.
Es bedeutet aber auch, dass gerade in Bezug auf das Verhältnis Staat-Seele, mögliche Anknüpfungspunkte zur Gerechtigkeit, wie auch andere interessante Punkte betreffend, spekulative Ausblicke ausdrücklich beabsichtigt sind. Diese sollen gelegentlich auch mit Gegebenheiten der Gegenwart oder jüngeren Vergangenheit verglichen werden. Derlei Gedanken werde ich in Exkursform an Ort und Stelle unsystematisch in den Fließtext einflechten, denn auch Platon handelte häufig so. Davon zeugt beispielsweise der Exkurs über die Seele, während oberflächlich betrachtet die gymnastische Erziehung das Thema ist. (409a).
Um den Gedankengängen des Autors größtmöglichen Spielraum zu gewähren, wird diese Arbeit im essayistischen Stil gehalten. Sie enthält aus diesem Grund auch keine klassische Dreiteilung in Einleitung, Hauptteil und Schluss.
INHALT
I. Einleitung
II. Der Wächterstaat
II.1 Platons Politeia
II.2. Der Wächterstand – ein Essay
III. Literatur- und Quellenverzeichnis
III.1 Literaturverzeichnis
III.2 Onlinequellen
I. EINLEITUNG
Warum der Wächterstaat? Platons Staats- und Seelenlehre gehört zu den einflussreichsten Schriften, über die die Menschheit verfügt. Diese Arbeit will exemplarisch den Gang der Argumentation nachvollziehen, so er sich mit den Wächtern und ihrer Funktion beschäftigt. Es ist im Rahmen dieser Arbeit nicht durchführbar, die Untersuchung auf die ganze Politeia auszudehnen.
In der Sekundärliteratur ist häufig die latinisierte Namensform des Philosophen Platon (Πλατων), „Plato“ anzutreffen; sie wird in dieser Arbeit fortan keine Verwendung finden. Das Synonym für „Der Staat“, „Politeia“ (πολιτεία) sollte hingegen statt des Deutschen verwendet werden, da die Übersetzung mit „Der Staat“ ein begrenztes Verständnis vom griechischen Original hervorruft.[1] Dennoch wird im Folgenden aus Praxisgründen vorrangig das Deutsche verwendet, in Zitaten ist dies ohnehin unumgänglich.
Zitiert wird in dieser Ausgabe nach der Stephanus-Ausgabe von 1578. Da diese als Grundlage jedweder Platon-Editionen dient, sind so ein Höchstmaß an Vergleichbarkeit sowie das einfachstmögliche Auffinden der entsprechenden Stellen im Urtext garantiert.
In dieser Arbeit sollen die Gedanken des Autors den Kern bilden. Es wird daher fast vollständig auf Sekundärliteratur verzichtet werden. Zitierte Aussagen werden nicht in form von Fußnoten, sondern eingeklammert im Fließtext nachgewiesen.
Es bedeutet aber auch, dass gerade in Bezug auf das Verhältnis Staat-Seele, mögliche Anknüpfungspunkte zur Gerechtigkeit, wie auch andere interessante Punkte betreffend, spekulative Ausblicke ausdrücklich beabsichtigt sind. Diese sollen gelegentlich auch mit Gegebenheiten der Gegenwart oder jüngeren Vergangenheit verglichen werden. Derlei Gedanken werde ich in Exkursform an Ort und Stelle unsystematisch in den Fließtext einflechten, denn auch Platon handelte häufig so. Davon zeugt beispielsweise der Exkurs über die Seele, während oberflächlich betrachtet die gymnastische Erziehung das Thema ist. (409a).
Um den Gedankengängen des Autors größtmöglichen Spielraum zu gewähren, wird diese Arbeit im essayistischen Stil gehalten. Sie enthält aus diesem Grund auch keine klassische Dreiteilung in Einleitung, Hauptteil und Schluss.
II. DER WÄCHTERSTAAT
II.1 Platons Politeia
Verfasst hat Platon seine Politeia ab etwa 370 v. Chr. Die Leitfrage dieses Werkes: Was ist Gerechtigkeit? Es ist in Dialogform gehalten, wobei Platon hier Sokrates als sein Alter Ego auftreten lässt. Daher muss, wenn von Sokrates gesprochen wird, höchste Vorsicht herrschen.[2]
Das Werk besteht aus zehn Büchern, mit dem Wächterstaat beschäftigen sich vornehmlich die Bücher II bis IV. Zunächst (Buch I) lässt Platon Sokrates einen Dialog mit dem Sophisten Trasymachos führen. Jener behauptet, die Gerechtigkeit sein nichts weiter, als der Vorteil des Stärkeren. Sokrates widerlegt dies, doch so steht lediglich fest, was die Gerechtigkeit nicht ist. Dies nun ist unser Ausgangspunkt.
II.2 Der Wächterstand – ein Essay
Die Abhandlung über die Wächter nimmt in der Politeia einen frühen Platz ein, sie beginnt gleich nach dem einführenden Buch I. Ziel und Methode der Gesamtbetrachtung werden hier formuliert. Zunächst fordert Glaukon[3] Sokrates dazu auf, die Überlegenheit der Gerechtigkeit über die Ungerechtigkeit zu belegen und legt die allgemeine Sich der Dinge dar: „Diese nämlich [die Fürsprecher der Ungerechtigkeit, TK] behaupten folgendes: ein Gerechter von solcher Art [der gerecht ist auch beim Anschein der Ungerechtigkeit, TK] wird gegeißelt, gefoltert, gefesselt, geblendet, schließlich nach all diesen Leiden gekreuzigt werden, so wird er denn erkennen, dass es notwendig ist, gerecht nicht sein, sondern scheinen zu wollen.“ (361e). Schon zuvor hat eine grundlegende Charakterisierung der Gerechtigkeit stattgefunden. Die Güter wurden in drei Klassen eingeteilt: jene, die man schlicht um ihrer selbst willen liebt, jene, die man um ihrer Folgen willen liebt und letztlich diejenige Klasse, die nach Platon die schönste ist „die an sich und ihrer Folgen lieben muß, wer glücklich werden will.“ (358a). Die allgemeine Auffassung ordne die Gerechtigkeit in die Klasse derjenigen Güter, welche man ihrer Folgen wegen begehre eben deshalb ein, weil das Gerechtsein selbst eine Mühsal darstelle, die nur aus Ertragserwartungsgründen auf sich zu nehmen sei. So müssen wir an dieser Stelle die Zielsetzung präzisieren: Die Gerechtigkeit soll der Ungerechtigkeit auch exklusive ihrer Folgen, also um ihrer selbst willen überlegen sein. So fordert denn auch Adeimantos Aufklärung über das Wesen der Gerechtigkeit und ihre Beziehung zur menschlichen Seele ohne diese Äußerlichkeiten: „Nun beweise uns nicht nur in deiner Untersuchung die Überlegenheit der Gerechtigkeit über die Ungerechtigkeit, sondern auch durch welche Wirkung auf ihren Besitzer jede an sich ein Übel oder ein Gut ist.“ (367b).
Die Methodik lässt sich zweiteilen. Zum einen hat Platon eine bestimmte äußere Form gewählt, die ihm zur Vermittlung seiner Ansichten besonders geeignet erschien: den Dialog. Diese Darstellungsform bietet den großen Vorteil leichter Entwickelbarkeit von Gedankengängen, denn an geeigneter Stelle lässt sich zu Vertiefung immer eine Frage einschieben. Den großen Wert, den Platon auf die plastische Darstellung dessen, was er beschreibt, gelegt hat, zeigt auch die sehr bildhafte Sprache. Ein Beispiel für ein sehr interessantes – wenn auch nicht ganz offensichtlichen – Bild ist die Ableitung des Finanz- aus dem Handelssystem: „Ein Markt und eine Münze als Wertzeichen für den Tausch werden sich daraus ergeben?“ (371c). Wird hier ausdrücklich von der Münze (νόμισμα) gesprochen, so nicht nur zur Beschreibung des Handels, es ist auch das Bild für das erste „Fremde“ im mit guten Absichten gegründeten Staat. Denn νόμισμα kommt von νόμος, welches zusammen mit φύσις, dem Natürlichen, eigentlich Guten ein Gegensatzpaar bildet. Zugleich wird hier auch ein Hinweis darauf gestreut, dass es nicht nur unvermeidliche, sondern geradezu staatsdienliche Ungerechtigkeit geben könne.
Das Wort Staat ist ja nun schon gelegentlich gefallen, gleichsam wurde von Eigenschaften wie der Gerechtigkeit gesprochen. Dies ist der Methode geschuldet, die Platon Sokrates für seine Untersuchung auswählen lässt: „Vielleicht ist nun in einem größeren Gebilde eine größere Gerechtigkeit drinnen, die leichter zu erkennen ist? Wenn ihr wollt, dann untersuchen wir zuerst an den Staaten ihr Wesen und dann wollen wir sie auch in jedem einzelnen betrachten, wobei wir das Größere in seiner Ähnlichkeit mit der Gestalt des Kleineren überprüfen.“ (368c-369a). Da Gerechtigkeit in Staat und Mensch wesensähnlich seien, könne man zur Ergründung das besser erkennbare Große, hier den Staat heranziehen, um das Ergebnis dann mit dem Einzelindividuum zu vergleichen. So ist der Staat hier die Anzahl der an ihm partizipierenden Bürger, weiterhin ist der einzelne Bürger hier seinen Mitbürgern scheinbar in den betreffenden Eigenschaften sehr ähnlich, denn wenn hier „pars par toto“ gilt, dann lässt sich das Wesen des Menschen so unter das Staatswesen subsumieren. Den Verknüpfungspunkt bietet hier die – in ihrer Eigenart bisher noch gar nicht näher umrissene – Gerechtigkeit: sie sei „doch Sache des einzelnen Menschen wie eines ganzen Staates“ (368e). Platon fügt des Öfteren durchaus relevante Gedanken beiläufig, wie selbstverständlich ein. So spricht er zum Beispiel bei den in der Wächtererziehung wichtigen Künsten stets lediglich von der Gymnastik und der Musik, um jener dann ohne vorherige Erwähnung derselben die Philosophie beizustellen (411d). Zugleich ist aber die Staatsgründung zur Ergründung der höchsten Tugend, der Gerechtigkeit im Menschen auch ein weiteres Beispiel für die Bildhaftigkeit der platonischen Sprache.
[...]
[1] Vgl. Vretska, Karl: Platon. Der Staat., Stuttgart 2000, S. 3-7.
[2] Sokrates selbst verschriftlichte seine Philosophie bekanntlich nicht.
[3] Glaukon und Adeimantos sind die Hauptgesprächspartner des Sokrates in den Büchern II – IV.
- Quote paper
- Timo Kreusch (Author), 2007, Der Wächterstaat, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/74540
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