...Nachdem sich die Sondersprachforschung zunächst auf die Sammlung von Wörtern und Phrasen beschränkte, beginnt eine wissenschaftliche Erforschung der historischen Studentensprache in Bezug auf den Einfluss auf die Gemeinsprache gegen Ende des 19. Jahrhunderts mit Meiers Untersuchungen der Halleschen Studentensprache (1894) und Kluges Deutscher Studentensprache (1895). So formuliert Friedrich Kluge: „Alle Berufszweige, alle Stände schaffen Wortmaterial, das der Literatur zu dienen berufen ist. (…) Und jede Schicht des Volkes ist zum Ausbau unserer Gemeinsprache mit reichem Material dienstbereit und dienstbar.“
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Auffällig ist, dass die Studentensprache als einzige eine Kreuzklassifikation erfährt, und sowohl als Standessprache, wie auch als Sprache einer bestimmten Altersklasse ausgewiesen wird. Nachzutragen bleibt, dass es sich bei der Studentensprache zusätzlich um eine reine „Männersprache“ handelt....
Inhaltsverzeichnis
1. Sondersprachforschung
2. Historische Wörterbücher und literarische Dokumente zur Studentensprache.
2.1 Literarische Dokumente
2.2 Wörterbücher
3. Gliederung der Wörterbücher nach zentralen Erfahrungsbereichen und
sozialen Wertungen
4. Sprachliche Heterogenität in den regionalen „Tönen“
5. Sprachkulturelle Spiegelungen und Gegenspiegelungen
6. Heutige Fragestellungen und Vorgehensweisen in der Erforschung der Studenten- bzw. Jugendsprache
Literaturverzeichnis
1. Sondersprachforschung
Nachdem sich die Sondersprachforschung zunächst auf die Sammlung von Wörtern und Phrasen beschränkte, beginnt eine wissenschaftliche Erforschung der historischen Studentensprache in Bezug auf den Einfluss auf die Gemeinsprache gegen Ende des 19. Jahrhunderts mit Meiers Untersuchungen der Halleschen Studentensprache (1894) und Kluges Deutscher Studenten-sprache (1895). So formuliert Friedrich Kluge: „Alle Berufszweige, alle Stände schaffen Wortmaterial, das der Literatur zu dienen berufen ist. (…) Und jede Schicht des Volkes ist zum Ausbau unserer Gemeinsprache mit reichem Material dienstbereit und dienstbar.“[1]
Hermann Hirt stellt in seiner 1909 erschienenen Monographie “Etymologie der neuhochdeutschen Sprache“[2] folgende Ordnung der Sondersprachen auf:
Sondersprachen
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
z.B.
- Ammensprache - Höhere und niedere - Männer-
- Jugendsprache Sprachen und Frauen-
- Pennälersprache - Sprache der Religion Sprache
- Soldatensprache - Rechtssprache
- Sprache des Ackerbauers
- Kaufmannssprache
- Studentensprache
- Buchdruckerspr.
- Kanzleisprache
- Bergmannsspr.
- Jägersprache
- Gaunersprache
Auffällig ist, dass die Studentensprache als einzige eine Kreuzklassifikation erfährt, und sowohl als Standessprache, wie auch als Sprache einer bestimmten Altersklasse ausgewiesen wird. Nachzutragen bleibt, dass es sich bei der Studentensprache zusätzlich um eine reine „Männersprache“ handelt.
(Exkurs: Im 18. Jahrhundert gab es insgesamt ca. 6000 – 7000 Studenten an deutschen Universitäten, alle männlich, davon ca. 800 Studenten in Göttingen, 700 in Halle. Etwas 75% der Studenten kamen aus dem Fachbereich Theologie und Jura, 25% aus Medizin und Philosophie. Letztere wurde auch „Freie Artisten Fakultät“ genannt, da auf kein Berufsziel hin studiert wurde. Das Durchschnittsalter bei der Immatrikulation lag bei 17 Jahren.)
Die Studentensprache ist daher von besonderem Interesse, weil sie stark auf die Schriftsprache eingewirkt hat (vgl. Hirt 1909), und so Meier 1994 „am festesten zusammengefügt und nach außen abgeschlossen ist“.
Alfred Götze[3] (1865-1948), deutscher Prähistoriker, skizzierte 1928 ausführlich den Beitrag der Studentensprache mit Wörtern, denen man den studentischen Ursprung noch anmerkt (z.B. blechen, büffeln, Kneipe, Spießer), aber auch andere, bei denen das Gefühl für den Ursprung verloren gegangen ist (z.B. duzen, sich genieren, Luftikus, schäkern).
Jugendsprachen sind also kein Phänomen unserer Zeit, sondern historisch verankert. Studenten entwickelten ihren eigenen Sprachstil, der sich von dem der älteren Generation und in der Gesellschaft vorherrschenden unterscheidet. Die Studentensprachen und die 200-jährige Tradition ihrer historischen Wörterbücher sind dafür der beste Beweis. Sie geben Aufschluss über die Sprache und die Lebensart einer ganz bestimmten Gruppe: männliche Studenten, eines bestimmten Alters in einer bestimmten Region.
So lassen sich folgende Parameter der Varietätenlinguistik für Jugend-, bzw. Studentensprache festhalten: 1. der soziale Bildungsstand (Studenten), 2. das Geschlecht (männlich), 3. das Alter (16-22 Jahre), 4. eine lokale Beschränkung (einzelne Universitätsstädte).
Die Bedeutung einiger der heute nicht mehr gebräuchlichen Begriffe ist nur aus den historischen Wörterbüchern zu erschließen, sowie einigen literarischen Dokumenten zur Studentensprache.
[...]
[1] Kluge 1895
[2] Hermann Hirt, Etymologie der neuhochdeutschen Sprache, München, 1909
[3] Alfred Götze 1928
- Citar trabajo
- Beate Brinkmöller (Autor), 2005, Historische deutsche Studentensprache, Múnich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/74515
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