Die Demokratie der Bundesrepublik Deutschland beruht auf den Prinzipien des Parlamentarismus. Kennzeichen hierfür sind der Parteienwettbewerb und die begrenzte Möglichkeit der Bürger, Einfluss auf die Politik zu neh-men. Die einzige Möglichkeit der politischen Partizipation stellen die Wahlen dar. Danach wird das Arbeiten im politischen Rahmen auf die gewählten Repräsentanten übertragen. Im politischen Alltag erlebt der Bür-ger also eine „indirekte“ Demokratie.
Die Verfassung der Bundesrepublik Deutschland verzichtet überwiegend auf direktdemokratische Instrumente. Diese Form der Demokratie ist histo-risch begründbar durch die Genese des deutschen Staates und vor allem den schlechten Erfahrungen mit der direkten Demokratie in der Weimarer Republik und der NS-Zeit. Dennoch gilt das deutsche demokratische System allgemein als effizient und produktiv.
Allerdings ist das der Direktdemokratie kritisch gegenüberstehende System im Laufe der Jahre immer wieder ins Rampenlicht geraten. Die pluralisierte Gesellschaft verlangt ein höheres Mitspracherecht an der Politik und ist unzufrieden mit dem festgefahrenen Parteiensystem. Gerade die Frage nach der Legitimation von Politikern birgt Konfliktstoff, weil Politiker als „Polit-Profis“ häufig den Basis- und Realitätsbezug und folglich auch den Bezug zum Volk verlieren.
Ganz im Gegensatz zur Bundesrepublik Deutschland handelt die Schweizerische Eidgenossenschaft. Sie basiert auf einer Konkordanzdemokratie und gibt dem Bürger die unterschiedlichsten Instrumente an die Hand, um sich politisch zu beteiligen.
Die vorliegende Hausarbeit beschäftigt sich mit der gering gehaltenen Di-rektdemokratie in Deutschland und ihrem geschichtlichen Hintergrund. Konträr dazu wird das System der Schweiz mit den zahlreichen direktdemokratischen Elementen erläutert. Im Fazit werden die Zukunftsperspektiven für beide Herrschaftsformen dargestellt.
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
2. Direktdemokratie in Deutschland
2.1. Geschichtliches
2.2. Verankerung der Direktdemokratie in der Verfassung
2.3. Direktdemokratie in Ländern und Gemeinden
3. Direktdemokratie in der Schweiz
3.1. Die Instrumente der Direktdemokratie
3.1.1. Obligatorisches Gesetzesreferendum
3.1.2. Fakultatives Gesetzesreferendum
3.1.3. Staatsvertragsreferendum
3.1.4. Volksinitiative
3.1.5. Gesetzesinitiative
4. Gemeinsamkeiten direktdemokratischer Institutionen
5. Fazit
6. Literaturverzeichnis
1. Einleitung
Die Demokratie der Bundesrepublik Deutschland beruht auf den Prinzipien des Parlamentarismus. Kennzeichen hierfür sind der Parteienwettbewerb und die begrenzte Möglichkeit der Bürger, Einfluss auf die Politik zu nehmen. Die einzige Möglichkeit der politischen Partizipation stellen die Wahlen dar. Danach wird das Arbeiten im politischen Rahmen auf die gewählten Repräsentanten übertragen. Im politischen Alltag erlebt der Bürger also eine „indirekte“ Demokratie.
Die Verfassung der Bundesrepublik Deutschland verzichtet überwiegend auf direktdemokratische Instrumente. Diese Form der Demokratie ist historisch begründbar durch die Genese des deutschen Staates und vor allem den schlechten Erfahrungen mit der direkten Demokratie in der Weimarer Republik und der NS-Zeit. Dennoch gilt das deutsche demokratische System allgemein als effizient und produktiv.
Allerdings ist das der Direktdemokratie kritisch gegenüberstehende System im Laufe der Jahre immer wieder ins Rampenlicht geraten. Die pluralisierte Gesellschaft verlangt ein höheres Mitspracherecht an der Politik und ist unzufrieden mit dem festgefahrenen Parteiensystem. Gerade die Frage nach der Legitimation von Politikern birgt Konfliktstoff, weil Politiker als „Polit-Profis“ häufig den Basis- und Realitätsbezug und folglich auch den Bezug zum Volk verlieren.
Die Forderungen nach mehr Bürgerbeteilung finden sich ganz eindeutig seit den 60er Jahren im Gedankengut der Bürgerinitiativen und der sozialen Bewegungen in den 70ern und 80ern in den alten Bundesländern wider. Auch in den die Wende auslösenden Bürgerbewegungen in der DDR und in der wachsenden Partei- und Politikverdrossenheit wird dieser Anspruch deutlich. Laut Politbarometer-Daten waren im Jahr 1977 noch 76 % der Deutschen mit der Demokratie „sehr“ oder mindestens „ziemlich“ zufrieden. 1996 waren es schon nur noch 52 %.
(vgl. http://www.gesis.org/Datenservice/Politbarometer/)
Ganz im Gegensatz zur Bundesrepublik Deutschland handelt die Schweizerische Eidgenossenschaft. Sie basiert auf einer Konkordanzdemokratie und gibt dem Bürger die unterschiedlichsten Instrumente an die Hand, um sich politisch zu beteiligen.
Die vorliegende Hausarbeit beschäftigt sich mit der gering gehaltenen Direktdemokratie in Deutschland und ihrem geschichtlichen Hintergrund. Konträr dazu wird das System der Schweiz mit den zahlreichen direktdemokratischen Elementen erläutert. Im Fazit werden die Zukunftsperspektiven für beide Herrschaftsformen dargestellt.
2. Direktdemokratie in Deutschland
2.1. Geschichtliches
Die Schwierigkeit direktdemokratische Elemente in die Verfassung der Bundesrepublik Deutschland (BRD) zu integrieren, lässt sich zum einen mit den schlechten Erfahrungen mit dem Volksentscheid während der Weimarer Republik erklären: Adolf Hitler nutzte die Volksabstimmung dreimal um seine totalitären Machenschaften zu legitimieren. Zum ersten Mal geschah dies 1933 mit der Abstimmung zur Bestätigung des Austritts aus dem Völkerbund. 1934 mit der Befragung zur Übernahme des Reichspräsidentenamtes durch Hitler selbst und zum letzten Mal im Jahre 1938 mit der Volksabstimmung über den Anschluss von Österreich. Um einen Missbrauch dieser Instrumente zu verhindern, ließen die Verfassungsväter deshalb direktdemokratische Elemente außen vor. Das diese Angst nicht unbegründet war, zeigte sich in dem Instrument der Volksbefragung in der Deutschen Demokratisch Republik, das doch überwiegend rein propagandistisch genutzt wurde. (Hernekamp 1979: 323)
Zum anderen lässt sich die Entwicklung der deutschen Verfassung ohne große Möglichkeit der Partizipation auf die lange Zeit des Dualismus zwischen Staat und Gesellschaft zurückführen. (Hesse, Ellwein 1997: 130) Der Anspruch des Mitbestimmungsrechts der Bürger bliebt wegen dieser Theorie sehr begrenzt, da der politische Staat von der Gesellschaft getrennt blieben.
Schaut man sich allerdings die Verfassung der Weimarer Republik genauer an, so finden sich darin durchaus einige direktdemokratische Elemente. Beispielsweise gab es auf der kommunalen Ebene das Abberufungsrecht, das unter anderem beim Bürgermeister angewendet werden konnte, das Versammlungssystem, sowie Volksentscheide und Volksbegehren.
Auf Länderebene waren diese Elemente sogar noch weiter ausgebreitet. Das Abberufungsrecht galt in manchen Ländern sogar für die Landesparlamente.
Auch auf Reichsebene gab es vielfältige Varianten der politischen Partizipation. Der Reichspräsident konnte zu jeder Zeit ein bereits vom Reichstag beschlossenes Gesetz zum Volksentscheid bringen. Eine Parlamentsminderheit mit einer Stärke von mindestens einem Drittel hatte außerdem die Möglichkeit, die Verkündigung eines Gesetzes aussetzen und das Volk darüber entscheiden zu lassen. Außerdem konnte eine Zwei-Drittel-Mehrheit im Parlament einen Volksentscheid zur Absetzung des Reichpräsidenten einleiten. Auch Volksbegehren, wenn sie ein amtliches Zulassungsverfahren durchlaufen hatten, waren auf der Reichsebene möglich.
Eine bemerkenswerte Variante sah die Weimarer Verfassung für den Fall einer Blockade zwischen den beiden Parlamentskammern Reichtag und Reichsrat, vor. In diesem Fall stimmte das Volk über den Streitgrund ab. (Hernekamp 1979: 254)
2.2. Verankerung der Direktdemokratie in der Verfassung
Die Verfassung der BRD sieht grundsätzlich die politische Partizipation durch direktdemokratische Instrumente im Artikel 20 GG vor: „Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus. Sie wird vom Volke in Wahlen und Abstimmungen... ausgeübt.“
Die direktdemokratischen Instrumente der Volksbefragung, des Volksentscheides und des Volksbegehrens kommen nur im Fall einer Neugliederung des Bundesgebietes nach Artikel 29 GG zum Tragen. Laut diesem Artikel müssen in den betroffenen Ländern Volksbegehren durchgeführt werden. Ein solcher Entscheid kann auch durch ein Volksbegehren hervor gerufen werden, wenn mindestens 10% der Einwohner eines zusammenhängenden, abgegrenzten Wirtschafts- und Siedlungsraum eine Änderung beantragen. Schaut man sich aber die Regelung im Artikel 29 genauer an, ist zu bemerken, dass es sich nicht um eine bundesweite Möglichkeit der direkten Einflussnahme durch die Bürger handelt. Die Volksentscheide werden immer nur regional in den betroffenen Länder durchgeführt und beziehen sich also nie auf alle Bundesländer zum gleichen Zeitpunkt.
Die Möglichkeit eines bundesweiten Volksentscheides ist im Grundgesetz allerdings auch im Artikel 146 angelegt: Die Abstimmung über eine neue Verfassung. Allerdings gilt dieser Artikel seit der Wiedervereinigung Deutschlands als „funktions- und gegenstandslos“. (Roellecke 1991: 658)
Zu guter Letzt sei Artikel 17 GG zu erwähnen, der von Schmidt (2002: 356) als eine „schwache Variante einer Volksinitiative“ eingestuft wird. Der Grundgesetzartikel gibt jedem das Recht, sich jederzeit mit Ideen an die Repräsentanten des Volks zu wenden und sich so Gehör zu verschaffen. Allerdings ist dieses Verfahren nicht vergleichbar mit dem einer Volksinitiative oder eines Volksbegehrens in der Schweiz.
Betrachtet man unser Wahlsystem genauer, entdeckt man indirekte Mechanismen, die auch als direktdemokratische Instrumente gesehen werden können. Ein Beispiel zeigt sich in der personalisierten Bundestagswahl, die im Verfahren zu einer Direktwahl des Bundeskanzlers führt. Laut Verfassung wird der Bundeskanzler zwar durch den Bundestag gewählt, allerdings wird durch die Verbindung der Partei mit dem Kanzlerkandidat die eigentliche Wahl vom Volk getroffen.
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- Arbeit zitieren
- Catrin Knußmann (Autor:in), 2004, Direkte Demokratie - Möglichkeiten der politischen Partizipation in der Schweiz und der Bundesrepublik Deutschland, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/74468
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