In dieser Arbeit soll frelsisbarátta, also der Unabhängigkeitskampf der Isländer ab Beginn des 19. Jahrhunderts betrachtet werden. Die Frühzeit als Freistaat und die absteigende soziale und wirtschaftliche Entwicklung während der Zeit der Fremdherrschaft bilden den Einstieg und die Grundlagen des Nationalismus, damit im Verlauf der Untersuchung konkret die Zeit der dänischen Herrschaft und der sich entwickelnde Nationalismus untersucht werden können. Eingegangen wird hierbei besonders auf die Fragen, welche Phasen Island bzw. seine Bevölkerung dabei durchlief und warum sich der Nationalismus als solcher entwickelte und zu einer Bewegung führte, die über etwa ein Jahrhundert ständig wuchs und mit der Erklärung der freien Republik 1944 ihr Ziel erreichte.
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
2. Besiedelung und Freistaat
2.1. Die Zeit der Landnahme
2.2. Staatsgründung
2.3. Friedenszeit und Christianisierung
3. Unter norwegischer Herrschaft
3.1. Entgegen dem Druck
3.2. Union mit Norwegen
4. Dänische Herrschaft und Zweiter Weltkrieg
4.1. Ein abgelegener Teil des Königreichs
4.2. Katastrophen und Niedergang als Katalysator
4.3. Die Entwicklung zum freien Staat
5. Die Gründung der Republik
6. Zusammenfassung
7. Bibliographie
7.1. Quellen
7.2. Literatur
1. Einleitung
Die heutige Republik Island besteht zwar offiziell erst seit dem Jahr 1944, kann aber auf eine weit über 1100-jährige Geschichte zurückblicken, an der bereits am Anfang ein republikartiger Verbund von Herrschaftsgebieten einzelner Stammesführer stand. Deren damalige Versammlung, das Alþingi,[1] begründete 930 gewissermaßen den Nationalstaat Island. Dieser geriet in den folgenden Jahrzehnten unter den Einfluss Norwegens, wurde unselbstständig und gelangte später mit der Kalmarer Union unter dänische Oberhoheit. Trotz beständiger Unabhängigkeitsbestrebungen, die allerdings im Gegensatz zu anderen Sezessionsbewegungen nicht gewalttätig geführt wurden, währte dieser Zustand bis ins 20. Jahrhundert. Die schließlich 1904 erlangte Selbstverwaltung innerhalb des Königreichs Dänemark, sowie die inoffizielle Selbstständigkeit in Personalunion mit der dänischen Krone ab 1918 wurden 1944 mit der offiziellen Ausrufung der Republik zur endgültigen Souveränität vollendet. Die Entwicklung Islands wurde seit dem 12. Jahrhundert durch Handelsmonopole erst Norwegens, dann Dänemarks blockiert. Oft herrschte Mangel an wichtigen Gütern und das Leben war mehr ein Kampf ums Überleben, denn um eine Fortentwicklung des Landes. Während all dieser Jahrhunderte bewahrte sich das Land dennoch wie kaum andere eine eigenständige Kultur, eigene Sprache und Schrift sowie einen eigenen Nationalismus, der im Zuge europäischer Aufklärung durch die Bestrebungen weniger junger Intellektueller aus Kopenhagen entflammte.
In dieser Arbeit soll frelsisbarátta,[2] also der Unabhängigkeitskampf der Isländer ab Beginn des 19. Jahrhunderts betrachtet werden. Die Frühzeit als Freistaat und die absteigende soziale und wirtschaftliche Entwicklung während der Zeit der Fremdherrschaft bilden den Einstieg und die Grundlagen des Nationalismus, damit im Verlauf der Untersuchung konkret die Zeit der dänischen Herrschaft und der sich entwickelnde Nationalismus untersucht werden können. Eingegangen wird hierbei besonders auf die Fragen, welche Phasen Island bzw. seine Bevölkerung dabei durchlief und warum sich der Nationalismus als solcher entwickelte und zu einer Bewegung führte, die über etwa ein Jahrhundert ständig wuchs und mit der Erklärung der freien Republik 1944 ihr Ziel erreichte.
Zur Literaturlage muss angemerkt sein, dass diese im Bereich deutscher Veröffentlichungen spärlich ist. Kaum sind umfassende Darstellungen der isländischen Geschichte zu finden, noch gibt es speziell zum Thema der Unabhängigkeitsgeschichte Veröffentlichungen. Die englische Literaturlage präsentiert sich hier umfassender. Besonders die Darstellungen Ólafur Ragnar Grímssons Icelandic Nationalism: A dissolution force in the Danish Kingdom and a fundamental cleavage in icelandic politics, Guðmundur Hálfdanarsons Iceland: A Peaceful Secession und Gunnar Karlssons The Emergence of Nationalism in Iceland sind sehr gute, wenn auch allesamt kurze Abhandlungen über den isländischen Nationalismus ab 1800. Als Überblicksdarstellungen bieten sich The History of Iceland ebenfalls von Gunnar Karlsson und das, auf Deutsch vorliegende, Island von der Vergangenheit zur Gegenwart von Esbjörn Rosenblad und Rakel Sigurđardóttir-Rosenblad an. Geschichtlich relevant, wenn auch nicht als eindeutige Fakten anzunehmen, sind weiterhin die zeitgenössischen isländischen Schriften, für die Frühzeit besonders das Landnámabók[3] und die dänischen und schwedischen Genealogien Dansk biografisk Lexikon und Nordisk familjebok um 1900.
2. Besiedelung und Freistaat
2.1. Die Zeit der Landnahme
Es ist nötig, ausführlicher auf die erste Besiedelung Islands und die Zeit des Freistaates einzugehen, denn in den Ursachen der Einwanderung von Norwegen und den britischen Inseln aus, sowie der Zeit der alten Republik sind einige Motive für das beständige Unabhängigkeitsstreben während der Jahrhunderte der Fremdherrschaft bereits begründet.[4] Obwohl die Insel Island bereits von einigen irischen Mönchen bewohnt wurde und auch einige Seefahrer die Küsten erreichten, namentlich Naddodd um 860, Garðar Svavarsson zwischen 860 und 865 und Flóki Vilgerðarson um 868, die mithin als Entdecker Islands gelten,[5] wird die eigentliche Besiedelungszeit heute in den Jahren um 874 festgemacht. Zu dieser Zeit einte der norwegische König Harald Hårfagre große Teile der norwegischen Kleinkönigreiche unter seiner Herrschaft und erlegte den Bewohner hohe Steuerlasten auf, welche viele dieser nicht tragen konnten oder wollten und deshalb auswanderten. Sie brachen auf, ihre Freiheit auf den Färöer, den Shetland-Inseln, in Schottland oder Irland zu finden. Viele wussten dank der Fahrten der zuvor genannten auch um die Existenz Islands und lenkten ihre Wege gezielt dorthin. Ingólfur Arnarsson, dem erstem ständigen norwegischen Siedler der die Insel 874 betrat,[6] folgten in den kommenden Jahren mehr und mehr norwegische Familien, aber auch norwegisch-stämmige Siedler aus Irland und von den britischen Inseln, die keltische Sklaven und Arbeiter mitbrachten. Auch sie wiederum wurden von Beutezügen und Strafexpeditionen Haralds gegen die britischen Inseln gedrängt, ihre alten Gebiete zu verlassen. Das Landnámabók berichtet weiter von etwa 400 Familien aus Norwegen, die dem Beispiel Ingólfurs folgten. In den folgenden 60 Jahren wuchs die Bevölkerung Islands auf 30.000 bis 40.000 Menschen an, womit die Grenze der Versorgungsmöglichkeiten erreicht wurde und die Einwanderung zum Erliegen kam.[7] Darüber hinaus gibt es Theorien, die eine beständige Siedlung bereits ab dem 7. Jahrhundert annehmen, doch beruhen diese nicht auf genannten Zusammenhängen sondern auf Ergebnissen von Radiocarbonanalysen.[8]
2.2. Staatsgründung
Gleichzeitig wuchs das Bewusstsein einer Gemeinschaft als Isländer und das Verlangen nach einer einheitlichen sozialen Ordnung und allgemeinen Rechtsordnung. Im Jahre 930 versammelten sich Vertreter der 13 von Häuptlingen geführten Kleinstaaten im Þingvéllir im Südwesten der Insel und gründeten das Alþingi als gesetzgebende Versammlung[9] der bestimmenden Oligarchie der Goðar.[10] Alljährlich trafen sich diese als Vertreter ihrer Bezirke, um zu handeln, zu verhandeln, zu richten und die Gesetze (weiter) zu entwickeln. Wenn auch kein Staat im heutigen Sinne, so entstand doch eine Art föderative Republik, ein Freistaat, der eine zentrale Gesetzgebung und teilweise auch richterliche Gewalt besaß.
2.3. Friedenszeit und Christianisierung
Zwar waren bereits unter den ersten Siedlern, besonders von den britischen Inseln, Christen, doch dauerte die umfassende Christianisierung bis weit in das 11. Jahrhundert. Um 985 errichtete Örlygur die erste Kirche des Landes und in der Folgezeit bereisten Missionare die Inseln jahrelang, allerdings ohne große Erfolge. Der 995 zum norwegischen König gewordene Ólafur Tryggvason war in England Christ geworden und hatte sich zum Ziel gesetzt während seiner Regierungszeit, alle nordischen Ländern zu christianisieren. Nach dem mangelnden Erfolg in Island wollte er wütend alle in Norwegen lebenden heidnischen Isländer töten, doch Vermittler unter Führung des Goði Gissur Teitsson boten an, stattdessen über das Alþingi eine endgültige Einführung des Christentums zu beschließen. Im Jahr 1000 schließlich kam man auf dem jährlichen Treffen überein, den Weisen Þorgeir ljósvetningagoði über die Frage entscheiden zu lassen. Unter norwegischem Druck, Island war von Getreideeinfuhren abhängig, und der Erkenntnis in einer christlichen Welt isoliert zu sein, entschied dieser, das Christentum durch das Alþingi annehmen zu lassen. Keine religiöse, sondern eine rational politische Entscheidung also. Zudem wurde 1022 ein Pakt zwischen Island und Norwegen geschlossen, der Rechte und Pflichten beider Länder beinhaltete und die Annektierungsversuche Norwegens bis etwa 1180 beendete.[11] Diese Zeit des Wachstums gilt bis heute als Friedenszeit. Im Jahr 1056 wurde Skálholt und 1106 Hólar zum Bischofssitz, in der Folge wurden mehrere Kirchen und Klöster samt angeschlossenen Schulen gegründet und der Zehnt eingeführt, der auch den Goðar zufloss.
[...]
[1] (skand.) ~ Versammlung, Zusammenkunft, Gericht
[2] (isl.) ~ Unabhängigkeitskampf
[3] Das Buch der Besiedelung ist ein wahrscheinlich um 1100 entstandenes genealogisches Werk dessen Urfassung von Ari Þorgilsson und Kolskeggr Ásbjarnarson stammt. Nur spätere Fassungen anderer Autoren sind vollständig erhalten, die älteste hierbei von Sturla Thóðarson aus den 1270er Jahren.
[4] Grímsson, Ólafur Ragnar: Icelandic Nationalism: A dissolution force in the Danish Kingdom and a fundamental cleavage in icelandic politics. Reykjavík 1978, S. 3 ff.
[5] Nordisk familjebok. Bd. 8 (1908), Bd. 9 (1908) und Bd. 19 (1913). Stockholm 1904 - 1926. [http://runeberg.org (14.02.2007)] und Thóðarson, Sturla: Landnámabók. zw. 1275 und 1280. Kap. 1 f. [www.snerpa.is (14.02.2007)].
[6] Nordisk familjebok. Bd. 12 (1910), Stockholm 1904 - 1926. [http://runeberg.org (14.02.2007)] und Landnámabók, Kap. 6 f..
[7] Schnütgen, Achim: Island. 3. Auflg. Köln, 1990, S. 212.
[8] Rosenblad, Esbjörn / Sigurđardóttir-Rosenblad, Rakel: Island von der Vergangenheit zur Gegenwart. Reykjavík 1999, S. 14.
[9] Jóhannesson, Jon: A history of the old Icelandic Commonwealth Islendingasaga, [Winnipeg?], 1974. S. 53-63.
[10] (sgl. goði) frei veräußerliches, vererbbares und teilbares Häuptlings- und Priesteramt, vgl.: Havlat, Oliver: Farmers – politicians – warlords. The goðar in Commonwealth Iceland. University of Iceland 2002. [http://www.oliver-havlat.de (13.02.07)].
[11] Jóhannesson, Jón: A history of the old Icelandic Commonwealth Islendingasaga, [Winnipeg?], 1974, S. 215 f..
- Citar trabajo
- B.A. Stephan Mehlhorn (Autor), 2007, Islands Weg zur Unabhängigkeit 1944 unter besonderer Beachtung der Grundlagen, Entstehung und Entwicklung des isländischen Nationalismus, Múnich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/74257
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