„Fett, Faul und Krank“, „Macht Bewegungsmangel dumm?“, „Keiner weiß, wie gesund Kinder wirklich sind“ oder „Kinder sind immer schlapper“; solche oder ähnliche Überschriften waren in letzter Zeit vermehrt in Deutschlands Zeitungen zu finden. Doch woher kommt das?
Im Rahmen einer deutschlandweiten Studie haben Prof. Bös und Prof. Woll herausgefunden, dass die motorische Leistungsfähigkeit von Kindern in den letzten 20 Jahren um etwa 10% abgenommen hat. Als Hauptursachen für diesen Trend wurden der Verlust der Straßenkindheit, die Verinselung der kindlichen Lebenswelt, die Institutionalisierung und Verhäuslichung der Kindheit sowie die Mediatisierung der Erfahrungswelt ausgemacht. Es wurde beispielsweise herausgefunden das Kinder durchschnittlich am Tag 9 Stunden liegen, 9 Stunden sitzen und 5 Stunden stehen, wovon jedoch nur eine Stunde auf tatsächliche Bewegung bzw. Sport entfällt.
Vor diesem Hintergrund erhalten Tests zur Messung der sportmotorischen Leistungsfähigkeit einen neuen Stellenwert. Nicht nur, dass sport-motorische Tests das Grundgerüst für solche ernüchternde Diagnosen bilden, sie ermöglichen es auch den Lehrern den motorischen Leistungsstand ihrer Klassen gezielt zur ermitteln, um anschließend im täglichen Umgang mit den Schülerinnen und Schülern an den motorischen Schwächen zu arbeiten und diese kontinuierlich zu verbessern.
Um allerdings im Schulalltag die Vorteile sportmotorischer Tests nutzen zu können, ist es für einen Lehrer unabdingbar, sowohl über die Dimensionen der Motorik, wie auch über die Anwendung und Auswertung der jeweiligen motorischen Tests informiert zu sein.
Diese Seminararbeit behandelt dabei das Themengebiet der passiven Systeme der Energieübertragung, also die Beweglichkeit. Neben der einführenden Theorie werden hauptsächlich sportmotorische Testverfahren zur Bestimmung der motorischen Gelenkigkeit vorgestellt. Ebenfalls soll ein Augenmerk auf die Probleme solcher Tests gelegt werden, die bei der Durchführung, Auswertung und Deutung auftreten können. Als kleiner Exkurs ist das Kapitel 6 zu sehen, dass die Neutral – Null – Methode als professionelles Hilfsmittel zur Erfassung der Gelenkigkeit beschreibt.
Inhaltsverzeichnis
1 Thematische Einführung
2 Begriffsbestimmungen
2.1 Definition Beweglichkeit
2.2 Definition Gelenkigkeit
2.3 Definition Dehnfähigkeit
2.4 Begriffshierarchie
2.5 Arten der Beweglichkeit
3 Ist motorische Beweglichkeit eine motorische Fähigkeit?
4 Sportmotorische Testverfahren zur Gelenkigkeit 8 Exkurs: Gütekriterien eines Tests
4.1 Rumpfbeuge vorwärts (nach Fetz und Kornexl, 1978)
4.2 Rumpfbeuge rückwärts (nach Fetz und Kornexl, 1978)
4.3 Rumpfbeuge seitwärts (nach Fetz und Kornexl, 1978)
4.4 Rumpfdrehen seitwärts (nach Weineck, 2004)
4.5 Seitgrätschen (nach Fetz und Kornexl, 1978)
4.6 Beinspreizen vorwärts (nach Fetz und Kornexl, 1978)
4.7 Seitspagat (nach Grosser und Starischka, 1981)
4.8 Querspagat (nach Grosser und Starischka, 1981)
4.9 Extent flexibility Test (nach Haag und Dassel, 1981)
4.10 Dynamic flexibility Test (nach Haag und Dassel, 1981)
4.11 Ausschultern mit Stab (nach Grosser und Starischka, 1981)
4.12 Brücke (nach Grosser und Starischka, 1981)
5 Allgemeine Probleme bei Gelenkigkeitstests
6 Die Neutral - Null - Methode
7 Fazit
II Literaturverzeichnis
III Abbildungsverzeichnis
1 Thematische Einführung
„Fett, Faul und Krank“, „Macht Bewegungsmangel dumm?“, „Keiner weiß, wie gesund Kinder wirklich sind“ oder „Kinder sind immer schlapper“; solche oder ähnliche Überschriften waren in letzter Zeit vermehrt in Deutschlands Zeitungen zu finden. Doch woher kommt das?
Im Rahmen einer deutschlandweiten Studie haben Prof. Bös und Prof. Woll herausgefunden, dass die motorische Leistungsfähigkeit von Kindern in den letzten 20 Jahren um etwa 10% abgenommen hat. Als Hauptursachen für diesen Trend wurden der Verlust der Straßenkindheit, die Verinselung der kindlichen Lebenswelt, die Institutionalisierung und Verhäuslichung der Kindheit sowie die Mediatisierung der Erfahrungswelt ausgemacht. Es wurde beispielsweise herausgefunden das Kinder durchschnittlich am Tag 9 Stunden liegen, 9 Stunden sitzen und 5 Stunden stehen, wovon jedoch nur eine Stunde auf tatsächliche Bewegung bzw. Sport entfällt.
Vor diesem Hintergrund erhalten Tests zur Messung der sportmotorischen Leistungsfähigkeit einen neuen Stellenwert. Nicht nur, dass sport-motorische Tests das Grundgerüst für solche ernüchternde Diagnosen bilden, sie ermöglichen es auch den Lehrern den motorischen Leistungsstand ihrer Klassen gezielt zur ermitteln, um anschließend im täglichen Umgang mit den Schülerinnen und Schülern an den motorischen Schwächen zu arbeiten und diese kontinuierlich zu verbessern.
Um allerdings im Schulalltag die Vorteile sportmotorischer Tests nutzen zu können, ist es für einen Lehrer unabdingbar, sowohl über die Dimensionen der Motorik, wie auch über die Anwendung und Auswertung der jeweiligen motorischen Tests informiert zu sein. Diese Seminararbeit behandelt dabei das Themengebiet der passiven Systeme der Energieübertragung, also die Beweglichkeit. Neben der einführenden Theorie werden hauptsächlich sportmotorische Testverfahren zur Bestimmung der motorischen Gelenkigkeit vorgestellt. Ebenfalls soll ein Augenmerk auf die Probleme solcher Tests gelegt werden, die bei der Durchführung, Auswertung und Deutung auftreten können. Als kleiner Exkurs ist das Kapitel 6 zu sehen, dass die Neutral - Null - Methode als professionelles Hilfsmittel zur Erfassung der Gelenkigkeit beschreibt.
2 Begriffsbestimmungen
2.1 Definition Beweglichkeit
Weineck (2004, S.488) definiert „die Beweglichkeit als die Fähigkeit und Eigenschaft des Sportlers, Bewegungen mit großer Schwingweite selbst oder unter dem unterstützenden Einfluss äußerer Kräfte in einem oder in mehreren Gelenken ausführen zu können.“
2.2 Definition Gelenkigkeit
„Die Gelenkigkeit bezeichnet die individuelle Ausprägung der Schwingungsweite in den Gelenken und hängt damit von einem passiven Funktionssystem ab“ (Hohmann et al., 2003, S.97).
2.3 Definition Dehnfähigkeit
Nach Hohmann (2003, S.96) versteht man unter Dehnfähigkeit die Bewegungsweite der Muskulatur, Bänder, Sehnen und Gelenkkapseln.
2.4 Begriffshierarchie
Wie man leicht aus den drei Definitionen erkennen kann, ist Beweglichkeit ein Überbegriff, dem man die zwei Komponenten Gelenkigkeit und Dehnfähigkeit zuordnen kann.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abb. 1: Komponenten der Beweglichkeit nach Spring et al. (2001, S.116)
2.5 Arten der Beweglichkeit
Die Beweglichkeit lässt sich nach drei Gesichtspunkten in die allgemeine und spezielle Beweglichkeit, die aktive und passive Beweglichkeit und die dynamische und statische Beweglichkeit gliedern.
Unter der allgemeinen Beweglichkeit versteht man das durchschnittliche Niveau der Schwingweite in den drei großen Gelenksystemen Schulter, Wirbelsäule und Hüfte. Im Gegensatz dazu versteht man unter spezieller Beweglichkeit eine überdurchschnittliche Schwingweite in einem beliebigen Gelenk. Diese vergrößerte Schwingweite ist meistens auf eine überdurchschnittliche Beweglichkeitsanforderung in einer sportlichen Disziplin zurückzuführen (vgl. Grosser & Starischka, 1998, S.153).
Als aktive Beweglichkeit bezeichnet man die größtmögliche Bewegungsamplitute in einem Gelenk, die aufgrund der Kontraktion des Agonisten und paralleler Dehnung des Antagonisten (innere Kräfte) erzeugt werden kann. Von passiver Beweglichkeit spricht man, wenn ein durch äußere Kräfte bis an die anatomische Bewegungsgrenze gebracht wird. Mitbestimmend ist dabei die Dehn- bzw. Entspannungsfähigkeit der Antagonisten. Es ist festzuhalten, dass die passive Beweglichkeit stets größer ist als die aktive Beweglichkeit (vgl. Weineck, 2000, S.316 f.).
Statische Beweglichkeit bezeichnet die Gelenkwinkelstellung, die über eine gewisse Zeit aktiv gehalten werden kann. Die maximale Bewegungsweite die kurzfristig durch wippen bzw. federn erreicht werden kann, ist als dynamische Beweglichkeit bekannt. Sie hängt größtenteils von „ der Viskosität, Plastizität und Elastizität des Muskels“ ab (vgl. Grosser & Starischka, 1998, S.154 f.).
3 Ist motorische Beweglichkeit eine motorische Fähigkeit?
Obwohl in der Literatur weitestgehend Einigkeit über die Definition von Beweglichkeit herrscht, gibt es trotzdem unterschiedliche Meinungen darüber, ob es sich bei der Beweglichkeit um eine motorische Fähigkeit handelt oder nicht.
Nach Grosser und Starischka (1998, S.8 f.) ist die Beweglichkeit eine konditionell - koordinative Fähigkeit und gehört somit zu den motorischen Fähigkeiten. Begründet wird dies von den beiden Autoren mit der Zwischenstellung der Beweglichkeit zwischen den vorwiegend morphologisch und energetisch bestimmten konditionellen Fähigkeiten und den überwiegend durch Steuerungs- und Regelungsprozessen determinierten koordinativen Fähigkeiten.
Bös (vgl. 2001, S.2 f.) hingegen zählt die Beweglichkeit zu den passiven Systemen der Energieübertragung, worunter die Gesamtheit der Knochen, der Bänder, der Knorpel und der Muskulatur in ihrem funktionellen Zusammenspiel zu verstehen ist. Dies erklärt Bös damit, dass keine präzise Zuordungsmöglichkeit sowohl zu den konditionellen als auch zu den koordinativen Merkmalsbereichen festzustellen ist.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abb. 2: Systematisierung motorischer Fähigkeiten nach Bös (2001, S.2)
Aber egal aus welcher Sicht man die Beweglichkeit - und damit implizit auch die Gelenkigkeit - betrachtet, steht die Bedeutung für die Leistung des Sportlers außer Frage. Dieser Tatsache trägt die Trainingspraxis entsprechend Rechnung, indem die Beweglichkeit als stetiges Ziel im fortlaufenden Trainingsprozess definiert und festgelegt ist (vgl. Hohmann, 2003, S.97).
Da sich diese Arbeit im Folgenden hauptsächlich mit der Gelenkigkeit und dem Testen der Gelenkigkeit beschäftigt, orientiere ich mich mehr an der Einordnung nach Bös als passives System der Energieübertragung. Dies ist aus meiner Sicht sinnvoll, da die Gelenkigkeit auf der einen Seite anatomisch-strukturell bedingt ist und damit von Gelenk zu Gelenk bzw. von Gelenkform zu Gelenkform variiert. Auf der anderen Seite ist die Gelenkigkeit auch stark anlagebedingt und unterscheidet sich somit aufgrund des Körperbaues von Person zu Person.
Zusammenfassend könnte man sagen, dass die Gelenkigkeit eine „im wesentlichen durch die Konstitution des Sportlers geprägte körperliche Eigenschaft“ darstellt (vgl. Hohmann, 2003, S.97).
4 Sportmotorische Testverfahren zur Gelenkigkeit
Ziel sportmotorischer Testverfahren zur Gelenkigkeit ist die Erfassung der Gelenkbeweglichkeit im zu testenden Gelenk. Grundlage dieser Tests können dabei nur die anatomisch vorgegebenen Bewegungsmöglichkeiten der jeweiligen Gelenke sowie deren Stellung bei der aufrechten Haltung des Menschen sein (vgl. Bös, 2001, S.214).
Im Folgenden werden einige Gelenkigkeitstest näher vorgestellt. Die Vorgehensweise ist dabei immer die gleiche. Zuerst wird das Testziel angegeben, anschließend der Testablauf vorgestellt. Gefolgt wird dies durch die Auswertung des Tests, d.h. es werden Normwerte bzw. Normtabellen aufgeführt, soweit diese vorhanden sind, und durchschnittliche Werte der Hauptgütekriterien genannt. In einem letzten Punkt erlaube ich mir auf einige Probleme hinzuweisen, die in der praktischen Durchführung der Tests auftauchen können bzw. im Rahmen der Durchführung der Gelenkigkeitstests im Seminar (mit Sportstudenten) aufgetreten sind.
Exkurs: Gütekriterien eines Tests
Zur qualitativen Beurteilung eines sportmotorischen Tests werden so genannte Gütekriterien herangezogen. Man unterscheidet die Hauptgütekriterien Objektivität, Reliabilität und Validität von den Nebengütekriterien Normierung, Nützlichkeit, Ökonomie und Vergleichbarkeit. An dieser Stelle soll es aber genügen kurz die Hauptgütekriterien nach Bös (2001, S.545 - 553) vorzustellen.
Objektivität:
„Unter Objektivität eines Tests versteht man den Grad, in dem die Testergebnisse unabhängig vom Untersucher sind.“ Man unterscheidet dabei zwischen der Objektivität der Durchführung, der Auswertung und der Interpretation.
Reliabilität:
„Unter Reliabilität eines Tests versteht man den Grad der Genauigkeit, mit der der Test ein bestimmtes Persönlichkeits- oder Verhaltensmerkmal misst, unabhängig davon, ob er dieses Merkmal auch zu messen beansprucht.“
Validität:
Die Validität eines Tests gibt Auskunft darüber, in wie weit ein Test auch wirklich die Eigenschaft bzw. Eigenschaften erfasst, die er zu messen vorgibt.
4.1 Rumpfbeuge vorwärts (nach Fetz und Kornexl, 1978)
Ziel:
Testen der statischen Gelenkigkeit im Hüftgelenk und in der Lendenwirbelsäule
Testanweisung:
Der Proband steht mit geschlossenen Füssen auf einer Langbank oder einem Kasten. Die Fußspitzen schließen mit dem Rand des Gerätes ab. Vor dem Gerät ist eine Messskala angebracht mit Null- wert auf Höhe der Oberkante des Gerätes. Bei gestreckten Beinen versucht der Proband seinen Oberkörper möglichst stark nach vorne zu beugen und in der Extremstellung 2 Sekunden Abb. 3: Rumpfbeuge vorwärts, zu verharren. Befinden sich die Fingerspitzen Fetz, Kornexl (1978, S.87) des Probanten über dem Nullpunkt ergibt sich ein Minuswert, befindet sie sich unter dem Nullpunkt ein Pluswert.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Normwerte:
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Werte nach Fetz, Kornexl, 1978, S.88
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Werte nach Weineck, 2004, S.520
Testgüte:
Objektivität: zwischen 0,95 und 0,98
Reliabilität: zwischen 0,88 und 0,98 ( je nach Alter der Probanden) Validität: keine Angabe
Mögliche Probleme in der Praxis:
Bei dem Test „Rumpfbeuge vorwärts“ traten keine nennenswerte Probleme in der Praxis auf. Es ist nur darauf zu achten, das die Probanden bei selbstständigem testen, die + und - Zeichen bei der Notation des Ergebnisses nicht vertauschen.
4.2 Rumpfbeuge rückwärts (nach Fetz und Kornexl, 1978)
Ziel: Testen der Gelenkigkeit in der Wirbelsäule
Testanweisung:
Der Proband sitzt im Strecksitz aufrecht auf einem Kasten mit den Händen in der Nackenhalte, wobei der Rücken mit der Rückwand des Kastens eine Ebene bildet. Aus dieser Position senkt der Proband seinen Oberkörper möglichst weit nach hinten ab, während ihn sein Partner auf der Kastenoberfläche fixiert (Druck auf die Knie). Gemessen wird bei diesem Test der Winkel, der zwischen der lotrechten Kastenwand und der Verbindungslinie zwischen Hinter- kopf und Kastenkante gebildet wird
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Normwerte:
Zu dem Test „Rumpfbeuge rückwärts“ liegen mir leider keine Normwerte bzw. Vergleichswerte vor.
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- Quote paper
- Dipl. Betriebswirt (BA) Jörg Sauer (Author), 2007, Testverfahren zur Bestimmung der motorischen Gelenkigkeit (als leistungslimitierende Voraussetzung der passiven Systeme der Energieübertragung), Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/74222
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