Dem Fernsehen wird, wie den Medien im Allgemeinen, generell viel zugeschrieben und unterstellt. Wenn diese Behauptungen dann genauer untersucht werden, zeigt sich meist ein weniger eindeutiges Bild von der Situation. Das gilt auch für die Wirkung des Fernsehens im Wahlkampf. Politiker oder auch Journalisten werden wohl immer behaupten, die Wahlberichterstattung spiele diese oder jene Rolle. Der Wahrheit kommen aber eher die Erkenntnisse aus der Wissenschaft näher. Diese Arbeit soll einen Überblick über die wichtigsten Erkenntnisse zur Wirkung der Wahlkampfberichterstattung im Fernsehen geben.
Auf die Frage, wie Wahlkampfberichterstattung im Fernsehen wirkt, lohnt es sich, nach Antworten zu suchen. Das ist keine originelle Aussage - es steht in fast jeder Einleitung zu Aufsätzen dieses Themenbereiches, dass dieses Thema brisant oder interessant ist – aber es stimmt. Zum einen, weil sie andere theoretische Überlegungen nach sich zieht: Manche betrachten zum Beispiel die Frage, inwieweit die Medien demokratisch legitimiert sind, als zu klären, falls die Medien einen entscheidenden Einfluß auf das Wahlergebnis haben sollten. Zum anderen, weil die Politiker und Parteien selbst ihr Handeln nach den Antworten auf diese Frage richten (oder manchmal eher nach dem, was sie als Antworten interpretieren).
Die Erkenntnisse der Forschung zum Thema Wirkungen der Wahlberichterstattung im Fernsehen auf die Rezipienten kommen aus drei Wissenschaftsbereichen: Den Kommunikationswissenschaften (hauptsächlich), der Politologie und der Psychologie. Jede der Richtungen untersucht das Thema mit anderen Methoden und Erkenntnisinteressen. Um dieser Bandbreite gerecht zu werden, habe ich mich für diese Arbeit bei Literatur aller drei Bereiche bedient.
Gliederung
1. Einleitung: Thema, Begriffe, Vorgehensweise
2. Die Wirkung des Fernsehens im Wahlkampf
2.1 Wirkungshypothesen: Wie wirken die Medien im Allgemeinen und das Fernsehen im Speziellen?
2.1.1 Die Theorie der begrenzten Wirkung
2.1.2 Die Schweigespirale
2.1.3 Das Verstärken vorhandener Präferenzen
2.1.4 Der Bandwaggon-Effekt
2.1.5 Agenda-Setting
2.1.6 Mobilisierungs- und Aktivierungseffekte
2.1.7 Wissensvermittlung durch Wahlkampfberichterstattung
3. Zusammenfassung, Ausblick
Anlage: Literaturverzeichnis
1. Einleitung: Thema, Begriffe, Vorgehensweise
Dem Fernsehen wird, wie den Medien im Allgemeinen, generell viel zugeschrieben und unterstellt. Wenn diese Behauptungen dann genauer untersucht werden, zeigt sich meist ein weniger eindeutiges Bild von der Situation. Das gilt auch für die Wirkung des Fernsehens im Wahlkampf. Politiker oder auch Journalisten werden wohl immer behaupten, die Wahlberichterstattung spiele diese oder jene Rolle. Der Wahrheit kommen aber eher die Erkenntnisse aus der Wissenschaft näher. Diese Arbeit soll einen Überblick über die wichtigsten Erkenntnisse zur Wirkung der Wahlkampfberichterstattung im Fernsehen geben.
Mit Wahlkampfberichterstattung ist hier, wie in der Literatur üblich, gemeint: Die politische Berichterstattung in der „heißen Phase“ vor den Wahlen, das heißt etwa ab zwei Monate vorher. „Etwa“ deshalb, weil sich einzelne Erkenntnisse und Überlegungen auf andere Definitionen von „heiße Phase“ stützen. Mit Wahlen sind in Bezug auf die Theorien und Untersuchungen aus Deutschland, die hier angeführt werden, ausschließlich Bundestagswahlen gemeint (abgesehen von einer Untersuchung zu den Europawahlen). Die amerikanischen Untersuchungen, die erwähnt werden, beziehen sich ausschließlich auf die Präsidentschaftswahlen. Diese Prioritäten sind nicht von mir gesetzt, gerade in der deutschen Forschung wurden Landtags- und Kommunalwahlen bisher kaum beachtet. Auf die methodischen Vorgehensweisen der Untersuchungen werde ich nur am Rande eingehen und dann, wenn es maßgeblich zur Erklärung einer Theorie ist. Es sei schon jetzt gesagt, dass die Vorgehensweisen in diesem Forschungsbereich hauptsächlich Inhaltsanalysen und Befragungen sind.
Ich werde auch allgemeine Erkenntnisse aufgreifen, die sich nicht ausschließlich mit dem Fernsehen, sondern auch mit anderen Medien beschäftigen, wenn sie für das Fernsehen von Bedeutung sind. Die Theorie der begrenzten Wirkung (siehe Punkt 2.1.1) ist für die Fernsehwirkungsforschung von Bedeutung, obwohl es dort nicht um das Fernsehen geht: Weil sie die Fernsehwirkungsforschung trotzdem maßgeblich beeinflusst hat.
Ich werde sowohl umfassende Theorien vorstellen, als auch eher schnell erklärte Effekte und Hypothesen.
Auf die Frage, wie Wahlkampfberichterstattung im Fernsehen wirkt, lohnt es sich, nach Antworten zu suchen. Das ist keine originelle Aussage - es steht in fast jeder Einleitung zu Aufsätzen dieses Themenbereiches, dass dieses Thema brisant oder interessant ist – aber es stimmt. Zum einen, weil sie andere theoretische Überlegungen nach sich zieht: Manche betrachten zum Beispiel die Frage, inwieweit die Medien demokratisch legitimiert sind, als zu klären, falls die Medien einen entscheidenden Einfluß auf das Wahlergebnis haben sollten.[1] Zum anderen, weil die Politiker und Parteien selbst ihr Handeln nach den Antworten auf diese Frage richten (oder manchmal eher nach dem, was sie als Antworten interpretieren).
Die Erkenntnisse der Forschung zum Thema Wirkungen der Wahlberichterstattung im Fernsehen auf die Rezipienten kommen aus drei Wissenschaftsbereichen: Den Kommunikationswissenschaften (hauptsächlich), der Politologie und der Psychologie. Jede der Richtungen untersucht das Thema mit anderen Methoden und Erkenntnisinteressen. Um dieser Bandbreite gerecht zu werden, habe ich mich für diese Arbeit bei Literatur aller drei Bereiche bedient.
2. Die Wirkung des Fernsehens im Wahlkampf
Die Wirkung des Fernsehens kann noch nicht immer deutlich von der Wirkung anderer Medien auf den Rezipienten abgegrenzt werden, weil in den bisherigen Untersuchungen die Ergebnisse stark variiert haben und deshalb eher auf spezifische Unterschiede zurückzuführen sind.[2] Allerdings scheint es eher unwahrscheinlich, dass das Fernsehen – wie oft behauptet wird - verglichen mit anderen Medien bei Wahlkämpfen besonders einflussreich in seiner Wirkung ist.[3] Aber, so Christiane Holtz-Bacha: „Daß von den Medien im Wahlkampf Wirkungen ausgehen, darüber besteht mittlerweile kein Zweifel mehr“[4]. Allerdings lassen sich kaum empirische Belege für die Behauptung finden, dass das Fernsehen oder andere Medien den Ausgang der Wahlen direkt bestimmen.[5] Wenn es überhaupt eine Wirkung gibt, dann ist sie auf diverse Einflussfaktoren sowohl seitens der Medien als auch seitens der Rezipienten zurückzuführen.[6]
2.1 Wirkungshypothesen: Wie wirken die Medien im Allgemeinen und das Fernsehen im Speziellen?
2.1.1 Die Theorie der begrenzten Wirkung
Die ersten Forschungen über die Rolle und Wirkung der Massenmedien im Wahlkampf wurden in den USA der 40er Jahre angestellt. Die Gruppe um Paul Lazarsfeld fand in ihren Untersuchungen relativ wenige Wähler, die von einem Kandidaten zum anderen wechselten. Besonders wenige wechselten unter den Versuchsteilnehmern, die in den Medien – Radio und Zeitung, nicht Fernsehen – die Politik verfolgt hatten. Daher schlossen Lazarsfeld und Kollegen auf eine „begrenzte Wirkung“ der Massenmedien auf politische Entscheidungen.[7] Als Wirkung wurde nur die Wahlentscheidung definiert, was sich später ändern sollte (siehe folgende Kapitel). Die Studie wurde lange Zeit als Beweis dafür betrachtet, dass die Medien keinen maßgeblichen Einfluß auf die Wahlentscheidung haben. Diese Interpretation wurde, so Christiane Holtz-Bacha, bis in die 60er Jahre als das letzte Wort in Sachen Wirkungsforschung im Wahlkampf betrachtet. Darum wurde lange Zeit nur sehr wenig über die Rolle der Medien in Wahlkämpfen geforscht.[8]
Lazarsfeld und seine Gruppe wurde später dahingehend kritisiert, dass die Schlüsse, die sie gezogen haben, deutlicher und allgemeiner waren, als das empirische Material es rechtfertigen würde.[9] Das wichtigste Beispiel dafür: Der kausale Zusammenhang zwischen dem Wahlverhalten und der Mediennutzung ist nicht bewiesen, sondern nur angenommen worden. Es wurde kritisiert, der wirklich einflussreiche Faktor sei die Parteisympathie: „Je stärker ein Wähler Anhänger einer bestimmten politischen Partei ist, um so häufiger wendet er sich politischer Information zu und um so stabiler bleibt auch sein Wahlverhalten“[10]. Die Mediennutzung und das Wahlverhalten hängen nach dieser These also nicht kausal miteinander zusammen, sondern hängen beide gleichermaßen von der Parteisympathie ab und verändern sich deshalb gleichermaßen, wenn diese sich verändert. Schönbach bezeichnet das als „Scheinkorrelation“[11].
Im Verlauf der 60er Jahre wurden solide Belege dafür gebracht, dass die Theorie der begrenzten Reichweite nicht korrekt, sondern bestenfalls stark vereinfacht ist.[12]
2.1.2 Die Schweigespirale
In den 70er Jahren wurden neue Konzepte zur Medienwirkung im Wahlkampf aufgestellt, das wichtigste davon ist die Schweigespirale. Die Konzepte haben gemeinsam, dass sie sich nicht nur für die Wirkung auf das Wahlverhalten interessieren: „Wissen über die Wahl, die Fähigkeit, über die Streitfragen des Wahlkampfs mitzudiskutieren, ein Bild von den Kandidaten zu besitzen – das sind einige der Felder, auf denen Wirkungsstudien in den letzten Jahren geforscht haben“[13], so Schönbach 1988.
[...]
[1] Schmid (1999), S. 3.
[2] Das hat Schönbach (1988) festgestellt, und wenn man die Untersuchungen betrachtet, die seitdem durchgeführt worden sind, kann man noch keinen deutlichen Fortschritt erkennen.
[3] Schönbach (1988), S. 124.
[4] Holtz-Bacha (1996), S. 13.
[5] Schönbach (1988), S. 124.
[6] Holtz-Bacha (1996), S. 13.
[7] Lazarsfeld, zit. nach Chaffee; Hochheimer (1983).
[8] Holtz-Bacha (1996), S. 9.
[9] Chaffee; Hochheimer (1983), S. 72.
[10] Schönbach (1988), S. 120-121.
[11] Schönbach (1988), S. 120.
[12] Chaffee; Hochheimer (1983), S. 83.
[13] Schönbach (1988), S. 120.
- Citar trabajo
- Florian Bamberg (Autor), 2005, Wirkung der Wahlkampfberichterstattung im Fernsehen, Múnich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/74172
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