Das Stadtarchiv Augsburg steht vor der Aufgabe, in den raschen Wandlungsprozessen der Spät-Moderne zu bestehen. Daher möchte es durch eine Steigerung seiner Bekanntheit in relevanten Zielgruppen seine Anliegen in Zukunft besser zur Geltung bringen können und sich als historisches Dokumentations- und Informationszentrum der Stadt sowie als modernes Dienstleistungsunternehmen zu positionieren.
Neben Risiken, wie Bedeutungsverlust lokaler Identität, oder sinkenden Etats ergeben sich aus der Umwelt auch Chancen, die im Boom der Genealogie sichtbar werden. Wichtigste Schwäche des Stadtarchivs ist die bisher unzureichend ausgeprägte Organisationsidentität (CI), der jedoch als Stärke Monopolstellung als Aufbewahrer der einzigartigen Urkunden, die Augsburgs großartige Geschichte dokumentieren, gegenübersteht.
Die entscheidenden Kommunikations-Zielgruppen, die sich aus der Analyse ergeben, sind für das Stadtarchiv: Breite Öffentlichkeit, Fachöffentlichkeit, Privatsponsoren, Unternehmenssponsoren, Multiplikatoren und Genealogen.
Das Stadtarchiv Augsburg tritt als Amt und als Non-Profit-Organisation auf. Seine Produkt-, Preis- und Distributionspolitik müssen geringfügig erweitert und optimiert werden. Das wichtigste Instrument im Marketing-Mix ist jedoch die Kommunikationspolitik.
Für die Profilierung des Stadtarchivs hat dabei die Formulierung einer Organisationsidentiät einen besonders hohen Stellenwert. Dieser Prozess kann durch die vorliegende Arbeit angestoßen werden. Für einen ersten, für die Außenwahrnehmung äußerst entscheidenden Schritt, wurde hier ein klares Logo konzipiert.
Inhaltsverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
Tabellenverzeichnis
Vorwort
1. Einleitung
2. Analyse
2.1 Analyse der Makro-Umwelt
2.1.1 Gesellschaft
2.1.1.1 Milieus und Lebensstile in Augsburg
2.1.1.2 Historisches Bewusstsein und Identität
2.1.1.2.1 Rückgang des historischen Bewusstseins
2.1.1.2.2 Boom der Genealogie
2.1.1.3 Gesellschaftsstruktur
2.1.2 Technologie
2.1.3 Kultur
2.1.3.1Themen des Augsburger Kulturlebens
2.1.3.2 Dienstleistungskultur und Verwaltung
2.1.4 Stadt, Recht, Politik
2.1.4.1 Städtische Kulturausgaben
2.1.4.2 Rechtliche Gegebenheiten
2.1.4.3 Stadtpolitik
2.1.5 Wirtschaft
2.2 Analyse der Mikroumwelt
2.2.1 Markt
2.2.1.1 Die Dienstleistungen des Stadtarchivs Augsburg
2.2.1.1.1 Geschäftsfeld des Stadtarchivs
2.2.1.1.2 Operatives Geschäft des Stadtarchivs
2.2.1.2 Künftige Entwicklung der Arbeitsfelder
2.2.1.2.1 Trends
2.2.1.2.2 Anforderungen an künftige Tätigkeiten, Herausforderungen und Innovationsfelder
2.2.1.3 Marktsegmentierung
2.2.2 Analyse der Bedürfnisse
2.2.3 Das Stadtarchiv Augsburg
2.2.3.1 Mission und Leitbild
2.2.3.2 Bekanntheit des Stadtarchivs
2.2.3.3 Gefährdungen
2.2.4 Wettbewerber
2.2.4.1 Direkte Wettbewerber
2.2.4.2 Indirekte Wettbewerber
2.3 SWOT-Analyse
2.4 Portfolio Analyse
2.4.1 Grafische Darstellung
2.4.2 Key Facts und Key Conclusions
3. Entwicklung der Marketingstrategie
3.1 Strategische Stoßrichtung
3.2 Marketingziele
3.2.1 Auswahl der Zielgruppen
3.2.2 Formulierung von Zielen
3.2.3 Darstellung der Zielgruppen in der BCG-Matrix
3.3 Beschreibung der Marketingzielgruppen
3.3.1 Breite Öffentlichkeit
3.3.2 Fachöffentlichkeit
3.3.3 Sponsoren privat
3.3.4 Sponsoren kommerziell
3.3.5 Multiplikatoren
3.3.6 Genealogen
3.3.7 Schematische Darstellung der Zielgruppen-Überschneidungen
3.4 Soll-Positionierung des Stadtarchivs Augsburg
3.5 Source of Business
4. Marketingplanung
4.1 Differenzierung
4.2 Entwicklung des Marketingmix
4.2.1 Produktpolitik
4.2.2 Preispolitik
4.2.3 Distributionspolitik
4.2.4 Kommunikation
4.2.4.1 Bisherige Kommunikationskanäle
4.2.4.2 Künftige Kommunikationskanäle
4.2.4.3 Wesentliche Merkmale der Kommunikationsstrategie
4.2.4.4 CI und Kommunikationsstrategie
4.1.5 Key Visual - Entwicklung eines Logos für das Stadtarchiv
4.1.5.1 Funktionen und Arten von Logos
4.1.5.2 Gestaltungsvorschriften, bisherige Bildmarke und Best-Practice
4.1.5.3 Logo-Entwürfe im Rahmen des CD
4.1.5.3.1 Entwurf 1 - Silhouette
4.1.5.3.2 Entwurf 2 - Siegel
4.1.5.3.3 Entwurf 3 - Kombination Siegel und Silhouette
4.1.5.3 Fazit zur künftigen Gestaltung des Logos
4.2 Budgetplanung
4.3 Controlling, Optimierung und Anpassung
4.3.1 Controlling
4.3.2 Optimierung und Anpassung
5. Schlussfazit und Ausblick
6. Management Summary
7. Anhang
7.1 Rechentabelle Attraktivität der Marktsegmente
7.2 Rechentabelle Relative Wettbewerbsposition
8. Verzeichnisse
8.1 Quellenverzeichnis
8.2 Index
Abkürzungsverzeichnis
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1: BAW Marketing-Management-Prozess® - Makroumwelt
Abbildung 2: Lebensstile in Augsburg
Abbildung 3: Verhältnis Ausgaben-Kulturausgaben der Stadt Augsburg 2006
Abbildung 4: BAW Marketing-Management-Prozess® - Mikroumwelt
Abbildung 5: Verhältnis Kulturausgaben-Budget des Stadtarchivs 2006
Abbildung 6: Marktsegmentierung
Abbildung 7: Balanced Scorecard als Basis für die Entwicklung einer CI
Abbildung 8: Ergebnisse Frage 1, Bekanntheit des Archivs
Abbildung 9: Ergebnisse Frage 1.1, Quelle der Bekanntheit
Abbildung 10: Ergebnisse Frage 2, Standort
Abbildung 11: Ergebnisse Frage 3, Archiv-Logo
Abbildung 12: Ergebnisse Frage 4, Eigenschaften des Archivs
Abbildung 13: Indirekte Wettbewerber in verschiedenen Segmenten
Abbildung 14: SWOT-Analyse
Abbildung 15: McKinsey-Portfolio der einzelnen Segmente
Abbildung 16: McKinsey-Portfolio für das Stadtarchiv Augsburg
Abbildung 17: Normstrategien im McKinsey-Portfolio
Abbildung 18: BAW Marketing-Management-Prozess® - Strategie
Abbildung 19: Normstrategien für das Stadtarchiv Augsburg
Abbildung 20: Zu adressierende Marketingzielgruppen
Abbildung 21: Darstellung der Zielgruppen in der BCG-Matrix
Abbildung 22: Zielgruppen-Überschneidungen und Kernzielgruppe
Abbildung 23: BAW Marketing-Management-Prozess® - Planung
Abbildung 24: Strategische Kongruenz
Abbildung 25: Bisheriges Logo des Stadtarchivs
Abbildung 26: Best-Practice Beispiel Logo, PAX-Büro
Abbildung 27: Logo mit Silhouette
Abbildung 28: Briefkopf mit Logo-Entwurf „Silhouette“
Abbildung 29: Logo (klass. Siegel) mit schreibender Hand (Farbe&SW)
Abbildung 30: Logo (klass. Siegel) mit Feder (Farbe&SW)
Abbildung 31: Briefkopf mit Logo-Entwurf „Siegel mit schreibender Hand"
Tabellenverzeichnis
Tabelle 1: Verhältnis Gesamtausgaben-Kulturausgaben
Tabelle 2: Verhältnis Kulturausgaben - Budget des Stadtarchivs
Tabelle 3: Operatives Geschäft des Stadtarchivs Augsburg
Tabelle 4: Tagebuchzuweisungen 2003-2006
Tabelle 5: Gewichtete Bedürfnisse in den Teilsegmenten
Tabelle 6: Indirekte Wettbewerber des Stadtarchivs Augsburg
Tabelle 7: Marketingziele
Tabelle 8: Zielgruppen und Produkte
Tabelle 9: Soll-Maßnahmen Kommunikation
Tabelle 10: Kosten der Umsetzung des Konzepts
Vorwort
Der Bayerischen Akademie für Werbung und Marketing zum Danke für ein Studium, das mir neue Türen öffnete.
1. Einleitung
Sie stehen in allen Orten. Sie leisten für die Kommunalverwaltungen wichtige Dienste. Sie sind das Rückgrat erfolgreichen Regionalmarketings. Stadtarchive.
Eines davon, das Stadtarchiv Augsburg, ist Thema dieser Arbeit. Das Stadtarchiv ist ein Amt der Augsburger Kommunalverwaltung und tritt ihr gegenüber, aber auch den Bürgerinnen und Bürgern, Wissenschaftlern und der Wirtschaft als Bewahrer und als Dienstleister historischer Dokumente auf.
Durch die Finanzknappheit der Stadt Augsburg sind die Mittelzuweisungen im Verhält- nis zu den umfangreichen Aufgabengebieten sehr knapp, sodass der Erhalt wertvoller Archivalien Augsburger Geschichte gefährdet ist. Die Archivarbeit befindet sich im Spannungsfeld zwischen Rationalisierungsdruck und Serviceerwartungen, wird aber häufig nicht zureichend von Politikern und Bürgerschaft gewürdigt. Vor diesem Hinter- grund möchte das Stadtarchiv einen Weg finden, sich und seine Leistungen der Öffent- lichkeit besser zu vermitteln und darüber nicht zuletzt auch seinen Freundeskreis zu vergrößern.
Das Thema ist für mich aus einem Grund besonders interessant: Es verbindet Kultur und Verwaltungsmarketing, zwei noch relativ neue Gebiete des Marketings. Dem Stadtarchiv erschien es bedeutsam diese Arbeit zu initiieren, da es sich künftig als historisches Dokumentations- und Informationszentrum der Stadt und als modernes Dienstleistungsunternehmen positionieren möchte.
Im Folgenden wird daher ein integriertes Marketingkonzept für das Stadtarchiv Augs- burg erstellt. Es folgt der Gliederung Analyse - Strategie - Planung, also dem BAW Marketing-Management-Prozess® , wie er im Jahr 2006 an der Bayerischen Akademie für Werbung und Marketing im Fachstudiengang Electronic-Marketing in München ge- lehrt wurde.
2. Analyse
2.1 Analyse der Makro-Umwelt
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 1: BAW Marketing-Management-Prozess® - Makroumwelt
Im Folgenden werden relevante Entwicklungen der Makroumwelt analysiert, die weit über Augsburg hinausreichen, andererseits werden sie jedoch dort, wo es möglich und sinnvoll erscheint, auf die Stadt Augsburg konkretisiert.
2.1.1 Gesellschaft
2.1.1.1 Milieus und Lebensstile in Augsburg
In einer 1998 getätigten Untersuchung über Augsburger Lebensstile wurden anhand einer Clusteranalyse unter Einbeziehung von 78 Variablen folgende acht Milieus für Augsburg ermittelt:
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 2: Lebensstile in Augsburg
Eine ausführliche Charakterisierung dieser Milieus findet sich in der Studie von Hilpert und Steinhübl.1 Da sie im Folgenden noch eine Rolle spielen und für das Augsburger Kulturleben wichtig sind, folgt hier eine Kurzbeschreibung von vier Clustern.
- Schlechtsituierte, konservative Ältere charakterisieren sich, neben ihrem Alter durch eine verbitterte und ablehnende Grundhaltung.
- Religiöse Volksmusikrentner sind ebenfalls älter, haben eine deutliche Vorliebe für Volksmusik und sind meist verheiratet und religiös.
- Linke, jungledige Intellektuelle sind im Durchschnitt 29 Jahre alt, sind meist Studenten und haben Vorlieben für Science-fiction und Fantasyfilme und lehnen Heimatfilme ab.
- Extrem Unextreme entscheiden sich immer für den Durchschnitt, das Mittel- maß, und sind im eigentlichen Sinne ein „Anpassungsmilieu“.2
Ein wesentliches Ergebnis dieser Studie ist also, dass für die Cluster einerseits sozio- demografische Variablen, wie Alter und Nettoeinkommen, andererseits aber ebenso ästhetische Merkmale, wie Musik- und Kulturpräferenzen einen hohen Stellenwert be- sitzen.3
Diesen Lebensstilen liegen nun, folgt man Peter Bommas, vier wesentliche gesellschaftliche Megatrends zugrunde, die auch in Augsburg wirksam werden:4
- Der Rückzug der Politik
Der Staat bzw. die Stadt zieht sich aktiv und passiv aus immer mehr Auf- gaben schrittweise zurück. Von aktiv wird hier gesprochen, weil Deregu- lierung und Entbürokratisierung seit Jahren auf der Agenda stehen. Mit passiv ist hier die Einschränkung der Handlungsmöglichkeiten von Staat und Kommunen gemeint, die sich aus den engeren finanzwirtschaftlichen Handlungsoptionen ergeben.
- Bürgergesellschaft
Der Rückzug des Staates stellt die Bürgerinnen und Bürger nun ebenfalls vor Herausforderungen. Sie müssen sich passiv an immer mehr Kosten der Gemeinschaft beteiligen, können aber aktiv neue Freiräume stärker selbst gestalten.
- Lifestyle
Immer mehr Bürgerinnen und Bürger profilieren sich über Lifestyle, und kommunizieren diesen in einem bestimmten Habitus, in Konsumgütern und in ihrem Freizeitverhalten. Damit kommt es zu einer Fragmentierung der Lebensstile.
- Hedonismus
Hedonistische Einstellungen sind auf dem Vormarsch: Im Kulturleben wird diese Eventisierung aller Lebensbereiche in den unzähligen Festen unterschiedlichster Größe und Art, in der wachsenden Zahl von „marktschreienden Kunstmuseen“5 im immer schärferen Standortwettbewerb von Städten und Regionen. Archive hingegen erweisen sich als Konstanten, die nicht jedem kurzlebigen Trend folgen.
2.1.1.2 Historisches Bewusstsein und Identität
2.1.1.2.1 Rückgang des historischen Bewusstseins
Die moderne Gesellschaft mit ihrer Vielfalt an ständig neuen Reizen und Informationen stellt die Bewahrer von Informationen gegenüber diesen Megatrends und Lebensstilen vor bisher unbekannte Herausforderungen. Einerseits geraten sie bei den derzeit mit den Begriffen „Hartz IV“ und „Neue Unterschicht“ unter den Rechtfertigungsdruck, ihre unmittelbare Nützlichkeit nachzuweisen, andererseits stehen sie selbst einer Flut von Informationen gegenüber, die sie bewerten und speichern müssen.
Daher stellt der faktische Rückgang historischen Bewusstseins für das Stadtarchiv Augsburg eine Schwierigkeit dar, die heute und in Zukunft eine Gratwanderung zwimso-position-horizontal-relative:page;mso-position-vertical-relative:page'schen Nutzengenerierung und archivarischer Zukunftsarbeit erfordert. Der Historiker Klaus Eder, der dies untersucht hat, warnt eindringlich vor einem kommunikativ verflüssigten historischen Bewusstsein. Entscheidend ist hier die Parallelität der Entwicklungen zwischen Individualisierung und dem Verlust kollektiver Identität.6 Eine Institution wie ein Stadtarchiv ist die Basis für die Selbstfindung der Stadtgesellschaft, eine Veränderung der Lebenslagen wie oben gefährdet es daher mittelfristig.
Der Verlust dieses gesamt-gesellschaftlichen/gemeinschaftlichen Diskurses zeigt sich sehr anschaulich in der oben bereits zitierten Studie von Hilpert und Steinhübl: Die Milieus der schlechtsituierten, konservativen Älteren und die religiösen Volksmusikrentner beantworteten die Frage, „Fühlen Sie sich als Augsburger?“ überwiegend mit „Ja“ und bezeichneten Augsburg als ihre „Heimat“. Die linken, jungledigen Intellektuellen und die extrem Unextremen verneinten dies häufig und distanzieren sich von der „Glorifizierung des Gewohnten und Vertrauten“.7
Dieser Befund wiederholt sich bei der Frage, was Augsburger spontan zu ihrer Stadt assoziieren: 37,3 % und damit die meisten denken zuerst an die „Fugger und an Augsburger Geschichte“ und auf Platz sechs nennen noch 10,2 % „Kultur und Sport“.8 Wie zu erwarten, ist für die schlechtsituierten, konservativen Älteren und die religiösen Volksmusikrentner Geschichte und Größe Augsburgs deutlich wichtiger als für die linken, jungledigen Intellektuellen und die extrem Unextremen.9
2.1.1.2.2 Boom der Genealogie
Diesem Trend steht der Aufschwung der Familien- und Ahnenforschung entgegen. Dies steht jedoch nicht im Widerspruch zum konstatierten Rückgang historischen Bewusst- seins, da sich gerade im Boom der Genealogie der Verlust gesellschaftlicher Bindungen zeigt. Ahnenforschung ist ein Symptom der Individualisierung, durch die der sich an- bahnende Verlust einer gesellschaftlichen Metaerzählung durch die familiäre Geschichte kompensiert werden soll.
Denn „Genealogie ist Spurensuche, Spurensuche mit ganz unterschiedlichen Zielen und Vorstellungen. Suche auch nach der eigenen Geschichte, Suche nach Identität.“10 Oder, wie die Augsburger Allgemeine unter dem passenden Titel „Soll Ihr Leben verfilmt werden? Historiker suchen bemerkenswerte Biografien“, die Eventisierung diese Forschungszweiges beschreibt: „So zeigten noch nie so viele junge Leute wie heute so hohe Anteilnahme an den Erlebnissen und der Geschichte ihrer Vorfahren, vor allem der Eltern und Großeltern. Die Stammbaumforschung verzeichnet hier einen ungeahnten Boom.“11 Der Soziologe Frank Furedi analysiert eine solche Entwicklung als „Ausdruck der Dialogverweigerung“ im Rahmen einer „Pluralität der Lebenswelten“, die Identität zu einem reinen „Ausdruck des Selbst“ macht.12
Der Genealoge Ulf Bollmann fasst folgende für die Zukunft der Genealogie förderliche Faktoren zusammen: „Durch die Etablierung neuer Lebensformen können, aus dem familiengeschichtlichen Blickwinkel betrachtet, auch bei den folgenden Personengruppen Schwierigkeiten bei der Rückverfolgung der Familienzusammenhänge entstehen:
- unehelich geborene Kinder, die nur bei einem Elternteil, in der Regel bei der Mutter, aufwachsen
- Scheidungskinder, die bei einem anderen Vater oder bei einer anderen Mutter aufwachsen
- Waisen- und Halbwaisen, die nur bei einem Elternteil oder bei anderen Eltern aufwachsen
- Anonym geborene Kinder, die zur Vermeidung von Kindesaussetzungen und - tötungen in Krankenhäusern oder sogenannten Babyklappen zugelassen wer- den und ebenfalls bei anderen Eltern aufwachsen Um ihre Wurzeln wieder zu entdecken, sind diese Menschen vielfach gezwungen, Familienforschung zu betreiben. Darin sehe ich zukünftig eine nicht unerhebliche Gruppe von Familienforschern, da - wie manche Soziologen bereits heute diskutieren - durch die steigende Individualisierung in der heutigen Gesellschaft die Sehnsucht nach Bindung und Familie wieder geweckt wird.“13
Gleichzeitig ist eine weitere Beobachtung sehr interessant: Archive und Genealogen beobachten, dass dieser Trend in starkem Maße aus den USA und weiteren Auswande rungsländern kommt: „Besonders die Nachfahren von Auswanderern nicht nur aus den USA überschütten inzwischen die Archive mit Anfragen.“14
Die Entwicklungen „Verlust historischen Bewusstseins“ versus „Boom der Familienforschung“ sind auf den ersten Blick konträr, auf den zweiten allerdings komplementär. Beiden zugrunde liegen die bekannten, auf S. 40 geschilderten, Megatrends.
2.1.1.3 Gesellschaftsstruktur
Drei relevante Faktoren der Gesellschaftsstruktur werden sich auf die Arbeit des Stadtarchivs auswirken: Demografie, Migration und Armut.
Mit dem Älterwerden der Augsburger Gesellschaft sind mittel- bis langfristig Veränderungen der Verhaltensmuster zu erwarten: So ist das Interesse an archivarischer Forschung für private und gleichzeitig wissenschaftliche Zwecke eher eine Angelegenheit der Älteren. Hinzu kommt, dass in der jetzt in Rente gehenden Generation ein neues Interesse an der eigenen Familiengeschichte entsteht, das sich entsprechend auf die Arbeit des Archivs auswirken wird.15
Ebenso werden sich Migrationsbewegungen auf den weiteren Arbeitsrahmen auswir- ken; zum 01.01.2006 betrug der Anteil an Ausländern 16,7%, die Tendenz ist hier stei- gend.16 Soziale Prekärität und Migration korrelieren auch in Augsburg, somit bedeutet ein erhöhter Anteil von Migranten derzeit ebenfalls erhöhte Ausgaben der Stadt im Sozialen Bereich, was sich negativ auf die Finanzierung von Kultur in Augsburg auswir- ken könnte.17
Jedoch ist dies nicht zwingend, da gerade vor dem Hintergrund sozialer Problemlagen das identitäts- und bindungsstiftende Moment der Archivalien eine positive Rolle spielen kann und dies bei den Mittelzuweisungen durch die Stadt entsprechend gewürdigt würde.18
2.1.2 Technologie
Als „Gedächtnis des Gemeinwesens“ nehmen die Stadtarchive zusammen mit anderen Einrichtungen, die die kulturelle Überlieferung sichern, einen festen Platz in den Kommunen ein. Der forcierte technologische Wandel, der mit den Stichworten „Informationsgesellschaft“ oder „Informationszeitalter“ benannt wird, verändert auch die Position der Archive drastisch.19 Dieser gesellschaftliche, aber vor allem technische Umbruch ist Ursache und Wirkung zugleich: Einer Veränderung des gesellschaftlichen Bewusstseins, folgte die technologische Entwicklung der Computertechnik mit deren Ausbau wiederum sich die Gesellschaft(en) veränderten und verändern.20
Das gesamte Archivwesen ist in seinen verschiedensten Arbeitsfeldern damit konfron- tiert, denn archivieren, heißt, genauso wie am Computer, zunächst einmal speichern und sichern von Informationen. Die entscheidende Voraussetzung hierfür ist hier die Durchdringung des Alltags mit Computern, die über das Internet miteinander verbun- den sind.
Die rasanten technischen Entwicklungen in den Bereichen Internet/ Personal Computer der letzten 25 Jahre haben dazu geführt, dass heute an fast jedem Arbeitsplatz ein Rechner steht und rund 60% der Deutschen aktuell das Internet nutzen. Gerade die Verknüpfung von Rechnern, die den Austausch von komplexerer Datensätze ermög- licht, verändert gerade im Archivwesen die Arbeitsweisen: statt der Anfertigung schrift- licher Kataloge, werden Daten zunehmend in Datenbanken eingespeist und Nutzern über entsprechenden Oberflächen on- und offline als Such- und Findmittel verfügbar gemacht.
In der Informationsgesellschaft erwarten Benutzer Online-Angebote über analog und digital vorliegendes Archivgut. Gleichzeitig müssen die Archive konventionelle und e- lektronische Unterlagen ihrer Träger bewerten, bearbeiten und die dauerhafte Archivie- rung sichern. Archive sind Institutionen, deren Bestände organisch durch die Über- nahme von Unterlagen anbietungspflichtiger Stellen wachsen. Seit den 1970er Jahren werden bei allen Verwaltungen und Archivträgern Unterlagen in elektronischer Form generiert, wie etwa statistische Daten, Registerdaten oder elektronische Akten.
In den größeren Kommunen gelangen zum Teil inzwischen Dokumentenmanagement- Systeme (DMS) zum Einsatz, die unter anderem nach dem DOMEA-Konzept21 elektroni- sche Dokumente als Primärinformation, aber auch Metadaten generieren. Als techni- sche Rahmenvorgaben gilt für Primärinformationen das Format TIF, für Metainfos der ASCII-Standard.
Die Gesellschaft, aber insbesondere auch die Historischen Wissenschaften erwarten hier zu Recht, dass Archive mit diesem Megatrend konstruktiv umgehen und damit den drohenden Gedächtnisverlust im Digitalen Zeitalter überwinden.22
Programmatisch formuliert: „Der Informationsgesellschaft droht der Verlust ihres Gedächtnisses. Die Sicherung elektronischer Unterlagen von öffentlichen und privaten Einrichtungen erfordert archivische Infrastrukturen und Kompetenzen, die zurzeit in Deutschland nicht in ausreichendem Maße vorhanden sind.“23
2.1.3 Kultur
2.1.3.1 Themen des Augsburger Kulturlebens
Das Stadtarchiv Augsburg ist Teil des Augsburger Kulturlebens und beteiligt sich mit Ausstellungen und Veranstaltungen aktiv daran.
Augsburg besitzt eine sehr weit gefächerte, moderne Kunst- und Kulturszene, die sich an verschiedensten Orten mit einem Programm, das klassische bis populäre Kunstrich tungen abdeckt. Die Koordination wird dabei von dem Städtischen Kulturreferat übernommen, das darüber hinaus auch gezielt die Kulturförderung der Stadt betreibt und Kulturschaffenden aller Sparten helfend zur Seite steht.
Zentrale Themen der offiziellen Augsburger Stadtkultur sind aktuell:
- Die Reichsstadt Augsburg
- Die Mozartstadt Augsburg
- Die Friedensstadt Augsburg
- Die Textilstadt Augsburg.24
Die offizielle Kulturförderung berücksichtigt also Projekte, die, pointiert formuliert, die „überragende kulturelle Bedeutsamkeit der Stadt Augsburg“25 darstellen.
Neben diesem offiziellen Kulturleben gibt es in Augsburg auch eines „below the line“: Augsburg ist eine Stadt, die im Laufe ihrer Geschichte sich unabhängige Orte, wie (1972) Haunstetten und Göggingen eingemeindet hat, dort aber örtliche kulturelle Tra- ditionen jedoch in Vereinen und Kapellen nach wie vor gelebt werden. Andererseits findet in Clubs, Bars und kleineren Events mit örtlichem Bezug sowie in der ausgepräg- ten sportlichen Populärkultur (insbesondere Eishockey und Fußball) ein nicht unwe- sentliches Kulturleben statt.
Gerade diese Formen des Kulturlebens unter und außerhalb des städtischen Kulturrefe- rates binden sehr viele Menschen in eine gemeinsame, eine Augsburger Identität stif- tende Praxis mit ein und dürfe daher nicht unberücksichtigt bleiben, wie im Zusam- menhang mit der Augsburger Bewerbung als Kulturhauptstadt von mir erörtert wurde.
Empirisch wird dieser Befund durch ein Ergebnis der Augsburger Bürgerumfrage 2005 gestützt: Auf die Frage „Was möchten Sie konkret tun?“, gaben die befragten Augsburger an 3. Stelle kulturelles Engagement (nach Sozialem Engagement und Grünpflege) als mögliches persönliches Tätigkeitsfeld an. Auf Rang 5, und das betrifft ebenfalls den Kultursektor, stellten die Bürgerinnen und Bürger ihre finanzielle Unterstützung als Möglichkeit sich für Augsburg zu engagieren in Aussicht.26
2.1.3.2 Dienstleistungskultur und Verwaltung
Eine ganz andere Art von Kultur verändert sich ebenfalls: die Dienstleistungskultur und die Ansprüche gegenüber kommunalen Ämtern. Von Verwaltungen werden seit Jahren vermehrt kundenorientierte Arbeitsweisen und Dienstleistermentalität gefordert. Vielfach wurden und werden solche Konzepte auch umgesetzt. Mit der Übernahme wirtschaftlicher Prinzipien in die Verwaltung geht häufig auch die Maxime, so wirtschaftlich, wie möglich zu arbeiten, einher.
Dieses Zielvorstellungen treffen auch den besonders sensiblen Kulturbereich, in dem die Dienstleistungen häufig weniger quantitativ sondern mehr qualitativer Natur und Kernkompetenzen häufig nicht klar abzugrenzen sind. Ergebnis dieser Entwicklung ist der Trend, vermehrt über Sponsoring, Fundraising, Drittmittelwerbung die Kapitalknappheit zu überwinden, ohne dabei in Abhängigkeiten zu geraten.
Ein aktuelles Best-Practice-Beispiel hierfür ist das Augsburger Mozarthaus (das früher zum Stadtarchiv gehörte), dessen Förderkreis innerhalb kurzer Zeit 260.000 Euro für die Sanierung des Gebäudes in der Frauentorstraße sammeln und der Stadt Augsburg übergeben konnte.27
2.1.4 Stadt, Recht, Politik
2.1.4.1 Städtische Kulturausgaben
Wie stark die Stadt Augsburg im Jahr 2006 Kultur (im Verhältnis zu seinen Gesamtausgaben) gefördert hat, zeigt der folgende Chart:
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 3: Verhältnis Ausgaben-Kulturausgaben der Stadt Augsburg 2006
Damit gab die Stadt Augsburg im Jahr 2006 4.6%, und damit soviel wie seit Jahren nicht mehr, ihres gesamten Ausgabenvolumens für den Kulturbereich aus.28
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Tabelle 1: Verhältnis Gesamtausgaben-Kulturausgaben
Das Stadtarchiv ist eine städtische Einrichtung und ist in rechtlicher und politischer Hinsicht Teil der kommunalen Selbstverwaltung Augsburgs und damit, wie oben gezeigt, von derem Etat abhängig.
2.1.4.2 Rechtliche Gegebenheiten
Die rechtliche Grundlage für die Arbeit des Stadtarchivs regelt sich durch Rechtsvorschriften der Stadt und zwar wie folgt:
- Die Satzung fußt auf dem Bayerischen Archivgesetz (BayArchivG) vom 22.Dezember 1989 (GVBl. S. 710), geändert durch das Gesetz vom 16. Dezember1999 (GVBl. S. 521)
- Satzung über die Aufgaben und die Benutzung des Stadtarchivs vom 15.12.1993
- sowie Amtsblatt der Stadt Augsburg Nummer 16 - 29. April 2005: Satzung zur ersten Änderung der Satzung über die Aufgaben und die Benutzung des Stadtarchivs Augsburg.
2.1.4.3 Stadtpolitik
Auf dieser Rechtsgrundlage führt das Stadtarchiv seine archivischen Fachaufgaben durch. Bei den Stadtarchiven handelt es sich um administrative Einheiten, deren Haushalt periodisch vom Finanzausschuss und in letzter Konsequenz von Stadträten bestimmt wird.
Daher sind die Mittel, die im Rahmen der Kulturetats den Archiven zur Verfügung stehen, häufig von ganz anderen Faktoren abhängig, als von den eigentlichen Bedürfnis sen der Stadtarchive, die über die gesetzlichen Rahmenvorgaben hinausgehen (die Arbeitsfähigkeit der Archive muss gewährleistet sein).
Solche externen Faktoren sind, wie oben schon angeführt, die Ausgabensituation in anderen Bereichen, insbesondere dem Sozialbereich, weitere Kulturprojekte und insgesamt die städtische Wirtschaftkonjunktur, die über Steuereinnahmen die Grenzen städtischen Handels festlegen. Grundsätzlich gewinnt die Stadt Augsburg aus folgenden Quellen Einnahmen:
- Steuern (Gewerbesteuer, Grundsteuer, Anteile aus Einkommenssteuer und Mehrwertssteuer), - Gebühren und Beiträge, - Finanzausgleichsleistungen des Staates, - Sonstige Einnahmen (beispielsweise Mieten, Zinsen, Beteiligungen).29
Die Finanzen erweisen sich als dominanter Faktor, während der Zusammenhang zwischen den regierenden Parteien und der Kulturförderung redundant ist.
2.1.5 Wirtschaft
Somit kommt der örtlichen Wirtschaftskonjunktur als begrenzendem Faktor des kommunalen Finanzgebarens eine Schlüsselrolle zu. Denn die Gewerbesteuer ist dabei mit großem Abstand (mit großem Abstand vor der Grundsteuer) die wichtigste Einnahmequelle der Stadt.
Der Augsburger Finanzreferent Dr. Gerhard Ecker formulierte dies im Juni 2006 wie folgt: „Augsburg hat im vergangenen Jahr 122 Millionen Euro an Einnahmen aus der Gewerbesteuer verbuchen können, die allerdings Jahr für Jahr durch die permanent steigenden Sozialausgaben aufgezehrt werden.“30 Die Kommunen lehnen eine von Experten und der CDU geforderte Abschaffung der Gewerbesteuer und die daraus resultierende Idee einer originären Einnahmequelle mit eigenem Hebesatzrecht ab.31 Welche Folgen eine solche Reform auf die Wirtschaft und/oder die Einnahmen der Stadt Augsburg haben könnte, ist nicht abzusehen.
Eindeutig ist jedoch, dass aus dem deutschen Steuerwesen mit seiner hohen Komplexität und seinen hohen Belastungen grundsätzlich etliche Nachteile für die Wirtschaft entstehen. Gleichzeitig gibt es einen Trend zur zunehmenden steuerlichen Entlastung der Unternehmer mit noch unbekannten Ergebnissen. Einerseits könnte dadurch der Standort gestärkt werden und über die Masse der Unternehmen Steuereinnahmen erhöht werden, sowie durch sinkende Ausgaben im Sozialbereich die kommunalen Finanzen entlastet werden. Andererseits hat eine Entlastung der Unternehmen sich bisher am Arbeitsmarkt nur schwach positiv ausgewirkt und ob eine Abwanderung von Firmen nach Osteuropa oder China zu verhindern ist, bleibt nach wie vor zweifelhaft.
Somit kann davon ausgegangen werden, dass sich die Finanzsituation der Stadt Augsburg aufgrund der Wirtschaft kaum verbessern wird, es sei denn es gelängen größere Unternehmensneuansiedlungen, wofür die Infrastruktur durchaus gute Rahmenbedingungen bietet.
In einem weiteren Aspekt, der für das Kulturleben Augsburgs äußerst relevant ist, gibt es von Seiten der Wirtschaft durchaus eine positive Entwicklung: Lokal verwurzelte Unternehmen entdecken zunehmend Kultursponsoring als interessante Public- Relations-Option und unterstützen Feste, Ausstellungen, Bildungs- und Stipendiatenprogramme. 32 Aus diesem Trend ergeben sich für die künftige Kultur- und Archivarbeit interessante Möglichkeiten.
2.2 Analyse der Mikroumwelt
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 4: BAW Marketing-Management-Prozess® - Mikroumwelt
Während die Makroumwelt den externen Rahmen der Archivarbeit in Augsburg begrenzt, befasst sich die Analyse der Mikroumwelt des Stadtarchivs mit dessen spezifischem Markt, mit den Bedürfnissen der Nutzer, mit den Gegebenheiten im Stadtarchiv als Organisationseinheit, sowie mit möglichen Wettbewerbern.
2.2.1 Markt
2.2.1.1 Die Dienstleistungen des Stadtarchivs Augsburg
Strategische Kernaufgaben: Das Stadtarchiv Augsburg hat, wie oben dargestellt, als Amt der Kommune die gesetzliche Pflicht zur Bewertung, Übernahme, Sicherung, Erhaltung, Erschließung und Nutzbarmachung von archivwürdigen Unterlagen. Strate- gische Kernaufgabe aber ist die lokale Überlieferungsbildung mit folgenden Teilberei- chen:
- Identitätsstiftung für die Kommune und ihrer Bürgerinnen und Bürger,
- Gewährleistung des Informationsrechtes durch einen sozialverträglichen Zugang aller Bürgerinnen und Bürger,
- Bewahrung aller archivwürdigen Unterlagen, die die Rechte der Kommune und/oder ihrer Bürgerinnen und Bürger sichern,
- Sicherung der Beständigkeit und Transparenz der Verwaltungsarbeit,
- Erforschung der lokalen Geschichte und Unterstützung der vorwiegend histori- schen Forschung,33
- Öffentlichkeitsarbeit.
Dienstleistungen: Aus diesen Kernaufgaben leiten sich die Dienstleistungen des Stadtarchivs ab. Über den gesetzlichen Auftrag hinaus, dazu im nächsten Abschnitt mehr, erbringt das Stadtarchiv insbesondere im Teilbereich der Öffentlichkeitsarbeit Dienstleistungen in Form von Aktivitäten, wie Ausstellungen, Vorträge, Tage der offe- nen Tür und weitere Events, Führungen, Archivpädagogik, Kurse, Seminare, Tagungen und Kolloquien.34
2.2.1.1.1 Geschäftsfeld des Stadtarchivs
Die Geschäftsfelder des Stadtarchivs Augsburg sind in ihrer Feststellung wie folgt zu unterscheiden: Auf der einen Seite steht die schlichte Tatsache, dass es nur ein Stadtarchiv in Augsburg gibt und geben wird, das im Markt für die Pflege, Erhaltung und Erschließung städtischen Archivguts tätig ist.
Andererseits, darauf weisen bereits der Abschnitt 1.1.4 und das vorherige Teilkapitel recht deutlich hin, ist das Geschäftsfeld eines Archivs lokale Kultur - und hier steht man sowohl im A2A-Bereich, im A2C-Bereich aber auch im A2B-Bereich in einem differenzierten Geschäftsfeld.
Als Amt hat das Stadtarchiv laut § 3 der Satzung über die Aufgaben und die Benutzung des Stadtarchivs vom 15.12.1993 folgende drei Hauptaufgaben:
- Es ist „die städtische Fachdienststelle für alle Fragen des städtischen Archivwe- sens und der Stadtgeschichte.“35
- Es kümmert sich um „das Archivgut aller städtischen Ämter sowie der städti- schen Eigenbetriebe und Beteiligungsgesellschaften.“
- Es „fördert die Erforschung der Stadtgeschichte“.
Das Stadtarchiv tritt hier also der Stadt als archivischer Dienstleister auf zu dem es aufgrund des rechtlichen Umfeldes keine Alternative gibt und in Zukunft geben wird.
Dennoch steht diese Tatsache nicht für sich selbst: Als Amt im Sektor Kultur steht es im Wettbewerb um Mittel der Kulturförderung.
Im A2C-Bereich wird das Stadtarchiv, in ähnlicher Weise wie im A2A-Bereich, jedoch zum Teil gegen Gebühr, für Bürgerinnen und Bürger, sowie häufiger, für Wissenschaftler tätig. Hier ist das Geschäftsfeld die Verfügbarmachung von kommunalem Archivgut und die Organisation öffentlicher Ausstellungen.
Im A2B-Bereich schließlich geht es um Gebührenrechte im Zusammenhang mit Bildern: Hier treten häufig Verlage und Bildagenturen an das Stadtarchiv heran, die spezielles fotografisches und geschütztes Bildmaterial benötigen.
Ein viertes Arbeitsfeld des Stadtarchivs ist der Freundes- und Förderkreis des Stadtarchivs. Es ist bereichsübergreifend, da hier die Stadt ein besonderes Interesse an einer Querfinanzierung durch Drittmittel hat. Der Freundeskreis bemüht sich sowohl um Privatleute, als auch um Unternehmen als Förderer bemüht.
2.2.1.1.2 Operatives Geschäft des Stadtarchivs
Zur Bearbeitung dieser Geschäftsfelder bekommt das Stadtarchiv jährlich einen bestimmten Etat aus dem Bereich Kultur zugewiesen (vgl. Abbildung 3: Verhältnis Ausgaben-Kulturausgaben der Stadt Augsburg 2006).
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 5: Verhältnis Kulturausgaben-Budget des Stadtarchivs 2006
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Tabelle 2: Verhältnis Kulturausgaben - Budget des Stadtarchivs
Mit diesen Budgets und den im Jahresverlauf generierten Einnahmen wurde das opera- tive Geschäft finanziert; die wichtigsten Positionen veranschaulicht die folgende Tabel- le:
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Tabelle 3: Operatives Geschäft des Stadtarchivs Augsburg
Zusammengefasst werden in dieser Auflistung:
- Akten: Städtische Behörden sowie Zukäufe und Schenkungen;
- Benutzung: Schriftliche Anfragen und lokale Nutzer.36
Bei den Punkten „Archivbestände“ und „Bibliothek“ handelt es sich natürlich um eine Zunahme der Bestände; die hohe Zunahme der Bestände 2003 stammt aus übernommen archivwürdigen Akten des Hochbauamtes, des Amtes für Wohnungsbauförderung, des Krankenhauszweckverbandes, aus wissenschaftlichen und künstlerischen Nachlässen sowie den Stadtwerken Augsburg.
In den Tagebuchzuweisungen 2003 bis 2006 werden die Benutzerzugriffe erfasst und sortiert; das ergibt im Hinblick auf die reinen Zuweisungen von im Lesesaal vorgelegten Archivalien folgendes Bild (Stand: 23.11.2006):
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Tabelle 4: Tagebuchzuweisungen 2003-2006
Neben diesen unmittelbar archivischen Tätigkeiten, gewinnen Öffentlichkeitsarbeit und PR über Pressearbeit, der Pflege der Internetseite und der Aufbau eines Freundeskreises (derzeit über 70 Mitglieder) immer mehr an Bedeutung.
2.2.1.2 Künftige Entwicklung der Arbeitsfelder
2.2.1.2.1 Trends
Alle vorher genannten Teilbereiche werden durch den technologischen Wandel der Makroumwelt maßgeblich beeinflusst.
Die zunehmende Digitalisierung verändert die archivische Tätigkeit des Stadtarchivs zunehmend. Als archivischer Dienstleister der Kommune muss es zunehmend digitale Akten, aber nach wie vor eben auch physische Akten, aufbewahren und verwalten.
[...]
1 Vgl. Hilpert, Markus/ Steinhübl, David, 1998: Lebensstile in der Stadt. Eine empirische Studie am Beispiel Augsburgs. München, Mering: Rainer Hampp Verlag, S. 37 ff.
2 Hilpert/ Steinhübl, 1998, S. 40.
3 Pressemeldung der Universität Augsburg, 08.11.1999: Wer bin ich? oder: Darf Soziologie auch interessant sein?, http://www.presse.uni-augsburg.de/unipress/up19992&3/artikel_27.shtml , 23.12.2006.
4 Vgl. Bommas, Peter, 2005: Neuorientierung in der Kulturpolitik, Thesenpapier, in: http://www2.augsburg.de/index.php?id=3469 , 20.12.2006.
5 Ebd.
6 Eder, Klaus, 1990: Kollektive Identität, historisches Bewusstsein und politische Bildung, Bonn: BPB, S. 7.
7 Hilpert/ Steinhübl, 1998, S. 62.
8 Hilpert/ Steinhübl, 1998, S. 64f.
9 Hilpert/ Steinhübl, 1998, S. 66.
10 Metzke, Hermann, 2002: Genealogie im Spannungsfeld von der Migration bis zur DNA- Analyse, in: www.genealogienetz.de/vereine/maus/blaetter/dgt2002_seite_169-172.pdf ,
20.12.2006, S. 170.
11 Mitschke, Roland, 2006: Soll Ihr Leben verfilmt werden? Historiker suchen bemerkenswerte Biografien, in: Augsburger Allgemeine, 15.12.2006.
12 Furedi, Frank, 2004: Einsamer Protest der Massen, in: Die Zeit, 26.02.2006.
13 Bollmann, Ulf, 2006: Der Kanzler und seine Cousinen oder Streiflichter über die Zukunft der Genealogie, in: http://www.genealogienetz.de/vereine/GHGG/vortrag_75jahre.pdf , 20.12.2006, S. 2.
14 Unbekannter Verfasser: Geschichte Schleswig-Holteins: Genealogie, in: http://www.geschichte-s-h.de/vonabisz/genealogie.htm , 20.12.2006.
15 Stadt Augsburg: Augsburg Statistik, https://www3.augsburg.de/jserv/augsburg- statistik/content/main.jsp?mode=3&area=0&id=0 , 17.12.2006.
16 Stadt Augsburg: Augsburg Statistik, https://www3.augsburg.de/jserv/augsburg- statistik/content/main.jsp?mode=4&area=0&id=0 , 17.12.2006.
17 Bayerisches Landesamt für Statistik und Datenverarbeitung, 2005, STATISTIK kommunal: Kreisfreie Stadt Augsburg, S. 12.
18 Zur aktuellen finanziellen Lage Augsburgs: Ecker, Gerhard, 2006, Diskussionspapier: Was können wir uns leisten? Was müssen wir uns leisten? Augsburg muss zukunftsfähig belieben, veröffentlicht auf http://www2.augsburg.de/index.php?id=40 , 27.12.2006.
19 Vgl. Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit, Referat LP4 - Kommunikation, Internet, 2006: Informationsgesellschaft Deutschland 2006, Hof/Saale: Mintzel-Druck, S. 12-27.
20 Die rein technischen Entwicklungen des Informationszeitalters sind wesentlich von Geisteswissenschaftlern geprägt worden, die Teilnehmerliste der sog. Macey-Konferenzen verweisen darauf; dazu vgl. Suchsland, Rüdiger, 15.01.2004: Das Netz, http://www.heise.de/tp/r4/artikel/19/19240/1.html , 18.12.2006.
21 Siehe KBSt, DOMEA-Konzept, http://www.kbst.bund.de/cln_006/nn_837394/Content/Standards/Domea__Konzept/domea__n ode.html__nnn=true , 16.12.2006.
22 Vgl. Arbeitsgruppe 'Informationsmanagement der Archive,' 2003: Die deutschen Archive in der Informationsgesellschaft - Standortbestimmung und Perspektiven. Strategiepapier, Deutsche Forschungsgemeinschaft.
23 Ebd.
24 Vgl. Bachmair, Angela, 2006: „Stadt hat sich durch Kultur verändert“, in: Augsburger Allgemeine, 13.11.2006.
25 So der Bezirksheimatpfleger Dr. Peter Fassl 2003; vgl. Heßmann, Felix, 2003: Augsburgs Bewerbung als europäische Kulturhauptstadt 2010, Seminararbeit: Universität Augsburg, S.13.
26 Stadt Augsburg, Amt für Stadtentwicklung und Statistik/ Cromm, Jürgen/ Schürholz, Peter, 2005: Ergebnisbericht der Bürgerumfrage 2005, Stadt Augsburg, S. 64 f.
27 Vgl. Förderkreis für Augsburger Mozarthaus hat sich aufgelöst. Über 260 000 Euro gesammelt, in: Augsburger Allgemeine, 20.11.2006.
28 Die zugrunde gelegten Zahlen stammen Roland Barth, Referat 1: Personal, Finanzen, Liegenschaften, Sport, Forsten und wurden mir ab dem Jahr 1999 per E-Mail (08.11.06) zugänglich gemacht.
29 Zum Wesen der kommunalen Finanzen siehe: Bayerisches Staatsministerium der Finanzen, 2006: Der kommunale Finanzausgleich in Bayern, S. 14-16.
30 Pressemitteilung der Stadt Augsburg vom 21.06.2006: Finanzreferent Dr. Gerhard Ecker: Gewerbesteuer ist ohne Alternative, http://www2.augsburg.de/index.php?id=6476 , 21.12.2006.
31 Der Tagesspiegel online vom 05.05.2006: Koalition setzt auf Gewerbesteuerreform, http://www.tagesspiegel.de/politik/nachrichten/finanzen/64833.asp , 26.12.2006.
32 Vgl. die Website des Arbeitskreises Kultursponsoring, http://www.aks-online.org/, 30.12.2006.
33 Bis zu diesem Punkt siehe Empfehlung der Bundeskonferenz der Kommunalarchive beim Deutschen Städtetag, 2002: Positionspapier - Das Kommunalarchiv, unveröffentlicht, S.2.
34 Vgl. Lutz, Alexandra, 2003: Vom “bloßen Geklapper” zur “zwingenden Notwendigkeit”? Eine Untersuchung zu den Formen und dem Stellenwert der Öffentlichkeitsarbeit in Staatsarchiven fünf verschiedener Bundesländer und dem Bundesarchiv am Standort Koblenz, Transferarbeit: Marburg, S. 15-32.
35 Stadtarchiv Augsburg: Satzung über die Aufgaben und die Benutzung des Stadtarchivs,http://www.augsburg.de/Seiten/augsburg_d/bildung/stadtarchiv/benutzung/satzung_15_12_19 93.shtml#Abschnitt%20II , 27.12.2006.
36 Die vorgestellten Zahlen in der Tabelle vermengen unterschiedliche Sachverhalte; sie dienen der Veranschaulichung der Größenordnung des Geschäftes.
- Quote paper
- Felix Hessmann (Author), 2007, Integriertes Marketingkonzept für das Stadtarchiv Augsburg, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/73844
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